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Dieses Buch verfolgt am Beispiel Deutschlands die Entstehung und die Auswirkungen des modernen Imperialismus im 19. und 20. Jahrhundert. Dirk van Laak schildert die Vorgeschichte, den geistigen Hintergrund und den Verlauf der deutschen Kolonial- und Weltpolitik. Er widmet sich dabei neben den deutschen Kolonien auch den Versuchen einer imperialen Durchdringung Südosteuropas bis nach Bagdad sowie der Eroberung von "Lebensraum" im Osten bis nach Stalingrad. Der Autor kann dabei eindrücklich zeigen, daß der Imperialismus als folgenschwere Etappe der Globalisierung verstanden werden muß, die…mehr

Produktbeschreibung
Dieses Buch verfolgt am Beispiel Deutschlands die Entstehung und die Auswirkungen des modernen Imperialismus im 19. und 20. Jahrhundert. Dirk van Laak schildert die Vorgeschichte, den geistigen Hintergrund und den Verlauf der deutschen Kolonial- und Weltpolitik. Er widmet sich dabei neben den deutschen Kolonien auch den Versuchen einer imperialen Durchdringung Südosteuropas bis nach Bagdad sowie der Eroberung von "Lebensraum" im Osten bis nach Stalingrad. Der Autor kann dabei eindrücklich zeigen, daß der Imperialismus als folgenschwere Etappe der Globalisierung verstanden werden muß, die gerade in Deutschland von nationaler Verunsicherung und chauvinistischer Übersteigerung gekennzeichnet war.
Autorenporträt
Dirk van Laak, Privatdozent Neuere und Neueste Geschichte an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.10.2005

Mit Humboldt zum Platz an der Sonne fahren
Eine kulturwissenschaftliche Drehung: Dirk van Laak rechtet über den deutschen Imperialismus / Von Herfried Münkler

Streckenweise nimmt sich das Buch wie ein Besuch bei alten Bekannten aus: das unstillbare Prestigestreben Wilhelms II. und seine unübertreffliche Fähigkeit, in jedes nur erdenkliche politische Fettnäpfchen zu treten; der Alldeutsche Verband und seine ausufernden Annexionsforderungen während des Ersten Weltkrieges; davor bereits Bernhard von Bülows vielzitierte Formel von dem den Deutschen zustehenden "Platz an der Sonne"; schließlich die Herrenideologie des Nationalsozialismus sowie deren brutale und verbrecherische Durchsetzung im Osten Europas. Van Laak lenkt den Blick aber durchaus auch auf den politisch wichtigsten Antipoden kolonialer Annexionspolitik und imperialer Expansionsphantasien in Deutschland: Reichskanzler Bismarck und seine auf der Vorstellung der "Saturiertheit" des Reichs begründete Politik. Dementsprechend deutet er dessen Ziele auf der Berliner Konferenz (der Aufteilung Afrikas in Interessensphären der europäischen Mächte) als Übertragung der innereuropäischen Machtbalance auf den afrikanischen Kontinent, wo ein von Abenteurern und Kaufleuten eröffneter Wettlauf um Land und Ressourcen außer Kontrolle zu geraten drohte.

So weit, so gut, aber auch so konventionell: Eine griffig zusammenfassende Darstellung deutscher Imperialbestrebungen für Studenten der Geschichtswissenschaft und historisch Interessierte, die auch noch den Vorzug hat, gut geschrieben zu sein. So nimmt van Laak etwa die bekannte zeitgenössische Karikatur, die Bismarcks Entlassung durch Wilhelm II. im Bild des von Bord gehenden Lotsen zeigt, und interpretiert sie als Antizipation für ein Staatsschiff, "das nun auf die turbulente See der Weltpolitik hinausstach, um seinen Platz an der Sonne zu suchen". Der von Bord gehende Lotse steht dabei weniger für Führungslosigkeit als vielmehr für das Ende der bisher gesuchten Landnähe. Immer wieder sind es gelungene Formulierungen und überraschende Wendungen, die die Beschäftigung mit Altbekanntem zu einer abwechslungsreichen Lektüre werden lassen.

Aber van Laak will mehr als nur eine Darstellung der imperialistischen Bestrebungen in Deutschland zwischen der Reichsgründung und dem Ende des Zweiten Weltkrieges geben. Das zeigt schon seine Definition des Imperialismus als herrschaftsgestützte Begegnung zwischen Eigenem und Fremdem, also als eine Form der Weltaneignung, die das Eigene mit dem Fremden in eine möglichst vorteilhafte Verbindung zu bringen versucht. Die kulturwissenschaftliche Wende in der Geschichtswissenschaft, mit der das lange Zeit vorherrschende sozialwissenschaftliche Paradigma abgelöst worden ist, hat nunmehr auch die Beschäftigung mit dem Imperialismus erreicht.

Dementsprechend finden sich bei van Laak auch keine Tabellen, in denen die Profite oder Verluste der imperialistischen Akteure zusammengefaßt werden, wie überhaupt der Blick auf die ökonomische Dimension des Imperialismus, der in den einschlägigen Arbeiten der 1970er Jahre im Zentrum gestanden hatte, bei ihm eher beiläufig, um nicht zu sagen gelangweilt erfolgt. Freilich würde dies vor allem eines zeigen: daß die deutsche Kolonialpolitik mehr gekostet als eingebracht hat. Statt dessen beschäftigt sich van Laak gleich zu Beginn mit Georg Forster und Alexander von Humboldt wie überhaupt mit den deutschen Weltreisenden und Geographen des neunzehnten Jahrhunderts, die gemäß seiner Definition des Imperialismus als herrschaftsgestützter Begegnung des Eigenen mit dem Fremden ein Bestandteil des ausgreifenden imperialen Denkens bilden.

Aber dann wäre es eigentlich konsequent gewesen, bis Martin Waldseemüller und Matthias Ringmann zurückzugehen, denn die haben 1507 den Namen Amerika auf einer Karte eingetragen, die sie ihrer "Cosmographiae Introductio" beifügten, und damit dafür gesorgt, daß Amerigo Vespucci und nicht Christoph Kolumbus zum Namenspatron der Neuen Welt wurde. Namensgebung aber ist eine besonders herrschaftliche Aneignung des Fremden.

Nun zeigt aber gerade der Verweis auf Waldseemüller und Ringmann, in welche Aporien eine Geschichte des Imperialismus gerät, die sich nicht auf einen politischen oder ökonomischen Kern konzentriert, sondern kultur- und wissensgeschichtlich angelegt ist: Sie wird tendenziell ununterscheidbar von der Geschichte der Entdeckungen und der Sammlung des Wissens über bis dato Unbekanntes. Van Laak ist freilich versiert genug, dieses Problem gesehen zu haben, weswegen er sich bei seinen wissens- und wissenschaftsgeschichtlichen Exkursionen auch auf Beispiele konzentriert hat, in denen vor allem Herrschaftswissen bereitgestellt oder europäisches Überlegenheitsgefühl produziert worden ist. Das Zeigen der Fremden in zooähnlichen Einrichtungen ist dafür natürlich ein schlagendes Beispiel. Aber bei der Lektüre entsteht doch auch der Eindruck, daß der starke Akzent, den van Laak der Darstellung von Wissenschaftsgeschichte widmet, vor allem der spezifisch deutschen Form des Imperialismus geschuldet ist: Die Kolonialgeschichte blieb Episode, das Ausgreifen nach Osten war zweimal an den Verlauf des Krieges gebunden - also bleibt, will man dem Thema des deutschen Imperialismus einen Körper verleihen, nichts anderes übrig als die Beschäftigung mit theoretischen Schriften und Entwürfen. Von denen haben einige als Anleitung imperialer Eroberungs- und Ausbeutungspolitik gedient; andere blieben bloß beschriebenes Papier, Phantastereien, zumeist voll Ressentiment gegen die imperial erfolgreicheren Mächte Europas, mitunter aber auch nur Äußerungsformen wissenschaftlichen Interesses.

Dirk van Laak hat auf eine klare Definition des Imperialismus verzichtet, vielmehr ihn als Mittel- oder Verbindungsglied zwischen Nationalismus und Internationalismus bezeichnet, das sich von letzterem durch den starken Akzent auf dem Recht des Stärkeren unterscheide. Was das Recht des Stärkeren ist, wird man in politischen und wirtschaftlichen Angelegenheiten leichter ausmachen können als im Bereich des Wissens und der Wissenschaft. Diese Frage ist bei einer Geschichte des deutschen Imperialismus von besonderer Bedeutung, denn auf eine starke Macht im Hintergrund konnten sich deutsche Reisende und Wissenschaftler erst seit der Reichsgründung stützen. Natürlich hat es bereits lange davor politische Entwürfe gegeben, die ein machtvolles deutsches Ausgreifen nach Osten und Südosten zum Ziel hatten. Heinz Gollwitzer hat sie vor einigen Jahrzehnten in seiner zweibändigen "Geschichte des weltpolitischen Denkens" ausführlich dargestellt. Aber Gollwitzer hat sein Werk ausdrücklich nicht als eine Geschichte des Imperialismus, sondern als eine Ideengeschichte der weltpolitischen Entwürfe verstanden. Gollwitzer hat um das Erfordernis von Grenzziehungen gewußt; bei van Laak ist dieses Bewußtsein verlorengegangen.

Das zeigt sich nicht nur darin, daß van Laak keinen Unterschied zwischen imperialem und imperialistischem Denken macht, sondern seine Darstellung mit einem Kapitel über den deutschen Imperialismus nach 1945 beschließt. Dabei handelt es sich freilich nicht, wie man vielleicht vermuten könnte, um eine alt- oder neumarxistische Perspektive, die Kapitaldurchdringung, politische Einflußnahme und zuletzt auch die Beteiligung an Militärinterventionen thematisiert, sondern um eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob es einen Wechsel vom "nehmenden" zum "gebenden" Imperialismus gegeben habe. Entwicklungshilfe, Touristenströme sowie wirtschaftliche Vorteile aus dem frühen Ende der deutschen Kolonialgeschichte sind hier das Thema, und schließlich ist sogar von einem defensiven Imperialismus die Rede.

Was damit gemeint ist, läßt sich nur schwer nachvollziehen. Festung Europa? Angst vor Zuwanderung? Maßnahmen zur Verhinderung feindlicher Übernahmen deutscher Unternehmen? Abwehr von "Heuschrecken"? So wird durch den Verzicht auf eine definitorische Klärung des behandelten Problems schließlich alles zum Imperialismus, zuletzt wohl auch der Antiimperialismus. Ein omniinklusiver Begriff mag für vieles taugen, für die Wissenschaft ist er wenig geeignet. Wo van Laaks Buch konventionell ist, ist es solide; wo es originär ist, ist es eher nur modisch. Aber die Mode expansiver Begriffsentgrenzung wird auch wieder vergehen, und dann wird Alexander von Humboldt wieder bloß ein großer Wissenschaftler sein.

Dirk van Laak: "Über alles in der Welt". Deutscher Imperialismus im 19. und 20. Jahrhundert. C. H. Beck Verlag, München 2005. 229 S., br., 14,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.03.2006

Plumper als andere
Dirk van Laak über den deutschen Imperialismus
Die Beschäftigung mit der eigenen imperialen Vergangenheit steht hierzulande längst nicht in einer so großen Tradition wie etwa in England. Sah sich das deutsche Kolonialreich im Vergleich zum britischen Empire immer auf einen der hinteren Plätze in der Rangordnung der europäischen Mächte verwiesen, so hat auch die deutsche Geschichtswissenschaft dem Imperialismus nie allzu viel Aufmerksamkeit geschenkt. Schließlich der alte Streit, ob die Kolonialpolitik des Kaiserreiches vom Primat der Innen- oder der Außenpolitik bestimmt wurde - er scheint sich eher in dem Kompromiss zu lösen, statt einer klaren Priorität habe es ein Geflecht sich überschneidender politischer, kultureller, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Interessen und Motive gegeben.
In jüngerer Zeit nun ist das Interesse an der deutschen Kolonialgeschichte erstaunlich gewachsen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass mit dem imperialen Erbe Deutschlands seine Vorstellungswelten von Raum, Nation, Rasse, Kultur gut ausgeleuchtet werden können. Hieran schließt sich die wichtige Frage vom Anfang und Ende der Kolonialidee. Dirk van Laak beantwortet sie überzeugend, indem er seine Studie nach vorne wie hinten hin offener gestaltet, als das bisher analog der Kategorien von Kolonisation und Dekolonisation zumeist üblich gewesen ist. So ist im Ergebnis ein perspektivenreiches und innovatives Buch entstanden, das die Erwartungen an eine Gesamtdarstellung des deutschen Imperialismus weit übertrifft. Es ist mithin einem Paradigmenwechsel geschuldet, der die kolonialen Zeiträume über die direkte Kolonialherrschaft in Afrika und in der Südsee hinausweist.
Expansion Richtung Diktatur
Der „Platz an der Sonne”, den sich die Deutschen als Nachzügler so mühsam erkämpften, um ihn daraufhin mit um so größerer Brutalität bis hin zum Völkermord zu verteidigen, war ein im „Zeitalter der Nervosität” (Joachim Radkau) teuer erworbener Platz. Er wurde noch mit dem Kolonialrevisionismus in der Weimarer Republik und im Dritten Reich bezahlt, und, folgt man van Laak, mit dem zweiten Griff nach der Weltmacht der Nationalsozialisten und ihrer Ideologie vom „Lebensraum” im Osten. Schon Hannah Arendt hat die europäische Expansionspolitik im Zeitalter des Hochimperialismus maßgeblich für die Entwicklung von Herrschaftsstrukturen verantwortlich gemacht, wie sie in den Diktaturen des 20. Jahrhunderts Anwendung fanden. Eine These, die seitdem immer wieder weitergedacht wurde. Frantz Fanon meinte in „Die Verdammten der Erde” (1961) sogar, der Faschismus sei im wesentlichen ein nach innen geleiteter Imperialismus. Die totale, alle Lebensbereiche erfassende Bürokratie intensivierte die staatliche Herrschaft und schuf die Grundlage für eine rassistische Politik im Inneren wie Äußeren.
Mehr als Kolonialismus
Eine der Voraussetzungen für eine neue Sicht auf die Geschichte des deutschen Imperialismus besteht in seinem engen Zusammenhang mit der Globalisierung der Moderne, die sich nicht ohne die weltweite Expansion Europas in der Vergangenheit verstehen lasse. Noch vom Hochgefühl der Reichsgründungszeit getragen, erachtete man Weltpolitik als genuines Recht und zudem als prestigeträchtige Verpflichtung gegenüber der nationalen Öffentlichkeit. Ob Transvaal-Politik oder Flottenbau, Bagdadbahn-Projekt oder die Intervention in China, imperiale Herrschaft in der kolonialen Peripherie oder „Lebensraum”-Propaganda im Zentrum: Keiner in Europa wurde von seinen Nachbarn aus gutem Grund so misstrauisch beobachtet wie Deutschland, das man als verunsicherte und zugleich übermäßig chauvinistische Nation wahrnahm. Als es dann kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs zu spät war, hielt Fürst Bülow in einer viel zitierten Notiz fest: „Wir trieben Machtpolitik plumper als andere.”
Gleichwohl wurzelte diese Machtpolitik nicht nur in der Überzeugung von der Notwendigkeit der direkten Inbesitznahme von Kolonialgebieten, sondern auch in informellen Wegen des Kontaktes zwischen Eigenem und Fremdem. Van Laak legt faszinierend dar, wie sich der Imperialismus als kulturelles, ökonomisches und politisches Vehikel eignete, den Prozess der weltweiten Vernetzung und Verdichtung als herrschaftlichen Versuch der Weltaneignung zu gestalten. Dass für dieses moderne Verständnis der Begriff der kolonialen Realgeschichte nicht ausreicht und Deutschland im 19. und 20. Jahrhundert weit mehr als nur eine nachholende Kolonialmacht war, liegt auf der Hand. Es war auf seine spezifische Weise an der Raumerschließung der Welt beteiligt. Diesen Vorgang hat bisher keine Studie so eindrucksvoll und instruktiv erfasst wie die von Dirk van Laak.
BENEDIKT STUCHTEY
DIRK VAN LAAK: Über alles in der Welt. Deutscher Imperialismus im 19. und 20. Jahrhundert. Verlag C. H. Beck, München 2005. 229 Seiten, 14,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Viel Lob spendet Benedikt Stuchtey dieser Studie über deutsche Kolonialpolitik von Dirk van Laak. Der Rezensent sieht die Anforderungen an eine Darstellung des Themas "weit übertroffen". Der besondere Vorzug dieser Arbeit liege im weiter als üblich gefassten zeitlichen Rahmen, der über die gängigen Kategorien der Kolonisation hinaus reicht, und so sei ein äußerst "perspektivenreiches und innovatives Buch entstanden". Der eigentlich neue Blick auf den deutschen Imperialismus besteht laut Stuchtey darin, dass der Autor einen "engen Zusammenhang" mit der Globalisierung im modernen Sinne erkennt. Dadurch weist Van Laak auf "faszinierende" Weise nach, dass Deutschland mit seinen kolonialistischen Bemühungen einen eigenen Beitrag zur "Raumerschließung der Welt" geleistet habe. Das sei bis zu diesem Buch noch nie so "eindrucksvoll und instruktiv" dargestellt worden, meint der beeindruckte Rezensent.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Der Historiker zieht eine lange Linie von der deutschen Kolonialpolitik bis zum Plan der Nationalsozialisten, 'Lebensraum im Osten' zu erobern."
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