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Wie heißt nochmal der Regierende Bürgermeister von Berlin? Nein, es ist nicht mehr Klaus Wowereit ... Viele von uns sehnen sich nach unverwechselbaren und weniger austauschbaren Politikern und nach klaren Haltungen. Johannes Gerster hat sie alle kennengelernt, als sie noch am Ruder waren: Franz-Josef Strauß, Herbert Wehner, Willy Brandt, Helmut Schmidt, Heiner Geißler, Richard von Weizsäcker und Helmut Kohl, um nur einige zu nennen. Er war Zeuge legendären Redeschlachten, hat nicht wenige selbst angezettelt.Mit seinen Episoden blickt er hinter die Kulissen der Politik, beobachtet Aktionen und…mehr

Produktbeschreibung
Wie heißt nochmal der Regierende Bürgermeister von Berlin? Nein, es ist nicht mehr Klaus Wowereit ... Viele von uns sehnen sich nach unverwechselbaren und weniger austauschbaren Politikern und nach klaren Haltungen. Johannes Gerster hat sie alle kennengelernt, als sie noch am Ruder waren: Franz-Josef Strauß, Herbert Wehner, Willy Brandt, Helmut Schmidt, Heiner Geißler, Richard von Weizsäcker und Helmut Kohl, um nur einige zu nennen. Er war Zeuge legendären Redeschlachten, hat nicht wenige selbst angezettelt.Mit seinen Episoden blickt er hinter die Kulissen der Politik, beobachtet Aktionen und Reaktionen und berichtet über Menschen im Zenit ihrer Macht. Damit legt er ein Zeitdokument vor, das sowohl ernst wie auch heiter ist.Die Zeiten von gestern verbindet er mit einer kritischen Betrachtung der Politik von heute. Besonders im Fokus hat er natürlich die Politik seiner eigenen Partei, der CDU, der er seit 57 Jahren angehört. Kein Zweifel: Auch Johannes Gerster selbst gehört eindeutig zu den Typen, die man gerade jetzt in der aktiven Politik vermisst ...
Autorenporträt
Gerster, JohannesJohannes Gerster wurde 1941 in Mainz geboren. Fast 22 Jahre lang gehörte er dem Deutschen Bundestag an, bevor er von 1997 bis 2006 die Konrad-Adenauer-Stiftung in Jerusalem leitete.Johannes Gerster ist ein faszinierender Zeitzeuge, der in vielerlei Funktionen erlebt hat, wie Politik gemacht und wie Geschichte geschrieben wird: sowohl im Neue-Heimat- wie auch im Guillaume-Untersuchungsausschuss, beim Fall der Mauer, bei der Wiedervereinigung und am deutlichsten im Nahen Osten.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.07.2017

Mit dem Fastnachtsorden
Bücher von Wirtschaftspolitikern

Die Europäische Union hat den Unternehmen und Menschen in Europa zahlreiche Vorteile gebracht. Zuletzt wurden die Roaming-Kosten abgeschafft. Zuvor musste etwa ein Malteser in Lettland für ein vierminütiges Gespräch nach Hause über 13 Euro bezahlen. Der Kampf gegen diese Preisunterschiede hat lange gedauert, und initiiert wurde er von der früheren EU-Kommissarin für Telekommunikation und Technologie und heutigen EU-Abgeordneten Viviane Reding aus Luxemburg. Sie setzte sich seit dem Jahr 2004 dafür ein, dass der letzte noch bestehende "Wegezoll" in Europa wegfällt. Der digitale Binnenmarkt ohne Barrieren sollte damit eine solide Basis erhalten. Letztendlich war Redings Einsatz von Erfolg gekrönt. Die Schritte dahin beschreibt sie anschaulich in dem Buch "Roaming - Der Kampf von David gegen Goliath", das die EVP-Fraktion im Europäischen Parlament herausgegeben hat und welches in drei Sprachen - Deutsch, Englisch und Französisch - erschienen ist.

Trotz mancher Übertreibung ("Noch nie war die weltweite Medienaufmerksamkeit so groß wie beim Roaming-Krieg") und etwas Eigenlob ("Dass die kleine Luxemburgerin sich im Endeffekt durchsetzte, wurde als Revolution angesehen: Zum ersten Mal in der Geschichte der Kommission hatten die Sorgen der Verbraucher gegen die mächtigen Interessen der Industrie gesiegt!") beschriebt Reding ihren Kampf doch ausdrucksstark und nachvollziehbar.

Beim Leser entsteht die Frage, warum nicht Reding - statt ihres Landsmanns Jean-Claude Juncker - Präsidentin der EU-Kommission geworden ist. Immerhin hatte sich die christsoziale Politikerin auch bei anderen Fragen deutlich menschenrechtsfreundlich positioniert, etwa bei der Bewertung innenpolitischer Maßnahmen durch die ungarische Regierung. Über ihr Wirtschaftsverständnis sagte sie einmal einer französischen Zeitung: "Ich bin keine eingefleischte Interventionistin. Ich reglementiere erst dann, wenn der Wettbewerb nicht funktioniert."

Auch ein anderes Buch eines - allerdings ehemaligen - Politikers ist äußerst lesenswert. Unter dem Titel "Typen und Mythen" beschreibt der frühere Haushaltspolitiker Johannes Gerster politische Prozesse anhand kurzer exemplarischer Szenen, von denen viele bis heute unbekannt geblieben sind. "Die Haushaltspolitiker des Bundestages sind eine besondere Gattung, zumindest waren sie dies in Bonner Zeiten", erzählt der Christdemokrat: "Die Ministerinnen und Minister hatten im Haushaltsausschuss zu erscheinen, wenn ihr Etat beraten wurde. Wehe, einer von ihnen trat arrogant auf oder wich den kritischen Fragen aus. Sofort wurden - oft symbolisch, aber immer schmerzhaft und immer fraktionsübergreifend - Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit oder beim Verfügungsfonds des Ministers gestrichen. Die nächste Stufe war das Streichen von Personalstellen im Leitungsbereich oder bei bekannten Lieblingsprojekten des Ministers. In Bonn kursierte der Spruch: Auf offener See, vor Gericht und im Haushaltsausschuss ist man in Gottes Hand."

Den erbittertsten Streit gab es regelmäßig zwischen der Berichterstatterin für den Etat des Außenministers, Heide Simonis (SPD), und der Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Hildegard Hamm-Brücher (FDP), was auf viele peinlich wirkte. Ebenso war Finanzminister Gerhard Stoltenberg unbeliebt, da er - entgegen der Tradition - die abgekämpften Ausschussmitglieder nicht zu Speis und Trank einlud. "Wenn es ums Geldausgeben ging, übermannte ihn offensichtlich der Geiz - ein idealer Kassenwart der Steuergelder der Bürger", schreibt Gerster über seinen Parteikollegen. Gerster schickte in seiner politischen Laufbahn auch einen korrupten Gewerkschaftsführer im Neue-Heimat-Skandal in Beugehaft und brachte bei seinen DDR-Reisen regelmäßig die dort auf ihn angesetzten Mitarbeiter der Staatssicherheit ins Schwitzen.

Als er zu einem Empfang mit der britischen Königin in seiner Heimatstadt Mainz eingeladen war, hieß es, er solle "mit Uniform oder Smoking mit Orden" erscheinen. Der damals noch junge Bundestagsabgeordnete besaß keine staatlichen Ehrenzeichen und heftete sich daher im heimischen Wohnzimmer einen Fastnachtsorden an die Brust.

Die Österreicherin Eva Lichtenberger war von 2004 bis 2014 Mitglied des Europäischen Parlaments und berichtet von der 2014 verkündeten EU-Erklärung zur Stärkung des Rechtsstaatsprinzips. Adressat dieser Erklärung war Ungarn, wie Lichtenberger nun in dem Band "Strengthening the rule of law in Europe" erklärt. Sie wirft der ungarischen Regierung die Verletzung fundamentaler Grundrechte und Falschinformationen vor. In der Tat hatte die ungarische Regierungspartei damals einen Wahlkampf gegen steigende Wohnnebenkosten geführt und die Schuld der EU gegeben. Die Preise waren aber vor allem Folge einer Mehrwertsteuererhöhung auf 27 Prozent und der Monopolstellung einiger Versorger, darunter auch staatlicher.

Die Grünen-Politikerin Lichtenberger bedauert, dass der Rechtsstaatsmechanismus nicht in die Gründungsverträge aufgenommen wurde. Im selben Buch wirbt der österreichische Diplomat Gregor Schusterschitz für ein kooperatives System der gegenseitigen Rechtsstaatskontrolle, das keine scharfen Sanktionen setzt. Auch der Innsbrucker Hochschullehrer Werner Schroeder mahnt zur Vorsicht und erinnert daran, dass auch nichtbindende Beschlüsse der EU zu Veränderungen in Ländern wie Ungarn oder Polen führen können. Diese Experten würden sich vermutlich gegen die derzeitigen Überlegungen in Brüssel wenden, die Auszahlung von europäischen Mitteln an Kriterien der Rechtsstaatlichkeit zu koppeln.

JOCHEN ZENTHÖFER

Viviane Reding: Roaming. EVP-Fraktion im Europäischen Parlament 2017, 83 Seiten, kostenfrei.

Johannes Gerster: Typen und Mythen, Leinpfad Verlag Ingelheim 2017, 124 Seiten, 10 Euro.

Werner Schroeder (Hrsg.): Strengthening the rule of law in Europe, Bloomsbury 2017, 300 Seiten, 70 Pfund.

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