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'To Axion Esti', das Hauptwerk von Odysseas Elytis, ist ein Himmelsstürmer: In dieser 'Bibel der griechischen Nation' - so Mikis Theodorakis, der große Teile davon vertonte - stellt der Dichter das Schicksal seines Landes und den Weg zu einer neuen Freiheit dar. Er greift dabei auf keine geringeren Quellen zurück als die Dichtung der Antike, die Psalmen der Bibel, die orthodoxe Liturgie und die melische Dichtung der Byzantiner. Er schafft damit eine religiöse, ja mystische Atmosphäre. 'To Axion Esti', das 'Gepriesen Sei', mit dem das Loblied der Gottesmutter eingeleitet wird, durchzieht wie…mehr

Produktbeschreibung
'To Axion Esti', das Hauptwerk von Odysseas Elytis, ist ein Himmelsstürmer: In dieser 'Bibel der griechischen Nation' - so Mikis Theodorakis, der große Teile davon vertonte - stellt der Dichter das Schicksal seines Landes und den Weg zu einer neuen Freiheit dar. Er greift dabei auf keine geringeren Quellen zurück als die Dichtung der Antike, die Psalmen der Bibel, die orthodoxe Liturgie und die melische Dichtung der Byzantiner. Er schafft damit eine religiöse, ja mystische Atmosphäre. 'To Axion Esti', das 'Gepriesen Sei', mit dem das Loblied der Gottesmutter eingeleitet wird, durchzieht wie ein roter Faden dieses monumental anmutende Werk. Elytis gelingt es, traditionellen Bildern neues Leben einzuhauchen und sie mit Elementen aus der balkanischen Volksdichtung und der westeuropäischen Moderne zu einem geheimnisvollen Mosaik zusammenzusetzen - so geheimnisvoll und neu wie die Welt, in die das lyrische Ich des Textes seine Zuhörer einlädt. Die dunklen Wolken von Krieg und Frieden in seinem Land sind vorübergezogen - was bleibt, ist das klärende und verlockende Licht des Neubeginns.
Autorenporträt
Odysseas Elytis (1911-1996) wurde auf Kreta geboren. Bereits als Gymnasiast in Athen begann er mit dem Schreiben von Gedichten. Später brach er sogar sein Jurastudium ab, um sich ganz seiner Dichtung und Kunst (Tempera, Collagen) zu widmen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Elytis durch seine Dichtungen 'Helden- und Klagegesang auf den verlorenen Leutnant in Albanien' (1945) und 'Albaniade' (1946/50) als Lyriker und Résistance-Dichter bekannt. Das 1959 erschienene Werk 'To Axion Esti' verschaffte ihm dann offizielle Anerkennung und wurde sofort als sein Hauptwerk gefeiert. Spätestens seit ihm 1979 der Literaturnobelpreis verliehen wurde, gehört Elytis zu den bedeutendsten Vertretern der griechischen Lyrik.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.10.2001

Der Listenreiche
Odysseas Elytis' großes Spätwerk / Von Harald Hartung

Sich einen Namen machen - diese oft gedankenlos gebrauchte Redewendung hat bei dem großen Lyriker Odysseas Elytis (1911 bis 1996) einen schönen Doppelsinn. Seine Eltern, die aus Lesbos stammten, hatten ihm einen Vornamen gegeben, an dem der Dichter nur wenig zu ändern fand: Odyssefs. Der junge Herr Alepoudelis, wie er von Haus aus hieß, debütierte nach einem abgebrochenen Jurastudium als Maler und Dichter. Die Poesie sollte siegen, zumal er nach Erprobung verschiedener Pseudonyme ein besonders sprechendes fand. Seit 1935 signierte Odyssefs Alepoudelis als Odysseas Elytis.

Vom alten Familiennamen Alepoudelis behielt er das Suffix; wobei "eli" ("ely") auf "lyo" (lösen, auflösen) verweist. Elytis, der "Löser" - kein schlechtes Omen für Dichter-Beruf und -Berufung. Mehr noch. Die Anfangsbuchstaben des neuen Namens brachten gewichtige Assoziationen ins Spiel: Griechenland, Hoffnung, Freiheit und Helena (El-las, El-pis, El-ephtheria, El-eni). Wo soviel Sinn konzentriert scheint, haben die Liebhaber des Dichters in "Elytis" weitere Anklänge gefunden. Nämlich an El-uard, El-iot, Hölder-lin. Der Surrealist Eluard, bekannte Elytis, habe ihm geholfen, alte lyrische Formen aufzulösen. T. S. Eliot hat ihn so beeindruckt, daß sein frühes Gedicht "Marina der Felsen" (1940) auf dessen "Marina" (1930) anspielt. Hölderlin schließlich erschien Elytis als "unser ferner Bruder" und wird von ihm mehrfach deutsch zitiert.

Als die Schwedische Akademie 1979 dem Achtundsechzigjährigen den Nobelpreis zuerkannte, konsakrierte sie des Dichters Pseudonym, indem sie es als "komprimierte Programmerklärung" verstand. Aber natürlich pries sie nicht bloß ein Programm, sondern ein Werk, das die Vielstelligkeit des Namens entfaltet hatte. Elytis hatte etwas Überpersönliches geschaffen, nämlich einen neuen griechischen Mythos. Nicht daß um 1930, als Elytis anfing, nicht genügend Mythologeme zur Hand gewesen wären. Nach der Befreiung aus türkischer Oberhoheit bestand ein enormer Bedarf an nationaler Rechtfertigung. Das Europa des neunzehnten Jahrhunderts hatte den Neugriechen ihre "Gräzität" abgesprochen. Es waren die Dichter, welche diese wiedergewannen, ohne die nationale Illusion von einem Großgriechenland zu bedienen. 1975 bekannte Elytis in einem Interview: "Ich und meine Generation - und hierzu zähle ich auch Seferis - haben dafür gekämpft, das wahre Gesicht Griechenlands zu finden."

Worin Elytis' Anteil an diesem Kampf besteht, zeigt immer noch am besten sein 1959 erschienenes Hauptwerk "To Axion Esti" ("Würdig ist"), das 1969 als "Gepriesen sei" in einer Übersetzung von Günter Dietz erschien und nun in einer überarbeiteten und vorzüglich kommentierten Neuausgabe vorliegt. Mit "Axion esti" beginnt die orthodoxe Meßliturgie, beginnt der Eingang der Lobpreisungen in der Grabesklage am Karfreitag, beginnt das kirchliche Preislied zu Ehren der Gottesmutter. "Axion esti" heißt die Marienikone, die zu Ostern auf Athos verehrt wird zum Zeichen, daß Griechenland unter dem Schutz der Gottesmutter steht. Begreiflich, daß bei so weitreichenden Symbolbezügen das Gedicht des Odysseas Elytis zu einer nationalen Ikone wurde. Mikis Theodorakis, der Teile davon 1964 als Volksoratorium vertonte, nannte das Poem "die Bibel der griechischen Nation".

Die erneute Lektüre zeigt, daß "To Axion Esti" immer noch zu beeindrucken vermag. Zwar hat die auf Zahlensymbolik fußende Struktur etwas Hieratisches, einen gewissen Überschuß an Organisation und Gestaltungswillen. Aber viele lyrische Details haben ihre Frische behalten, und auch das zeithistorische Moment ist immer noch nachvollziehbar. Die Dreizahl (Genesis, Passion, Lobgesang) bestimmt übers Religiöse hinaus auch die säkularen Aspekte des Gedichts. Der Mythos integriert die Befreiung des griechischen Volkes von der türkischen Herrschaft. Aber auch seine Passion während der deutschen Besatzung, so die Schilderung einer Vergeltungsaktion der SS in einem griechischen Dorf. Auch für Elytis ist der Tod ein "Meister aus Deutschland". Doch von Celan wie von einem Großteil der modernen Lyrik überhaupt trennt ihn das Vertrauen in die Existenz einer letztlich heilen Welt. Stark, ja triumphierend tönt es aus dem "Lobgesang" des Schlusses. Eine ungemein aktuelle Strophe lautet: "Gepriesen die Hand, die endlich zurückkehrt / vom gräßlichen Mord, die für immer begreift / die Welt in Wahrheit, die übermächtige / das Jetzt der Welt und die Ewigkeit."

Elytis ist ein Dichter der Liebe und der Hoffnung. Das zeigt sich selbst in der Zivilisationskritik des szenischen Gedichts "Maria Nepheli" und findet seinen reinsten Ausdruck in dem Band "Lieder der Liebe" (beide deutsch 1981). Die Titel der Originale bezeugen des Dichters Lust am mehrfachen Schriftsinn. "Maria Nepheli" verweist auf die Wolkengöttin Nephele, die Tod und Trübsal bringt, aber auch auf die Gottesmutter Maria. Und was im Deutschen recht konventionell als "Lieder der Liebe" daherkommt, heißt im Original heiter und spielerisch "Ta Rho tu Erota", was vielleicht mit "Das L in Liebe" zu übersetzen wäre.

Die Verleihung des Nobelpreises hatte auch die deutsche Elytis-Rezeption in Gang gebracht. 1984 erschien noch ein Auswahlband "Neue Gedichte", dann aber wurde es in Deutschland um den Dichter still. "Der Nobelpreis ist die Eintrittskarte zum eigenen Begräbnis. Niemand hat je danach noch etwas geschaffen" - sollte Eliot mit seiner bissigen Formulierung recht gehabt haben? Eliot blieben nach dem Nobelpreis keine sieben Jahre, Elytis dagegen gut anderthalb Jahrzehnte. Er hat sie genutzt. Als er den Preis erhielt, gab er nicht einmal seine kleine Wohnung im Stadtteil Kolonaki auf und äußerte: "Ich will mich auf das Wesentliche beschränken." Er schrieb weiter an seinem Werk. Nach zwei Lyrikbänden, deren Übersetzung noch aussteht, veröffentlichte Elytis die beiden größeren Zyklen "Oxópetra-Elegien" (1991) und "Westlich der Trauer" (1995).

Beide erscheinen jetzt zusammen in einem Band. Barbara Vierneisel-Schlörb, der wir - außer "To Axion Esti" - die meisten deutschen Übertragungen verdanken, hat auch diese späten Gedichte übersetzt und mit hilfreichen, knappen Anmerkungen versehen. Einiges, das man vermißt, findet sich bei Günter Dietz. So die Erläuterung des Titels "Oxópetra", der ein weites Bedeutungsspektrum abdeckt. Oxópetra bezieht sich zunächst auf das Kap der Insel Antipaläa, dann aber auch (über die Bedeutung "Grabstein") auf den Hadesstein, zu dem Odysseus auf dem Weg in die Unterwelt gelangt. Für den Dichter ist die Oxópetra "der vorgeschobenste Punkt der Erde im Meer, unserer Epoche in einer anderen Epoche, meines Lebens im Tod". Der neue Odysseus passiert den Hadesstein, wo er sein poetisches Opfer darbringt, um die Helden seiner persönlichen Hadeswelt zu beschwören: Friedrich Hölderlin, Friedrich von Hardenberg und Dionysios Solomos.

Die Elegie "Eros und Psyche" zeigt Hölderlin als die Kraft, der es "durch geistigen Gesang" gelang, "den Verstand des Menschen und den Lauf von Schwabens Wassern zu ändern / Auf daß Liebende hier seien und dort". Die "Grüninger Elegie" bezieht sich auf Novalis' Besuch des Grabes seiner Braut Sophie von Kühn. In den griechischen Text eingelassen ist ein Zitat aus den "Hymnen an die Nacht", ergänzt um den Kosenamen der Braut: "Es war der erste einzige Traum / Söfchen." Die Elegie "Solomos' Ergebenheit und Scheu" bezieht sich auf Dionysios Solomos (1798 bis 1857), den Begründer der neugriechischen Dichtung. Er repräsentiert in diesem Raum von Klage und Rühmung den nationalen Dichterheros, den Mythos der Befreiung. Sein Name verbindet sich mit den Bewohnern von Messolongi, die im April 1826 beim Ausbruch aus der von den Türken belagerten Stadt den Tod fanden.

Die "Oxópetra Elegien" zeigen des Dichters ungebrochene Fähigkeit zur Synthese von Antike und Modernität, von Pathos und Alltagston. In "Juliwort" intoniert er einen Hölderlinischen Gesang: "Bemessenen Raum haben die Menschen / Und den Vögeln gegeben ist derselbe aber / Unendlich!" In "Zeichenlos" tritt neben das Pathos die Groteske, aber auch eine nüchterne Beschreibung von Alltagsdetails, die sich zu einem aktuellen Zeitbild zusammenfinden: "Später viel schwarzes Militär / Sirenen, Krankenwagen. Und rechts in der Tiefe / Ein großer Tanker mit einem Wald von Kränen / Der nach Westen fährt und sich entfernt." Hier fällt auch das Stichwort für den zweiten Zyklus, der ein Jahr vor Elytis' Tod erschien. "Westlich der Trauer" zeigt, daß noch der über Achtzigjährige für Überraschungen gut war. Das Eingangsgedicht zitiert Heraklits Vorstellung von der Zeit als dem Kind beim Spiel, und der alte Dichter wird nicht müde, dem Spiel der Zeit zu folgen und die vergänglichen Dinge immer wieder neu und uranfänglich zu sehen: "So wie auch morgen die Brise weht / Hat der kleine Frühling des Frühlings kein Ende."

Nicht minder fasziniert ihn das alt-neue Spiel der Sprache. Im Gedicht "Der Marmortisch" gibt es Ansätze zu einem fast makkaronischen Sprachenmix mit Einsprengseln von Englisch, Französisch und Italienisch: "All around die vier später / Die drei die zwei und der eine l'unique le solitaire / le marié à vie a sa cigarette vor einem Balkon über dem Mittelmeer / Und mit einem Becher sorgenschwer und schmackhaft come i fichi la mattina." Doch es ist nicht die Lust an Manierismen, die den späten Elytis umtreibt, sondern das Wissen, wie wenig Sprache und Sprachspiel gegen die Schrecken der Welt ausrichten, wie wenig gegen das "Weinen des Mädchens dessen Los nicht das ersehnte war". Er zieht daraus die Einsicht: "In allen Sprachen währt das Unmögliche fort."

Wenn man sich aber von dem großen Dichter des "Lösens" eine Formel wünscht, die sich als Summe seiner Arbeit an der Sprache lesen läßt, gehe man noch einmal zu den "Oxópetra Elegien" zurück. Dort spricht Elytis mit wahrhaft objektiver Ironie von der Dichtersprache als einer Sprache, "zu günstigem Preis erworben aus den Speichern des Hades". Und der Dichter, der, seinem Namen getreu, als Odysseus bei den Toten war, zieht das Resümee: "Soviel in meiner Sprache. Mehr von anderen in anderen. Aber / Die Wahrheit gibt es nur gegen Tod."

Odysseas Elytis: "To Axion Esti / Gepriesen sei". Zweisprachige Ausgabe. Aus dem Griechischen übersetzt und mit Nachworten versehen. Neu durchgesehen und bearbeitet von Günter Dietz. Elfenbein Verlag, Heidelberg 2001. 205 S., geb., 35,20 DM.

Odysseas Elytis: "Oxópetra Elegien / Westlich der Trauer". Späte Gedichte. Zweisprachige Ausgabe. Aus dem Griechischen übersetzt von Barbara Vierneisel-Schlörb unter Mitwirkung von Antigone Kasolea. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2001. 103 S., geb., 22,90 DM.

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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Tief religiös im modernen Sinn sind die Texte von Odysseas Elytis, schreibt Cornelia Jentzsch. Von ihm sind nun gleich zwei Gedichtbände auf Deutsch erschienen, die höchst verschiedene Schaffensphasen des 1996 verstorbenen griechischen Dichters repräsentieren. "Oxopetra Elegien/ Westlich der Trauer" und "To axion esti. Gepriesen sei". In diesem Gedichtband, so schreibt Cornelia Jentzsch, klingt der religiöse Subtext bereits im Titel mit: das Gedicht als Gebet, das nicht Gott, sondern die Schöpfung selbst preist, sich jedoch, so kommentiert Jentzsch, der Form halber der Tradition der Liturgie, Ode usw. bediene. "Gepriesen sei", so Cornelia Jentzsch, entstand im Lauf der fünfziger Jahre, wurde 1959 veröffentlicht und zu so etwas wie einer Nationalbibel, zumal der Zyklus von Mikis Theodorakis vertont und 1964 in Athen uraufgeführt wurde. Drei Erzählstränge macht Jentzsch aus: die Schöpfungsgeschichte, kunstvoll verknüpft mit der Poesie und der Nationalgeschichte Griechenlands. "Gepriesen sei" ist vor ein paar Jahren bereits bei Claassen erschienen, der gleiche Übersetzer hat seine Übersetzung noch einmal überarbeitet, so Jentzsch, und ist an einigen kleinen, aber wesentlichen Punkten zu neuen Resultaten gekommen. Im übrigen habe er ein interessantes Glossar beigefügt.

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