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Gegen alle Widerstände - der Filmstar und der deutsche Offizier
Paris zur Zeit der deutschen Besatzung: Der Theater- und Filmstar Arletty, unvergessen als Garance in »Die Kinder des Olymp«, verliebt sich in den deutschen Offizier Hans Jürgen Soehring, einen Juristen, der sich nach dem Krieg als Schriftsteller versuchte, später Diplomat wurde und als Botschafter in der Republik Kongo auf dramatische Weise das Leben verlor. Die beiden verbindet eine leidenschaftliche Affäre unter den feindseligen Blicken der französischen Landsleute und der deutschen Besatzungsmacht. Doch selbst…mehr

Produktbeschreibung
Gegen alle Widerstände - der Filmstar und der deutsche Offizier

Paris zur Zeit der deutschen Besatzung: Der Theater- und Filmstar Arletty, unvergessen als Garance in »Die Kinder des Olymp«, verliebt sich in den deutschen Offizier Hans Jürgen Soehring, einen Juristen, der sich nach dem Krieg als Schriftsteller versuchte, später Diplomat wurde und als Botschafter in der Republik Kongo auf dramatische Weise das Leben verlor. Die beiden verbindet eine leidenschaftliche Affäre unter den feindseligen Blicken der französischen Landsleute und der deutschen Besatzungsmacht. Doch selbst Auftrittsverbot, Hausarrest und Degradierung nach der Befreiung können ihrer Liebe nichts anhaben. Arletty, während der letzten zwanzig Jahre blind,starb hochbetagt 1992.
Eine glamouröse deutsch-französische Geschichte von Liebe und Krieg, die Klaus Harpprecht mit großer Leidenschaft und Eleganz zu erzählen weiß.
Autorenporträt
Klaus Harpprecht, 1927 in Stuttgart geboren, arbeitete viele Jahre als Journalist u. a. für RIAS Berlin, SFB, WDR und das ZDF als der erste Korrespondent in Amerika. 1966-1969 war er Leiter des S.Fischer Verlags in Frankfurt am Main, 1972-1974 Redenschreiber und Berater von Bundeskanzler Willy Brandt. 1982 Übersiedelung nach Frankreich. Produzent von Dokumentarfilmen, zugleich Mitarbeiter der »Süddeutschen Zeitung«, der »FAZ« und vor allem der »ZEIT«. Klaus Harpprecht ist Autor und Herausgeber vieler großer und erfolgreicher Bücher, darunter seine hoch gerühmte Biographie Thomas Manns und zuletzt eine Biographie Marion Gräfin Dönhoffs. Er wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Lessing-Preis der Freien und Hansestadt Hamburg. Klaus Harpprecht ist Ritter der französi-schen Ehrenlegion. Zusammen mit seiner Frau Renate Lasker-Harpprecht lebt er im südfranzösischen La Croix-Valmer.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.05.2011

Blitzschlag im Krieg
Klaus Harpprecht über die Liebe zwischen dem französischen Filmstar Arletty und einem deutschen Offizier
Als „Die Kinder des Olymp“ ins Kino kamen, in der unmittelbaren Nachkriegszeit, waren die jungen Deutschen völlig entrückt. Sie verguckten sich wie der damals 19-jährige Klaus Harpprecht in die unvergleichliche Arletty, in „große dunkle Augen, die am liebsten lachten und sich dennoch in Traurigkeiten verlieren konnten“, in „die schimmernde Haut der Schultern und der Décolletés“. Harpprecht kann das heute noch mühelos heraufbeschwören. Doch niemand ahnte etwas von den dramatischen Umständen, unter denen Marcel Carnés Film entstand. Arletty war, als er am Schneidetisch fertiggestellt wurde, als Kollaborateurin interniert, im Lager Drancy. Sie hatte sich auf eine Affäre mit einem deutschen Besatzungsoffizier eingelassen.
Von diesem Deutschen, der in der Uniform der Wehrmacht die französische Symbolfigur für Erotik und Grazie verführen konnte, weiß man sehr wenig. Das hat Klaus Harpprecht elektrisiert. Das Geheimnis um den Juristen und Luftwaffen-Feldrichter Hans Jürgen Soehring scheint aber umso größer zu werden, je genauer Harpprecht recherchiert. Bei Arletty war die Spurensuche relativ einfach, hier gibt es etliches biographisches Material, und die 1992 gestorbene Schauspielerin gab viele Interviews. Soehring jedoch versuchte sich nach dem Krieg recht erfolglos als Schriftsteller und ertrank dann bereits 1960 als Botschafter der Bundesrepublik Deutschland bei einem Ausflug im Kongo-Fluss.
Da es kaum konkrete Daten über das gemeinsame Leben seiner beiden Protagonisten gibt, bettet Harpprecht ihre Liaison in ein großes Zeitpanorama ein, in die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich schlechthin, und er bringt zeitgeschichtliche Erfahrungen und vor allem die Faszination für seine eigenen frühen Jahre ausgiebig mit ein. So ergeben sich viele Schlaglichter auf die Vertracktheit des zwanzigsten Jahrhunderts. Wenn Harpprecht aber auf den Kern des Geschehens zurückkommt, evoziert er die Atmosphäre wie ein Romancier aus dem neunzehnten.
Als sich Soehring und Arletty im Dezember 1940 zum ersten Mal im besetzten Paris treffen, ist sie 42 und er 32 Jahre alt. Es war, wie Klaus Harpprecht nahelegt, für Arletty ein „coup de foudre“, ein erotischer Blitzschlag. Sie sei sofort angezogen gewesen von „diesem so männlichen Mann“: „Man sah ihm an, dass sein Körper trainiert war. In seinem Auftreten von lässiger Eleganz. Ein Weltmann. Oder doch einer, der sich in der Welt umgesehen hat.“
Soehrings Geburtsort scheint dieses Programm vorzugeben: Konstantinopel. Wie sein Vater wollte er Diplomat werden und verbrachte einige Semester im Ausland. Nach dem ersten Staatsexamen brach er den Vorbereitungsdienst jedoch ab, um seine Eltern in Chile zu besuchen und anschließend auch Argentinien, Uruguay und Brasilien zu bereisen. Als er 1937 zum Wehrdienst einberufen wurde, gelang es ihm, in die Rechtsabteilung des Oberkommandos der Luftwaffe versetzt zu werden. Damit begann seine Karriere. Er begleitete die „Legion Condor“ im Spanischen Bürgerkrieg, und im Zweiten Weltkrieg schickte man ihn nach Paris. Dass es dort weniger militärische, sondern eher gesellschaftliche und repräsentative Aufgaben gab, kam Soehring wohl sehr entgegen.
Manchmal wagt sich Harpprecht zu Passagen vor, die beträchtliche Einfühlung verraten; so bei der ersten Begegnung seiner beiden Protagonisten, die bei einem Konzert im Konservatorium einander vorgestellt wurden: „Sie kannte sich in amourösen Verhältnissen aus, doch eine Anziehung von solch schmerzhafter Heftigkeit war ihr selten, wenn denn je, widerfahren.“   Anschaulich schildert Harpprecht die Entwicklung der jungen Léonie Bathiat zum Star Arletty: Als Tochter eines Straßenbahnarbeiters und einer Wäscherin, lernte sie durch ihren ersten festen Liebhaber die Bildungswelt kennen. Sie arbeitete als Mannequin und Revuegirl, ihre große Filmkarriere begann 1938 mit „Hotel du Nord“ in der Regie von Marcel Carné.
Im Frühjahr 1941 übernahm Arletty die stille Wohnung einer amerikanischen Freundin am Quai de Conti, und dort ging von nun an Soehring ein und aus – eine Liebesgeschichte zwischen den Fronten, die fast märchenhaft anmutet, wie aus der Geschichte gefallen. Soehring versuchte, die äußere Fassade zu wahren, doch konnte eine solche Liaison in Paris nicht geheim bleiben. Harpprecht stellt einige Vermutungen über die Anziehungskraft an, die Soehring auf Arletty ausübte: „Sieger machen mehr daher als die Besiegten, die müde, deprimiert, in verschlissenen Uniformen daherschlurfen. Siegersoldaten haben ihren besonderen Sexappeal (eine banale Einsicht, deren Wahrheit die Deutschen fünf Jahre später auf geradezu überwältigende Weise erfahren sollten, vor allem dank der Amerikaner, was Hunderttausende, wenn nicht Millionen ihrer jungen Frauen bezeugen konnten).“
Harpprecht geht es vor allem um die zeitgeschichtlichen Umstände, um die Atmosphäre während der deutschen Okkupation in Frankreich. Er zeigt zwar das brutale politische Regime, benennt mehrfach die Deportation der Juden – doch die Deutschen kommen trotzdem nicht schlecht weg, vor allem Kulturoffiziere wie Leutnant Gerhard Heller, der oberste deutsche Kulturzensor in Paris. Auffallend positiv bezieht sich Harpprecht immer wieder auf den Tagebuchschreiber Ernst Jünger, dessen Selbstdarstellung er fraglos übernimmt. Ironisch bis sarkastisch werden hingegen die Rollen von Jean-Paul Sartre oder François Mitterand gestreift. Es liegt Harpprecht auffällig daran, am Mythos der Résistance zu kratzen und einzelne deutsche Repräsentanten sehr in Schutz zu nehmen. Das alles ist recht streitbar, hübsch sind aber auf jeden Fall die Gesellschafts- und Klatschgeschichten, die er aus dem Künstler- und Kulturmilieu einstreut.
Die Liaison zwischen Arletty und Soehring endet abrupt. Soehring schickt man Ende 1942 zur „Frontbewährung“, Arletty wird nach der Befreiung von Paris wegen ihrer Liaison verhaftet, interniert und schließlich in die Provinz verbannt. Erst am 18. März 1946 kann sie wieder nach Paris ziehen. Als Soehring zu Ostern 1949 aus seiner oberbayrischen Zuflucht endlich wieder nach Paris kommt, zeigt sich, dass nichts mehr ist wie zuvor. Er ist nicht mehr der strahlende Offizier, der sie in Restaurants ausführen kann, sondern ein mittelloser freier Schriftsteller, der sich in der Pariser Öffentlichkeit besser nicht allzu oft zeigt. Trotz einer starken Anziehung halten die Gefühle den Mühen des Alltags nicht mehr stand.
Es gibt viele Leerstellen in Soehrings Biographie. Eine davon übergeht Harpprecht vielleicht ein bisschen zu rasch: Soehrings 1947 erschienener Erzählungband „Cordelia“ ist interessanter, als es in diesem gleichwohl spannenden und verblüffenden Sachbuch den Anschein hat. Harpprecht stellt Soehring als Hemingway-Epigonen dar und benutzt die Schlüsselerzählung „Cordelia“ bloß als Materialsammlung für seine Beziehung zu Arletty. Dabei sticht sie in der atmosphärisch prickelnden Schilderung einer zeitenthobenen Liebe im Paris der Okkupation aus dem Mainstream der damaligen jungen deutschen Literatur heraus.
So ist das Geheimnis der Beziehung zwischen der großen französischen Schauspielerin und dem deutschen Besatzungsoffizier am ehesten in der Literatur aufgehoben, zwischen Zeilen wie diesen von Soehring selbst: „Der Champagner war so eiskalt, dass er kaum schäumte, und hatte einen Geschmack von Kupfer und ganz weit weg auch von bitterer Schokolade beim ersten Schluck, und wir tranken beide wie zwei Verdurstende.“
HELMUT BÖTTIGER
KLAUS HARPPRECHT: Arletty und ihr deutscher Offizier. Eine Liebe in Zeiten des Krieges. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2011. 416 Seiten, 24,95 Euro.
„Ein Weltmann.
Oder doch einer, der sich
in der Welt umgesehen hat“
„Der Champagner hatte einen
Geschmack von Kupfer
und auch von bitterer Schokolade“
Bewundert viel und viel gescholten: Arletty als Garance in Marcel Carnés Film „Les enfants du paradis“ („Die Kinder des Olymp“). Foto: defd/Kinoarchiv
Klaus Harpprecht. Foto: Mahns-Techau/IMT Pressebüro Hamburg
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.06.2011

Madame meinte zu recht, dass die Männer in ihrem Bett nur sie selbst etwas angingen
Historisches Panorama mit französisch-deutschem Liebespaar in Kriegszeiten: Klaus Harpprecht schreibt ein Buch rund um den französischen Filmstar Arletty

Wäre dieses Buch eine Eselsbrücke deutsch-französischer Gegenliebe, müsste man sagen: Es wackelt. Doch ist es eher ein in sich verspiegeltes Spiegelporträt und wir können sagen: Es flimmert, und zwar reizvoll. Haben wir eine Biographie über den französischen Kinostar Arletty mit der spitzbübischen Weiblichkeit und dem losen Mundwerk vor uns? Die Durchleuchtung einer unzeitgemäßen Liebesaffäre zwischen der Schauspielerin und einem Wehrmachtoffizier? Oder die verborgene Bilanz einer dreißigjährigen Frankreichliebe seitens des Autors? Alles zusammen, man liest drei Bücher in einem.

Und fest stehen zwei Dinge. Der Autor ist der Darstellerin Arletty schon in jungen Jahren verfallen. Seitdem er 1947 den Film "Die Kinder des Olymp" sah, blieb sie die "passionierteste seiner Kinolieben". Als Blickfang für eine vertiefte Darstellung deutsch-französischer Wechselbeziehungen, auf die Klaus Harpprecht sich so gut versteht, ist die Dame mit ihrer sarkastischen Einsilbigkeit für alles Politische jedoch denkbar ungeeignet. So gerät die Lektüre zum Rösselsprung durch die Jahrzehnte vor und nach dem Zweiten Weltkrieg, bei der bald die Schauspielerin im Vordergrund steht, bald die Geschichtsereignisse die Oberhand gewinnen und von Arletty keine Rede mehr ist. Wie gesagt: reizvoll und originell.

Der Autor hat das Arbeiterkind aus der Pariser Vorstadt, das um 1920 ohne besondere Ausbildung zur Schauspielerei fand, genau studiert. Gertenschlank, beschreibt er sie, enge Taille, straffer Po, kleiner und fester Busen, Beine lang und wohlproportioniert, orientalisch dunkler Blick, glattes Haar à la Louise Brooks, insgesamt androgyne Erscheinung, latent lasziv: ganz, wie der Geschmack der zwanziger Jahre es wollte. Über diese Äußerlichkeiten hinaus stellt Harpprecht die Frau aber geschickt in den dichten Kontext der Zeit.

Da war der Durchbruch 1938 mit Marcel Carnés Film "Hôtel du Nord", dessen Dreharbeiten durch die Sudetenkrise vorübergehend unterbrochen wurden und dessen Dialogrepliken - "Atmosphäre, Atmosphäre ". . .- Arletty zur Ikone machten. Da folgte der Volksheldinnenfilm zwischen Revolution und Restauration, "Madame Sans-Gêne", dessen Außenszenen im Juni 1941 im Château de Grosbois gedreht werden sollten, wo jedoch der Luftwaffenkommandeur Hanesse einquartiert war und wo dessen inoffizieller Protokollchef Hans-Jürgen Soehring der Anziehungskraft der Hauptdarstellerin zum Opfer fiel. Da kam die Krönung mit "Les Enfants du Paradis", während dessen Premiere 1945 die Darstellerin der Garance wegen ihrer Liebe zum Deutschen fern von Paris unter Polizeikontrolle in Quarantäne saß.

Das Zusammensein Arlettys mit dem in Paris tätigen Armeerichter Hans-Jürgen Soehring dauerte keine drei Jahre. Es war die Liebe zwischen einer gut vierzigjährigen Frau und einem zehn Jahre jüngeren Mann, die alles andere auszublenden suchte. Am Kamin wurde gemeinsam der dank Arlettys Beziehungen besorgte Hummer geknabbert, während in Europa Krieg herrschte und das besetzte Paris hungerte und fror. Von Politik wollte Arletty nichts hören, Soehring nichts sagen. Er suchte später seine Erlebnisse literarisch zu verarbeiten, speziell in der Erzählung "Cordelia". Der Autor Harpprecht muss also mit vielen offenen Fragen und Hypothesen auskommen. Sprachen die beiden miteinander über die Verbrechen der Nazis? Hatte Soehring, der für die Legion Condor in Spanien im Einsatz war, Picassos "Guernica" gesehen? Hatte Arletty bei ihrem Berlin-Besuch im Sommer 1933 die Stimmung nach dem Reichstagsbrand und den ersten Beweisen politischer Verrohung, die sie in ihren Erinnerungen später nicht erwähnte, überhaupt bemerkt?

Harpprecht kann aber auf einen etwas redseligeren Zeitzeugen zurückgreifen: den Reservehauptmann Ernst Jünger, der ein ähnlich verdrücktes Vorbeischauen an den Nazi-Rohlingen wie die anderen uniformierten Frankreich-Vertrauten praktizierte und seine Privateindrücke im Tagebuch festhielt. Von Jüngers Impressionen schließt Harpprecht auf jene von Soehring - ein kühner Schritt. Überzeugender geraten ihm die eingestreuten Randbetrachtungen wie die über die Bedeutung des Kriegs für die sexuelle Befreiung der westeuropäischen Frauen: Männer zunächst abwesend, dann verschollen oder verstümmelt. Und die französischen Frauen, die je nach Schätzung während den Besatzungsjahren zwischen fünfundsiebzigtausend und zweihunderttausend Kinder von deutschen Vätern zur Welt brachten, haben laut Harpprecht auf paradoxe Weise schon der Aussöhnung Adenauers, Schumanns und de Gaulles vorgearbeitet.

Das weite Hintergrundwissen verleitet den im historischen Weitblick geübten Autor zu Betrachtungen, bei denen die Titelfigur seines Buchs oft auf der Strecke bleibt. Gewichtsverschiebungen zwischen deutscher West- und Ostfront, das Erwachen des französischen Widerstands, die Überorganisation des deutschen Führerstaats, der die frankophilen Stimmen eines Ernst Jünger, Friedrich Sieburg, Otto Abetz institutionell zerrieb, die Pariser Kunst- und Intellektuellenszene der Besatzungszeit von Picasso und Jean Paulhan bis Cocteau und Drieu La Rochelle - über Dutzende von Seiten verlieren wir den französischen Filmstar ganz aus den Augen, bis ein "Und Arletty?" ihn in die Darstellung zurückholt. Bei einem Kenner der deutsch-französischen Kulturlandschaft, wie Klaus Harpprecht einer ist, blüht selbst das Krappblümchen - so die Übersetzung des Namens Garance aus den "Enfants du Paradis" - zur bedeutungsträchtigen Zierpflanze auf. Die weit ausholende, hauptsächlich aus publizierten Quellen schöpfende, manchmal eigenwillig gewichtete, aber sorgfältig recherchierte Darstellung macht dieses Buch als Doppelbiographie, als historische Skizze und als persönlicher Rückblick auf eine sechzigjährige Frankreich-Liebe lesenswert.

JOSEPH HANIMANN

Klaus Harpprecht: "Arletty und ihr deutscher Offizier". Eine Liebe in Zeiten des Krieges".

S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main, 2011. 441 Seiten, geb., 24,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Klaus Harpprechts Buch hat laut Joseph Hanimann nicht nur als deutsch-französische Liebesgeschichte während des Zweiten Weltkriegs, sondern auch als Biografie der Filmschauspielerin Arletty und als Porträt deutsch-französischer Kultur seinen Reiz. Harpprecht erzählt darin von der unzeitgemäßen Beziehung zwischen der 40-jährigen Schauspielerin Arletty und dem deutschen Wehrmachtoffizier Hans-Jürgen Soehring, die drei Jahre währte und Arletty nach dem Krieg den Vorwurf der Kollaboration einbrachte, erfahren wir. Der Rezensent muss zugeben, dass bei diesem reichen Panorama der Zeitgeschichte Arletty dem Autor mitunter aus dem Blick gerät. Auch sind die Informationen, die Harpprecht zur Verfügung stehen, lückenhaft, weswegen er auch auf Eindrücke Ernst Jüngers zurückgreift, um Soehrings Innenleben zu beleuchten. Insgesamt aber entsteht ein tief in den geschichtlichen Kontext eingebettetes Porträt der Liebenden, das nicht zuletzt durch die sich darin niederschlagende "sechzigjährige Frankreich-Liebe" des Autors überzeugt, wie Hanimann lobt.

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