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Gegen jede Wahrscheinlichkeit hat Katniss Everdeen schon zum zweiten Mal die 'Hunger Games' überlebt. Doch obwohl sie es lebend aus der Arena heraus geschafft hat, ist ihr Leben noch immer in Gefahr. Denn das Capitol ist wütend und es will Rache. Der fulminante Abschluss der 'Hunger Games Trilogy'.

Produktbeschreibung
Gegen jede Wahrscheinlichkeit hat Katniss Everdeen schon zum zweiten Mal die 'Hunger Games' überlebt. Doch obwohl sie es lebend aus der Arena heraus geschafft hat, ist ihr Leben noch immer in Gefahr. Denn das Capitol ist wütend und es will Rache. Der fulminante Abschluss der 'Hunger Games Trilogy'.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.01.2011

Der unendliche Spaß an der Apokalypse

Weltuntergang, wohin man liest: Suzanne Collins vollendet ihre "Panem"-Trilogie. Das Buch zeigt eine düstere Welt, für die sich nicht nur jugendliche Leser begeistern.

Manche Jugendbücher bringen Eltern um den Schlaf. Zum einen, weil sie so fesselnd sind, dass auch Erwachsene sie nicht mehr aus der Hand legen mögen. Zum anderen aber, weil Eltern, die ihre Kinder gut genug kennen, nur allzu genau wissen, welche Faszination gerade diese Bücher auf empfängliche Jugendliche ausüben können - und das heißt Anfang 2011: welchen Reiz der Weltuntergang für junge Leser besitzt.

Im Schatten der allgegenwärtigen Vampir-, Elfen-, Nixen- und Dschinnschmonzetten ist auf dem Jugendbuchmarkt ein neuer Trend unübersehbar: Immer mehr Autoren entwerfen lustvoll Apokalypsen oder schildern die Mühen der Überlebenden unter den Bedingungen der Postapokalypse, schicken Jugendliche durch Wasserlandschaften, von aller Zivilisation verlassene Waldgebiete oder Glaskugelwelten und schwelgen im aus der Not geborenen Provisorium. Die Ursachen für den Untergang unserer Kultur sind dabei vielfältig - Kriege, Umweltkatastrophen oder kosmische Zusammenstöße stehen hoch im Kurs -, spielen aber in der Regel nicht die Hauptrolle. Wichtiger ist den Autoren, wie sich die versprengten Überlebenden anschließend berappeln, zu einer neuen Gesellschaft zusammenfinden und mit den Relikten der Vergangenheit umgehen. Was wird tradiert, was geht verloren? Welche Lehren zieht man, welche Fehler begeht man wieder und wieder? Und vor allem: Welchen Kommentar liefern die Zukunftsvisionen zur Gegenwart der Lesenden wie der Schreibenden?

Am heutigen Donnerstag erscheint im Oetinger-Verlag mit "Flammender Zorn" der abschließende Band der Erfolgstrilogie "Die Tribute von Panem" (im Original: "The Hunger Games") von Suzanne Collins auf Deutsch - eine Serie, in der sich in nuce alles wiederfindet, was Postapokalypsen für junge Leser so attraktiv macht. Die jugendliche Jägerin Katniss wächst in einer Gesellschaftsordnung auf, die wie ein schwundstufenhaftes Amalgam aus den Vereinigten Staaten und dem antiken Rom wirkt. Eine "Capitol" getaufte Zentralregierung herrscht mit absoluter Macht über zwölf Distrikte, von denen jeder eine Versorgungsaufgabe für den Gesamtstaat übernimmt - Katniss' Heimat ist zuständig für die Erz- und Kohleförderung. Zum Brot kommen die Spiele: Seit Generationen entsendet jeder Distrikt jährlich zwei Jugendliche zu einem großen Wettkampf, der unter den Objektiven der Fernsehkameras in einer riesigen Arena stattfindet und so zum landesweit verfolgten Medienereignis wird. Die Regeln verlangen, dass derjenige siegt, der die anderen 23 überlebt, so dass aus dem Reality-TV-Format ein echtes Gemetzel wird und auch der Sieger nicht unbeschadet aus dem grauenhaften Spiel hervorgeht.

Katniss, die im ersten Band für ihre als Vertreterin des Distrikts ausgeloste kleine Schwester Prim einspringt und gewinnt, wendet sich im zweiten Band gemeinsam mit ihrem Freund Peeta gegen das Capitol und führt im dritten den Widerstand an. Die Rebellen haben sich in den Katakomben eines zerstörten Distrikts verschanzt und trainieren für das finale Kräftemessen mit der Zentrale. Dabei geben sie sich eine Verfassung, die an einen Militärstaat wie Sparta erinnert und schleichend alle moralischen Unterschiede zu dem verhassten Gegner verwischt: Wer das Capitol besiegen will, wissen die Rebellen, darf keine Skrupel haben. Er muss Zivilisten opfern, wenn es der Strategie dient, kann kein Mitleid mit den Handlangern der Gegenseite zulassen und sollte vor allem militärisch die Zentralgewalt imitieren, um sie zu übertreffen. Katniss wird dabei ihren Jugendfreund Gale verlieren, gerade weil er sich mit Haut und Haar in den Dienst der Rebellion stellt und sich dabei an ihrer Seite glaubt - und ihre Schwester Prim. Am Ende versucht sie, mit einer heroischen Tat den Teufelskreis zu durchbrechen, und bleibt doch beschädigt an Leib und Seele zurück. Ein Happy End sieht anders aus, trotz der Aussicht auf ein halbwegs beschauliches Leben im Abseits.

Dieses düstere Resultat einer über drei Bände verfolgten heroischen Rebellion hat man der Autorin in der englischsprachigen Welt übelgenommen, wo der Schluss der Trilogie schon im vergangenen Sommer erschien. Dazu befragt, betont sie die schiere Konsequenz ihrer Geschichte, die ihr keine andere Wahl gelassen habe als ebenjenes Ende voller Resignation und Opfer gerade unter den idealistischen Rebellen. Genau das macht die Klasse dieser Autorin aus, die dahin geht, wo es weh tut, und weder sich noch ihren Lesern irgendetwas erspart, von ihren Figuren ganz zu schweigen. Indem sie aber die eigene Verstrickung offenlegt und davon spricht, handlungstechnisch keine Wahl zu haben, legt sie eine pessimistische Sichtweise auf den Zyklus der Zivilisationen offen, die sie mit den besten unter ihren dystopieentwerfenden Kollegen teilt.

Schon in John Christophers großer Trilogie "Der Fürst von morgen", die zwischen 1970 und 1972 erstmals herauskam, muss eine postapokalyptische, aus guten Gründen zutiefst technikfeindliche Gesellschaft damit klarkommen, dass einmal in die Welt gesetztes Wissen seinen Weg immer zurück ins Bewusstsein einiger weniger findet, die daraus ihren Vorteil ziehen und damit den einmal eingeschlagenen Pfad ins Verderben neuerlich bereiten. Die letzten Worte des Romans, die dessen desillusionierter Erzähler spricht, sind ein geradezu rührender Versuch, diesen Kreislauf zu durchbrechen: "Ich werde keinen Sohn haben", sagt jener Luke, der sich zuvor mit Hilfe von technisch-militärischem Geheimwissen zum Diktator aufgeschwungen hatte und am friedlichen Widerstand seiner Heimatstadt gescheitert war. Der Zeugungsstreik als Ausweg aus der Falle eines Geschichtszyklus, der eine aggressive Zivilisation nach der anderen hervorbringt?

Katniss dagegen hat am Ende der "Panem"-Trilogie zwei Kinder geboren, nach langem Zögern, wie sie einräumt. Ihre Zuversicht ruht auf einem Buch, das sie gemeinsam mit ihrem Liebsten schreibt und das in einer Gesellschaft, die lange auf mündlich tradiertem Wissen aufbaute, eine weitere Revolution darstellen muss. Wenn der Schluss ihres Werks, wie Suzanne Collins für sich in Anspruch nimmt, "nicht ganz ohne Hoffnung" ist, dann allein durch diesen Versuch, eine Diskussion über die Vergangenheit in Gang zu bringen. Geschichte, so mag man sich das übersetzen, wiederholt sich, solange man sie nicht retrospektiv diskutiert. Und das ist tatsächlich eine Art Hoffnungsschimmer.

TILMAN SPRECKELSEN

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