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Jacek Dehnel, Star der jungen Literatur in Polen, rekonstruiert in seinem neuen Roman die Biografie des einzigen Sohns des berühmten Francisco de Goya. Zeit seines Lebens steht er im Schatten seines genialen Vaters und wird als Künstler nicht produktiv. Als Javier auch noch argwöhnen muss, dass Vater Francisco seine Frau verführt, und sich sein eigener Sohn Mariano mehr zum Großvater hingezogen fühlt, scheint seine Rolle als Verlierer festzustehen. Bis er in einem kreativen Rausch über sich selbst hinauswächst. Dehnels fesselndes Psychogramm dieser Vater-Sohn-Beziehung ist gleichzeitig eine…mehr

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Produktbeschreibung
Jacek Dehnel, Star der jungen Literatur in Polen, rekonstruiert in seinem neuen Roman die Biografie des einzigen Sohns des berühmten Francisco de Goya. Zeit seines Lebens steht er im Schatten seines genialen Vaters und wird als Künstler nicht produktiv. Als Javier auch noch argwöhnen muss, dass Vater Francisco seine Frau verführt, und sich sein eigener Sohn Mariano mehr zum Großvater hingezogen fühlt, scheint seine Rolle als Verlierer festzustehen. Bis er in einem kreativen Rausch über sich selbst hinauswächst. Dehnels fesselndes Psychogramm dieser Vater-Sohn-Beziehung ist gleichzeitig eine überzeugende literarische Deutung der "Schwarzen Bilder" - der wohl rätselhaftesten Gemälde der Kunstgeschichte.

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Autorenporträt
Jacek Dehnel, 1980 in Danzig (Gdansk) geboren, studierte Literaturwissenschaft und Philosophie in Warschau und ist Lyriker, Prosaist, Übersetzer und Maler. 2006 wurde er mit seinem Roman Lala international bekannt. 2005 erhielt er den renommierten Koscielski-Preis und 2010 wurde sein Gedichtband Ekran kontrolny („Kontrollbildschirm") für den wichtigsten polnischen Literaturpreis, NIKE, nominiert. Bei Hanser erschien sein Roman Saturn. Schwarze Bilder der Familie Goya (2013).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.08.2013

Der Ast, an dem
Saturn hängt
Wer malte die „Schwarzen Bilder“ im Landhaus des Tauben?
Jacek Dehnel, ein Star der jungen polnischen Literatur, verrät es in seinem
virtuosen Künstlerroman über die Männer der Familie Goya
VON JENS BISKY
Einem Kind, das in der „Straße der Enttäuschung“ zur Welt kommt, scheint der Weg vorgezeichnet. Es wird nicht leisten, was von ihm erwartet wird. Je höher die Ansprüche, desto größer sein Versagen. Am Tag der Geburt rennt der Vater durch die Straßen von Madrid und schreit, dass es in der Stadt keinen schöneren Anblick gebe als diesen, seinen Jungen. Die Vaterliebe freilich gilt weniger dem Wurm in der Wiege, dem Kind, das da heranwächst, viel mehr dem verjüngten Abbild des eigenen Ich, der Hoffnung, der Sohn möge werden wie sein Erzeuger: Francisco de Goya, gesegnet mit Genie und Geld, bald Hofmaler Karls III. und später weiterer Könige. Gut zwanzig Mal wird seine Frau schwanger, dann hört er auf zu zählen. Nur ein Kind, ein Sohn, überlebt, Javier aus der „Straße der Enttäuschung“. Er wird Maler wie Francisco, doch er malt nicht, wie er soll, er zeichnet „wie ein Weibsbild“, wird auch durch den Stimmbruch nicht männlicher, setzt früh Fett an, hockt sich träge den Hintern breit. Bald glauben auch seine Frau und sein Sohn, dass Javier eine „Trantüte“ ist, ein „impotenter Lahmarsch“, ein Schwächling, das Werk, das Francisco de Goya missglückte.
  Mit Javiers Geburt beginnt Jacek Dehnels Roman „Saturn“, das Buch des jungen polnischen Schriftstellers endet mit dem Tod des so viele Enttäuschenden. Da über den Sohn des von Jahr zu Jahr größer, moderner, genialer scheinenden Francisco de Goya nur wenig bekannt ist, taugt er zum Helden eines literarischen Spiels, eines Künstlerromans über das Gesetz des Vaters, die Zwänge der Familie und über das Malen. Drei Männer der Familie Goya lässt Dehnel sprechen, in einer Folge von Monologen die Psychodramen der Familie enthüllen: Vater, Sohn und Enkel, Francisco, Javier, Mariano. Unterbrochen wird die Kette der Männermonologe von Bildbeschreibungen, drastischen Vergegenwärtigungen der „schwarzen Bilder“ aus Goyas Landhaus „Quinta del Sordo“ („Landhaus des Tauben“). Die vierzehn Gemälde – darunter der berühmte, seinen Sohn verschlingende Saturn, die Parzen und ein Duell mit Stöcken – sind heute im Prado zu bewundern. Wer immer sie für einen Höhepunkt, gar für die Quintessenz des Goyaschen Werks hält, muss sich nun von Jacek Dehnel sagen lassen, dass sie nicht Francisco, sondern der lahmarschige Sohn Javier gemalt hat. Von ihm stammen auch die Bildbeschreibungen im Roman, sie sind Teil seines Versuchs, mit dem übermächtigen Vater fertig zu werden. Die düsteren, rätselhaften Visionen, die zu immer neuen Deutungen herausfordern, weil so wenig Sicheres über sie zu wissen ist, werden zur Familienaufstellung in kriegerischen Zeiten.   
  Jacek Dehnel beruft sich auf eine Studie, in der Juan José Junquera nachzuweisen versuchte, das die Fresken aus dem „Landhaus des Tauben“ nicht von Francisco de Goya stammen können. Ein Inventarverzeichnis, auf das man sich oft beruft, hält Junquera für eine Fälschung. Möglicherweise wurde es vom Enkel Mariano verfasst, um die Villa besser verkaufen zu können. Der Teil des Hause, in dem sich die Fresken befanden, sei wahrscheinlich erst nach Franciscos Tod erbaut worden. Wer also könnte der Maler der „schwarzen Bilder“ sein? Nun, Javier, sagt Junquera. Kenner haben ihm widersprochen, seine Thesen brüsk zurückgewiesen.
  Der Leser kann den Streit getrost den Gelehrten überlassen. Dehnel nimmt sich die Freiheit des Dichters, seine eigene Geschichte der Familie Goya zu erzählen. Und literarisch ist sie allemal plausibel und bleibt es, was auch immer Kunsthistoriker demnächst herausfinden, behaupten oder entdecken werden.
  Dass der Prado im Jahr 2009 zugab, der „Koloss“, bis dahin ein kanonisches Werk Francisco de Goyas, sei mit Sicherheit von einem anderen gemalt worden, fordert die Phantasie geradezu heraus. In dem Roman „Saturn“ wird der Koloss zum ersten eigenständigen Werk Javiers, des Malers ohne Gemälde. Ein patriotisches Gedicht entzündet seine Einbildungskraft: „Und sofort sah ich es, das ganze Bild, mit allen Einzelheiten, als wäre es auf den Seiten des Büchleins erschienen: von den Rauchwolken, die den erhabenen Koloss umhüllen, über seine muskulösen Arme und den breiten Rücken bis zur panischen Flucht der französischen Armee – mit ihren Pferden, Maultieren, Wagen, Zinnsoldaten.“ Seit Jahren hatte ihn nichts begeistert, nun überwältigt ihn die Vision, er beginnt zu malen. Der Vater, durch eine schwere Krankheit taub geworden, glaubt der Nachricht kaum, dass der Faulpelz Javier, „der den ganzen Tag auf dem Bauch lag wie ein Weib“ begonnen habe zu malen. Nachts schleicht er sich vor das Bild, korrigiert einen Rappen. Und das obwohl er, wie im Roman mehrfach versichert wird, für Pferde kein Talent besitzt, sie einfach nicht hinbekommt.
  Wer nun glaubt, dieser Familiengeschichte mit etwas Küchenpsychologie beizukommen, der tappt in Fallen, die der Autor ihm hingestellt hat. Gewiss: Da ist der dominante, egomanische Vater, dem jede junge Frau, auch die des eigenen Sohnes, für Wild gilt, das man jagen muss; da ist der Sohn, dem gar nichts bleibt, als vor all der Virilität ins tranig Träge zu flüchten. Aber das ist nur die Oberfläche: Briefe, die nach dem Tod des Vaters auftauchen, enthüllen – derb und zärtlich in einem – eine lebenslange Liebe des Vaters zu seinem Freund, seinem Bettgenossen Zapater. Auch hier hat Dehnel seine Fiktion eng an das historische Material gebunden, immer wieder nutzt er Formulierungen aus Briefen und fügt sie in seine erfundene, erschriebene Welt.
  Dehnel gilt als Jungstar der polnischen Literatur. Hochgebildet, Sohn einer Malerin und selber Maler, hat er mehrere Gedichtbände veröffentlicht, bevor er, Jahrgang 1980, dreißig wurde. Der Nobelpreisträger Czeslaw Milosz hat ihn angepriesen. In Deutschland erschien 2008 der Roman „Lala“, der auf Erzählungen der Großmutter beruht. Es ist vor allem Dehnels bilderreiche, anschauliche Sprache, die seine Fiktionen beglaubigt. Dank der erfahrenen, hier manchmal vielleicht zu gediegenen Übersetzerin Renate Schmidgall ist auch im Deutschen die Verschiedenheit der drei Goyas zu spüren: zupackend, Sentimentalitäten scheuend, grob und verschwenderisch in seiner Liebe der Vater; ausweichend, in sich gekehrt, aus der Kränkung heraus lebend der Sohn; ein eitler Geck der Enkel. Ihm, dem Verhätschelten, bloß Ehrgeizigen, fehlt die Erfahrung der Maler: wie sich im Akt des Erfindens, des Schaffens das Ich und die Welt verwandeln.
  Anfangs scheint es, als lege Dehnel seine Goyas auf die Couch, verordne ihnen eine Redekur. Von der Psychoanalyse hat er das literarisch Fruchtbare übernommen: den Glauben an die therapeutische, heilsame Wirkung des Erzählens. Erinnerungen müssen ausgegraben, Gefühle heraufgerufen, Worte gefunden werden. So feiert der Roman das Erschaffen eigener Welten aus dem Ich. Der Vater macht dabei Dreck, dem Sohn graust vor dem Schmutz des Ateliers. Der Saturn, der seine Kinder verschlingt, gab auch der Bleivergiftung den Namen, die Maler heimsucht, weil sie Bleiweiß nutzen: Saturnismo. Im Zeichen des Saturn zu erzählen, heißt aber auch, nicht vom Ödipuskomplex zu reden. Dieser Sohn will nicht verschlungen, nicht der Vater werden, will dessen Rolle nicht einnehmen – und malt gleichsam in Notwehr in dessen Stil.
  „Sag mir, wer den Vater erfunden hat, und zeig mir den Ast, an dem sie ihn aufgehängt haben“, lautet ein Motto des Romans, in dem jeder lesen und leben kann wie in einem klug konstruierten Spiegelkabinett. Die meisten Motive kehren mehrfach variiert wieder. So scheint etwa eine Tochter die von seinem „verweiblichten“ Sohn enttäuschten Hoffnungen des alten Goya auf ein von ihm gezeugtes Genie, doch noch zu erfüllen.
  Die „Straße der Enttäuschung“ hat ihren Namen nicht von ungefähr. In ihr jagten einst vier Burschen ein hübsches Mädchen, rissen ihr die Kleider vom Leib und erblickten einen stinkenden Körper, der zu Staub zerfiel. Ist das Gesetz des Vaters das der Gewalt? Jacek Dehnels „Saturn“ entzieht sich jeder einsinnigen Deutung. Über diesem wunderbaren europäischen Künstlerroman könnte stehen: Du musst Dir ein Bild machen, aber sieh zweimal hin!
Jacek Dehnel: Saturn. Schwarze Bilder der Familie Goya. Aus dem Polnischen von Renate Schmidgall. Carl Hanser Verlag, München 2013. 272 Seiten, 19,90 Euro, E-Book 15,99 Euro .
Dehnel hat seine Fiktion eng
ans historische Material gebunden
und geht doch frei damit um
Der Autor, selbst Maler und Sohn
einer Malerin, hat bereits
mehrere Lyrikbände veröffentlicht
„Ach, der Teufelskerl. Er hatte sich die ganze Zeit versteckt“: Lange Zeit galt dieses
Gemälde als Werk Francisco de Goyas (1746-1828), aber ein anderer muss es gemalt haben. Wer?
Javier Goya, der Sohn, heißt es in Jacek Dehnels Roman „Saturn“.
FOTO: REUTERS
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Sehr beeindruckt zeigt sich Andreas Breitenstein von diesem Roman des 34-jährigen Polen Jacek Dehnel, der nicht nur Goya als dem "Genie der Düsternis" ein Denkmal setzt, sondern auch dessen Sohn Javier. Dehnel geht von neueren Vermutungen aus, denen zufolge Goyas "Schwarze Bilder" mit dem überwältigenden "Koloss" nicht dem bereits leicht wahnsinnigen Maler zugeschrieben werden müssen, sondern eben seinem Sohn, wie Breitenstein in einer schönen und kundigen Besprechung schreibt. Und so tief und dunkel wie die (im Band abgedruckten) Gemälde sind auch die Familienverhältnisse des Malers, der mit Zynismus, Jähzorn und Genie seinen melancholischen Sohn tyrannisiert. Breitenstein hätte sich unter der "Sonne der Verzweiflung" durchaus ein wenig Licht gewünscht, um Goyas Kosmos nicht ganz der Morbidität anheimzugeben, aber er lobt diesen Roman dennoch als gelungen "somnambulen Künstlerroman".

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.11.2013

Nicht nur Vater Kronos verschlingt seine Söhne

Im Hause Goya tobt der Generationenkonflikt: Jacek Dehnel entwirft in seinem Roman "Saturn" ein brillantes Psychogramm der spanischen Malerfamilie.

Er war erst acht oder neun, als er erfuhr, warum die Straße, in der er zur Welt gekommen war, die Straße der Enttäuschung hieß. Er erfuhr es aus einem Gespräch, das er zufällig belauscht hatte. Doch auch dann war er fest überzeugt, dass sein Vater eine eigene Erklärung dafür habe, dass er nämlich der Meinung sei, die Straße heiße so, weil er, Javier, in einem Haus dieser Straße geboren sei, "in der Wohnung des Porträtmalers und Vizedirektors der Königlichen Teppichmanufaktur Santa Barbara und bald darauf des königlichen Hofmalers Francisco Goya y Lucientes".

In diesen wenigen Sätzen sind die beiden wichtigen Informationen zusammengefasst, die den Schlüssel zu Jacek Dehnels Roman "Saturn" bilden. Man erfährt, dass das Buch von dem berühmten Maler handelt, und man erkennt, dass es nicht so sehr die Stationen von Goyas Leben sind, die über seinen Inhalt und Stil entscheiden, sondern eine bestimmte familiäre Konstellation. Genaugenommen basiert Dehnels Grundidee auf einer einzigen biographischen Tatsache: Im Jahre 1773 heiratete Goya die Schwester eines Malerfreundes, Josefa Bayeu, genannt La Pepa, und zeugte mit ihr vierundzwanzig Kinder, von denen nur ein einziges überlebte, sein Sohn Javier, über den bis heute kaum mehr bekannt ist, als dass er ebenfalls Maler wurde und dass das Verhältnis zwischen ihm und seinem Vater Francisco alles andere als einfach war.

So ist der Roman weitgehend als ein Stimmenduett angelegt, das dieselben Situationen, Szenen und Gespräche aus zwei Perspektiven beleuchtet. Später kommt noch die Stimme des Enkels Mariano hinzu. Dann wächst sich der Roman zu einem ständigen Wechselspiel dreier Ich-Erzähler aus, doch die Hauptakteure bleiben Francisco Goya und sein Sohn Javier. Der Roman ist ein Psychogramm ihrer komplizierten Beziehung, wobei Dehnels polyphone Erzählweise sowohl dem Untertitel, "Schwarze Bilder der Familie Goya", als auch der im Haupttitel enthaltenen Anspielung gerecht wird.

"Saturn, einen seiner Söhne verschlingend" - so heißt Goyas berühmtes Gemälde, zu dem der polnische Autor eine effektvolle literarische Untermalung liefert: Der geniale Maler erscheint in dem Buch als der Inbegriff schlechter Eigenschaften, als ein selbstverliebter Tyrann, Vielfraß, Choleriker und Flegel, der seine wahren Erfolge durch erfundene potenziert, auf die Bedürfnisse seiner Mitmenschen keine Rücksicht nimmt und seinem einzigen Sohn nicht nur die Lust am Malen nimmt, sondern ihn auch als permanenten Versager hinstellt: "Manchmal sah ich ihn plötzlich irgendwo im Haus und dachte: Ist das wirklich mein Sohn? Dieser Schwächling, der mit zwanzig hier und da Fett ansetzte, der immer träger wurde, bleich wie die Wand durchs Haus schlich und keinen Ton von sich gab? Dieses Etwas?"

Javiers Urteile über den Vater sind nicht minder hart, doch im Grunde schneidet in diesem Buch niemand gut ab - nicht der Vater, nicht der Sohn, nicht der Enkel Mariano, der an dem Großvater mehr zu hängen scheint als an seinem schwächlichen Zeuger, oder die weiblichen Figuren, die mürrische, schweigsame La Pepa oder die mädchenhaft fade Gumersinda, Javiers Frau, die an der Zuneigung ihres Schwiegervaters etwas zu viel Gefallen findet. Die Stimmung im Hause Goya ist nicht nur wegen Spannungen und Rivalitäten zwischen Francisco und Javier gedrückt. Das gibt dem Roman eine sehr eigene, negative Aura, was das Lesevergnügen aber keineswegs schmälert. Und dieses besteht nicht zuletzt darin, zu verfolgen, mit wie viel Phantasie und Lust am Neuinterpretieren Dehnel mit den vielen, sorgfältig recherchierten biographischen Fakten jongliert.

Am meisten beschäftigt ihn aber die mittlerweile umstrittene Urheberschaft der "Schwarzen Bilder", zumal er davon sein Handlungsgerüst ableitet. Früher galt die Theorie, Goya habe den Zyklus im hohen Alter an die Wände seines Landhauses "Quinta del Sordo" gemalt - heute wird auch oft die These des spanischen Kunsthistorikers Juan José Junquera aufgegriffen, die besagt, die "Pinturas negras" könnten kaum von Goya stammen, weil sie an den Wänden des erst nach seinem Tod angebauten Teils des Hauses entdeckt worden seien. Demnach müsste die Autorschaft für diesen Zyklus Javier zugeschrieben werden. Für einen Schriftsteller wie Dehnel, der ursprünglich Maler werden wollte, ist das naturgemäß ein äußerst reizvolles Thema, aber auch eine gewaltige Herausforderung.

Die Idee, Javier zur Hauptfigur des Romans zu machen, ist nämlich schwerer umzusetzen, als es auf den ersten Blick scheinen mag: Denn da ist einerseits der berühmte Francisco Goya, zu dem es unzählige Lebensbeschreibungen und Deutungen gibt und der sich dennoch schon wieder in den Vordergrund drängt. Und andererseits ist da der Sohn, der weitgehend Unbekannte, eine marginale Gestalt der Kunstgeschichte, eine Randnotiz in der Biographie seines Vaters, den man völlig neu erfinden muss und der sich somit auch literarisch gegen den großen Goya zu behaupten hat. Bei diesem Erfinden geht Dehnel insofern raffiniert vor, als er zwei Kunstgriffe miteinander verknüpft. Zum einen gibt er Javier die fehlenden biographischen Konturen, zum anderen macht er ihn zum Autor der "Schwarzen Bilder".

Dabei unterbricht er den Handlungsgang immer wieder durch Passagen, die als Beschreibungen dieser Bilder und zugleich als Javiers innere Monologe gestaltet sind. Sie sollen gewissermaßen eine kunsthistorische und eine therapeutische Funktion erfüllen: Sie sollen dem Leser helfen, Goyas berühmten Zyklus zu verstehen, und Javier in die Lage versetzen, von seinem übermächtigen Vater loszukommen. So will der Autor zumindest diese Bildbeschreibungen verstanden wissen: als Ausdruck des, wie er es einmal formulierte, "schwierigen psychologischen Prozesses, den der Mensch in einem Moment der Katharsis durchlebt". Ein Wunsch, der allerdings ohne diese Selbstauskunft schwer erkennbar bleibt. Als Leser neigt man wohl eher dazu, die interpretatorischen Einlagen allein dem Autor zuzuschreiben und sie lediglich als kunstkritisch-poetische Intermezzi innerhalb des Romans zu betrachten.

Dennoch sind es eben diese Bildkommentare, die besonders eindrucksvoll die Hauptstärke des gesamten Romans demonstrieren. Sie liegt in der Sprache - in ihrem Reichtum und ihrer Ausdruckskraft, die Dehnel mit Hilfe vieler origineller Assoziationen und Vergleiche erreicht. In der eleganten Übersetzung von Renate Schmidgall kommen sie voll zur Geltung: "Schmutziggraue Falten eines Kopftuchs, dunkle Kleider, der Umriss einer Figur; und schon wächst sich, was ein einziger, aufrührerischer Tropfen war, zu einer Gestalt aus, zu einem stämmigen Mönch mit Kapuze, der seinen fetten Bauch wie eine monströse Schwangerschaft präsentiert." Manchmal übertreibt Dehnel ein wenig, versucht zu sehr, mit einer effektvollen Metapher oder Pointe zu beeindrucken. Doch diese gelegentliche Effekthascherei sieht man ihm gern nach.

Alles in allem ist "Saturn" ein sehr gelungenes Buch. Anders als noch in seinem Romanerstling "Lala", einer Hommage an seine Großmutter, die er noch während der Studentenzeit geschrieben hat und deren aus zahllosen Episoden, Ereignisfragmenten und Dialogfetzen bestehende Struktur ein wenig ermüdete, zeigt sich der heute 33 Jahre alte Dehnel in "Saturn" als ein gereifter Schriftsteller, der sein literarisches Können sehr bewusst einsetzt. Die Auswahl des biographischen Materials ist sorgsam durchdacht, die Komposition durchgehend eingehalten, der Stil glänzend.

Diese Mischung aus intellektueller Disziplin und ästhetischer Wachsamkeit, die ihn von Anfang an auszeichnet, verdankt Jacek Dehnel offenbar seinem eigenen Elternhaus - seiner Großmutter, die ihn über Jahre intellektuell formte, und "seiner Mutter, der Malerin", der er nun diesen eindrucksvollen Goya-Roman gewidmet hat.

MARTA KIJOWSKA.

Jacek Dehnel: "Saturn. Schwarze Bilder der Familie Goya". Roman.

Aus dem Polnischen von Renate Schmidgall, Carl Hanser Verlag, München 2013. 271 S., geb., 19, 90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Dehnels großartiger Roman über ein Rätsel der Kunstgeschichte." Maren Keller, Kultur Spiegel, 08.13

"Jacek Dehnels "Saturn" entzieht sich jeder einsinnigen Deutung. Über diesem wunderbaren europäischen Künstlerroman könnte stehen: Du musst dir ein Bild machen, aber sieh zweimal hin!" Jens Bisky, Süddeutsche Zeitung, 10.08.13

"Über diesem wunderbaren Künstlerroman könnte stehen: Du musst Dir ein Bild machen, aber sieh zweimal hin!"
Jens Bisky, Süddeutsche Zeitung, 10./11. 08.13

"Jacek Dehnel entwirft in seinem Roman "Saturn" ein brillantes Psychogramm der spanischen Malerfamilie." Marta Kijowska, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.11.13

"Die Geschichte dreier Generationen verbindet der Autor mit großem Geschick, kunsthistorisch wie individualpsychologisch. Es entsteht ein ungemein sinnlicher Eindruck vom Leben in Spanien vor, während und nach der napoleonischen Besetzung." Carsten Hueck, Deutschlandradio Kultur, 30.08.13

"Scharfsichtige und poetische Bildgeschichten." jel, Tiroler Tageszeitung, 27.09.13