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Die römische Hafenstadt Ostia, ca. 30 km westlich von Rom gelegen, ist eine der bedeutendsten archäologischen Stätten Italiens. Gegründet wohl im 4. Jh. v. Chr., blieb der Ort fast 1000 Jahre lang besiedelt, bevor er im 6. Jh. n. Chr. allmählich aufgegeben wurde. Das Bild, das sich dem Besucher heute bietet, ist geprägt von den Monumenten der hohen bis späten Kaiserzeit, als Ostia seine Blüte als Flusshafen Roms erlebte. Marion Bolder-Boos stellt die verschiedenen Phasen der Stadtgeschichte unter Einbeziehung der wichtigsten Bauten und Anlagen vor. Zusammen mit den zahlreichen Abbildungen wird…mehr

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Produktbeschreibung
Die römische Hafenstadt Ostia, ca. 30 km westlich von Rom gelegen, ist eine der bedeutendsten archäologischen Stätten Italiens. Gegründet wohl im 4. Jh. v. Chr., blieb der Ort fast 1000 Jahre lang besiedelt, bevor er im 6. Jh. n. Chr. allmählich aufgegeben wurde. Das Bild, das sich dem Besucher heute bietet, ist geprägt von den Monumenten der hohen bis späten Kaiserzeit, als Ostia seine Blüte als Flusshafen Roms erlebte. Marion Bolder-Boos stellt die verschiedenen Phasen der Stadtgeschichte unter Einbeziehung der wichtigsten Bauten und Anlagen vor. Zusammen mit den zahlreichen Abbildungen wird so die Entwicklung Ostias von einer kleinen, hauptsächlich militärischen Zwecken dienenden Siedlung zu einer der wichtigsten Hafenstädte des Römischen Reiches anschaulich.
Autorenporträt
Die Klassische Archäologin Dr. Marion Bolder-Boos ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachgebiet für Klassische Archäologie der Technischen Universität Darmstadt. Ihre Forschungsschwerpunkte sind römische Bürgerkolonien und Heiligtümer sowie punische Archäologie.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.12.2014

Nachrichten aus Etrurien und dem Imperium

Italiens ureigenste Vergangenheit: Zwei aufschlussreiche Neuerscheinungen über die Rätsel der Etrusker und die Tricks der antiken Hafenstadt Ostia.

Wer dieses Lächeln einmal gesehen hat, vergisst es nicht. Das ging schon den italienischen Archäologen so, die 1916 den lebensgroßen tönernen Gott ausgruben. Und das ist bis heute unverändert geblieben: So wie jedermann die lächelnde Mona Lisa als personalisierte Rätselhaftigkeit der Frau schlechthin kennt, ist der lächelnde Apoll von Veji zum Inbegriff des rätselhaften Volks der Etrusker geworden: Rotbraune leuchtende Hautfarbe, die Kleidung in delikaten Weiß-Gelb-Tönen, Mandelaugen, scharf gezeichnete und doch weich verlaufende Augenbrauen, eine extrem gewölbte Stirn, Haarflechten gleich wilden Blitzen und trotzdem wohlgeordnet, ein athletischer Körper, viel geschmeidiger als die der spätarchaischen Statuen, die unverkennbare Vorbilder dieses Apoll gewesen waren, und dazu das unergründliche, zwischen Güte, Spott und List oszillierende Lächeln - Italien reagierte hingerissen auf diesen Apoll.

Denn er war, anders als die Griechenland verschwisterte Kunst des antiken Römischen Reichs, etwas völlig Eigenständiges, Einzigartiges, Schöpfung eines Stils, der sich von der griechischen Archaik weg zu höchster Individualität entwickelt hatte. Mit anderen Worten: Italien, als geeinte Nation noch relativ jung, hatte, so deutet die Etruskologin Friederike Bubenheimer-Erhart das Phänomen, endlich eine ureigene Vergangenheit, der nichts in der europäischen Geschichte gleichkam. Was Wunder, dass der Apoll von Veji bald darauf Mittelpunkt des neuen etruskologischen Museums der Villa Guilia in der Hauptstadt Rom wurde. Ihm beigesellt waren Herakles und Hermes, die wenige Tage später zutage getreten waren. 1940 kam die Göttin Leto hinzu - damit war vermutlich die Göttergruppe, die einst den Dachfirst eines monumentalen etruskischen Tempels geschmückt hatte, vollständig.

Ein anderes weltberühmtes Kunstwerk der Etrusker hatte dreieinhalb Jahrhunderte zuvor erstmals das verschwundene Volk, das zu seiner Blütezeit zwischen dem sechsten und dritten Jahrhundert vor Christus ganz Mittelitalien und Teile Süditaliens beherrscht hatte, ins Gedächtnis zurückgerufen: Die "Chimäre von Arezzo", ein lebensgroßes bronzenes Fabelwesen mit gebleckten Reißzähnen, dessen Gestalt eine Löwin, einen Bock und eine Schlange vereint. Im Jahr 1553 in den Überresten eines Heiligtums gefunden, wurde die Chimäre ein Glanzpunkt in der fürstlichen Kunstsammlung der Medici.

Diese Dynastie war es anfangs auch, die neben dem allgemeinen Interesse der Renaissance an jenem geheimnisvollen Volk, von dem die Geschichtsschreiber des antiken Rom gelegentlich raunten, die Forschung vorantrieben und Grabungen forcierten. Letztere nahmen im ersten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts geradezu epidemische Ausmaße an: Bedingt durch die steigende Rekultivierung jahrhundertelang versumpfter Landstriche kam zunehmend das etruskische Erbe ans Licht. Ein sehr spezielles Erbe: Die Städte und Tempel der Etrusker sind wegen der überwiegend leichten Bauweise (Holz, ungebrannte Ziegel) verschwunden, wohingegen die teils gemauerten, teils in Tufffelsen getriebenen Gräber, Tumuli und Mausoleen häufig perfekt erhalten geblieben sind; so blicken wir gleichsam durch die Totenstätten der Etrusker hindurch auf die der Lebenden.

Leben aber ist auch ein Hauptelement in den etruskischen Gräbern. Die herrlich bunten, oft erstaunlich leuchtend erhaltenen Wandgemälde zeigen Tänze, Gelage, lebhafte Zeremonien und turbulente Jagden; auch Historiengemälde haben Archäologen ausmachen können. Die brachialen und übereilten Ausgrabungen des neunzehnten Jahrhunderts haben viele der Fresken geschädigt, verblassen, teilweise verschwinden lassen; heute sind es die trotz aller Gesetze und Schutzmaßnahmen andauernden Raubgrabungen, die den Bestand dezimieren.

Besser standgehalten haben die steinernen, als Nachbildungen der Häuser Lebender gestalteten Grabkammern und die berühmten Sarkophage mit Porträts der Verstorbenen, die meist beim Gelage oder im Gespräch befindlich dargestellt sind. Auch hier überwiegt das manische Beschwören von Lebensfreude. Warum, könnte in den Gemälden der Todesdämonen und Foltergeister manifestiert sein, die mitten in den temperamentvollen Szenen auftauchen - kreatürliche Todesangst, Grauen vor dem, was im Jenseits warten könnte, spiegelt sich darin.

Weiten Raum gibt Bubenheimer-Erhart den Fertigkeiten der Etrusker. Zu Recht: Fasziniert betrachtet man die Leistungen etruskischer Architekten, die bei den Stadtmauern und kühnen Toren von Perugia, Volterra oder Siena wahre Wunder vollbrachten, elegant wagehalsige Brücken bauten und perfekte Überlandstraßen anlegten. Erzabbau, raffinierte Gusstechniken, das einzigartigen Granulieren von Goldschmuck machten etruskische Waren hochbegehrt in Europa und selbst Ägypten; der Schiffbau war wohlbekannt, die Landwirtschaft erreichte ungeahnten Hochstand, die Kunst ebenfalls.

Umso bedauerlicher, dass das Schrifttum der Etrusker bis auf verschwindend geringe Reste vernichtet ist. Dass es Geschichtsschreibung, Literatur, Dichtung gegeben haben muss, ist bislang das Einzige, was wir wissen, und dass die Sprache der Etrusker keiner der damals geläufigen Idiome Europas entsprach. Etrurien bleibt also weiterhin in vielem ein Rätselland.

Ganz anders scheint es dagegen um Ostia, die antike Hafenstadt Roms, die als "Italiens zweites Pompeji" gilt, bestellt zu sein. Jahrhundertelang versandet, überdeckt von schützenden Schichten, zeigt sich die Stadt, die nach dem vierten Jahrhundert allmählich aufgegeben worden war, in weiten Teilen fast unzerstört. Doch das Unzerstörte sind größtenteils Bauten und Anlagen der mittleren und späten Kaiserzeit. Die früheren Phasen des Ortes, der sich von einem winzigen Fischerflecken zur internationalen Hafenstadt entwickelte, liegen oft im Dunkeln. Archäologen, die sich in jüngerer Zeit auf ebendiese Phasen konzentrieren, sind immer wieder auf Vermutungen und mühsames Zusammenfügen einzelner Indizien angewiesen.

Die Archäologin Marion Bolder-Boos lässt den Leser an dieser Spurensuche Anteil nehmen, listet Ergebnisse auf, wägt Thesen ab, veranschaulicht Entwicklungsstufen. Enorm angefacht wird das Leserinteresse, wenn Bolder-Boos darauf hinweist, dass zu Zeiten Mussolinis in Ostia weitgreifende Restaurierungen und Teilrekonstruktionen vonstattengingen. Man weiß, dass der Diktator keine Gelegenheit ausließ, sein faschistisches Regime zum ebenbürtigen Erben und Erneuerer des Imperium Romanum zu verklären. Und so erkennt man denn auch anhand der aktuellen Fotografien der seinerzeit restaurierten, verblüffend weiträumigen und ausgewogen monumentalen "Mietskasernen" Ostias die Verwandtschaft dieser antiken Bauten mit denen, die Mussolini von Rom bis Bozen, von Como bis Neapel errichten ließ.

Diese aufschlussreichen Parallelen, die in den vergangenen Jahren Archäologenkongresse beschäftigten, sind nicht das Zielgebiet der Autorin. Sie lenkt das Augenmerk gekonnt auf die Gesamterscheinung von Ostia, lehrt das Staunen über die Meisterschaft, mit der die Ingenieure und Architekten des antiken Roms jahrhundertelang gegen das drohende Verlanden angingen, neue riesige Hafenanlagen in kurzer Zeit erstellten, Kanäle zum Schutz Roms vor Hochwassern des Tiber anlegten, riesige Speicher und luxuriöse Villen bauten, elegante Tempel-Ensembles und perfekte Kanalisation. Ein ausführliches, so sachliches wie imposantes Loblied auf Roms Zivilisation, abgefasst in einer - wie auch im Fall Bubenheimer-Erharts Etrusker-Buch - extrem trockenen Sprache: nicht mehr wird geboten, aber auch nicht weniger.

DIETER BARTETZKO

Friederike

Bubenheimer-Erhart: "Die Etrusker".

Philipp von Zabern Verlag, Darmstadt 2014. 192 S., Abb., geb., 49,95 [Euro].

Marion Bolder-Boos: "Ostia". Der Hafen Roms.

Philipp von Zabern Verlag, Darmstadt 2014. 144 S., Abb., geb., 29,95 [Euro].

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