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Schwäbelnde Tagesschau-Sprecher, Bairisch redende Tatort-Kommissare, berlinernde Comedians - Dialekt ist in. Karl-Heinz Göttert nimmt uns mit auf eine Reise durch die deutschen Mundarten. Er erklärt, wo die Grenze zwischen Stulle und Bemme verläuft, woher das Sächsische seinen (zu Unrecht) schlechten Ruf hat und warum das Schweizerdeutsch die Sprache des Herzens ist. Und er stellt die Frage, wie es um die Zukunft der Dialekte bestellt ist. Denn während sich Hochdeutsch ständig weiterentwickelt, sind die Dialekte eine Art Museum der Sprache. In einer globalisierten Welt, so Göttert, wächst die…mehr

Produktbeschreibung
Schwäbelnde Tagesschau-Sprecher, Bairisch redende Tatort-Kommissare, berlinernde Comedians - Dialekt ist in. Karl-Heinz Göttert nimmt uns mit auf eine Reise durch die deutschen Mundarten. Er erklärt, wo die Grenze zwischen Stulle und Bemme verläuft, woher das Sächsische seinen (zu Unrecht) schlechten Ruf hat und warum das Schweizerdeutsch die Sprache des Herzens ist. Und er stellt die Frage, wie es um die Zukunft der Dialekte bestellt ist. Denn während sich Hochdeutsch ständig weiterentwickelt, sind die Dialekte eine Art Museum der Sprache. In einer globalisierten Welt, so Göttert, wächst die Sehnsucht nach Heimat und Zugehörigkeit. Die Mundarten werden uns also erhalten bleiben und damit alle Klischees und Witze über Schwaben, Ostfriesen und Rheinländer.
Autorenporträt
Göttert, Karl-Heinz
Karl-Heinz Göttert, geboren 1943 in Koblenz, war bis 2009 Professor für Germanistik an der Universität zu Köln. Seine Schwerpunkte sind Rhetorik, Stilistik und Konversation. Er hat historische Kriminalromane sowie Standardwerke über Sprache und Orgelmusik verfasst. Bei Ullstein erschienen von ihm Deutsch. Biografie einer Sprache und Alles außer Hochdeutsch. Ein Streifzug durch unsere Dialekte. Seine bei S. Fischer veröffentlichte Studie "Mythos Redemacht" stand 2015 auf der Shortlist für den Preis der Leipziger Buchmesse.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Nicht Fisch, nicht Fleisch nennt Wiebke Porombka das Buch des emeritierten Germanisten Karl-Heinz Göttert. Indem der Autor sich nicht traut, linguistisch richtig auf die Tube zu drücken, aber auch nicht nur anekdotisch vorgeht und zwischen Dialekten und Regionen herumstreunt, sondern eben auch ein bisschen über Lautverschiebung dozieren möchte, verfehlt er nach Meinung der Rezensentin beide Zielgruppen: den Laien wie den Fachmann. Einer instruktiven Einleitung über Dialektverfall und -renaissance folgt so laut Porombka ein diffuses, espritloses Palaver und ein dementsprechend unspektakuläres Fazit, das zwischen Dialekt und Hochsprache die Umgangssprache als die siegreiche Dritte ausmacht.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.01.2012

Im Reich der Rumsada Dausch
Karl-Heinz Göttert und Joachim Kalka unternehmen Streifzüge durch den deutschen Dialekt – der hat es nicht nötig, unter Artenschutz gestellt zu werden
Wer in Deutschland das Thema des Dialekts anschlägt, kann eines breiten und intensiven Interesses gewiss sein. Denn fast jeder, ausgenommen vielleicht die Bewohner mancher norddeutschen Großstädte, hängt mit dessen Wurzeln oder Würzelchen am heimischen Boden fest, schämt sich deswegen oder ist stolz darauf (nicht selten eine Mischung aus beidem). Zugleich aber herrscht, seit es die Reflexion über den Dialekt gibt (also etwa seit 1800) der Eindruck vor, als ginge es mit der Mundart zu Ende und als hörte man soeben ihre letzten Töne, ehe sie ganz von der normierten Hochsprache verschlungen wird. Der Dialekt gleicht darin dem schiefen Turm zu Pisa: In jedem Augenblick beängstigend geneigt, fällt er doch seit Jahrhunderten nicht um.
Wie lässt sich dieser paradoxe Befund erklären? Karl-Heinz Göttert unternimmt es in seinem Buch „Alles außer Hochdeutsch“. Der Titel scheint der Schmunzel-Ecke gefährlich nahe zu kommen. Dort landen Diskurse über den Dialekt nicht selten, in denen dann jeder eine noch abseitigere Original-Vokabel aus einem deutschen Mittelgebirge beibringt. Zum Glück jedoch bleibt der emeritierte Kölner Germanistik-Professor, der auch schon eine „Biografie“ der deutschen Sprache vorgelegt hat, dort nicht stehen, sondern gibt ein umfassendes Bild davon, was deutscher Dialekt (jeder einzelne davon und seine Gesamtheit) heute ist – und wird. Das Zweite vor allem hat Gewicht; denn Göttert richtet sein Augenmerk auf die Verwandlung, die auch der Dialekt, wie alle Sprache, durchläuft. Das Buch lässt keinen Zweifel daran, dass, wer Wandel nur als Verfall erlebt, blind wird für die geschichtlichen und gesellschaftlichen Kräfte. Zwar schwindet in der Tat das, was Göttert den „tiefen“ Dialekt nennt. Aber der alte Wortschatz hat eben weitgehend an bäuerlichen und häuslichen Verhältnissen gehangen, die es nicht mehr gibt. Und die Zersplitterung der Sprachlandschaft bis auf die Ebene des Einzeldorfs weicht der regionalen Ausgleichsmundart; Göttert führt das überzeugend an neuen Idiomen wie dem Gesamtrheinischen oder dem Baden-Württembergischen vor.
Ist das ein Verlust? Göttert warnt vor Analogien mit dem Artenschutz. Wenn eine Art ausstirbt, bedeutet dies zugleich das Ende aller ihrer Individuen. Aber die Träger einer Sprache leben munter weiter, und zwar meist auskömmlicher als ihre ländlichen Vorfahren, ja ihre Lebendigkeit bestätigt sich gerade darin, dass ihre Sprache sich ändert. Deutschland, so ließe sich das Ergebnis zusammenfassen, bleibt auch weiterhin ein Land seiner Regionen, die stärker sind denn je, nachdem sie die Kräfte des Bloß-Lokalen in sich aufgesogen haben.
Der Protest gegen das Atomkraftwerk Wyhl in den Siebzigern war noch alemannisch codiert, während der Widerstand gegen Stuttgart 21 sich des Hochdeutschen bedient. Das können die Schwaben entgegen anderslautenden Behauptungen also durchaus, ohne dass darum ihr markantes südwestdeutsche Sondergefühl Schaden nähme: Die Färbung, der Anklang genügt schon. Göttert hat ein Buch geschrieben, das genug systemisches Wissen und hinreichend anekdotische Unterfütterung enthält, um so belehrend wie unterhaltend zu wirken. Es fällt leicht, sich zu merken, was es sagt, und unmerklich verschiebt und erweitert es dabei den Horizont des Lesers. So sollte ein gutes Sachbuch aussehen.
Vom Reiz des Dialekts lässt sich auch der schmale Band in der Heftreihe „Valerio“ der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung verlocken. Die Einladung an die zehn Beiträger fiel jedoch so unbestimmt aus, dass sich, bei allem Charme der Einzelstücke, ein Konzept, wie Göttert es zweifellos hat, darin nur schwer entdecken lässt. Stark vertreten ist, dem Sitz der Akademie geschuldet, das Darmstädtische (Klaus Reichert über Büchner, der frühere Darmstädter OB Peter Benz über Niebergall und dessen „Datterich“). Einigermaßen willkürlich mutet es an, wenn Heinrich Detering in einem plattdeutschen Gedicht von Klaus Groth Parallelen zu Bob Dylan und dem Rap zu sehen meint. Und Joachim Kalka, der Herausgeber des Bandes, kennt das Werk von Karl Kraus zwar ersichtlich sehr gut – aber zur Frage des Dialekts steuert sein Text zuletzt wenig bei. Die meisten Autoren benutzen den Anlass zu allfälligen Reminiszenzen an eine Jugend, in welcher der Dialekt noch eine große Rolle spielte: sei es der Salzburger (Walter Kappacher), der ostpreußische (Dagmar Leupold), der alemannische (José F.A.Oliver), der sächsische (Ingo Schulze) oder der fränkische (Karl Corino).
Corino, von dem der längste Beitrag stammt, publiziert bei dieser Gelegenheit erstmalig „in toto“ seine fränkischen Epigramme. Sie sind teilweise ziemlich gut, leiden aber durch die etwas selbstgefällige Einbettung in den fortlaufenden Text. Da heißt es dann „Ja, die liebe Sexualität“ oder „Solche sozusagen privaten Gedichte altern nicht“. Sie tun es leider doch, denn dass eine „rumsada Dausch“ eine brünftige Sau ist, das versteht heute wirklich kein Mensch mehr. So haben viele dieser insgesamt disparaten Stücke unfreiwillig doch etwas gemein: Sie geraten zu Zeugnissen für Götterts These von der Unrettbarkeit des tiefen Dialekts.
BURKHARD MÜLLER
KARL-HEINZ GÖTTERT: Alles außer Hochdeutsch. Ein Streifzug durch unsere Dialekte. Ullstein Verlag, Berlin 2011. 384 Seiten, 19,99 Euro.
JOACHIM KALKA (Hrsg.): Dialekt, Dialekte. Valerio Nr. 13. Wallstein Verlag, Göttingen 2011. 99 Seiten, 10 Euro.
Auch sprachlich bleibt
Deutschland weiterhin ein Land
der Regionen
Wutbürger avant la lettre: Onkel Dagobert auf Schwäbisch. Foto: AP
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.11.2011

Vom Trünneln un Snappeln

Wider den Siegeszug des Englischen: Zwei neue Bände erkunden die Sprachräume jenseits des Hochdeutschen und sagen den Dialekten eine rosige Zukunft voraus.

Zumindest eine interessante These findet sich in dem Band "Alles außer Hochdeutsch. Ein Streifzug durch unsere Dialekte", der sich mit populärwissenschaftlichem Anspruch die Geschichte und Verfasstheit der Dialekte des Deutschen vornimmt. Sehr wahrscheinlich, so lautet sie, werden die Dialekte zum letzten Refugium des Deutschen, wenn das Englische als Weltsprache alles andere geschluckt hat. Leider findet sich diese Überlegung auf Seite 346 (zwei Seiten vor der Danksagung) und stammt auch nicht vom Verfasser des Buches, dem emeritierten Kölner Germanistikprofessor und Rhetorik-Experten Karl-Heinz Göttert, sondern von dem Sprachwissenschaftler Jürgen Trabant. Erhellend weitergedacht oder aber pointiert widerlegt wird Trabants Annahme von Göttert nicht, lediglich kommentiert mit einem nonchalanten: Kann sein, muss aber nicht.

Auch was Göttert auf den mehr als dreihundert Seiten zuvor betreibt, wirkt reichlich unentschieden. Geht es ihm einerseits um die Entfaltung linguistischen Grundwissens über erste und zweite Lautverschiebung und die historischen Zusammenhänge über die räumliche Segregation und Ausdifferenzierung verschiedener Dialektformen, so stehen dem gegenüber mehr oder minder anekdotische Beispiele von Dialektgebrauch und den Missverständnissen, die dieser der Kommunikation bisweilen beigeben kann.

Das Problem ist nicht allein, dass Göttert mit dieser Mischung passgenau zwischen den zwei möglichen Adressatengruppen seines Buches durchfällt - den Experten und denjenigen, die man interessierte Laien nennt. Das wesentliche Problem ist schon im Titel angelegt: Göttert unternimmt einen Streifzug, der seinem Wesen nach so gemächlich wie ziellos ist. Zwar wird in der durchaus instruktiven Einleitung der zu verzeichnende sukzessive Verfall der Dialekte einem vermeintlichen Paradigmenwechsel in den siebziger Jahren gegenübergestellt: einer Renaissance des Dialektsprechens insofern, als es nicht mehr nur als diskreditierendes Merkmal der Unterschicht angesehen, sondern auch mit positiven Konnotationen wie Nestwärme oder Vertrauen belegt werde. Nachdrücklich verfolgt wird diese Gegenbewegung im Folgenden aber nicht. Auch bemerkenswerte Feststellungen, wie etwa jene, dass Dialekte in jüngster Zeit vermehrt als kalkuliertes Mittel zur Schaffung von Solidarität eingesetzt werde, nimmt Göttert leider immer nur am Rande auf, wenn es etwa um die dialektalen Färbungen von Politikerreden geht.

Stattdessen streift der Autor im Plauderton durch die verschiedenen Dialekte und ihre Regionen. Seine Intention bleibt dabei über weite Strecken diffus. In diesem Sinne folgt es zumindest einer gewissen inneren Logik, dass auch Götterts Fazit in sanfter Mittellage mündet: dass wir künftig mit noch weniger Dialekt und mit noch weniger Hochsprache auskommen müssen und stattdessen die Umgangssprache zunehmend Einzug in die Kommunikationsgewohnheiten halten werde. Sonderlich überraschend ist das nicht.

Hoffnungsfroh stimmt angesichts der relativen Abwesenheit von Esprit in Götterts Buch, dass gerade ein zweiter Band zum Thema Dialekt erschienen ist: In dem von Joachim Kalka herausgegebenen Band der Valerio-Reihe, in dem neben Karl Corino unter anderen Ingo Schulze, Klaus Reichert und Dagmar Leupold Überlegungen zur Sprache jenseits des Hochdeutschen anstellen, findet sich die dickste Pointe gleich im zweiten Satz der Vorbemerkung. Dass der Dialekt eine wesentliche Rolle in der deutschen Literatur spiele, heißt es da, springe nicht unbedingt ins Auge: "Die Texte, wo (sic!) der Dialekt ganz offensichtlich große Literatur geworden ist, sind nicht sehr zahlreich." Muss man den Dialekt also nur gekonnt einzusetzen wissen, dann springt er auch ins Auge?

Eine wunderbare und bei aller Subtilität pointensichere Fingerübung ist gleich der erste kurze Beitrag des Heftes, in dem Heinrich Detering den durchaus überzeugenden Beweis führt, dass man es bei dem Mundart-Gedicht "Aanten int Water" von Klaus Groth, erschienen erstmals 1852, mit handfestem "Hiphop aus Dithmarschen" zu tun hat. Deterings Beweisführung schließt mit der These, dass das niederdeutsche "Trünneln un Snappeln" der Entenschar die wortgetreue Übersetzung von "Rock 'n' Roll" sei. An dieser Stelle mag es nun, war doch eben noch von Hiphop die Rede, nicht nur musikgeschichtlich etwas heikel werden.

Auch in den folgenden Beiträgen zeigt sich, dass Dialekt mehr eine Frage des Gefühls ist und sich nicht auf das vermeintlich Faktische reduzieren lässt. Deshalb ist im Dialekt mitunter auch das möglich, was im Hochdeutschen nicht möglich wäre. Das zeigt etwa Karl Corino, der seine bislang unveröffentlichten, erstaunlich handfesten "Fränkischen Epigramme" präsentiert. Aber auch Ingo Schulze, der über den mentalen Raum schreibt, dem ihm das Sächsisch seiner Kindheit öffnet, und der zugleich erklärt, warum er all seine bisherigen Versuche, Sächsisch als Figurensprache in seine Romane und Geschichten aufzunehmen, immer wieder verworfen hat: weil das, was im alltäglichen Kontext Sinn und Sinnlichkeit für Schulze stiftet, im Schriftlichen zur Denunziation zu werden droht.

Und so lassen die Beiträge dieses Bandes allenfalls erahnen, dass die Möglichkeiten der Dialekte durchaus bedenkenswert für die Literatur der Gegenwart sein könnten, nachdem sie in der Renaissance des Volksstücks in den siebziger Jahren ihre ästhetische Wucht gezeigt, seither aber im Wesentlichen brach gelegen haben. Ansetzen müssten solche Überlegungen zweifelsohne bei der Frage, ob es sich beim Dialekt in der Literatur um eine Kunstsprache oder gerade um deren Gegenteil, um die Freilegung einer Ursprünglichkeit, handeln sollte. Das leistet der Valerio-Band nicht. Er begnügt sich stattdessen vorerst mit einem ebenso heterogenen wie kurzweiligen, aber nicht unbedingt zwingenden Reigen zum Thema.

WIEBKE POROMBKA

Karl-Heinz Göttert: "Alles außer Hochdeutsch". Ein Streifzug durch unsere Dialekte.

Ullstein Buchverlage, Berlin 2011. 384 S., geb., 19,99 [Euro].

"Dialekt, Dialekte".

Valerio - die Heftreihe der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, Heft 13/2011. Hrsg. von Joachim Kalka. Wallstein Verlag, Göttingen 2011. 104 S., br., 10,- [Euro].

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