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Der Nahostexperte Volker Perthes analysiert faktenreich Chancen und Probleme, Geschichte und Zukunft der arabischen Staaten.
"Volker Perthes erklärt in seinem Buch 'Geheime Gärten' alle politischen und kulturellen Zusammenhänge der komplizierten arabischen Welt einfach, überzeugend und kenntnisreich." Elke Heidenreich in Brigitte
Von außen erscheint die arabische Welt einerseits bedrohlich, andererseits eigentümlich statisch. Doch die Staaten des Nahen und Mittleren Ostens wie Nordafrikas befinden sich in einer historischen Umbruchphase, auch wenn der arabisch-israelische Friedensprozess
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Produktbeschreibung
Der Nahostexperte Volker Perthes analysiert faktenreich Chancen und Probleme, Geschichte und Zukunft der arabischen Staaten.

"Volker Perthes erklärt in seinem Buch 'Geheime Gärten' alle politischen und kulturellen Zusammenhänge der komplizierten arabischen Welt einfach, überzeugend und kenntnisreich." Elke Heidenreich in Brigitte
Von außen erscheint die arabische Welt einerseits bedrohlich, andererseits eigentümlich statisch. Doch die Staaten des Nahen und Mittleren Ostens wie Nordafrikas befinden sich in einer historischen Umbruchphase, auch wenn der arabisch-israelische Friedensprozess zu stagnieren scheint. Der Krieg um Kuwait, der Friedensprozess im Nahen Osten haben die Beziehungen der Länder zueinander in Bewegung gebracht; es gibt neue weltwirtschaftliche Herausforderungen und Integrationsversuche, die die Region vor völlig neue Fragen stellen. Der Tod langjähriger Herrscher wie König Hussein von Jordanien, König Hassan von Marokko und Präsident Asad von Syrien hat in der arabischen Welt einen Generationenwechsel eingeleitet, der innerhalb eines Jahrzehnts zu einem vollständigen Austausch der politischen Führungseliten - nicht nur der Könige und Präsidenten - führen wird. Der Autor untersucht die Faktoren des Wandels in den wichtigsten Staaten dieser Region. Er fragt dabei nach den Chancen der wirtschaftlichen wie der politischen Erneuerung. Der Nahe und Mittlere Osten entwickelt sich mittelfristig sicher nicht zu einer europäischen Demokratie. Er wird aber pluralistischer, und die neuen Führungen sind daran interessiert, ihre Länder wirtschaftlich stärker zu öffnen, besonders Europa gegenüber. Fraglich bleibt, ob diese Generation in der Lage sein wird, innergesellschaftliche und zwischenstaatliche Konflikte erfolgreicher zu bewältigen als vorangegangene Generationen. Die Frage von Krieg und Frieden bleibt nicht nur nach außen hin virulent.
Autorenporträt
Volker Perthes, geboren 1958 in Homberg, Niederrhein, ist Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin und durch zahlreiche Veröffentlichungen zum Nahen und Mittleren Osten bekannt geworden. Der promovierte und habilitierte Politologe lehrte in Duisburg, Beirut, München und Berlin und ist ein viel gefragter Kommentator der Entwicklungen im Nahen Osten und in der arabischen Welt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.08.2002

Solange die geheimen Gärten als Chiffre des Schreckens dienen
Von einem der besten deutschen Kenner der nahöstlichen Szene: Volker Perthes analysiert die neue arabische Welt und weckt Hoffnungen auf bescheidene Veränderungen

Der Titel des Buches klingt verheißungsvoll und exotisch: "Geheime Gärten. Die neue arabische Welt". Das läßt an "Tausendundeine Nacht" denken oder an andalusische Patios; doch bezieht er sich, ganz im Gegenteil, auf Schreckliches - auf jene "jardins secrets" nämlich, als die der verstorbene marokkanische König Hassan II. seine Straflager in der Wüste bezeichnet hatte. Dort wurden unliebsame Oppositionelle "weggesperrt" und auch malträtiert. Die geheimen Gärten wurden zur Chiffre für die autokratische bis totalitäre Herrschaftsweise, die in der gesamten arabischen Welt - von wenigen Ausnahmen abgesehen - bis heute zu beobachten ist. Und zwar in militarisierten Republiken ebenso wie in traditionellen, beduinisch geprägten Monarchien, wo die Autokratie wenigstens durch manche beduinischen Sitten, wie die freitägliche Madschlis beim Herrscher, gemildert scheint.

Wird das so bleiben? Ist die arabische Welt zu Reform und Aufklärung unfähig? Volker Perthes, einer der besten deutschen Kenner der nahöstlichen Szene, Mitarbeiter der Stiftung Wissenschaft und Politik, bleibt in seinem jüngsten Buch, einer umfangreichen Analyse der Region, Realist: Daß in Arabien in absehbarer Zeit die Demokratie Einzug halten wird, das heißt ein friedlicher Regierungswechsel mit dem Stimmzettel, hält er für unwahrscheinlich. Doch seine Analyse der schrittweisen Veränderungen in den letzten Jahren sowie der großen Parameter der arabischen Gesellschaften in einer sich weiterhin globalisierenden Welt führen ihn zu einem durch Skepsis gebrochenen, vorsichtigen Optimismus, dessen Urteil lautet: Es wird einen "autoritären Pluralismus" geben, wenigstens eine Abart von "Josephinismus" à la Arabien.

Nach Perthes ist die Zeit angebrochen, da in Arabien - einer Region, die von Marokko bis nach Oman reicht und 270 Millionen Menschen beherbergt - eine große Wachablösung stattfindet, das heißt, die Söhne die Väter bereits abgelöst haben (Marokko, Syrien, Jordanien) oder doch bald abzulösen beginnen (Ägypten, Libyen, Irak, Jemen). Dies kann jedoch nur gelingen, wenn die neuen Herrscher, angesichts gewandelter Bedingungen, sich wenigstens ein Stück weit von ihren Vätern entfernen.

Im ersten Teil betrachtet der Autor die politische und wirtschaftliche Geschichte der arabischen Welt im zwanzigsten Jahrhundert. Nationale Unabhängigkeit, technische Modernisierung, arabischer Nationalismus und politischer Islam (Islamismus) sind die vier materiellen und geistigen Elemente, die bei näherem Hinsehen im Vordergrund stehen. Dabei kann die Modernisierung - von der Infrastruktur bis zum Bildungswesen - als insgesamt nicht rundherum geglückt bezeichnet werden. Arabien ist, auch gemessen an seinen beträchtlichen Öleinnahmen und anderen Ressourcen, hinter dem zurückgeblieben, wozu es vielleicht fähig gewesen wäre.

Zu diesem Ergebnis kam jüngst auch ein detaillierter Report der Vereinten Nationen, der - unter arabischer Federführung immerhin - eine Standortbestimmung der arabischen Welt lieferte, die ernüchternd ausfiel. Der Befund des Berichtes, daß die arabische Welt vor allem ihre ökonomischen Möglichkeiten nicht effektiv und gerecht genutzt habe und zudem sich einer Hälfte ihres schöpferischen Potentials, des weiblichen nämlich, beraube, decken sich weitgehend mit Perthes' ernüchternden Feststellungen.

Während die westlichen Gesellschaften in den vergangenen Jahrzenten Demokratie und Individualismus fortentwickelten, gewährten die arabischen vor allem eine autokratische Stabilität und Verläßlichkeit. Bösartig könnte man von mehr oder weniger gewalttätigen Ein-Mann-Herrschaften sprechen, die schon Jahrzehnte währen, gestützt auf Clans oder Stämme, auf eine bürokratische Elite und das Militär. Für die konservativen Golfmonarchien gilt dies mit Abwandlungen. Manch einem westlichen Staatsmann war diese Form der Berechenbarkeit noch nicht einmal unlieb, konnte er sich doch auf diese Form der "Stetigkeit" in seinen politischen Kalkülen verlassen.

Auch die Söhne werden in Zukunft an diesen Herrschaftsmechanismen, deren sich die Väter bedienten, nicht wirklich rütteln lassen, doch werden sie sie, so sagt Perthes voraus, modifizieren. Modifizieren müssen, denn die Verhältnisse werden sie zu einem größeren Maß von Pluralismus und aktiver Mitsprache im Sinne einer Beratung, immer von oben kontrolliert und in engen Bahnen allerdings, zwingen. Der Bevölkerungszuwachs, die geringer werdenden Einnahmen aus dem Erdöl, die Vernetzung der Welt durch die Telekommunikation, steigender Grad der Bildung und Ausbildung könnten dafür sorgen, daß pluralistische Spielräume gefördet werden, ohne die Regime an sich zu "gefährden". Auch die Legitimation durch den Islam wird in der einen oder anderen Form auf absehbare Zeit wichtig bleiben, und sei es als "zivilisatorischer Referenzrahmen", wie es ein islamistischer Theoretiker formuliert hat. Dies wäre noch die akzeptabelste Form dieser politischen Religion. Den Islamismus betrachtet der Autor differenziert, als Bewegung, die zwischen berechtigtem Protest und terroristischem Fanatismus hin- und her oszilliert.

Im zweiten Teil porträtiert Perthes Schlüsselländer der Region. Dabei gelingen ihm, wie im Falle des komplexen Ägyptens, des nach wie vor wichtigsten Staates der arabischen Welt, oder des schwer zu durchschauenden Saudi-Arabiens, hervorragende Porträts dieser Länder, ihrer Führungselite und ihrer Gesellschaft mit den sie tragenden Ideen.

Fast aufreizend optimistisch ist die Formel, unter der Perthes den Kern des israelisch-palästinensischen Konfliktes zusammenfaßt: "Von der Schwierigkeit, das Realistische zu tun". Die Schaffung eines gleichberechtigten palästinensischen Staates an der Seite Israels, die Perthes innerhalb weniger Jahre für möglich hält (an dieser Stelle mag man angesichts jüngster Erfahrungen und Ereignisse vielleicht doch Einwände erheben), steht für diesen Realismus, der sich für ihn aus der Alternativlosigkeit der politischen, demographischen und wirtschaftlichen Situation in der gesamten Region ergibt. Israel muß sich zudem in die nahöstliche Region einfügen, zu der es religiös und kulturell gehört, auch wenn dies vielen Israelis unangenehm sein mag.

WOLFGANG GÜNTER LERCH

Volker Perthes: "Geheime Gärten". Die neue arabische Welt. Siedler Verlag, Berlin 2002. 352 S., geb., 24,- [Euro].

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