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"Überlass deine Blumen jemandem, der damit umzugehen weiß, und fahr los." Saramago lädt ein zu einer literarischen und kulturellen Reise durch seine Heimat Portugal, die er in den 90er Jahren, nach längerer Abwesenheit, mit fremdem Blick ganz neu entdeckt. Seine gemächliche Fahrt in einem klapprigen Auto führt vom Norden Portugals über Hunderte von Kilometern hinweg bis zur Algarve. Geleitet von einer zerknitterten Landkarte und spontanen Eingebungen, lässt der Reisende sich durch die Landschaft treiben. Er macht Halt in kleinen Dörfern, besichtigt Kirchen, Klöster und Burgen oder erfreut sich…mehr

Produktbeschreibung
"Überlass deine Blumen jemandem, der damit umzugehen weiß, und fahr los."
Saramago lädt ein zu einer literarischen und kulturellen Reise durch seine Heimat Portugal, die er in den 90er Jahren, nach längerer Abwesenheit, mit fremdem Blick ganz neu entdeckt.
Seine gemächliche Fahrt in einem klapprigen Auto führt vom Norden Portugals über Hunderte von Kilometern hinweg bis zur Algarve. Geleitet von einer zerknitterten Landkarte und spontanen Eingebungen, lässt der Reisende sich durch die Landschaft treiben. Er macht Halt in kleinen Dörfern, besichtigt Kirchen, Klöster und Burgen oder erfreut sich an der Schönheit der Natur. Nicht zu vergessen, die wunderbaren Geschichten, die ihm an jeder Ecke begegnen. Saramago gibt Einblick in die unbekannten Seiten Portugals und legt gleichzeitig einen literarischen Bericht über die Kultur des Reisens vor, der so bereichernd wie beglückend ist.
"Ein in jeder Hinsicht großartiges Buch!" Neue Zürcher Zeitung
Autorenporträt
José Saramago (1922-2010) wurde in Azinhaga in der portugiesischen Provinz Ribatejo geboren. Er entstammt einer Landarbeiterfamilie und arbeitete als Maschinenschlosser, technischer Zeichner und Angestellter. Später war er Mitarbeiter eines Verlags und Journalist, bevor er Schriftsteller wurde. Während der Salazar-Diktatur gehörte er zur Opposition.1998 erhielt er den Nobelpreis für Literatur.
Rezensionen
»wunderbare Sprache [...] atemberaubend« br.de, 19.03.2013

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.02.2004

Steinliebhaber
José Saramagos Reise durch sein Heimatland
„Überlass deine Blumen jemandem, der damit umzugehen weiß, und fahr los. Oder fahr weiter. Denn keine Reise hat ein Ende”, rät José Saramago dem Leser und setzt sich selbst in ein altes Auto, um monatelang kreuz und quer durch seine Heimat zu fahren. „Die portugiesische Reise” des Literaturnobelpreisträgers von 1998 ist eine Schöpfungsgeschichte in den Tarnfarben der Reisebeschreibung.
Kirchen, Burgen, Klöster, Kreuzgänge, Hünengräber und Skulpturen tastet „der Reisende” ab, auf der Suche nach der geheimen Verbindung zwischen Wörtern und Ursubstanz. Wie in der Architektur schätzt er auch in der Sprache das Lapidare; Schnörkel und Adjektive, barockes oder stilistisches Übermaß werden höflich, aber bestimmt zurückgewiesen. Um so mehr bewundert er die Klarheit der romanischen Kirchen Portugals: „Manchmal sind es die Stimmen aus der weiten Ferne, die so ganz dicht am Ohr und am Herzen zu uns sprechen, dass sie alles Geschmettere übertönen.”
Den Steinen gilt Saramagos Aufmerksamkeit, weil sie mehr über die Vergangenheit sagen als alles Private. Über die Burg von Guimarães schreibt er: „Wer weiß, vielleicht liegt genau an dieser Stelle jemand begraben, irgendein Martim oder Álvaro, der in der Geschichte keine Erwähnung findet, und jetzt weiß er, dass nicht die Burg die Wiege ist, sondern der Stein, der Boden, der Himmel darüber und dieser böenartige Wind, der Atem aller Worte, die je in dieser Sprache gesprochen wurden, allererster und letzter Seufzer, das Rauschen des tiefen Flusses, der das Volk ist.”
In sechs Etappen fährt der 1922 geborene Landarbeitersohn von Norden nach Süden und lässt dabei ein Archiv heranwachsen, in dem Kirche um Kirche, Azulejo um Azulejo, Hügel um Hügel verzeichnet wird. Von Miranda do Douro über die „sanfte, steinige Beira”, vom „glühend heißen Land des Alentejo” bis nach Lissabon und an die Algarve will er die Schönheit des Landes vor dem Vergessen retten. Dass Fernsehantennen, Atomkraftwerke oder Snackbars eher selten ins Blickfeld geraten, ist so gesehen, konsequent. Auch die Gegenspieler des Reisenden, die Touristen, tauchen nur am Rande dieser ziemlich geschlossenen Welt voller traditioneller Figuren (der herzliche Bauer, das arme Mädchen, der Küster, der Museumswächter) auf. Der heimliche Antagonismus zwischen Kultur und Masse, kundigem Einzelgänger und Mainstream-Barbaren steht merkwürdig quer zu einer Suche, die so sehr am Murmeln des Volkes interessiert ist.
Stadt der Blinden
Wut packt den Autor, der Portugal 1993 verlassen hat, wenn er auf die desaströsen Ergebnisse der nationalen Denkmalspflege stößt, doch davon abgesehen begegnet man einem beschwingten, betont glücklichen Reisenden. Die zuletzt veröffentlichten Romane Saramagos wie „Stadt der Blinden”, „Alle Namen” oder „Das Zentrum” werfen melancholische Blicke auf den bizarren Moloch Moderne; dagegen ist dieser autobiographische Bericht eine emphatische Liebeserklärung an Portugal. Der Kommunist und Atheist Saramago begeistert sich an der religiösen Baukunst seines Landes, dass es eine dialektische Freude ist.
Aber bei aller Liebe zu Stein und schlichten Formen hat jeder Erinnerungsspeicher, vor allem wenn er fast sechshundert Seiten umfasst, seine Grenzen. Saramagos Kosmos aus Steinen und Geschichten wird von einem baedeckerhaften Sammeleifer gesprengt, der den Leser nach der soundsovielten romanischen Kirche mit manuelinischen Einsprengseln und Renaissanceportalen erschlafft zurücklässt. Was man im 19. Jahrhundert als erbaulich und vergnüglich bezeichnet hätte, wirkt dann ein bisschen betulich, und die erdverbundene Seligkeit droht in einem Bildungsidyll unterzugehen.
JUTTA PERSON
JOSE SARAMAGO: Die portugiesische Reise. Aus dem Portugiesischen von Karin und Nicolai von Schwedter-Schreiner Rowohlt Verlag, Reinbek 2003. 606 Seiten, 24,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.02.2004

Wenn der Garten sich öffnet
José Saramagos portugiesische Reise läßt die Landkarten hinter sich

Eine gewöhnliche Reise ist das nicht. Hier betritt einer mit festem Schritt ein Spielfeld. Portugal, das Land seiner Herkunft, ist ihm nicht fremd, obwohl er es lange nicht gesehen hat. Seit 1993 hat sich der Nobelpreisträger José Saramago auf Lanzarote zurückgezogen. Unerwiderte Liebe zum Land der Väter spielte mit. Portugiesische Bürokraten hatten ihm die Verletzung religiöser Gefühle vorgeworfen, als er 1991 in "Das Evangelium nach Jesus Christus" einen jugendlichen Jesus imaginierte, der sich mit Maria Magdalena vergnügt. Als sie ihn dann auch noch von der Vorschlagsliste für den Europäischen Literaturpreis strichen, wandte Saramago sich ab.

Als ein Entfremdeter kehrte er zurück, mit dem Plan, einen Reiseroman zu schreiben, der kein Reiseführer ist und auch keine Touristeninformation. Eine produktive Ausgangslage. Denn Saramago macht sich auf zu einer Expedition durch eine terra incognita, die zugleich vertrautes Mutter- und Vaterland ist. Sein Projekt ist zwar ein geographisches, aber noch viel mehr bricht hier ein Irritierter auf mit dem Ziel, herauszufinden, wie ihn die Kultur seiner Heimat geprägt hat. Er kartographiert dabei seine eigenen zerklüfteten Seelenlandschaften, mißt die Abgründe aus und ermittelt den Charakter der schroffen Höhenzüge. Eine Reise durch sich selbst, wobei die Landschaft nur Vorwand ist zur Selbsterforschung: gleißender Spiegel.

Damit sind die Spielregeln gesetzt, die einiges vorgeben und vieles offenlassen auf dem Weg zur alchimistischen Verwandlung von einsamen Dörfern, geheimnisvollen Kunstdenkmälern, verlassenen Landstrichen und verlorenen Menschen in Literatur. Der Besucher kennt die oberflächlichen Koordinaten des Terrains, das er jetzt von Nord nach Süd, von Ost nach West durchstreifen will. Der Blick dieses ungewöhnlichen Chronisten ist gleichzeitig neugierig und distanziert, glühend und kühl. Und der Leser wird schon bald konfrontiert mit der schwankenden Gemütslage eines Zerrissenen, der lieben möchte, sich dem Objekt der Begierde aber zugleich in widerwilliger Ablehnung nähert - und nicht selten mit bloßen Projektionen zudeckt. Diese Ambivalenz, die ihn kennzeichnet, hat allerdings den Vorteil, daß "Die portugiesische Reise" kein verklärendes Nostalgiebuch geworden ist. Die Grenzen zwischen dem realen Land, dem Traumland, dem Wunschland und dem Haßland sind verwischt, und der Autor unternimmt auch nicht den geringsten Versuch, dieses Faktum zu kaschieren.

Am Anfang all seiner Entdeckungen ist die Neugier. Sie ist der Stachel, der den Fremden von Ort zu Ort treibt und ihn dazu verleitet, auch geheime Bezirke mit einer fast lasziven Geduld zu erforschen. Zu welch prächtigen literarischen Ergebnissen dies führen kann, zeigt sich zum Beispiel im Kapitel "Dornröschen". Dämmerung liegt über dem Land. Trotzdem macht sich der Forscher auf den gefährlichen Weg zu einem abgelegenen Kloster. Zu seinen Marotten gehört es, daß er alles, was ihm wichtig ist, mit eigenen Augen gesehen haben will, und sei es auch nur flüchtig oder im bereits brechenden Licht. Vom einsamen, halbverrotteten Kloster kennt er nur die barocke Fassade, zwei banale Glockentürme dazu - und trotzdem will ihm der sakrale Ort keinen Augenblick aus dem Kopf gehen. Innen will er ihn sehen, aber er ahnt, daß die Türe verschlossen sein wird.

Als er ankommt, ist es bereits Abend. Vollkommene Stille. Wie erwartet, präsentiert sich das Monument abweisend. Als er das Tor gerade gewaltsam aufbrechen will, entdeckt er eine angelehnte Türe, ein Gartentor. Keine Menschenseele ist zu sehen. Für den Suchenden ist plötzlich klar, daß dies entweder das Ende der Welt ist oder der Anfang. Er zittert, er hört sein Herz schlagen, er fiebert. Er weiß, daß er der erste ist, der ein Gespür für so etwas hat, und -, als träumte er, ist er schon drin. Dem Leser wiederum ist inzwischen längst klargeworden, daß es nicht mehr um das Abschildern einer eigenartigen kunsthistorischen Stätte geht; sein Gespür für die aufgeladene Symbolik ist erwacht. Die Bilder, die ihm gezeigt werden, oszillieren unversehens, und jetzt entschlüsselt er das Zeicheninventar plötzlich ganz anders: als hortus conclusus, der geöffnet wird.

Als Saramago schließlich das somnambule Umherschweifen des Fremden im verborgenen Garten schildert und davon spricht, wie der Suchende, trunken vom süßen Duft der Veilchen, betäubt vom Geruch der Hyazinthen, in der Tiefe des Gartens, inmitten der Rosenstöcke und des wilden Gestrüpps ein Wasserbecken entdeckt und darüber in der Fassade ein einziges erleuchtetes Zimmer, hat der Leser den Charakter des mysteriösen Orts längst begriffen. Mit dem Reisenden hat er die geographische Fährte verlassen und sich auf dem Terrain archetypischer Bilder wiedergefunden.

So poetisch geht es allerdings nicht immer zu. Nicht jede der unzähligen Beschreibungen von Kathedralen, Klöstern, Baudenkmälern und Stadtpalästen verwandelt sich dem Autor unter der Hand in vibrierende Geschichten. Nicht jede zufällige Entdeckung wird zum aufgeladenen Vexierbild. Nicht jede der Anekdoten, die der Forschende auf seiner Expedition einfängt, versprüht Glanz noch über den Tag hinaus. Zwar gibt es einige, die den Leser amüsieren und gleichzeitig mit der Mentalität der fremden Bewohner vertraut machen. Das Märchen vom Vater gehört dazu, der seine beiden Töchter in hohen Türmen einsperrt wie verwunschene Prinzessinnen, damit ihr Auge niemals einen Mann erblickt.

Oder jene von der trauernden Mutter auf dem Friedhof, die den Gast mit ihren lauten Klagen in Bann zieht. Jung ist die Tochter nach Frankreich ausgewandert, hat dort geheiratet und ist bereits mit achtzehn gestorben. Die Mutter hält das Bild des schönen Kindes in der Hand. Im an- und abschwellenden Jammer über die verlorene Blüte des Mädchens, in dieser singenden Beschwörung, in die sie versunken ist und die je nach Besucherlage etwas eindringlicher wird, vergißt die alte Frau nicht zu erwähnen, daß das Geld nicht vom Himmel fällt und allein der Transport der Leiche nach Portugal vierzig Contos gekostet hat.

Über sechshundert Seiten reiht José Saramago Tableau an Tableau, Fundstück an Fundstück aus einem archaischen Portugal - in einer manchmal schier unerträglichen Einförmigkeit. In der Repetition des gleichen Erzählmusters beginnen sich ab und zu die Konturen der Geschichten zu verwischen. Die Wachsamkeit des Lesers wird jetzt eingeschläfert. Er verliert den Weg in diesem erzählerischen Labyrinth von umständlichen Abschweifungen, Verirrungen und Seitensträngen. Die Gefahr der Eintönigkeit lauert hinter den Erzählinseln.

Der Leser treibt in diesen Passagen betäubt und etwas selbstvergessen voran, bis er plötzlich von der leise flüsternden Erzählstimme des Autors wieder aufgeweckt wird, die ihm mit inständiger Begeisterung von den beiden verliebten Tieren berichtet, die der Bildhauer in die Kapitelle des gotischen Portals gemeißelt hat -, oder in jäh aufloderndem Zorn von der katholischen Kultur redet, die ihn geprägt hat und ihm mit ihrer Lust an Kasteiung, Büßertum und Fasten Sinnlichkeit und Fröhlichkeit austreiben wollte. In diesen Passagen wächst "Die portugiesische Reise" über die bloße ethnologische, kunsthistorische und soziologische Recherche hinaus und gewinnt die Dimensionen eines Romans: ein feinziseliertes Gemälde, das mit seinen Figuren, Ornamenten und Hieroglyphen die Geschichte der Heimat entwirft.

PIA REINACHER

José Saramago: "Die portugiesische Reise". Aus dem Potugiesischen übersetzt von Karin von Schweder-Schreiner und Nicolai von Schweder-Schreiner. Rowohlt Verlag. Reinbek bei Hamburg 2003. 605 S., geb., 24,90 [Euro].

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