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Am 20. September 1947 schifft sich Christopher Isherwood zusammen mit dem Fotografen William Caskey in New York ein, um den südamerikanischen Kontinent zu bereisen. Fast sechs Monate brauchen die beiden, um von der venezolanischen Hafenstadt La Guaira über die Anden nach Buenos Aires zu gelangen. Entdeckt haben sie einen Kontinent voller Gegensätze. Schneeberge, die senkrecht aus dem Dschungel ragen, und Gletscher, die über Bananenplantagen hängen. Kondore, die über Kühen kreisen. Flugzeugpassagiere, die auf Packkarawanen von Lamas hinabblicken. Brandneue Cadillacs, die Maultiere von der…mehr

Produktbeschreibung
Am 20. September 1947 schifft sich Christopher Isherwood zusammen mit dem Fotografen William Caskey in New York ein, um den südamerikanischen Kontinent zu bereisen. Fast sechs Monate brauchen die beiden, um von der venezolanischen Hafenstadt La Guaira über die Anden nach Buenos Aires zu gelangen. Entdeckt haben sie einen Kontinent voller Gegensätze. Schneeberge, die senkrecht aus dem Dschungel ragen, und Gletscher, die über Bananenplantagen hängen. Kondore, die über Kühen kreisen. Flugzeugpassagiere, die auf Packkarawanen von Lamas hinabblicken. Brandneue Cadillacs, die Maultiere von der Straße hupen. Aber auch einen Kontinent voller Gewalt. Ein falsches Wort, und ein Messer wird gezückt. Autos und Lastwagen werden mit einer selbstmörderischen Gleichgültigkeit gesteuert. Immer wieder kommt es zu Unruhen, die ebenso blutig sind wie sinnlos ... In einer glasklaren, bildmächtigen Sprache erzählt Christopher Isherwood von seinen Abenteuern in Südamerika. Entstanden ist ein Reisetagebuch, das uns einen Kontinent vor Augen führt, der lange Zeit als unregierbar galt. 'Kondor und Kühe' ist eine literarische Glanzleistung - und ein beeindruckendes historisches Dokument.
Autorenporträt
Christopher Isherwood wurde 1904 in der Grafschaft Cheshire als Sohn eines Offiziers geboren. Er studierte Geschichte und Medizin in Cambridge und London, verließ die Universität jedoch ohne Abschluss. Von 1929 bis 1933 lebte er als Sprachlehrer in Berlin, seine Erlebnisse dort verarbeitete er u.a. in den Romanen 'Mr. Norris steigt um' und 'Leb wohl, Berlin', aus dem später das bekannte Musical 'Cabaret' entstand. 1939 emigrierte Isherwood gemeinsam mit seinem Schulfreund W. H. Auden in die USA, wo er während des Krieges als Drehbuchautor arbeitete. 1946 nahm er die amerikanische Staatsbürgerschaft an, von 1959 bis 1962 hatte er eine Gastprofessur für Englische Literatur in Los Angeles inne, genau wie die Hauptfigur seines Romans 'A Single Man', der später von Tom Ford verfilmt wurde. Christopher Isherwood starb 1986 in Santa Monica.
Rezensionen
"Christopher Isherwood erweckt Südamerika, diesen riesigen, traurigen, nebelverschleierten und von der Sonne verdörrten Kontinent, für uns zum Leben." -- THE NEW YORK TIMES

"Isherwoods Beobachtungsgabe und sein Humor sind lebendig wie nie - sein großes Einfühlungsvermögen und seine Genauigkeit intakt wie eh und je." -- THE NATION

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Schon vor fünfundsechzig Jahren stellte sich der Gattung der Reiseschriftsteller ein ernstzunehmendes Problem, weiß Rezensent Kersten Knipp: es war schon alles gesagt worden. Umso mehr freut sich der Rezensent über die ironische Distanz, die Christopher Isherwood zu den üblichen Floskeln und Gemeinplätzen des Genres hält. Sein "wunderbar nüchterner Ton" erlaubt es ihm, auch mal persönlichere Empfindungen zu äußern, ohne dass sie beim Rezensent Unbehagen auslösen: etwa der Gedanken, bei einem kühlen Bier im Hafen der Insel Curaçao notiert, dass man hier doch gerne ewig bleiben würde, um anschließend die Lagertanks von SHELL zu beschreiben, die den Bericht schnell in die Realität zurück holen. "Kondor und Kühe" heißt die Übersetzung von Isherwoods Reisenotizen, die der Autor auf seiner damaligen Südamerikareise anfertigte, und sie sind von Matthias Müller hervorragend ins Deutsche übersetzt worden, lobt Knipp.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.04.2013

Ich bin eine Kamera
Christopher Isherwood schrieb mehr als nur "Cabaret"

Auf der anderen Seite der Welt schließen sich mit einem Mal die Kreise. Von der Nollendorfstraße in Berlin-Schöneberg, wo die Mittelklasse sich in ihren Bürgerburgen gegen den Verfall verschanzte, schlägt das Schicksal völlig unerwartet einen Bogen in die Calle Rivadavia in Buenos Aires, wo das Leben einem gänzlich anderen Rhythmus folgt und doch plötzlich die leibhaftige Erinnerung an jene alten Zeiten weckt. Zwei Jahrzehnte und einen Weltkrieg später trifft der Reisende dort überraschend Berthold, den Freund aus Berliner Vorkriegstagen, der mittlerweile in der neuen Welt eine neue Existenz gefunden hat. Auch in Quito ergeht es ihm nicht anders, wenn er dort die alte Freundin Hippi wiedersieht, einst eine schillernde Gestalt im legendären Nachtleben Berlins und in der Hauptstadt Ecuadors jetzt Inhaberin einer Lederwarenhandlung. So geht es, wenn die Zeiten aus den Fugen und die Welt durch Krieg, Vertreibung und Flucht in Bewegung gerät. "Flüchtlinge", so erkennt der Reisende, "stehen für Veränderung."

Stets war der britisch-amerikanische Autor Christopher Isherwood (1904 bis 1986) von solchen Veränderungen zutiefst fasziniert und hat sie in seinen Büchern minutiös protokolliert. "Ich bin eine Kamera", lautet das gefeierte Bekenntnis aus seinem Welterfolg "Goodbye to Berlin" von 1939, Vorlage für "Cabaret" und bis heute Kult- und Kursbuch aller internationalen Berlin-Fiktionen. Sehr zu Unrecht ist sein weiteres Werk dagegen eher unbekannt. Deshalb freut es umso mehr, wenn wir jetzt Gelegenheit bekommen, Isherwood endlich auch als Reiseautor einer anderen Hemisphäre zu entdecken und seinen Beobachtungen einer fremd-vertrauten Welt zu folgen.

Sechs Monate reist er 1947/48 mit dem Fotografen William Caskey durch Südamerika, ohne Spanischkenntnisse, dafür mit Schreibmaschine im Gepäck. Die Route führt von Kolumbien über Ecuador, Peru und Bolivien bis nach Argentinien und nutzt mit Flussdampfer, Eisenbahn, Sammeltaxi, Flugzeug, Bus und Auto alle möglichen Verkehrsmittel. Außer touristischen Berühmtheiten wie dem Machu Picchu stehen auch Ölbohrorte, Kleinstädte, Indio-Siedlungen und gottverlassene Bergdörfer auf dem Besichtigungsprogramm. Isherwood, damals in Hollywood schon eine feste Größe, hält allerlei Vorträge, besucht Kulturinstitute, Universitäten, Stierkampfarenen und Gefängnisse und hält sämtliche Eindrücke und Erfahrungen, die sich auf diese Weise ansammeln, in lebendigem Tagebuchstil fest, illustriert durch Caskeys eindrucksvolle Bilder.

So entsteht ein packendes Porträt von einer Welt im Übergang zwischen Kolonialvergangenheit und neuerlicher Selbsterfindung. Wenn die Vielfalt der hier mitgeteilten Erlebnisse dennoch einem wiederkehrenden Motiv folgt, dann ist es die Traurigkeit, die auch diesen Reisenden beim Anblick Südamerikas immer wieder überkommt. Nicht nur der Äquator ist die pure Enttäuschung - viele der magischen Momente einer schönen, fernen Welt, die er sich zuvor erträumt hat, werden, wenn er ihnen nahekommen will, banal: traurige Tropen. So bestärkt auch dieses Tagebuch die älteste Erfahrung des Reisens: dass wir in Wahrheit unseren Kreisen nie entkommen.

TOBIAS DÖRING

Christopher Isherwood: "Kondor und Kühe". Ein südamerikanisches Reisetagebuch.

Aus dem Englischen von Matthias Müller. Verlagsbuchhandlung Liebeskind, München 2013. 366 S., geb., 22,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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