Marktplatzangebote
15 Angebote ab € 4,29 €
  • Broschiertes Buch

Der abschließende Band des beispiellosen Echolot-Unternehmens.
Es sind die hochdramatischen letzten Tage Hitlerdeutschlands, die Kempowski auf beklemmend eindringliche Weise wie einen Film vor dem Leser abrollen lässt. Die minutiöse Rekonstruktion aus Briefen, Tagebuchaufzeichnungen, Quellen und Bildern ermöglicht einen erschütternden Blick auf Leid, Propaganda, Irrsinn.

Produktbeschreibung
Der abschließende Band des beispiellosen Echolot-Unternehmens.

Es sind die hochdramatischen letzten Tage Hitlerdeutschlands, die Kempowski auf beklemmend eindringliche Weise wie einen Film vor dem Leser abrollen lässt. Die minutiöse Rekonstruktion aus Briefen, Tagebuchaufzeichnungen, Quellen und Bildern ermöglicht einen erschütternden Blick auf Leid, Propaganda, Irrsinn.

Autorenporträt
Kempowski, Walter
Walter Kempowski wurde am 29. April 1929 als Sohn eines Reeders in Rostock geboren. Er besuchte dort die Oberschule und wurde gegen Ende des Krieges noch eingezogen. 1948 wurde er aus politischen Gründen von einem sowjetischen Militärtribunal zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Nach acht Jahren im Zuchthaus Bautzen wurde Walter Kempowski entlassen. Er studierte in Göttingen Pädagogik und ging als Lehrer aufs Land. Seit Mitte der sechziger Jahre arbeitete Walter Kempowski planmäßig an der auf neun Bände angelegten "Deutschen Chronik", deren Erscheinen er 1971 mit dem Roman "Tadellöser & Wolff" eröffnete und 1984 mit "Herzlich Willkommen" beschloss. Kempowskis "Deutsche Chronik" ist ein in der deutschen Literatur beispielloses Unternehmen, dem der Autor das mit der "Chronik" korrespondierende zehnbändige "Echolot", für das er höchste internationale Anerkennung erntete, folgen ließ.Walter Kempowski verstarb am 5. Oktober 2007 im Kreise seiner Familie. Er gehört

zu den bedeutendsten deutschen Autoren der Nachkriegszeit. Seit 30 Jahren erscheint sein umfangreiches Werk im Knaus Verlag.
Rezensionen
"Dieses Buch ersetzt eine ganze Bibliothek zum Thema Kriegsende." -- Frank Schirrmacher

"Geschichte wird wieder zum Erlebnis: Schlichte, ergreifende, tragische Schilderungen, die ein Bild des Krieges vermitteln." -- Der Spiegel

"Eines der größten Leseabenteuer unserer Zeit." -- Denis Scheck

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.03.2015

Ohne Unterbrechung Alarm
Vor zwanzig Jahren schufen Walter Adler und Walter Kempowski ein Hörstück über
die letzten Monate des Zweiten Weltkriegs – In dieser Form wird die Geschichtserzählung zum Denkmal
VON JENS BISKY
Vernünftig wäre es, wenn man endlich Walter Kempowski folgen und dieses Hörstück ununterbrochen in der Neuen Wache, Unter den Linden, spielen würde: „und wenn es einmal zu Ende ist, von vorne wieder beginnen, jahre-, jahrzehntelang, bis eines Tages sowieso alles vergeht . . . Die Menschen würden kommen, es regnet vielleicht, und sie hören einen Fetzen aus einer ganz anderen Zeit herüberwehen, sie gehen weg, andere kommen wieder. Ein Kommen und Gehen, und es wird gesprochen, die Zeugnisse dieser Zeit werden weiterverkündet.“ Das Gespräch, in dem er dies vorschlug, steht im Beiheft zur Neuveröffentlichung von „Der Krieg geht zu Ende“.
  Das akustische Denkmal – „wie eine Rauchsäule, die gen Himmel steigt“ – könnte den Missgriff Helmut Kohls ungeschehen machen, der an dieser Stelle 1993 zum Gedenken an die „Opfer für Krieg und Gewaltherrschaft“ eine willkürlich vergrößerte Skulptur von Käthe Kollwitz aufstellen ließ, „Mutter mit Sohn“.
  Ob die ehrwürdige Form der Pietà zusammen mit der unbestimmten Inschrift nicht alle Unterscheide verwischen würde, ist in den Neunzigerjahren, in der Hochzeit erinnerungspolitischen Streits, viel diskutiert worden. Der Historiker Reinhart Koselleck, seit 1941 Soldat der Wehrmacht, seit Mai 1945 in sowjetischer Kriegsgefangenschaft, kritisierte damals, die Pieta schließe die Juden und die Frauen aus, „die beiden größten Gruppen der unschuldig Umgebrachten und Umgekommenen des Zweiten Weltkrieges“.
  Das Hörstück beruht auf dem Riesenwerk „Echolot“, der Collage aus Erinnerungen, Briefen, Berichten, für die Walter Kempowski über Jahre Tausende Nachlässe gesammelt hatte. Das Jahr 1945 galt ihm dabei als Zentrum des Werks. Zu Wort kommen Prominente und Namenlose, Täter und Opfer, Verblendete und Desillusionierte. Die Auswahl aus dem Textmaterial, die der Regisseur Walter Adler traf, ergibt kein Panorama, sie sollte nicht mit einem abgeschlossenen, alles umfassenden Bild verwechselt werden. Dieser Chor ist auf Ergänzung angelegt, auf weitere Stimmen, andere Erfahrungen.
  Ein „kollektives Tagebuch“ der letzten Kriegsmonate ist eine Zumutung, denn das „Kollektiv“ umschließt absichtsvoll Gemordete – das Töten in den Konzentrationslagern geht weiter –, Soldaten in Uniform, Zivilisten im Luftschutzbunker oder auf der Flucht. Dieser Stimmenchor vergegenwärtigt eine Gemeinschaft der Zeitgenossen, die Geschichtsschreibung voneinander unterscheiden muss: nach Positionen und Interessen, Lebensläufen, Überlebenschancen. Indem sie hier nebeneinander stehen, wird allerdings eine verbreitete Unsitte unterlaufen: die häppchenweise, Zusammenhänge vernebelnde Betrachtung erst des Schicksals der verfolgten und ermordeten Juden, dann des der deutschen Vertriebenen, daneben des Bombenkriegs und – wiederum als Einzelfall – des NS-Terrors gegen die Männer und Frauen des 20. Juli oder gegen Deserteure – eines Terrors, der wesentlich dazu beitrug, den Krieg zu verlängern.
  Kempowski und Adler bieten selbstredend keine analytische Geschichtsschreibung, aber ihr Chor der Zeitgenossen, der Mitlebenden provoziert Fragen, statt Antworten zu inszenieren oder, schlimmer noch, zu sentimentalen Abwehrgesten einzuladen. Wer es genauer wissen will, kann – anders als Kempowski während der Arbeit an „Echolot“ zu Ian Kershaws großer Studie „Das Ende. Kampf bis in den Untergang – NS-Deutschland 1944/45“ greifen, die auf Deutsch 2011 erschien.
  „Wenn der Krieg aus ist, dann ist alles sicher schnell wieder vergessen.“ – „Wenn der Krieg vorbei ist, ist von alter deutscher Kultur wahrscheinlich nur noch in kleineren Städten etwas zu finden.“ – „Wenn wir den Krieg verlieren, sind wir nach allgemeiner Überzeugung selbst daran schuld, und zwar nicht der kleine Mann, sondern die Führung.“ – „Hiermit fängt nun ein neues Jahr an und ich drück’ uns beide Daumen, dass es ein gutes Jahr wird, dass uns wieder nach Hause bringt und uns Kurt wiedergibt.“ – „Wie das alte Jahr endete, so beginnt das neue, denn heute war von neun Uhr morgens bis fast 17 Uhr nachmittags ohne Unterbrechung Alarm.“ – „Ziemlich gleichgültig das neue Jahr begrüßt.“ – „Um 12 Uhr Vollalarm, das ist das neue Jahr.“
  Mit diesen Sätzen beginnt das Hörstück. Keine Ansage informiert, wer da spricht, in welcher Situation so gedacht und geschrieben wurde. So ist man zur Aufmerksamkeit gezwungen, muss genau zuhören, will man die Berichte, Meinungen. Wünsche verstehen, sich zu ihnen verhalten. Dieses Hörbuch ist eine Herausforderung vor allem dank seiner akustischen Kargheit. Weder Musik noch Geräusche schaffen Vertrautheit oder Stimmung. Die Schauspielerinnen und Schauspieler verleihen den Hunderten Figuren Individualität, ohne dabei die Sympathien des Hörers zu steuern. Es sind viele der besten Sprecher des Landes dabei, einige – etwa Ulrich Mühe, Otto Sander, Rolf Boysen – sind inzwischen gestorben. Gerade weil es keine Dialoge, höchstens berichtete Gespräche gibt, weil jeder für sich von sich erzählt, überzeugt das Hörbuch als Ensembleleistung. Über knapp neun Stunden hinweg wird der richtige Ton getroffen.
  Die Flucht vor der Roten Armee, die so viele zivile Opfer kostete, weil man bis zum letzten Augenblick ausharrte und dann unvorbereitet ins Chaos des Rückzugs geriet, der Bombenangriff auf Dresden, Vergewaltigungen durch Sowjetsoldaten nehmen großen Raum ein. Man hört von Erschießungen in den KZs, vom Grimm der Volksgenossen auf Nazibonzen, „Goldfasane“, die sich um jeden Preis zu retten versuchten, man lauscht abfälligen Urteilen über jene, die auf die Soldaten der Alliierten zugingen, mit ihnen sprachen.
  Der Hörer mag fragen, ob die Proportionen stimmen, aber das gesamte Vorhaben richtet sich gegen den Geist einer Aufrechnung und einer Opferkonkurrenz. Die dichte Folge von Gewaltszenen, von Hunger, Elend, Tod und Mord, die unaufhaltsame Eskalation der Schrecken, scheint dem Recht zu geben, der gegen Ende sagt, er habe in diesem Krieg nie etwas anderes gesehen als eine „nihilistische Großkundgebung“.
  Einer geht wieder pflichteifrig ins Werk; einer erinnert, wie die Rote Armee ins Lager kam, die SS entwaffnet; eine andere mustert gemeinsam mit NKWD-Leuten Denunziationslisten, widerwillig, aber doch froh, dass hundertprozentige Nazis ihre Strafe finden; andere fühlen sich dumpf, freudlos oder erleichtert, unsicher. Es wird – dies zeigt die Zusammenstellung der Zeugnisse für die Tage nach der bedingungslosen Kapitulation – Zeit brauchen, bis das Ende des Dritten Reichs als Befreiung verstanden wird und bis die unterschiedlichen Geschichten von Kriegsende erzählt werden können. 
Walter Kempowski: Das Echolot. Der Krieg geht zu Ende. Regie: Walter Adler. Gelesen von Rolf Boysen, Rosemarie Fendel, Burghart Klaußner, Ulrich Noethen, Friedhelm Ptok u.v.a. Der Hörverlag, München 2015. 7 CD, 536 Minuten, 29,99 Euro.
„Wenn der Krieg aus ist,
dann ist alles sicher
schnell wieder vergessen.“
 
Die erfolgreiche
Familienchronik von „Tadellöser & Wolff“
bis hin zu „Herzlich
Willkommen“ ergänzte Walter Kempowski (1929–2007) durch das kollektive Tagebuch „Echolot“. Foto: dpa
„Der Krieg ist zu Ende. Seit fünf Jahren,
acht Monaten und acht Tagen haben wir sehnsüchtig auf diese Meldung gewartet.“
– Berlin, 1945.
Foto: Ursula Röhnert
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr