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Eine versunkene Welt voller Gerüche, Farben und wundersamer Begebenheiten
Eine Familiensaga aus dem Libanon des späten 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts - vor dem Hintergrund des Aufstiegs und Niedergangs der wohlhabenden Familie Nassar erzählt Charif Majdalani die Geschichte einer Region, die bis heute von großen politischen Umwälzungen und Krisen erschüttert wird.
Im lebensprallen, von europäischer wie orientalischer Kultur und Religion geprägten Beirut der letzten Jahre des 19. Jahrhunderts nimmt die Geschichte von Wakim Nassar ihren Anfang. In den Straßen und Kaffeehäusern
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Produktbeschreibung
Eine versunkene Welt voller Gerüche, Farben und wundersamer Begebenheiten

Eine Familiensaga aus dem Libanon des späten 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts - vor dem Hintergrund des Aufstiegs und Niedergangs der wohlhabenden Familie Nassar erzählt Charif Majdalani die Geschichte einer Region, die bis heute von großen politischen Umwälzungen und Krisen erschüttert wird.

Im lebensprallen, von europäischer wie orientalischer Kultur und Religion geprägten Beirut der letzten Jahre des 19. Jahrhunderts nimmt die Geschichte von Wakim Nassar ihren Anfang. In den Straßen und Kaffeehäusern pulsiert das Leben. Der junge Wakim geht seinen Geschäften als Vermittler von Käufen und Verkäufen nach, bis eine undurchsichtige Affäre ihn aus der Stadt treibt. Im kargen Umland, das von der Seidenraupenzucht geprägt ist, nimmt er ein herrenloses Stück Land in Besitz und pflanzt dort gegen den Rat der Ältesten Orangenbäume. Nach anfänglichen Rückschlägen erweist sich die erste Orangenplantage der Gegend als Goldgrube. Wakim heiratet die selbstbewusst-attraktive Hélène und baut als Zeichen des stetig wachsenden Wohlstands ein großes Haus. Nassar-Orangen sind bald in den Palästen des Orients zu Hause. Doch die Tage der friedlichen Koexistenz im Libanon sind gezählt. Eine Gefahr zieht herauf, die das Glück des Hauses Nassar bedroht.
Autorenporträt
Charif Majdalani, 1960 im Libanon geboren, studierte in Frankreich und lehrt heute als Professor an der Universität von Beirut. Sein Debütroman "Das Haus in den Orangengärten" wurde von der Presse hoch gelobt und für die wichtigsten französischen Literaturpreise nominiert. Ein weiterer Roman von Charif Majdalani ist bei Knaus in Vorbereitung.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.04.2008

Maulbeere kann gehen

Mein Haus, mein Hain, mein Leben: Als die Zukunft noch orange war. Charif Majdalanis Debütroman schwelgt in Erinnerungen an einen verschwundenen Orient.

Zwischen Häusern und Romanen gibt es viel Gemeinsames. Von Thomas Mann bis Claude Simon bildet die Hausarchitektur mit ihren bürgerlichen Vorzeige- und Geheimkammern daher den wechselnden Seelenhaushalt der Bewohner ab und trägt steingewordene Erinnerung über Generationen hinweg. Kommt es zur Katastrophe, bricht mit dem Haus oft eine Welt zusammen. Dem 1960 geborenen Autor dieses Romans, Literaturprofessor in Beirut, muss das reiche literaturgeschichtliche Erbe dieser Parallele bekannt sein. Dennoch wagt er es, sie noch einmal anzuwenden. Zum Glück geriet seine "Geschichte vom Großen Haus" (Originaltitel) in den Orangengärten der Familie Nassar an den Hängen des Libanons um die vorletzte Jahrhundertwende weder zur ausfädelnden Familiensaga noch zum Klischeepanorama orientalischer Farben, Düfte und Stimmungen. Da steht schon der Erzähler vor, nicht wissend, wie er anfangen soll. Am besten wohl, er schweigt.

"Und wieder schwieg er", beginnt das Buch. Nicht vom Erzähler ist hier allerdings die Rede, sondern von dessen erzählendem Vater, der sich verstummend in den Fauteuil zurücklehnt. Anders als mit Schweigen kann man offenbar in die lange Geschichte um dieses Haus nicht eintauchen. Sie begann, als Wakim, der Ahne der Familie Nassar, im ausgehenden neunzehnten Jahrhundert zwischen den Oliven- und Maulbeerbäumen im Dorf Ayn Chir auftauchte. Von weit her kam der Mann nicht, nur vom Beiruter Bezirk Marsad, den er aus mysteriösem Grund plötzlich verlassen musste.

Aus dem provisorischen Aufenthalt wird für den Städter ein dauerhaftes Exil, denn selbst der höchste Würdenträger der orthodoxen Gemeinde von Beirut hatte den aufgekommenen Konflikt mit den muslimischen Nachbarn in Marsad nicht schlichten können. Da sich in Algerien und in der Türkei gerade das Pflanzen von Orangenbäumen als lukrativ erweist, lässt Wakim Nassar auf dem besitzerlosen Land am Ende des Pinienwaldes in Ayn Chir die Maulbeerbäume ausreißen und statt ihrer einen ausgedehnten Orangenhain anlegen. Es ist eine gute Entscheidung, für ihn selbst wie für diesen Roman.

In seinem aufsteigenden Teil - "Zeit der Helden" - erzählt er in plastisch geschilderten Situationen die Entstehung des Familienclans vor dem Hintergrund der heranwachsenden Bäume und des in ihrer Mitte bald auch emporwachsenden Hauses. Eines Morgens stehen zwischen den Orangensetzlingen die Zelte von Beduinen, denen die Vorstellung von Landnahme und Landbesitz fremd bleibt. Den Dorfbauern wiederum missfällt ein Wort in der Begrüßungsrede des Franzosen Émile Curiel, der sich auf dem Grundstück neben Wakim niederlässt und deshalb lange ein Fremdling bleibt. Anders als Wakim pflanzt der Franzose die im Mittelmeerraum damals gerade erst bekannt gewordenen Eukalyptusbäume an.

Vom Pionier und "Helden" wird Wakim dank seiner "Clementine", einer Neukreation aus Mandarine und Pomeranze, zu einem Notabeln. Seine Früchte werden an den Tafeln des ganzen Orients geschätzt, in seinem stattlichen Haus wird am Saum der Weltgeschichte gestrickt. Wenn im Herbst 1912 die italienische Flotte Vittorio Emanueles die Stadt Beirut beschießt, finden die Flüchtlinge auf Wakims Landgut Unterkunft. Ebenso versteckt der Patriarch manche Deserteure vor dem Zugriff des Osmanischen Reichs, was ihm, dem Liebhaber Frankreichs, und seiner ganzen Familie zwischen 1916 und 1918 eine Deportation nach Anatolien einbringt. Nach der Rückkehr in den Libanon beginnt für die Geschichte des Hauses Nassar in den Orangengärten von Ayn Chir der Abstieg. Der Ahne segnet das Zeitliche, die Söhne wandern bald nach Nordamerika, Brasilien und Ägypten aus, die Töchter verstreuen sich nach Sudan, Indonesien und auf die Philippinen.

Das Große Haus fällt nicht einem dramatischen Ereignis zum Opfer, sondern zerfällt in familiären Intrigen und Clan-Fehden. Statt einen sich wie heute in Konflikten zerfleischenden Vorderen Orient zu beschreiben, lässt der Autor Majdalani in seinem vor zwei Jahren auf Französisch erschienenen Erstlingsroman den Dämmerzustand einer Region unter wechselnden Kolonialherrschaften aufleben. Dass der dritte Teil - "Zeit des Exils" - im Roman zu spät kommt und wie ein Appendix wirkt, dürfte daran liegen, dass der Erzähler wie der Autor selbst sich nicht vom Großen Haus trennen kann und sich in immer neue Familienanekdoten verliert. Die Fotos von den Nachkommen auf der Schiffsbrücke unterwegs nach Ägypten, mit dem in der Ferne schon nicht mehr sichtbaren Gebirgszug des Libanons, kann der Erzähler aber nicht länger von sich weisen.

Er, der sich schon zu Anfang seiner Erzählung gerne auf überlieferte alte Fotos stützte, muss ihnen auch für den etwas wehmütigen Epilog des Exils trauen. In seltsamem Kontrast zur politisch aufgewühlten Lage des gegenwärtigen Libanon zeigt die libanesische Gegenwartsliteratur französischer Sprache - auch bei anderen Autoren wie Amin Maalouf - einen Hang zum melancholisch sanften Herumstochern in alter Erinnerung. Bis ins Beiläufigste wurde diese Bewegung von Gennaro Ghirardelli ganz vorzüglich übersetzt.

JOSEPH HANIMANN

Charif Majdalani: "Das Haus in den Orangengärten". Roman. Aus dem Französischen übersetzt von Gennaro Ghirardelli. Albrecht Knaus Verlag, München 2008. 352 S., geb., 19,95 [Euro].

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"Hinter diesem großen orientalischen Roman steht ein Autor, der sich in der Literaturgeschichte bestens auskennt und sich ihrer zu bedienen weiß." Journal du Dimanche

"'Das Haus in den Orangengärten' ist ein großer Roman, der mit den Füßen im 19. Jahrhundert steht und den Kopf ins 20. Jahrhundert streckt." Le Monde des Livres

"'Das Haus in den Orangengärten' ist ein komplexes Werk, das die vielfältigen kulturellen Facetten im Libanon darlegt." Liberation

"Distanz und Perspektive des Erzählers heben 'Das Haus in den Orangengärten' über eine bloße Familiensaga hinaus. Das Buch thematisiert ebenso die Nachforschungen des Erzählers, der seine Geschichte aus dem Unausgesprochenen, aus den Lügen und den kollektiven Gedächtnislücken seiner Familie rekonstruiert." Liberation

"Charif Majdalanis Erzählweise entwickelt einen hypnotischen Sog. Zwischen der faszinierenden Sprache und der dramatischen Handlung entsteht eine Spannung, die den Leser das Schicksal der Figuren hautnah miterleben lässt." Les Inrockuptibles

"Majdalani schreibt zart und poetisch, seine Sprache erfasst die Farben des Sonnenaufgangs und den Duft der blühenden Orangenbäume." Jeune Afrique

"Charif Majdalani hat einen großartigen und anspruchsvollen Roman geschrieben, der gleichermaßen den großen Klassikern das Wasser reichen kann und sich modernster Erzähltechniken bedient. Seine Sprache ist hinreißend, erfindungsreich und verschmitzt." L´Express

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Von Aufstieg und Niedergang des Hauses Nassar an den Hängen des Libanon, wohin der Ahnherr Wakim aus Beirut zur Orangenzucht geflüchtet ist, erzählt der Debütroman des 1960 geborenen Charif Majdalani. Dem Literaturprofessor aus Beirut sind die literarischen Vorlagen seiner sich um einen Familiensitz rankenden Geschichte wohlbewusst, und Joseph Hanimann stellt erleichtert fest, dass diese Familiengeschichte weder ausufert noch orientalische Klischees bedient. Stattdessen beschreibe der Autor sehr anschaulich, wie Wakim durch die Neuzüchtung der Clementine zu Geld und Ansehen kommt, er und seine Familie im Ersten Weltkrieg wegen Verstecken von Deserteuren nach Anatolien deportiert werden und wie nach dem Krieg sich die ganze Familie in alle Welt zerstreut, fasst der Rezensent zusammen. Allein der letzte Teil des Romans, in dem die Familie im Exil beschrieben wird und vor allem alte Erinnerungen ausgegraben werden, mutet Hanimann wie angehängt an, und er wundert sich zudem, warum sich auch in diesem Roman die zeitgenössische libanesische Literatur so konsequent der "aufgewühlten Lage" im Land verschließt und stattdessen den melancholischen Rückblick vorzieht. Großes Lob hat der Rezensent aber noch für die Übersetzung ins Deutsche von Gennaro Ghirandelli übrig.

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