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'"Ich hatte keine Meinung zu den Österreichern. Aber womit ich nicht gerechnet hatte: Jeder Österreicher hatte eine Meinung zu den Deutschen." War es wirklich klug, als Rheinländer in ein Land zu ziehen, das heute noch von Cordoba schwärmt? Dirk Stermanns Wiener Werdegegang ist ein wahrer Radetzkymarsch. Er begegnet Robert, dem Universalkommentator, der keinen deutschen Kaffee mag, und Hartmut, dem präpotenten Piefke, der so gerne ein Qualtinger wäre. Er schleppt betrunkene ORF-Reporterinnen durchs Nachtleben und taumelt durch Altbauten aus der k.u.k.-Zeit, in deren Treppenhäusern man selbst…mehr

Produktbeschreibung
'"Ich hatte keine Meinung zu den Österreichern. Aber womit ich nicht gerechnet hatte: Jeder Österreicher hatte eine Meinung zu den Deutschen." War es wirklich klug, als Rheinländer in ein Land zu ziehen, das heute noch von Cordoba schwärmt? Dirk Stermanns Wiener Werdegegang ist ein wahrer Radetzkymarsch. Er begegnet Robert, dem Universalkommentator, der keinen deutschen Kaffee mag, und Hartmut, dem präpotenten Piefke, der so gerne ein Qualtinger wäre. Er schleppt betrunkene ORF-Reporterinnen durchs Nachtleben und taumelt durch Altbauten aus der k.u.k.-Zeit, in deren Treppenhäusern man selbst von toten Hunden noch gebissen wird. Braungefärbte Taxifahrer, sadistische Beamte und die Wilde Wanda kreuzen seinen Weg. Dirk Stermann liefert ein skurriles Panoptikum von Österreich und seinen Einwohnern fulminant wie eine Mozartoper.
Autorenporträt
Dirk Stermann, geboren 1965 in Duisburg, lebt seit 1987 in Wien. Er zählt zu den populärsten Kabarettisten und Radiomoderatoren Österreichs und ist auch in Deutschland durch Fernseh- und Radioshows sowie durch Bühnenauftritte und Kinofilme weit bekannt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.11.2010

9. Dirk Stermann vs. Österreich

"Mein Duisburger Urgroßvater hatte einmal in der Salzburger Innenstadt einer alten Frau auf die Wölbung ihres Hutes gehauen. Diese Wölbungen hatten ihn immer maßlos gereizt."

Dirk Stermann kannte ich als eine Hälfte von Stermann und Grissemann aus dem Radio, dem Fernsehen und dem Kino; jetzt stand ich in einer Buchhandlung und musste sehr laut lachen (und abwechselnd leise weinen), wegen Sätzen wie denen da oben. Das Buch heißt "6 Österreicher unter den ersten 5", und es geht darum, warum und wie er als Piefke seit 1987 in Wien lebt. Hier eine Auswahl anderer Lieblingssätze:

Über seinen Vater: ",Der hat's geschafft', hieß es immer, wenn die Nachricht kam, dass jemand gestorben sei, und schon bei meiner Geburt hatte er zu den Krankenschwestern gesagt: ,Der erste Schritt zum Tod'."

Über Hartmut: "Hartmut verkaufte sehr erfolgreich billiges Spielzeug, das Kinder herstellten, die jünger waren als die Kinder, die damit spielen sollten."

Über das Salzwasser im Toten Meer: "Ein Ägypter, der in Österreich lebte, litt unter schwerer Neurodermitis. Den ganzen Körper hatte er sich aufgekratzt, und er sprang, weil er das Jucken nicht mehr aushielt, ins Tote Meer. Robert hatte ihn noch warnen wollen, aber zu spät. Der Schrei war lauter als der Lärm der Hubschrauber, die über den nahen Hoteldächern kreisten, auf denen hautkranke Europäerinnen nackt in der glühend heißen Sonne lagen. Mit den sich drehenden Rotorblättern versuchten die jungen israelischen Soldaten die Handtücher wegzuwehen, um freien Blick auf die nackten Frauenkörper zu haben." (Ist das nicht unglaublich, so ein Krawallkatarakt?)

Über die Sprache: "Findest du es eigentlich ärgerlich, dass ihr Österreicher Deutsch sprechen müsst? Dass ihr keine eigene Sprache habt?"

Über Hitler: "Hat Hitler wohl einen klaren, geraden Strahl gehabt? Wenn du Führer bist, macht dich das nicht fertig, dass du in dir eine Vorsteherdrüse hast? Wenn ich Führer wär oder Papst, würd ich mir die Prostata rausreißen."

Kann sein, dass besonders nazihafte Österreicher es Stermann übelnehmen, dass er sie als ziemlich nazihaft darstellt. Der Autor sagt selbst, dass er sich oft nach mehr Sissi-Romantik gesehnt habe, was aber er fand und beschreibt sind Enge, Wut und Wahnsinn. Hier noch ein schönes Beispiel:

",Der Mann ist nicht ganz dicht. Er hat lang mit seinem schwerstbehinderten Bruder zusammengewohnt. Aber nicht, weil er so ein guter Mensch ist, sondern weil er wegen dem Bruder einen Behindertenparkplatz direkt vorm Haus hatte. (. . .) Als sein Bruder starb, verlor Herr Pröhl natürlich den Anspruch auf den Parkplatz. Das hat ihn sehr verbittert, weil der Parkplatz direkt vorm Haus sein Sieg über die Welt war. Jetzt hatte er gar nichts mehr. Er setzte sich ins Auto und raste auf der Südosttangente als Geisterfahrer in ein entgegenkommendes Auto. Er wollte sich umbringen, aber es war ihm wichtig, andere mitzureißen. Die im anderen Auto haben schwer verletzt überlebt. Er auch. Aber nach dem Crash saß er im Rollstuhl und ein paar Jahre im Gefängnis.'

,Hat er jetzt wieder einen Behindertenparkplatz?'

,Ja. Aber kein Auto mehr.'"

Ich halte Dirk Stermann für einen der Größten, den wir und die haben.

Peter Richter

Dirk Stermann: "6 Österreicher unter den ersten 5. Roman einer Entpiefkenisierung". Ullstein, 16,95 Euro (in Österreich 17,50). Ebenfalls empfehlenswert: Dirk Stermanns Kolumnensammlung "Eier", Czernin, 15,90 Euro

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