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Eine augenzwinkernde Leseverführung - geschrieben von einem der größten Dichter des 20. Jahrhunderts
In diesem zutiefst beglückenden Buch liefert Ezra Pound seinen Lesern ein zuverlässiges Gerüst der Bewertung und Einstufung von literarischen Werken aller Zeiten und Breitengrade - und erweist sich dabei als subversiver Humorist, der beherzt die Spreu vom Weizen trennt und seinen Lesern zugleich mit großer Kennerschaft und Zärtlichkeit die -Wunderwelten der Literatur erschließt.

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Produktbeschreibung
Eine augenzwinkernde Leseverführung - geschrieben von einem der größten Dichter des 20. Jahrhunderts

In diesem zutiefst beglückenden Buch liefert Ezra Pound seinen Lesern ein zuverlässiges Gerüst der Bewertung und Einstufung von literarischen Werken aller Zeiten und Breitengrade - und erweist sich dabei als subversiver Humorist, der beherzt die Spreu vom Weizen trennt und seinen Lesern zugleich mit großer Kennerschaft und Zärtlichkeit die -Wunderwelten der Literatur erschließt.
Autorenporträt
Ezra Weston Loomis Pound, geboren 1885 in Hailey (Idaho). Studienaufenthalt in Spanien. Von 1909 - 1920 in London, 1920 - 1924 in Paris. 1924 - 1945 in Rapallo. Hielt im Zweiten Weltkrieg über Radio Rom anti-amerikanische Propagandareden. Wurde 1945 von den Amerikanern inhaftiert. Entstehung der Pisaner Cantos. Erhielt vom Preisgericht der American Library of Congress den Bollingen-Preis, die höchste amerikanische literarische Auszeichnung. Entging dadurch einem Hochverratsprozess. 1946 Einweisung in das St. Elizabeth's Hospital für Kriminelle in Washington. 1958 Entlassung. Lebte anschließend in Meran und Venedig, wo er am 1. November 1972 starb. Im Arche Literatur Verlag erschienen 2012 erstmals sämtliche Cantos in einem Band.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.03.2013

Flucht ist kein gutes Wort
Péter Esterházys neues Buch „Esti“ macht aus der Form des autobiografischen Romans
eine Spiegelfechterei und zeigt dem aktuellen Ungarn eine kalte Schulter, die es in sich hat
VON LOTHAR MÜLLER
Das Schöne an der ersten Person Singular ist ihre weltumspannende, nie auszufüllende, sich unendlich erneuernde Leere. In grandioser Gleichgültigkeit nimmt das „Ich“ die Fülle der Namen, Sätze voller Lügen und Bekenntnisse, ganze Romane und Lebensgeschichten in sich auf. Der ungarische Autor Péter Esterházy ist in seinen Büchern schon immer gern auf dem Grat balanciert, auf dem die Fülle der Namen und die Leere des „Ich“ sich berühren.
  Und er ist dabei in Zitaten und Nachworten zu Neuausgaben immer schon um eines seiner großen Vorbilder in der ungarischen Literatur herumgeschlichen, um Dezsö Kosztolányi, der von 1885 bis 1936 lebte, Shakespeare und Oscar Wilde, Heine, Hölderlin und Rilke übersetzte, Gedichte, Zeitungsartikel und Romane schrieb – und Kornél Esti erfand, den unzuverlässigen Helden einer ganzen Reihe von Novellen eines sehr durchtriebenen Erzählers.
  Jetzt hat Esterházy ein Buch geschrieben, in dem er sein „Ich“ unter dem Namen Kornél Esti auftreten lässt. Als der 1933 erstmals vor das Publikum trat, geschah das in diesem Satz: „Die Hälfte meines Lebens war schon vorbei, als mir an einem windigen Frühlingstag Kornél Esti in den Sinn kam.“ In Esterházys Buch „Esti“ taucht dieser Satz nach wenigen Seiten auf, aber mit List und Witz erweitert: „Die Hälfte meines Lebens war schon vorbei, als mir an einem windigen Frühlingstag Kornél Esti in den Sinn kam, kam es Kornél Esti in den Sinn (schrieb ich an einem windigen Frühlingstag).“
  Wer die leichten Schwindelgefühle nicht mag, die sich bei solchen wie ein Möbiusband in sich selbst zurücklaufenden Sätzen einstellen, der ist für dieses Buch der abbrechenden Erzählanläufe und sich selbst dementierenden Behauptungen, der Abschweifungen, Verrätselungen, chiffrierten Pointen und Anspielungen verloren. Und auch wem die Form des Romans so sehr ans Leserherz gewachsen ist, dass ihm noch der unordentlichste Roman lieber ist als gar keiner, kommt hier nicht auf seine Kosten. Denn dieses Buch ist ein Generalangriff auf den Roman, es zersprengt die Romanform von innen und verstreut ihre Fragmente über Seiten, die manchmal nur wenige Zeilen enthalten und drumherum sehr viel Weißraum, in dem das Echo der Zersprengung nachhallt.
  „Auf der dunklen Straße ging ein junger Mann mit hochgeklapptem Kragen.“ Mit diesem Satz – einschließlich der Anführungszeichen – beginnt Esterházys Buch. Es ist ein wunderbarer Anfangssatz, aus dem sich leicht ein von Inkognito und Gefahr umwehtes Abenteuer oder eine dramatische Liebesgeschichte herausspinnen ließe. Der Satz stammt aus dem ersten der beiden Kornél-Esti-Bücher von Kosztolányi, in dem sich Erzähler und Held darüber verständigen, auf keinen Fall zu Romanfiguren werden zu wollen: „Gott bewahre! Jeder Roman beginnt so: ,Auf der dunklen Straße ging ein Mann mit hochgeklapptem Kragen.‘ Dann stellt sich heraus, dass der junge Mann mit dem hochgeklappten Kragen der Romanheld ist. Das ,Wecken des Interesses‘. Fürchterlich.“
  Mit Sätzen aus Kosztolányis „Kornél Esti“ lässt Esterházy sein Buch beginnen und enden. In einem seiner Kosztolányi-Nachworte hat er einmal betont, wie stolz er darauf sei, dass ihn in der Studienzeit seine Kommilitonen an der mathematischen Fakultät „Esti“ nannten. Über die Brücke, die dieser Spitzname, vom Esterházy-Ufer aus ans Kosztolányi-Ufer schlägt, geht dieses Buch: „Kornél Esti hatte seinem neuen Romanhelden den Namen Kornél Esti gegeben und erhoffte sich davon die Abschaffung des Autobiographischen.“ Estis Hoffnung trügt. Jeder Leser, der sich von den Spiegelfechtereien dieses Buches nichts ins Bockshorn jagen lässt, weiß, dass er darin nach dem Autobiografischen nicht vergeblich suchen wird. Nur kommt es halt nicht in Form einer Autobiografie daher.
  Sondern als jenes „Möbiusband der Moderne“, von dem in einem der Schlüsselkapitel des Buches die Rede sein wird. Es handelt von Pierre Menard, „dem Autor des ungarischen Don Quijote“. Bei einem Möbiusband ist unentscheidbar, was innen und außen, oben und unten ist. Seine Entsprechung in der Literatur sind Verschlingungen, wie sie Jorge Luis Borges in Texten wie „Pierre Menard, Autor des Don Quijote“ hergestellt hat.
  Kosztolányis „Esti Kornél“ ist in der Zwischenkriegszeit entstanden, von ihr aus warf der Autor Blicke zurück in die Zeit der Jahrhundertwende. In Esterházys „Esti“ – und das ist der autobiografische Kern des Buches – blickt der 1950 in Budapest geborene Autor gelegentlich aus der Perspektive des 21. Jahrhunderts zurück auf die untergegangene Welt, der er entstammt: „Ungarn lebte nach 1956 durch und durch in der Niederlage. Das heißt in der Einsamkeit. Die Einsamkeit aber ist die Brutstätte des Verrats. Ich sah in der Arbeit den Fluchtweg. Flucht ist kein gutes Wort, es ist zu weinerlich und romantisch. Außerdem war es nicht möglich zu fliehen. Wir wollten auf jeden Fall leben und nicht nur überleben, wollten Wege finden und nicht nur Auswege. Wir stellten uns vor, wir wären Don Quijote, denn der Wahnsinn schien die einzige normale Möglichkeit.“ Aus Passagen wie dieser entsteht ein „Porträt des Autors als junger Mann“, der frühen Bekanntschaft mit der deutschen Sprache, der Jugend „unter dem Firmament der Diktatur“, der Lektüre des „Don Quijote“, der Entdeckung Ludwig Wittgensteins und Dezsö Kosztolányis als Verbündeten gegen den sozialistischen Realismus, der Suche nach einer Sprache, die untauglich ist zur Bekräftigung dessen, was ist. Das Semikolon und die Anführungszeichen haben dabei schöne Auftritte. Und Kornél Esti wird zum Hund, zum Bild, tötet und stirbt – kraft der Sprache.
  In der „Harmonia Caelestis“ (2001) seinem „Opus Magnum“, hat Esterházy die Freiheit des Sprachspiels und die Geschichte Ungarns und seiner Familie, die ihm gemäße Form und den ihm auferlegten historischen Stoff, in eine wunderbare Balance gebracht. In diesem Buch bleiben die Sprachspiele oft mit sich allein – auch deshalb, weil es dem gegenwärtigen Ungarn weitgehend die kalte Schulter zeigt. Aber auch diese kalte Schulter hat es in sich: das zeigen die spöttischen Paraphrasen der Legendenbildung zum König Mátyás, essayistische Einsprengsel zum Antisemitismus, der Fragment bleibende Liebesbrief Kornél Estis an sein Vaterland oder der Eintrag „Pfeifen“ im Abschnitt „Patriotische Kollektion“: „Wie sehr braucht das Vaterland diejenigen, räsonierte Esti, nein – einen habe ich noch! –, pfiff Esti vor sich hin, die auf es pfeifen.“
Péter Esterházy: Esti. Aus dem Ungarischen von Heike Flemming. Hanser Berlin Verlag, Berlin 2013. 368 Seiten, 24,90 Euro.
„Wir wollten auf jeden Fall leben
und nicht nur überleben, Wege
finden und nicht nur Auswege“
Fortsetzung von Seite 1
und dem „Bauhaus“ so, wenn er die Zukunft der Architektur einer „Dombauhütte“ übertragen will.
  Der Übergang vielleicht nicht ins Konservative, aber ins Reaktionäre (weil es um die Wiederherstellung eines älteren Weltzustands geht), ist schlüssig, wenn es in dieser Kunst um das „Wesen“ der Dinge gehen soll. Dann liegt das Einfache und Primitive weitaus näher als das Entwickelte und Komplizierte. Und „Wesen“ heißt hier: über alle Beschreibung hinausgehen und darstellen, wie es wirklich ist, nicht nur eine Figur schildern, sondern ihre Seele ergreifen, nicht nur von einem Gegenstand erzählen, sondern ihn am Grund seiner Existenz packen – wie einen Köder für das Fliegenfischen: „Eine grüngestriemte Rebhuhnfeder / gilbgraue Hechelfeder vom Haushahn / grünes Wachs; die Federrispe aus dem Auge des Pfauenschweifs /grünschillernd der Hinterleib; etwas stecknadelgroß / soll der Kopf sein. Kann ausgeworfen werden von sieben in der Früh / bis elf . . .“.
  Die Bank „Monte dei Paschi“ ist, so wie sie in den „Cantos“ erscheint, eine archaische Gestalt wie die Steinmetze, die Weber und die Bäcker, denen sie in der Not half. Es gibt sie in den „Cantos“, weil Ezra Pound in den dreißiger Jahren Jahren die Lehre vom „social credit“ kennengelernt hatte, die ihm zur Mitte einer ganzen Weltanschauung wurde: Sie stammt im Wesentlichen von Major Clifford Douglas, einem britischen Mathematiker und Ingenieur, der den Ursprung der Finanzwirtschaft in der Differenz zwischen kollektiver Kaufkraft und kollektivem Warenwert entdeckt zu haben glaubte, aus der notwendig der Kredit, der Zins (oder der Wucher) und also der Zwang zum Wachstum hervorgehe.
  „Eine Gebühr, die für den Nießbrauch der Kaufkraft erhoben wird“, heißt es in einem Zusatz zum „Canto“ über die „usura“, den Wucher, „ohne Rücksicht auf die Produktion, oft nicht einmal auf die bloße Möglichkeit der Produktion.“ Major Douglas plädierte dagegen für eine Vergemeinschaftung des Kredits, für eine kollektive Geldwirtschaft, wie sie Ezra Pound im „Monte dei Paschi“ verwirklicht sah: in einer Bank, in der es zwar Zinsen gibt, aber keine Investitionen – in der sich also das Geld nicht in Kapital verwandeln kann.
  Über diese Kritik am Zustand der modernen Welt im Allgemeinen und der Finanzwirtschaft im Besonderen wurde Ezra Pound zu einem Faschisten. Er wurde es zum Teil auf demselben Weg, auf dem die Futuristen zu Faschisten wurden: weil die gigantischen Versprechen, die sie in die Welt setzten, irgendwann nach einer gewalttätigen Auflösung verlangten. Er wurde es aber auch, weil er es mit seiner ökonomischen Theorie ernst meinte, in der er die Welt eingeteilt hatte in das raffende Kapital und das geschädigte Volk.
  Den Ersten Weltkrieg hielt er folglich für eine Konsequenz aus der Konkurrenz des internationalen Kapitals und Benito Mussolini für einen Helden des Gemeinsinns, der das Marschland entwässert und „Wohnräume zum Leben schafft“. Und zum Antisemiten wurde Pound, weil er, seiner Zeit gemäß, die Gier des Geldverleihers vor allem bei den Juden zu erkennen meinte: „In ihren Seelen war Usura und in ihren Köpfen Feigheit, / In ihrem Denken Ranz und Korruption.“
  Die Zeitschrift Schreibheft hat in ihrer jüngsten Ausgabe dem Dichter Ezra Pound einen Schwerpunkt gewidmet. Darin enthalten sind Übersetzungen einiger „Cantos“, verfasst von Rainer G. Schmidt, darunter des für das ganze Epos zentralen „Canto“ über „Usura“: „Mit Usura hat kein Mensch ein Haus aus gutem Stein“, beginnt dieser Text, „jeder Block glatt geschnitten und wohlgefügt, / so daß ein Muster seine Front bedeckt, / mit Usura / hat kein Mensch gemaltes Paradies auf seiner Kirchenwand . . .“. Eva Hesse hingegen hatte geschrieben: „Bei Usura hat keiner ein Haus von gutem Werkstein / die Quadern wohlbehauen, fugenrecht, / dass die Stirnfläche sich zum Muster gliedert.“
  Sie übersetzt aufwendiger, prächtiger, weniger lakonisch. Sie neigt dazu, Dinge spezifischer zu nehmen, als sie im Original gemacht sind. „With usura hath no man a house of good stone / each block cut smooth and well fitting / that design might cover their face“ – mit dem „design“ spielt Ezra Pound vermutlich auf Fresken an. Dass es eine vollständige Übersetzung der „Cantos“ gibt, ist Eva Hesses Verdienst – aber um dem ganzen Reichtum dieses Epos gerecht zu werden, sollte man die Übersetzungen von Rainer G. Schmidt beim Lesen hinzulegen.
  Seit Anfang des vergangenen Jahres hat die italienische Bank „Monte dei Paschi die Siena“ einen neuen Vorsitzenden des Aufsichtsrats. Das Patronat für die Stadt, das die Bank über mehr als fünfhundert Jahre wahrgenommen hatte, gibt es nicht mehr. Selbst aus der Förderung des Palio, des zweimal jährlich stattfindenden Pferderennens auf der Piazza, hat sie sich zurückgezogen. Alessandro Profumo, der neue Vorsitzende, verdient, wie es heißt, nur achtzigtausend Euro im Jahr. Man weiß nicht, ob er Ezra Pound kennt. Aber auch er spricht davon, sein Haus zurückzuverwandeln: „We will be a good bank.“ Und merkwürdig ist es schon, wenn dieselbe amerikanische Bank, die dem „Monte“ vermutlich einige riskante Investitionen zu verschleiern half (und die jetzt Teileignerin ist), schon im vierzigsten „Canto“ auftritt: in Gestalt ihres Gründers J. P. Morgan, der an dieser Stelle treu erklärt, sich nie in Leerverkäufen engagiert zu haben.
  Von der Möglichkeit, zu einer älteren Form der Finanzwirtschaft zurückzukehren, träumen gegenwärtig viele. Wenn der Soziologe Wolfgang Streeck die „babylonische Gefangenschaft eines politischen freigelassenen Marktsystems“ durch eine Rückkehr zum Nationalstaat überwinden will, wenn Manager einen hippokratischen Eid leisten sollen, der sie auf das Gemeinwohl verpflichtet, wenn überhaupt davon die Rede ist, es müsse einen Kapitalismus ohne Zwang zum Wachstum geben, wenn über das Auseinander von verwerflicher, weil „unfruchtbarer“ (das Wort kommt auch in den „Cantos“ vor) Finanzwirtschaft und nützlicher Realwirtschaft geklagt wird – dann kehrt auch in solchen Ideen nicht nur ein notwendiger Abstand zur Finanzwirtschaft, sondern eine archaisierende Kritik am Kapitalismus wieder, die in Ezra Pound einen ihrer auch gegen sich selbst entschlossensten Gegner besaß. Dass er gegen Ende seines Lebens den Antisemitismus zu seinem größten Irrtum erklärte und sogar behauptete, nicht der Wucher, sondern die Gier („avarice“) sei das Grundübel der Welt, ist keine Revision seiner Weltanschauung, sondern allenfalls eine Verschiebung ins Bizarre: „Lass die Götter mir nachsehn, was ich / hervorgebracht“, heißt es in einem der letzten Fragmente der „Cantos“. Leicht ist das nicht, im Schlechten wie im Guten.
Ezra Pound: Die Cantos. In der Übersetzung von Eva Hesse. Ediert von Manfred Pfister und Heinz Ickstadt. Kommentiert von Heinz Ickstadt und Eva Hesse. Zweisprachige Ausgabe. Arche Verlag, Zürich/Hamburg 2012. 1480 Seiten, 98 Euro.
Ezra Pound: ABC des Lesens. Übersetzt und mit einem Nachwort von Eva Hesse. Arche Verlag, Zürich/Hamburg 2013. 140 Seiten, 14,95 Euro.
Schreibheft. Zeitschrift für Literatur. Herausgegeben von Norbert Wehr. Heft Nr. 80, Februar 2013. Rigodon Verlag, Essen. 176 Seiten, 13 Euro.
„In ihren Seelen war Usura und in
ihren Köpfen Feigheit, / In ihrem
Denken Ranz und Korruption“
In Ezra Pounds „guter Bank“
gab es zwar Zinsen, aber keine
Verwandlung von Geld in Kapital
Im unzuverlässigsten Helden der ungarischen Literatur findet Péter Esterházy einen Verbündeten seines eigenen Schreibens.
FOTO: ISOLDE OHLBAUM
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Pounds Kanon muss Werner von Koppenfels gar nicht zustimmen, um dieses Buch zu mögen. Zum pädagogischen Duktus passt laut Rezensent der Anreiz zum Widerspruch. Zum Beispiel wenn Pound deutsche Dichtung basht. Und staunend andererseits steht Koppenfels angesichts mancher Neubewertung (Ovid). Als Elementarbuch empfiehlt sich der Band für ihn auch wegen seiner Einführung ins richtige Lesen, ins Handwerk der Sprachkunst und durch Pounds Gebaren als konservativer Revolutionär, der das Tradierte fürs Heute flottzumachen sucht. Das bisschen autoritäres Gehabe und die den Rezensenten anspringende wichtigtuerische Typografie lässt Koppenfels dem Buch da gern durchgehen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.07.2013

Pounds Abc

Einer der drei Preise der Leipziger Buchmesse ging in diesem Jahr an Eva Hesse für ihre in jahrzehntelanger Arbeit entstandene Übersetzung der Cantos von Ezra Pound - ein guter Anlass, um sich mit dem gewaltigen Opus eines Grenzgängers der modernen Lyrik auseinanderzusetzen. Zur Einstimmung darauf empfahl Pounds Freund und Dichterkollege T. S. Eliot die Lektüre der früheren Gedichtbände "Lustra" und "Cathay". Doch auch Pounds zuerst 1934 erschienenes "ABC of Reading" dient diesem Zweck hervorragend. Ebenfalls von Eva Hesse ins Deutsche übertragen, ist es nun - ohne den zweiten Teil des Originals, der eine Anthologie englischer Dichter und Übersetzer enthält - neu aufgelegt worden. In aphoristischer Kürze entfaltet Pound darin Grundzüge seiner ästhetischen Theorie und legt dar, was zu einem Schreiben gehört, das die Ziele erreicht, "Bilder auf die imaginäre Netzhaut des Lesers zu projizieren", "durch Klang und Rhythmus der Rede emotionale Entsprechungen herzustellen", und das "Assoziationen wachruft, die hinsichtlich der verwendeten Worte im Bewusstsein des Empfängers zurückgeblieben sind".

Leseempfehlungen von Homer, Sappho und Catull über Chaucer und die provençalische Troubadourendichtung bis hin zu Villon und Rimbaud markieren die Traditionslinien, die zu Pounds eigenem Schreiben führen. Sein zähes Ringen um die Wirksamkeit der Sprache, den Wunsch, die Sprache zu erneuern, demonstriert er im "ABC des Lesens" einprägsam und unterhaltend auch für diejenigen, die jenseits der "Canto"-Lektüren ihr Sprach- und Dichtungsverständnis erweitern wollen: "Der Einsichtige kann nicht ruhig und ergeben dabeisitzen, wenn sein Land das Schrifttum verfallen lässt, wenn guter Stil auf Missachtung stößt, ebenso wenig wie ein guter Arzt ruhig und gelassen dabeisitzen kann, wenn ein unwissendes Kind sich mit Tuberkulose infiziert, in dem Glauben, es äße Marmeladeplätzchen." (Ezra Pound: "ABC des Lesens". Aus dem Amerikanischen und mit einem Nachwort versehen von Eva Hesse. Arche Verlag, Hamburg 2013. 144 S., geb., 14,95 [Euro].) btro.

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