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Ein Erotomane von Weltrang
»Ich streichelte ihre Brüste und baiser la und sang und legte mich eine Weile zu ihr ins Bett. Dann ... legte ich mich in mein eigenes Bett, sehr zufrieden über die vielen Vergnügungen des Abends, die mir das Schönste im Leben sind.«
Er war geizig, ungerecht, karrieresüchtig, lebenslustig bis zum Anschlag. Er liebte das Geld und er liebte den Luxus. Er kaufte wollüstige Romane, hielt sie für widerlich, las sie fasziniert (und mit Effekt) und verbrannte sie danach. Er liebte seine Frau, aber er stellte allem nach, was weiblich ist: Zufallsbekanntschaften, den…mehr

Produktbeschreibung
Ein Erotomane von Weltrang

»Ich streichelte ihre Brüste und baiser la und sang und legte mich eine Weile zu ihr ins Bett. Dann ... legte ich mich in mein eigenes Bett, sehr zufrieden über die vielen Vergnügungen des Abends, die mir das Schönste im Leben sind.«

Er war geizig, ungerecht, karrieresüchtig, lebenslustig bis zum Anschlag. Er liebte das Geld und er liebte den Luxus. Er kaufte wollüstige Romane, hielt sie für widerlich, las sie fasziniert (und mit Effekt) und verbrannte sie danach. Er liebte seine Frau, aber er stellte allem nach, was weiblich ist: Zufallsbekanntschaften, den Frauen von Untergebenen und Bittstellern, Hausangestellten, Freunden - in Gedanken treibt er es gar mit dem Hofstaat und der Königin.

»Wer wissen will, wie es in der jugendlich-männlichen Seele jenseits aller Verschleierungs- und Entschuldigungsstrategien aussieht«, so Helmut Krausser, der aus den 4000 Seiten der gesamten Textmasse diese Auswahl zusammengestellt hat, »wird hier - vielleicht um den Preis einer Desillusionierung - bestens bedient.«
Autorenporträt
Georg Deggerich, 1960 in Duisburg geboren, studierte Anglistik, Germanistik und Philosophie in Münster. Er lebt als Gymnasiallehrer und Übersetzer in Krefeld. Zu den von ihm übersetzten Autoren gehören Oscar Wilde, Samuel Pepys und David Sedaris. Daneben ist er Mitherausgeber der Literaturzeitschrift Am Erker.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.07.2007

Der König und sein Hosenlatz
Im Nahkampf mit der Sittsamkeit: Helmut Kraussers Auswahl aus den Tagebüchern des Samuel Pepys
Der Trieb des Mannes ist ein rechtes Kreuz. Wohl keiner vertraute seinem Tagebuch so freizügig an, was täglich in seinem Kopf und seiner Hose vorging, wie Samuel Pepys, Staatssekretär des Königlichen Flottenamtes im galanten England des 17. Jahrhunderts. Er konnte das so ungeschützt tun, weil dieses lange unbekannte Diarium in einer nur für seine Augen bestimmten Geheimschrift verfasst war, die an delikaten Stellen noch dazu ins Französische, Italienische, Spanische oder die alten Sprachen wechselte. Aus der elfbändigen englischen Gesamtausgabe hat Helmut Krausser jetzt den zwischen 1660 und 1669 besonders aktiven erotischen Pepys destilliert.
Das rosa Leinenbändchen ist nicht nur ein bibliophiles Kleinod und eine kurzweilige Lektüre, sondern aus drei Gründen zudem von hohem kulturgeschichtlichen Wert. Erstens ist es ein großartiges Sittengemälde Londons zur Zeit der Pest und der großen Feuerkatastrophe von 1666. Man erhält Einblick in eine repräsentative Ehe der gehobenen Gesellschaft. Der Umgang der Frau mit dem Tanzlehrer wird eifersüchtig überwacht, während der Gatte sich ungezügelt mit Schauspielerinnen, Hausmädchen, Frauen seiner besten Freunde oder Zufallsbekanntschaften vergnügt.
Zugleich erfährt man viel über das libertine Hofleben, über den albernen König, der sich überall ungehemmt fortpflanzt und in politischen Verhandlungen lieber „mit seinem Hosenlatz spielt”. Immerhin erweist er sich auch als Gentleman Scholar, wenn er einen Fötus seziert, der von einer unaufklärbaren Missgeburt auf der Tanzfläche zurückbleibt. Zweitens lernt man sehr viel über Scham und Gewissen. Jeder Rückfall zu den „alten Lastern” wird von Pepys sogleich bereut, er bittet Gott um Verzeihung und schwört, „die Sache” nie wieder zu tun. Doch dann folgt der nächste Tag, der ihm neue Entschuldigungen abnötigt: „Cazzo dritto non vuolt consiglio”, gegen Körperkräfte ist man eben machtlos. Nur einmal, im Winter 1665, befreit Pepys sich von den „inneren Seelenqualen” durch ein schriftliches Gelübde und kann endlich in Ruhe arbeiten.
Drittens enthält dieses Tagebuch wunderbares Material für die seit langem ausstehende Studie über das Verhältnis von Sexualität und Kirche. Endlich versteht man, dass die Belästigung der Emilia Galotti im Gottesdienst eher die Regel als die Ausnahme war. Pepys hantiert hier ganz ungeniert mit einem Fernglas, im Nahkampf wehren sich sittsame Mädchen mit Nadeln, und wenn sich gerade nichts ergibt, schläft er, macht in der „Phantasie la cosa” oder spielt mit sich selbst.
Auf William Hogarths Kupferstich „Credulity, Superstition and Fanaticism” (1760) ist all das zu sehen. Doch plötzlich begreift man, wie viel diese wüste Karikatur der Institution Kirche mit der Realität zu tun hatte. ALEXANDER KOSENINA
Der erotische Pepys, ausgewählt von Helmut Krausser, übersetzt und kommentiert von Georg Deggerich. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2007. 238 Seiten, 19,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Alexander Kosenina preist diese Auswahl aus Samuel Pepys' 11.bändigen Tagebücher, die er, mit Betonung seines erotischen Lebens zwischen 1660 und 1669, zusammengestellt hat, nicht nur für ihre hübsche Aufmachung und ihren Unterhaltungswert. Vielmehr sei die Tagebuchauswahl ein bedeutendes Dokument der Kulturgeschichte, indem sie nicht nur einen Eindruck vom Leben in London im 17. Jahrhundert, dem Eheleben in der Oberschicht und den losen Verhältnissen am Hof des Königs gibt, sondern auch ein bezeichnendes Licht auf das Verhältnis zwischen Kirche und Sexualität werfe, so der Rezensent gefesselt. Pepys Tagebuchaufzeichnungen erhellen nicht zuletzt, dass Karikaturen wie William Hogarths "Credulty, Superstition and Fanaticism" von 1760 viel näher an der Realität liegt, als man gemeinhin annimmt, so Kosenina fasziniert.

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