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"Fernab von Zeitgeistreportagen überzeugt Milda Drüke in ihren Büchern mit realistischen Porträts von Menschen, die von einem anderen Weltbild erzählen." Frankfurter Allgemeine Zeitung
Nicht den touristischen Attraktionen gilt das Interesse der Autorin, sondern den Menschen in ihrem Konflikt zwischen "persönlichem Wollen und kulturellem Sollen". Ihre studierten und europaerfahrenen Gastgeber erlauben ihr fünf Monate lang Einblick in höchst private Bereiche und Gewohnheiten einer archaischen Hindutradition inmitten eines modernen Alltags, zu dem Computer und Mikrowelle gehören und ein Sohn,…mehr

Produktbeschreibung
"Fernab von Zeitgeistreportagen überzeugt Milda Drüke in ihren Büchern mit realistischen Porträts von Menschen, die von einem anderen Weltbild erzählen." Frankfurter Allgemeine Zeitung

Nicht den touristischen Attraktionen gilt das Interesse der Autorin, sondern den Menschen in ihrem Konflikt zwischen "persönlichem Wollen und kulturellem Sollen". Ihre studierten und europaerfahrenen Gastgeber erlauben ihr fünf Monate lang Einblick in höchst private Bereiche und Gewohnheiten einer archaischen Hindutradition inmitten eines modernen Alltags, zu dem Computer und Mikrowelle gehören und ein Sohn, der sich im Spiderman-Kostüm wohlfühlt. Nur dank der ihr gewährten Nähe offenbart sich der Autorin: Ihre weltoffene Gastgeberin unterwirft sich ihrem Ehemann, indem sie seine Füße mit der Stirn berührt. Sie trägt rote Glasarmreifen, wäscht donnerstags ihre Haare nicht und fastet regelmäßig - um sein Leben zu verlängern. Ohne Erlaubnis darf sie nicht aus dem Haus. Stoisch ertragen sieund ihre Familie die Realität Kathmandus: Stromabschaltungen. Anstehen für Trinkwasser und Benzin. Streiks und Demonstrationen.
"Die fremde Welt eröffnet sich mir", schreibt die Autorin, "wenn ich mit den Menschen, die sie schaffen, lebe. Wenn das Unbekannte im täglichen Miteinander einfach passiert. Darauf zu warten habe ich mir die Zeit genommen."
Autorenporträt
Milda Drüke, Jahrgang 1949, verbrachte nach ihrer kaufmännischen Lehre ein Jahr in den USA, arbeitete in der Werbung, gründete 1982 die Firma Photo Management und segelte von 1986 bis 1990 um die Welt. Seither unternimmt sie als Autorin und Fotografin ausgedehnte Recherchereisen auf den Weltmeeren und von den Anden bis zum Himalaya. Ihre Reportagen erschienen im "SZ-Magazin", in "mare", "marie claire", "Brigitte", "Elle" und anderen Zeitschriften. Buchveröffentlichungen: "Die Gabe der Seenomaden. Bei den Wassermenschen in Südostasien" (2002), "Ratu Pedanda. Reise ins Licht - bei einem Hohepriester auf Bali" (2004) und "Solomon Blue. Bei den Inselbewohnern Papua-Neuguineas" (2007).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.05.2012

Das Mantra der Moderne

Die Reisejournalistin Milda Drüke verbringt fünf Monate als Gast in einem Drei-Generationen-Haushalt in Kathmandu. So gerät ihr jenseits methodischer Fragenkataloge Nepal bald zur "fremden Bühne, wo unbekannte Stücke, Dramen, Märchen spielen". Die Dramen des Alltags sind privater, spiritueller und politischer Natur: Drüke war 2008 im Land, als nach 240 Jahren Monarchie Nepals Wechsel zur säkularen, föderalen Republik bevorstand. Die Farbe Rot wird ihr zum Sinnbild eines spannungsgeladenen Lands: Augenfällig ist das Rot als Privileg der Kleidung der verheirateten Frau, aber auch das Rot der vordergründig die Volksbefreiung von archaischen Traditionen propagierenden Maoisten. Die drei Generationen stehen für nepalesische Demokratisierungsschübe: zunächst die Großmutter Mamu, die noch Zeitzeugin von Witwenverbrennungen war, deren Ehe arrangiert wurde und die sich nach dem Tod ihres Gatten in einen weißen Sari als "Witwenhülle" kleidet. Deren Tochter Samjhu ist westlicher, hat in den Niederlanden studiert, befolgt aber Unterwerfungsrituale gegenüber dem in der Hindutradition göttlich gedachten Ehemann. Der in ein Spiderman-Kostüm gekleidete Enkel scheint zumindest optisch dem Westen nachzueifern. Drüke folgt vor allem Samjhu durch die Regelwerke des Alltags und bis hin zum Teej-Fest am Pashupatinath-Tempel, an dem Frauen für ein langes Leben ihrer Ehemänner bitten, um sich die Schmach des Witwendaseins zu ersparen. Der hinduistische Festkalender strukturiert den trügerisch idyllischen Alltag ebenso wie von Königstreuen verursachte Bombendetonationen oder von Maoisten organisierte Demonstrationen und Blockaden. Korruption, Stromausfälle und Benzinpreiserhöhungen sind das Mantra im Dilemma der nepalesischen Moderne. Anteilnehmend, aber nie westlich wertend, lässt die Autorin die stillen Gesten, Gesichter und Hände der Nepalesen erzählen und berichtet dennoch beredt von Benachteiligungen durch überkommene Denkmuster.

sg

"Rot. Menschen in Kathmandu" von Milda Drüke. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2010. 384 Seiten. Gebunden, 22 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Indem sie den Alltag detailgetreu schildert, entsteht im Kopf des Lesers ein Mosaik, das ihm ein tieferes Verständnis der nepalesischen Gesellschaft und ihrer Menschen ermöglicht.« kult, 10.2010