Das Bild vom Fremden als Gewalttäter ist nicht mehr zeitgemäß, 14. Dezember 2007
"Nicht alle Erwachsenen meinen es gut mit Kindern" sagt Lisas Papa. Die 6-jährige Lisa weiß, was von ihr erwartet wird: Nicht mit Fremden gehen und nicht die Tür öffnen, wenn die Eltern nicht zuhause sind. Eines
Tages lässt sie sich auf dem Spielplatz von einem Mann, der sich dort schon öfter aufgehalten hat,…mehrDas Bild vom Fremden als Gewalttäter ist nicht mehr zeitgemäß, 14. Dezember 2007
"Nicht alle Erwachsenen meinen es gut mit Kindern" sagt Lisas Papa. Die 6-jährige Lisa weiß, was von ihr erwartet wird: Nicht mit Fremden gehen und nicht die Tür öffnen, wenn die Eltern nicht zuhause sind. Eines Tages lässt sie sich auf dem Spielplatz von einem Mann, der sich dort schon öfter aufgehalten hat, überreden, seine Häschen anzusehen. Peter, mit dem zusammen sie gespielt hat, informiert Lisas Eltern; die Polizei fahndet nach dem Mann und findet Lisa.
1985 entstand dieses Buch in einem Mütterarbeitskreis der Paritätischen Familienbildungsstelle München. Leider haben die Autorinnen sich zum Thema sexueller Missbrauch nicht professionell beraten lassen. Sie trennen nicht zwischen Entführung eines Kindes (kommt selten vor) und sexuellem Missbrauch (kommt häufiger durch vertraute Personen vor, die ein Kind nicht entführen müssen, um ihm Gewalt anzutun). Abgesehen davon, dass das Buch Kinder verängstigt - die kleine Vorbesitzerin hat den "schlimmen Satz" dick durchgestrichen - ist es nicht mehr zeitgemäß. Lisas Mutter sitzt wortlos am Frühstückstisch, die Ermahnungen gehen allein vom Vater aus. Auch als Peter die Eltern informiert, handelt allein Lisas Vater. Obwohl Lisa schon zur Schule geht, wird sie hauptsächlich im Sandkasten und zusammen mit Spielsachen eines Kindergartenkindes abgebildet. Keine Erstklässlerin der Gegenwart wird sich in dieser kindlichen, passiven Lisa wiedererkennen. Dass ein Kind sich von einem Fremden überreden lässt, ihm zu folgen, während der Spielkamerad wortlos dabei sitzt, ist ebenso unwahrscheinlich wie die Tatsache, dass der Täter sein Fahrrad deutlich sichtbar vor dem Haus stehen lässt. Über die Motive des Mannes zu sprechen, überlassen die Autorinnen allein den Eltern - das finde ich sehr unbefriedigend.