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"Das Mikrophon ist jetzt an, Herr von Bülow. Wussten Sie, dass so ein Gerät bis zu zwölf Stunden aufnehmen kann?" - Loriot: "Dann halte ich jetzt einfach den Mund." Auch in diesem Interview mit dem etwas unglücklichen Einstieg sagte Loriot dann doch noch etwas, und sogar etwas mehr. Die besten Gespräche von Loriot sind nun zum ersten Mal in einem Buch versammelt. Ganz gleich, wie die Fragen lauten, ob ernst oder unfreiwillig komisch, enigmatisch oder klar - immer antwortet Loriot in seiner unnachahmlichen Art und Weise. Dabei verrät er vieles über seine Kindheit, seine Karriere, sein Leben und…mehr

Produktbeschreibung
"Das Mikrophon ist jetzt an, Herr von Bülow. Wussten Sie, dass so ein Gerät bis zu zwölf Stunden aufnehmen kann?" - Loriot: "Dann halte ich jetzt einfach den Mund." Auch in diesem Interview mit dem etwas unglücklichen Einstieg sagte Loriot dann doch noch etwas, und sogar etwas mehr. Die besten Gespräche von Loriot sind nun zum ersten Mal in einem Buch versammelt. Ganz gleich, wie die Fragen lauten, ob ernst oder unfreiwillig komisch, enigmatisch oder klar - immer antwortet Loriot in seiner unnachahmlichen Art und Weise. Dabei verrät er vieles über seine Kindheit, seine Karriere, sein Leben und Werk und macht sich Gedanken über Humor (auch über den deutschen), über Preußen, Wagner, Möpse, die Ehe, Politik und Religion, Liebe und Tod und andere 'gefragte' Themen.
Autorenporträt
Loriot, eigentlich Vicco von Bülow, geboren 1923 in Brandenburg, wuchs in Berlin auf und lebte zuletzt am Starnberger See. Er studierte Malerei und Grafik an der Hamburger Landeskunstschule. Seine humoristischen Arbeiten in ¿Stern¿, ¿Weltbild¿ und ¿Quick¿ machten ihn berühmt. Er wirkte als Autor, Regisseur und Darsteller in ¿Ödipussi¿ und ¿Pappa ante portas¿, zwei der erfolgreichsten deutschen Kinokomödien, und war Mitglied der Akademie der Künste in Berlin und der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. Loriot starb 2011.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 29.09.2011

Sa-gen-haft!
Der Rest ist Lachen: Ein jetzt erschienener Band versammelt Interviews mit Loriot und rundet das Bild des ernsten Spaß-Architekten
Loriot war ein soignierter Herr, einer, dem man ansah, dass er ungern Einblicke in das Innere des Vicco von Bülow zuließ. Wenn einer das Recht hatte, indiskret zu sein, die Distinguiertheit der Bürger zu brechen und in eine bis heute unfassbare Komik zu überführen, dann war es Loriot selbst in seinen Zeichnungen, Sketchen und Filmen. Als er im Spätsommer dieses Jahres starb, konnten selbst die eifrigsten Wanzen des deutschen Boulevards nichts Nennenswertes über seine letzten Stunden berichten.
Dieser souverän gepflegten Privatheit, der Angemessenheit, mit der Loriot die neugierigen Fragen über sein wahres Selbst aufnahm und in elegantes Understatement verwandeln konnte, ist jetzt in einer schönen Interview-Sammlung nachzuspüren, die Loriots Freund Daniel Keel unter dem Titel „Sagen Sie jetzt nichts“ bei Diogenes noch mit herausgegeben hat. Der große Verleger starb drei Wochen nach seinem Hausautor – der nebenbei wohl einer der drei, vier wichtigsten und ertragreichsten für Diogenes war. Jedem dieser Gespräche ist eine gewisse Unbehaglichkeit des Interviewten anzumerken, und es sind nicht wenige Stellen, in denen es aus Loriot herausbricht: Der größte, ach, was, der einzige Nachteil des schönen Ruhms ist die lästige Pflicht, Fragen zu Leben und Werk beantworten zu müssen. Es ist gleichwohl interessant zu sehen, dass ausgerechnet einer der Ungeschwätzigsten, die wir hatten, die genauesten, beredtesten und klügsten Auskünfte zu unseren Zeitläuften gibt und zudem präzise die Koordinaten unserer Humorlage setzt.
Die deutsche Jammerlappigkeit hatte nach dem Tode Loriots wieder ihre große Stunde. Der letzte Humorist sei gestorben, hieß es, einer, der den Deutschen die Humorbilanz gesichert habe, nach ihm gebe es nur noch Comedy und Männer-Klo-Witze, mit denen ein grungebärtiger Prolet die Olympiahalle füllt. Loriot hat die Deutschen immer wieder dahingehend beruhigt, dass sie schon Humor hätten, nur eben eine andere Sorte davon. Wo dieser in gekonnten Zynismus umschlägt, seien sie ungern dabei, anders als die Engländer mit ihrer Ohrfeigenkomik.
Loriot liebte ja vielmehr den Gedanken, dass Humor keine Gabe ist, die einem in die Wiege gelegt oder mit einer bestimmten Volkszugehörigkeit aufgesogen wird. Humor ist eine Technik, und die Komik, die angeblich in den täglichen Vorgängen liege, gibt es überhaupt nicht. In einem Gespräch mit Gero von Boehm hat Loriot das sehr klar gesagt: „Aber ich bin nie wie Harun-al Raschid durch die Straßen gegangen, um zu beobachten, ob nicht irgendwo etwas Komisches passiert. Jede Art der Komik, die man wiedergeben will, ist eine Konstruktion und geht über den Intellekt.“
Es gibt einige Mitschriften von Fernseh-Interviews in diesem Band, deren Bilder auch auf Youtube abrufbar sind, zum Beispiel das Gespräch mit Axel Corti aus dem Jahr 1988. Es ist hübsch anzusehen, wie sich Corti ins Zeug legt und mit der reichlich ausgestellten künstlichen Souveränität des umfassend Informierten in den Humoristen dringt, um ihn zu Bekenntnissen zu bewegen, die man bislang nicht gehört hat. Tatsächlich gelingt es Corti, Loriot zu einer ausführlichen Schilderung der Reichspogromnacht zu bewegen, die dieser als Fünfzehnjähriger in Stuttgart erlebt hat. „Wir haben uns zu Tode geschämt“, sagt der Humorist, aber er verwahrt sich auch dagegen, mit all jenen in einen Topf geworfen zu werden, die früh von sich behaupteten, sie „hätten davon Abstand genommen“. Vicco von Bülows Haltung zu seiner Zeit als Soldat war immer schambesetzt. An anderer Stelle in diesem Buch verneint er die Frage, ob er ein guter Soldat gewesen sei, mit der Replik, er hätte dazu wohl zu den Männern des 20. Juli gehören müssen. Und weil, wie gesagt, die große Komik aus dem Ernst geschöpft wird, kann Loriot auf die Frage nach seinem sportlichen Ehrgeiz antworten: „Wenn Sie den Krieg als Sport bezeichnen wollen, dann habe ich mich dort ziemlich bewegt.“
Das mit der Muttermilch eingesogene Preußentum, das während der Kindheit schon im Halbschatten stehende Berliner Großbürgertum und die mit leichter Pose verkörperte Unzeitgemäßheit – all dies kehrt in den Interviews und Fragebögen immer wieder und rundet das Bild des ernsten Spaß-Architekten, der sich von Parteipolitik fernhält, Ideologien verabscheut und dem Fortschritt seine große Komödie des täglichen Scheiterns entgegenstellt.
All dies bedeutet aber nicht, dass dieses Buch nicht auch an vielen Stellen sehr komisch ist. Etwa wenn der Gastrosoph Wolfram Siebeck bei Loriot dessen kulinarische Vorlieben abfragt: „Woran denken Sie bei ,Nouvelle Cuisine‘“? – „An eine spät geborene Verwandte zweiten Grades.“ Es ist schön und erstaunlich zu sehen, wie Vicco von Bülow auf viele Fragen in seinem auf sprachliche Rundung getrimmten Loriot-Ton antwortet. Das macht dieses Interviewbuch – ach, auf das Elend von Interview-Büchern müsste man auch einmal etwas ausführlicher eingehen – zu einem genuinen Loriot-Prosaband. „Früher“, so sagt er einmal über die Vorzüge der modernen Flugtechnik, „früher, als die Maschinen noch schwankend durch die Wolken flogen, war ich genötigt, mein Wohlbefinden durch die orale Benutzung von Tüten abzusichern.“
Vermutlich benötigen wir überhaupt keine Biographie von Loriot, obwohl dieser Tage eine mehr oder weniger ausführliche Lebensbeschreibung erschienen ist. Was es über das Leben des Vicco von Bülow zu wissen gibt, hat er selbst in den Gesprächen mit anderen erzählt. Der Rest ist Lachen.
HILMAR KLUTE
LORIOT: Bitte sagen Sie jetzt nichts. Gespräche. Diogenes Verlag, Zürich 2011. 256 Seiten, 21,90 Euro.
Was es über das Leben
des Vicco von Bülow zu wissen
gibt, hat er selbst erzählt
Worüber man sprechen soll: über etwas Politisches oder etwas aus dem kirchlichen Bereich? - auch in Loriots Sketch „Bello, der sprechende Hund“ ist das die große Frage. Foto: ddp images
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.10.2011

Und es ist doch abendfüllend

Dies ist das letzte Buch, an dem Loriot mitgewirkt hat: In den siebzehn Gesprächen, die es versammelt, zeigt sich, dass Vicco von Bülow eben doch nicht nur nach akribischer Vorarbeit witzig war - sondern ebenso im schnellen Schlagabtausch.

Man sollte älteren Herren, und seien sie noch so liebens- und vertrauenswürdig, nicht unbedingt immer glauben. Selbst dann nicht, wenn sie, wie Loriot es in einem Interview im Jahre 1973 tat, sich selbst bescheinigen, "sehr verlässlich" zu sein. Knapp dreißig Jahre darauf gab derselbe Loriot dem "SZ-Magazin" ein Interview, welches, wie er versicherte, sein letztes sein würde: "Es ist nicht abendfüllend, über sich selbst zu reden. Außerdem ist noch viel anderes zu tun." Das Gespräch war ein würdiger, melancholisch-heiterer medialer Schlussakt einer großen Karriere, eines jener Interviews, bei denen man sich als Journalist ärgern darf, es nicht selbst geführt zu haben. Zumal es das letzte sein sollte: Auf Loriots Wort konnte und musste man sich ja verlassen.

Hätte man es doch nicht getan! Schon im darauffolgenden Jahr meldete Loriot sich wieder zu Wort, ausgerechnet im "Darmstädter Echo". Und weil Vicco von Bülow Humorist war, darf man getrost unterstellen, dass er selbst sie als Running Gag betrachtet hat, die letzten und allerletzten Interviews, die er im Laufe der Jahre immer mal gab, bis hin zum vermutlich wirklich allerallerletzten 2009 im "Stern". Und natürlich war es immer wieder ein Grund zur Freude, wenn Loriot etwas von sich hören ließ - wie es nun auch einer ist, einen Band in den Händen zu halten, der 17 Gespräche mit Loriot versammelt; wobei es strenggenommen 15 Gespräche und zwei Fragebögen sind.

Auch wenn die Interviews zum Teil leicht gekürzt wurden, bleiben vereinzelte Wiederholungen nicht aus, was den Reiz für Loriot-Verehrer durchaus noch erhöht - lässt sich doch prüfen, ob der Meister über die Zeit seine Ansichten möglicherweise revidiert hat. 1973 etwa ist Loriot ein Optimist (mit Ausrufezeichen); was die "Erziehbarkeit der Menschen" anbetrifft, aber ein Pessimist. 1986 ist er "im Kleinen Pessimist", "im Großen Optimist", 1988 schließlich: Realist. Und alles in allem doch jemand, der sich treu bleibt: ein "Ordnungsmensch" (1973), der die Ordnung liebt, "weil es ungeheuer reizvoll ist, sie zu unterlaufen" (1986); ein konzentrierter Humorarbeiter, der bei der Arbeit den Intellekt der Intuition vorzieht (1988) und seine berühmte Penibilität tiefstapelnd mit dem mangelnden Talent erklärt, perfekt zu schreiben: "Dieses Unvermögen zwingt mich zur Genauigkeit."

Natürlich wandelt sich auch die Haltung, mit der Interviewer Loriot gegenübertreten. Den Reporter, der 1968 noch Kritik an den "entsetzlichen Knollennasen" übt, entwaffnet deren Schöpfer galant mit einem kleinen Exkurs: "Die Nase war bei den ersten Menschen dieser Art spitz. Und nur durch das viele Zeichnen im Laufe der zwanzig Jahre ist die Nase wie ein Stein im Gebirgsbach durch Jahrmillionen abgeschliffen und rund geworden. Das ist keine Absicht. Das ist eine natürliche Erscheinung, die gewachsen ist." 2002 scheint Loriot längst unangreifbar; die jungen Interviewer wissen längst alles über sein Werk und wagen nur zarteste Provokation in der Hoffnung auf eine Pointe. Sie wird prompt erfüllt: "War Wendelin schwul?" - "Ach nein, er sprach nur so nasal, weil er einen Rüssel hatte."

Das Interview-Buch ist noch ein Wunsch von Loriot selbst gewesen; nach seinem Tod hat Diogenes den Band einige Wochen früher herausgebracht als geplant. Mit ausgewählt hat die Interviews der Verleger Daniel Keel, der inzwischen auch gestorben ist, womit das Büchlein ein wenig zum Vermächtnis beider geworden ist. Wehmut ist ohnehin nicht fern in einem Band, in dem ein alternder Künstler auf sein kürzer werdendes Leben blickt. 1998 etwa sprach Loriot mit dem Regisseur August Everding auch über den Tod - was sich heute noch einmal anders liest, wenn man weiß, dass Everding, der schon lange schwer krank war, nur wenige Monate später starb.

Hochkomisch ist das Buch trotzdem - und damit eine Widerlegung Vicco von Bülows, der eben doch nicht nur nach akribischer Vorarbeit, sondern auch im schnellen Schlagabtausch seinen Witz demonstrierte. Zudem bietet es seltene Einblicke ins Bülowsche Familienleben. Am stärksten geprägt hat ihn offenbar sein Vater, auf den er in fast allen Gesprächen Bezug nimmt. Was seine Arbeit und die damit verbundene häufige Abwesenheit betraf, so trugen diese "nicht gerade zum häuslichen Frieden bei", räumt Loriot ein; es sei auf Kosten seiner Kinder gegangen. "Ein bisschen betreten" habe er einmal aber auch seine Schwiegermutter gemacht - mit jener Sendung, "in der ich als ältlicher Firmenchef meine ebenso ältliche Sekretärin zu verführen versuche. Das war ihr doch für mich peinlich." Abendfüllend? Vielleicht nicht für Loriot selbst, für den Leser aber unbedingt.

JÖRG THOMANN

Loriot: "Bitte sagen Sie jetzt nichts". Gespräche.

Diogenes-Verlag, Zürich 2011. 256 Seiten, geb., 21,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Heiterkeit und Melancholie sind die vorherrschenden Gefühlslagen, in die diese gesammelten Loriot-Interviews den Renzensenten Jörg Thomann versetzt haben. Wenn der älter werdende Humorist sein sich verkürzendes Leben betrachte, sei "Wehmut" vorprogrammiert. "Hochkomisch" aber findet Thomann die Gespräche dennoch; beispielsweise, weil Vicco von Bülow ein ums andere Mal, als eine Art Running Gag, sein letztes Interview gegeben habe. Auch widerlegten der spontane Witz des Künstlers - etwa, wenn er seine berühmten Knollnasen als natürlichen Erosionsprozessen unterworfene Spitznasen beschreibt - dessen Behauptung, nur mittels penibler Vorbereitung gut sein zu können, so Thomann. Und noch in einem weiteren Punkt meldet der Rezensent Widerspruch an: Entgegen Loriots eigener Ansicht hält Thomann es sehr wohl für "abendfüllend", wenn jener über sich selbst rede. Zumal auch eine Menge über die Privatperson zu erfahren sei, die sich hinter dieser "großen Karriere" verborgen habe.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Loriot ist der Größte. Wenn nicht der Einzige.« Benjamin Henrichs / Die Zeit Die Zeit