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Das »'De anima' unserer Zeit« nannte Jacques Derrida »Corpus«, das als eines von Jean-Luc Nancys Hauptwerken und sicher als einer der radikalsten philosophischen Texte der Gegenwart bezeichnet werden darf. Nancys Denken löst den Begriff des Körpers aus den dualistischen Umklammerungen von Materie und Geist, Leib und Seele, Innen und Außen und überführt das unter dem Diktat der Bedeutung stehende Schreiben vom Körper in ein »Entschreiben« des Körpers. Jenseits der »gewaltigen Körperpresse« des Kapitals, der Technik und des Krieges eröffnet Nancys Denken einen Ausblick auf neue Dimensionen des Einzelnen in der Gemeinschaft einer Welt der Körper. …mehr

Produktbeschreibung
Das »'De anima' unserer Zeit« nannte Jacques Derrida »Corpus«, das als eines von Jean-Luc Nancys Hauptwerken und sicher als einer der radikalsten philosophischen Texte der Gegenwart bezeichnet werden darf. Nancys Denken löst den Begriff des Körpers aus den dualistischen Umklammerungen von Materie und Geist, Leib und Seele, Innen und Außen und überführt das unter dem Diktat der Bedeutung stehende Schreiben vom Körper in ein »Entschreiben« des Körpers. Jenseits der »gewaltigen Körperpresse« des Kapitals, der Technik und des Krieges eröffnet Nancys Denken einen Ausblick auf neue Dimensionen des Einzelnen in der Gemeinschaft einer Welt der Körper.
Autorenporträt
Nancy, Jean-LucJean-Luc Nancy (1940-2021) war einer der bedeutendsten Philosophen der Gegenwart. Er lehrte bis zu seiner Emeritierung Philosophie an der Université Marc Bloch in Straßburg und hatte Gastprofessuren in Berkeley, Irvine, San Diego und Berlin inne. Sein vielfältiges Werk umfasst Arbeiten zur Ontologie der Gemeinschaft, Studien zur Metamorphose des Sinns und zu den Künsten, Abhandlungen zur Bildtheorie, aber auch zu politischen und religiösen Aspekten im Kontext aktueller Entwicklungen.
Rezensionen
»Corpus ist eine große Studie über die Berührung des Denkens und des Körpers. Eine Studie, welche die üblichen Thesen um Identität und Körperpolitik ebenso unterfüttert wie erschüttert, wunderbar poetisch und gleichzeitig theoretisch anspruchsvoll. Ein Text, der als Pflichtlektüre in den Kanon aufgenommen werden sollte.« De:Bug

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 31.05.2003

Ins Fleisch geritzt
Jean-Luc Nancys
Geschichte des Körpers
„Einschreibung” lautet das Zauberwort der jüngeren Literatur- und Kulturtheorie, die den Körper als Träger von gesellschaftlich codierten Bedeutungen zu entziffern versuchen. Darum gehört die Geschichte des Delinquenten, dem mit einer komplizierten Maschine das Urteil ins Fleisch geritzt wird, bis er schließlich daran stirbt, zu ihren Lieblingsmetaphern. Nicht für Jean-Luc Nancy: „Ich hasse die von vorne bis hinten falsche, einfach gestrickte, pompöse Geschichte Kafkas ,In der Strafkolonie‘.” Auch wenn sein Buch „Corpus” im Titel Körper und Schrift vereint, lässt es sich mit dem einen Satz resümieren: „Einen Körper kann man nicht dechiffrieren.” Vielmehr, so Nancy, muss man damit beginnen, den Körper zu „entschreiben”, ihn statt als Ort einer In-Skription als den einer Ex-Skription zu denken. „Der Körper ist weder Substanz noch Phänomen noch Fleisch noch Bedeutung.” Der Körper ist kein „Ort der Schrift” im Sinne einer Unterlage, auf die eine Bedeutung appliziert würde.
Die Geschichte des modernen Körpers lässt Nancy mit den Anfangsworten der Eucharistie, dem „Hoc est enim corpus meum”, beginnen, und Corpus ist daher auch eine fortlaufende Reflexion über die Kopula, die Möglichkeit, etwas über etwas aussagen zu können, als dem Rationalitätsprinzip des Abendlandes. Und es ist eine Reflexion über das Verschwinden der Gegenstände in der Sprache: „Was man nicht mehr sagen kann, davon soll man nicht aufhören zu sprechen.”
Wie also den Körper als Gegenstand des Denkens gewinnen, ohne ihn mit Sinn zu überfrachten, wie es der mit Bedeutungen überladene Körper der christlichen Tradition oder der von Bedeutungen durchzogene und gequälte Körper der Hysterikerin sind? Nancy nähert sich seiner Ontologie des Körpers auf verschiedenen Wegen: mit Heidegger, der in seiner Spätphilosophie das Da- sein als Bezirk der Wahrheit des Seins deutet, die Ek-sistenz als Ausgesetztsein in die Offenheit. Dann kommt der Körper nicht vor dem Sinn, sondern er gibt ihm statt. Oder mit Derridas Theorie der Schrift, in dessen These von der Materialität des Signifikanten sich Körper und Zeichen verschränken. Dann sind im Körper nicht mehr Bezeichnetes und Bezeichnendes zu unterscheiden, sondern er wird zum Ort dieser Alterität.
Wenn Körper das Ausgedehnte der Seele ist, wird die Seele zur „Außenbeziehung des Körpers mit sich selbst”, Effekt einer Auto-Affektion. Darum berührt das Schreiben den Körper. Darum ist der Körper ein Bild, dem Blick der anderen dargeboten. Darum sind Lesen und jeder Blick eine Berührung, „bewegliche, unbeständige Liebkosung”. Corpus ist ein erotisches Buch.
sja
JEAN-LUC NANCY: Corpus. Deutsch von Nils Hodyas und Timo Obergöker. Diaphanes Verlag, Berlin 2003. 132 Seiten, 18,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Den Lieblingstext poststrukturalistischer Körperlektüren, Kafkas "In der Strafkolonie", könne er nicht ausstehen, so der Poststrukturalist Jean-Luc Nancy programmatisch, so wenig wie all die Metaphern von Körpereinschreibungen. Vielmehr müsse es um Ent-Schreibungen gehen, eine Befreiung des Körpers vom Ansinnen der verschiedensten Bedeutungen, die man in ihm und an ihm lesbar machen will. Als Gewährsmänner für sein Unterfangen betrachtet er den späten Heidegger - und seine Philosophie des Da-seins und der Ek-sistenz - und Derridas Verschränkung von Körper und Zeichen in seinem Verständnis von der "Materialität des Signifikanten". Es folgt daraus, für Nancy, - wie genau, verrät die Rezensentin mit dem Kürzel "sja" leider nicht - dass jeder Blick zur "beweglichen, beständigen Liebkosung" wird; dass also dieses Buch ein "erotisches" sei.

© Perlentaucher Medien GmbH