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Geisteskranke Hunde, bucklige Selbstmörder und absonderliche Gecken sind keine Seltenheit in den Romanen und Erzählungen Thomas Manns. Oft genug treten sie an der Seite der Hauptfiguren auf, nur selten aber stehen sie im Rampenlicht. Dieses Buch macht die Bühne frei für die Randfiguren und versammelt sie zu einem Kabinett. Die wahre Abgründigkeit, die Verwegenheit und Boshaftigkeit, mit der Thomas Mann diese Figuren gestaltet, tritt dabei ebenso zutage wie seine unvergleichliche Gabe, auf nur wenigen Zeilen einen Charakter in all seinen Eigenheiten und Facetten darzustellen. Das von Barbara…mehr

Produktbeschreibung
Geisteskranke Hunde, bucklige Selbstmörder und absonderliche Gecken sind keine Seltenheit in den Romanen und Erzählungen Thomas Manns. Oft genug treten sie an der Seite der Hauptfiguren auf, nur selten aber stehen sie im Rampenlicht.
Dieses Buch macht die Bühne frei für die Randfiguren und versammelt sie zu einem Kabinett. Die wahre Abgründigkeit, die Verwegenheit und Boshaftigkeit, mit der Thomas Mann diese Figuren gestaltet, tritt dabei ebenso zutage wie seine unvergleichliche Gabe, auf nur wenigen Zeilen einen Charakter in all seinen Eigenheiten und Facetten darzustellen.
Das von Barbara Hoffmeister aufgestellte Randfigurenkabinett versammelt Textauszüge aus sieben Jahrzehnten und lädt ein zu einem Streifzug durch das gesamte erzählerische Werk dieses Autors. Begleitet werden die Porträts von jeweils ganzseitigen Zeichnungen von Robert Gernhardt, der Thomas Manns oft karikaturhafte Verzerrungen und Überzeichnungen nicht nur aufgreift, sondern meisterhaft interpretiert. Dabei verleiht er den Figuren eine künstlerische Handschrift, die Thomas Manns Texte in einem neuen Licht erscheinen lassen.
Autorenporträt
Hoffmeister, BarbaraBarbara Hoffmeister hat Philosophie und Germanistik studiert und lebt als freie Lektorin und Autorin in Hamburg. Sie hat u.a. 'Die Familie Mann. Ein Lesebuch mit Bildern' herausgegeben und zusammen mit Robert Gernhardt 'Das Randfigurenkabinett des Doktor Thomas Mann'.

Gernhardt, RobertRobert Gernhardt (1937-2006) lebte als Dichter und Schriftsteller, Maler und Zeichner in Frankfurt am Main und in der Toskana. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Heinrich-Heine-Preis und den Wilhelm-Busch-Preis. Sein umfangreiches Werk erscheint bei S. Fischer, zuletzt »Toscana mia« (2011), »Hinter der Kurve« (2012) und »Der kleine Gernhardt« (2017).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.08.2005

Mit Schminke und Perücke: Thomas Manns Randfiguren
Als seine Schwester Lula, der eine Vernunftehe, Morphium und attraktive Herren genug zugesetzt hatten, sich kurz vor ihrem fünfzigsten Geburtstag erhängte, soll Thomas Mann der Gattin Katia gesagt haben: „Das ist alles auch in mir”. Der Leser kennt Lulas „verhängten Blick voll distinguierter Trauer”, ihr schräg vorgeschobenes Hälschen wie ihren „zu schwacher und prekärer Schelmerei gespitzten Mund” aus dem „Doktor Faustus”. Thomas Mann hat sie und ihr Triebschicksal zum Vorbild der Ines Institoris, geborene Rodde, erwählt.
Ines Institoris ist eine von 24 Nebenfiguren, die Barbara Hoffmeister und Robert Gernhardt nun in einem „Randfigurenkabinett des Doktor Thomas Mann” versammelt haben (Das Randfigurenkabinett des Doktor Thomas Mann. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2005. 319 Seiten, 24,90 Euro). Das Unternehmen hat etwas Heikles, bietet es doch bloß Auszüge aus Werken, die ganz gelesen sein wollen, und vereinigt Gestalten höchst unterschiedlichen Ranges, neben Tobias Mindernickel, dem Titelhelden der Geschichte aus dem Jahr 1898, etwa auch Dr. Edhin Krokowski, einen von vielen aus dem „Zauberberg”.
Dass dies „Randfigurenkabinett” dennoch kein Reader für Eilige wurde, dass es rundum glückte, hängt mit den Eigenarten der Mannschen Erzählkunst und der Besonnenheit des Zeichners Gernhardt zusammen. Der greise Geck etwa (links), der Gustav von Aschenbach auf dem Schiff nach Venedig entsetzlich erschreckt, weil er - in Absicht und Ausführung töricht - mit Schminke, Perücke, angeklebtem Bart und billigem Ersatzgebiss sich die entschwundene Jugend zurückerschleichen will, deutet dem Leser das kommende Geschick des alternden Künstlers an. Auch Gustav von Aschenbach wird bald schon versuchen, wieder ein blühender Jüngling zu scheinen. Der Leser weiß, was der Held vergaß: dass jede Imitation der Jugend dem Tod ähnlicher macht. Deutlicher können Vorausdeutungen kaum sein. In den Randfiguren konzentriert Mann seine Thesen. Da ist kein erzählerischer Überschuss, jedes Detail dient der Einordnung ins Ganze.
Gernhardts Zeichnungen folgen dem Text genau, aber es sind keine Karikaturen geworden. Nichts wird übertrieben oder denunziert. „So ist es” sagen die 24 Illustrationen, „so sieht es aus” - etwa wenn Lord Kilmarnock (rechts) sich nach Felix Krull verzehrt. Man weiß sofort: Hier sind Konvention und Sitte nicht in Gefahr, so wenig wie der greise Geck noch Erschreckendes besitzt.
Gernhardts Zeichnungen fehlt das Auftrumpfende, der Deutungs- und Ordnungswille des Erzählers Mann. Dank dieser Spannung wird das Kabinett kurioser Figuren zum Dokument illusionsloser Menschenfreundlichkeit: Alles Leute wie du und ich, nur schärfer, also liebevoller, gesehen.
jby
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