Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Lara
Wohnort: 
Frankfurt

Bewertungen

Insgesamt 17 Bewertungen
12
Bewertung vom 20.04.2024
Windstärke 17
Wahl, Caroline

Windstärke 17


ausgezeichnet

Ida fühlt nur noch einen dicken Klumpen aus Wut, Trauer und Schuld. Den Tod ihrer alkoholabhängigen Mutter konnte sie nicht verhindern und mit ihrer großen Schwester Tilda kann sie gerade auch nicht sprechen. So vegetiert sie in der Wohnung, in der sie ihre Mutter gefunden hat, bis sie schließlich die Flucht ergreift. Statt nach Hamburg zu ihrer Schwester, zieht sie es allerdings intuitiv nach Rügen. Dort verausgabt sie sich völlig beim Schwimmen in der Ostsee und trifft zufällig auf Knut und Marianne, die sie bei sich aufnehmen und sich um sie kümmern. Noch dazu tritt Leif in ihr Leben und langsam beginnt Ida gegen den Klumpen in ihrem Bauch zu kämpfen. Doch schon bald bekommt ihre Angst wieder Nahrung und sie muss sich entscheiden, wie sie damit umgeht.

Caroline Wahl hat mit „Windstärke 17“ eine Art Fortsetzung zu „22 Bahnen“ vorgelegt. Während „22 Bahnen“ einige Jahre früher spielt und aus der Sicht der großen Schwester Tilda geschrieben ist, bekommen wir jetzt einen Einblick in das Leben der jüngeren Schwester Ida, die nach Tildas Auszug nun allein mit der Mutter klar kommen muss. Aus dem kleinen Mädchen ist eine junge Frau geworden, die ihre eigenen Träume, Rituale und Bewältigungsstrategien entwickelt hat. Auch wenn es sich um eine Art Fortsetzung handelt, kann man beide Romane völlig eigenständig lesen.

„22 Bahnen“ war im letzten Jahr mein absolutes Highlight, daher bin ich mit viel Vorfreude und großen Erwartungen an dieses Buch herangetreten. Und was soll ich sagen, Caroline Wahl hat all diese Erwartungen erfüllt. Ich wollte mich selbst disziplinieren, um länger etwas von diesem hervorragenden Buch zu haben, allerdings hat das gar nicht funktioniert und ich habe es innerhalb eines Tages ausgelesen.

Der Schreibstil ist wieder sehr modern und speziell. Es macht einfach unglaublich viel Spaß zu lesen. Ich fand es interessant, was die Jahre allein mit der Mutter aus dem vernünftigen, nachdenklichen und witzigen kleinen Mädchen, das ich aus „22 Bahnen“ kannte, gemacht haben. Man merkt, dass diese junge Frau durch Wut und Schuld beinahe fremdgesteuert ist und ihr eigentlicher Charakter gar nicht mehr zum Vorschein kommt. Caroline Wahl bleibt in ihrer Schilderung auch sehr realistisch und lässt Ida keine unrealistische „Heilung“ angedeihen. Trotzdem findet sie in kleinen Schritten wieder zurück in ein geordneteres Leben.

Ich konnte mich zwar mit der größeren Schwester Tilda etwas besser identifizieren, fand aber die Perspektive des jüngeren Geschwisterparts sehr bereichernd und bewegend.

Der Personenkreis im Buch ist relativ übersichtlich gehalten und zeigt, dass jeder sein Päckchen zu tragen hat.
Man könnte denken, dass die Schwestern den Tod der Mutter, die ihnen das Leben nur schwer gemacht hat, als Erleichterung empfinden. Doch Idas Wutklumpen zeigt, wie stark die emotionale Bindung trotzdem war und wie viel Verantwortung sie schon früh für ihre Mutter übernommen hat.

„Windstärke 17“ von Caroline Wahl wird ganz sicher wieder zu den Jahreshighlights zählen, wenn nicht sogar wieder DAS Highlight 2024 werden. Das Buch hat mich emotional tief berührt und nachhaltig beeindruckt. Für dieses Buch kann ich nur eine unbedingte Leseempfehlung aussprechen. Ich freue mich jetzt schon auf den Moment, wenn ich beide Bücher erneut lesen darf.

Bewertung vom 20.04.2024
James
Everett, Percival

James


sehr gut

In „James“ erzählt Percival Everett eine Geschichte, die viele aus der Perspektive des Huckleberry Finn kennen, neu und gibt dem Sklaven Jim eine Stimme, indem er seine Sicht darstellt. Schon gleich zu Beginn wird dabei klar, dass diese Geschichte anders ist. Obwohl die Geschichte an sich tragisch ist, denn Jim soll nach New Orleans verkauft werden und flieht, erzählt Percival Everett mit viel Humor.

Mir hat besonders gut gefallen, dass die Geschichte wirklich umgedreht wird und deutlich wird, dass Jim sich nur dumm stellt, um die Weißen in Sicherheit zu wiegen. Etwas schwierig war es allerdings teilweise dem Slang zu folgen, den die Sklaven dazu nutzen.

Der Zufall bringt Jim und Huckleberry Finn auf der Flucht zusammen und sie erleben so einige Abenteuer. Da ich das Original nicht kenne, kann ich nicht beurteilen, wie nah Everett dabei am Original bleibt. Es ist aber wirklich eine Abenteuergeschichte und es wechselt Schlag auf Schlag. Teilweise ging es mir auch etwas zu schnell und ich hätte mir etwas mehr Ruhe gewünscht.

Zentrales Thema ist natürlich die Sklaverei. Es ist sehr eindrücklich geschildert, wie unterschiedlich die Menschen mit diesem Rassismus umgehen. Es gibt diejenigen die sich arrangieren, diejenigen die versuchen zu fliehen aber auch einige, die das System für den eigenen Vorteil nutzen. Besonders gut gefallen hat mir, dass die Selbstüberhöhung der „weißen Rasse“ komplett persifliert wird. Es finden sich auch immer wieder historische Bezüge. Hier wäre vielleicht an manchen Stellen eine Einordnung hilfreich gewesen, da gerade Leserinnen und Leser vielleicht nicht ganz so tief im Thema sind, wie Everetts amerikanisches Publikum.

„James“ von Percival Everett ist ein Roman über Selbstermächtigung, der das System der Sklaverei schonungslos darstellt und gleichzeitig einen gewissen Humor beinhaltet.

Bewertung vom 07.04.2024
Was das Meer verspricht
Blöchl, Alexandra

Was das Meer verspricht


ausgezeichnet

Vida ist fest verwurzelt auf einer kleinen Insel im Norden. Während ihr Bruder Zander auf das Festland verschwunden ist, hat Vida sich im Leben auf der Insel arrangiert. Sie unterstützt ihre Eltern und plant ihren langjährigen Freund Jannis zu heiraten. Doch als im Nachbarhaus Marie einzieht, eine junge Frau, die nicht von der Insel stammt, ändert sich für Vida alles. Sie lernt ein ganz anderes Leben kennen, fern von den Routinen ihres Alltags. Dann kehrt auch noch ihr Bruder Zander zurück und bald ist auf der Insel nichts mehr, wie es war.

Alexandra Blöchl hat mich mit ihrem Roman „Was das Meer verspricht“ in einen Strudel gezogen, dem ich mich praktisch nicht entziehen konnte. Ihre Art ist die Geschichte zu erzählen ist sehr besonders und lässt einen nicht los. Das wird begünstigt, durch die extrem kurzen Kapitel. Ich habe das Buch innerhalb von wenigen Stunden gelesen und konnte es wirklich kaum aus der Hand legen.

Die Protagonisten sind sehr übersichtlich und man lernt auch gar nicht so viel von ihnen kennen. Am nächsten kommen wir Vida, aus deren Perspektive die Geschehnisse berichtet werden. So hat man wenig Einblick in das Innenleben der anderen Figuren, kann aber Vidas Entwicklung sehr eindrücklich nachvollziehen.

Ich fand es spannend zu sehen, wie Vidas Blick auf ihr Leben sich durch Maries Ankunft vollkommen verändert und sie sich wohl erstmals damit auseinandersetzt, was sie sich eigentlich für ihr Leben wünscht. Dabei fand ich Vida gar nicht unbedingt besonders nahbar oder sympathisch, aber es war einfach interessant ihren „Emanzipationsprozess“ zu beobachten.

Während die namentlich nicht benannte Insel, sie wird immer nur N. genannt, ausschließlich eine Kulisse darstellt, hat das Meer eine besondere und regelrecht aktive Rolle. Für die Zugezogene Marie ist es von Beginn an ganz besonders, während Vida ihre Beziehung zum Meer und dessen rauen Momenten im Verlauf der Geschichte verändert.

„Was das Meer verspricht“ von Alexandra Blöchl ist ein sehr besonderer Roman, der von Beginn an emotional packend ist und eine ganz außergewöhnliche Stimmung vermittelt.

Bewertung vom 01.04.2024
That Girl (eBook, ePUB)
Santos de Lima, Gabriella

That Girl (eBook, ePUB)


gut

Tess ist genau so, wie die meisten Mädchen sein wollen: sie hat feste Routinen, ernährt sich gesund und betreibt Self-Care. Sie ist ein typisches „That Girl“ und zeigt das regelmäßig ihren Followern auf Instagram. Noch dazu hat sie einen Bestseller mit dem Titel „Date Me“ geschrieben und arbeitet gerade an ihrem zweiten Roman. Allerdings trügt der perfekte Schein und gerät spätestens in dem Moment ins Wanken, in dem sie Leo kennenlernt. Leo ist ganz anders, als die Männer vor ihm und stürzt Tess in eine Art Identitätskrise, die sie an ihrem Lifestyle zweifeln lässt.

Gabriella Santos de Lima hat mit „That Girl“ einen Roman geschrieben, der wohl die moderne Form von Bridget Jones darstellt. Die Probleme sind gefühlt immer noch die gleichen, doch das Umfeld hat sich gewandelt. Und obwohl auf dem Buchrücken groß der Schriftzug „Dies ist kein Liebesroman“ prangt, ist es aus meiner Sicht genau das. Liebe natürlich etwas weiter gefasst, nicht nur die Liebe innerhalb von Beziehungen, sondern auch innerhalb von Freundschaften oder zu sich selbst.

Der Roman ist sehr kurzweilig geschrieben und enorm abwechslungsreich, denn neben dem klassischen Erzählen, werden auch Nachrichtenverläufe, Instagram-Postings und Ausschnitte aus Tess Manuskripten/Büchern aufgenommen. Der Schreibstil selbst ist unterhaltsam und liest sich wirklich gut.
Ich habe das Buch innerhalb von wenigen Stunden durchgelesen. Leider ist es aus meiner Sicht aber nicht mehr, als etwas seichte Unterhaltung. Viele wichtige Themen werden angesprochen und dann doch wieder fallengelassen. Für mich repräsentiert der Roman die „oberflächliche Tiefgründigkeit“ von Instagram perfekt. Ich hatte nicht wirklich das Gefühl, dass ich etwas mitnehmen konnte.

Wer auf der Suche nach etwas oberflächlicher, moderner Unterhaltung ist, der ist mit „That Girl“ von Gabriella Santos de Lima gut bedient. Ein Roman der durchaus unterhält, von dem aber wenig nachhallt.

Bewertung vom 31.03.2024
Geordnete Verhältnisse
Lux, Lana

Geordnete Verhältnisse


ausgezeichnet

1996: Zu seinem 10. Geburtstag hat Philipp keine materiellen Wünsche, sein sehnlichster Wunsch ist, dass er einen besten Freund findet. Bisher ist er eher ein Außenseiter, auch weil er seine Emotionen nicht immer vollständig im Griff hat. Als plötzlich Faina neu in die Klasse kommt, nimmt er sich ihr an. Er zeigt dem Mädchen, dass nicht nur neu in der Klasse, sondern auch neu im Land ist, wie das Leben in Deutschland funktioniert und findet so endlich eine Freundin.
Viele Jahre später ist Philipp finanziell gut abgesichert, als Faina abgebrannt und schwanger vor seiner Tür steht.

Lana Lux erzählt in „Geordnete Verhältnisse“ die Geschichte einer ungesunden (freundschaftlichen) Beziehung zwischen zwei Menschen, die voneinander nicht lassen können.

Der Roman gliedert sich in drei Teile. Im ersten Teil bekommen wir Philipp präsentiert, der zweite Teil wird von Faina erzählt, während im dritten Teil beide Perspektiven berücksichtig werden. Der Schreibstil hat mich von Beginn an in seinen Bann gezogen. Besonders gut hat mir gefallen, dass man an der Erzählweise sehr klar merkt, bei wem man sich gerade befindet, ohne dass es den Lesefluss stört.

Philipp ist ein sehr ambivalenter Charakter. Er kommt aus schwierigen Familienverhältnissen und obwohl er sich immer um Normalität bemüht, wird unterschwellig deutlich, dass er seine Emotionen gar nicht im Griff hat. Ich hatte an einigen Stellen durchaus Mitleid mit ihm, insgesamt fand ich ihn tendenziell aber unheimlich und hatte sogar schon ein wenig Angst.
Bei Faina könnte man den Eindruck bekommen, dass Gegensätze sich wirklich anziehen, denn sie ist ein vollkommen anderer Typ als Philipp. Auch ihr Hintergrund ist nicht ganz einfach, auch weil ihre Migrationsgeschichte sie durchaus prägt. Ansonsten ist sie wesentlich unkonventioneller und sozial kompatibler als Philipp. Ich würde zwar auch mit ihr nicht unbedingt befreundet sein wollen, aber vor ihr muss man immerhin keine Angst haben.

Ich fand das Buch wirklich hervorragend. Man bekommt einen guten Einblick in das Leben der beiden und kann die sich zuspitzende Entwicklung sehr gut nachvollziehen. Der Roman hat mich regelrecht in einen Sog gezogen und ich konnte kaum aufhören zu lesen. Gut gefallen hat mir auch, dass ich aus eine ähnlichen Generation komme und mich daher mit vielen Dingen gut identifizieren konnte. Das können manchmal auch ganz kleine Dinge sein, wie eine Café-Kette, die man selbst häufiger besucht hat. Das macht alles noch viel nahbarer.

Lana Lux spricht in ihrem Roman „Geordnete Verhältnisse“ viele gesellschaftliche Problemlagen an und regt ihre Leserinnen und Leser dazu an, sich selbst Gedanken zu machen und vielleicht auch mal genauer hinzusehen. Der Roman gehört mich jetzt schon zu den Lesehighlights 2024!

Bewertung vom 06.03.2024
Das verborgene Genie / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.5
Benedict, Marie

Das verborgene Genie / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.5


gut

Rosalind Franklin hat ihr Leben der Wissenschaft verschrieben. Das findet zwar nicht unbedingt die volle Zustimmung ihrer Familie, doch Rosalind ist nicht bereit, ihre wissenschaftliche Karriere aufs Spiel zu setzen. Sie geht sogar von England nach Frankreich, um dort bessere Forschungsmöglichkeiten zu haben. Schnell ist Rosalind eine geschätzte Expertin, die mit ihrer Genauigkeit und wissenschaftlichen Sorgfalt punktet. Doch schon bald muss Rosalind feststellen, dass auch in der Wissenschaft nicht alles nach fair läuft und das Leben einen ab und zu zusätzlich dazwischen funkt.

In „Das verborgene Genie“ gibt Marie Benedict wieder einer Frau eine Stimme, die sonst kaum öffentliche Wahrnehmung erreicht hat, da ihre wissenschaftliche Leistung von Männern in Anspruch genommen wurde.
Leider ist dieses Buch bisher für mich das schwächste von Marie Benedict. Der Schreibstil lässt sich wie immer gut lesen, aber inhaltlich hat es mich nicht wirklich überzeugt. Das liegt evtl auch daran, dass bei der Ankündigung falsche Erwartungen geweckt wurden. Ich habe die ganze Zeit darauf gewartet, dass es um den angeteaserten Nobelpreis geht. Darauf habe ich allerdings vergeblich gewartet, es bleibt bei einem wissenschaftlichen Wettrennen, das nicht von allen Seiten fair gespielt wird. Insgesamt fehlte mir bei der Handlung etwas. Man hatte das Gefühl, dass es sich immer wieder wiederholt, was auf die Dauer etwas langweilig war.

Das Buch liest sich wie ein Tagebuch, das passt ganz gut dazu, dass Rosalind selbst eine Stimme erhält, allerdings bleibt man auch auf ihre Perspektive beschränkt. Ich hätte mir immer mal einen allwissenden Erzählstil gewünscht, um mehr Informationen zu erhalten.

„Das verborgene Genie“ von Marie Benedict hat mir zwar eine weitere historisch relevante Frauenfigur näher gebracht, allerdings konnte dieses Buch nicht an die anderen Werke der Autorin heranreichen.

Bewertung vom 01.03.2024
Leuchtfeuer
Shapiro, Dani

Leuchtfeuer


ausgezeichnet

Vorort von New York, 1985: Drei Jugendliche haben gemeinsam einen nächtlichen Ausflug unternommen. Doch was als jugendlicher Leichtsinn beginnt, endet in einem großen Unglück, das die Geschwister Sarah und Theo, aber auch ihre Familie, nun ihr Leben lang beeinflussen wird.

Dani Shapiro erzählt in „Leuchtfeuer“ die Auswirkungen dieses großen Unglücks auf eine Familie. Letztlich beschränkt sie sich allerdings nicht nur auch die Familie Wilf, sondern bezieht auch die Nachbarsfamilie mit ein, die allerdings erst viele Jahre später einzieht. Doch durch den Kontakt von Ben Wilf, dem Vater von Sarah und Theo, zum Nachbarsjungen Waldo verweben sich die Schicksale der beiden Familien miteinander.

Dani Shapiro erzählt die Geschichte dabei nicht chronologisch, sondern springt immer wieder zwischen Zeiten und Perspektiven der Figuren hin und her. Damit bleibt die Erzählung durchgängig abwechslungsreich. Man bekommt so Stück für Stück Einblicke in das Leben der Familien und erhält teilweise nachträglich Erklärungen für bestimmte Ereignisse. Mir hat gerade diese Art der Erzählung sehr gut gefallen.

Insgesamt hängt über der kompletten Erzählung eine tiefe Schwere. Mich hat schon lange kein Buch mehr so emotional bewegt und beinahe durchgängig in eine starke Bedrückung oder Beklemmung versetzt. Es wird unglaublich greifbar, wie sehr die Figuren von den Geschehnissen belastet sind, aber keinen wirklichen Ausweg aus der Situation finden, sondern in ihr verharren oder sich sogar noch tiefer verrennen.

Spannend fand ich auch, dass die Erzählung stark auf die Figuren und ihr Innenleben fokussiert. Bezüge außerhalb ihres „Kosmos“ gibt es kaum und wenn spielen sie keine so große Rolle für den Fortgang der Erzählung.
Ich fand auch alle Charaktere sehr interessant, ganz unterschiedlich und lebensnah. Man erfährt auch nicht alles, sondern es bleibt Spielraum für eigene Interpretationen und Gedanken.

Mir hat Dani Shapiros „Leuchtfeuer“ sehr gut gefallen, auch wenn es eine emotionale Herausforderung war.

Bewertung vom 10.02.2024
Mein Sachen suchen Wimmelbuch: Auf dem Land
Gernhäuser, Susanne

Mein Sachen suchen Wimmelbuch: Auf dem Land


ausgezeichnet

Welches Kind liebt keine Wimmelbücher? Und mit „Mein Sachen suchen Wimmelbuch. Auf dem Land“ gibt es eine Portion Extra-Spaß, denn in jeder Szenerie gibt es viele Klappen, die den Suchspaß vergrößern.
Mir gefällt gut, dass das Land nicht nur mit Bauernhöfen in Verbindung gebracht wird. Man findet sich 2x auf dem Marktplatz, 2x auf dem Hof, auf dem Feld, im Wald(Kindergarten) und am See. Jede Seite enthält einen kurzen Text zum Vorlesen und eben einige Bilder, die gesucht werden sollen. Die Szenerien selbst sind bis ins kleinste Detail ausgearbeitet und bieten viele Möglichkeiten um ins Gespräch mit den Kindern zu kommen. Es ist auch etwas anspruchsvoller, weil einige Suchbilder sich hinter Klappen verstecken. Das erfordert manchmal auch schon etwas Kombinationsgabe. Außerdem sind die Klappen, zumindest am Anfang noch, recht gut versteckt. Mir gefällt auch, dass die Klappen von der Größe und Form sehr unterschiedlich sind.

Mit diesem Buch kann wirklich keine Langeweile aufkommen! Eines der schönsten Wimmelbücher, die wir haben!

Bewertung vom 09.02.2024
Wir werden jung sein
Leo, Maxim

Wir werden jung sein


ausgezeichnet

An der Berliner Charité findet eine kleine Medikamentenstudie statt. Eigentlich soll es um ein neues Herzmedikament gehen, doch die vier Teilnehmenden merken schnell, dass irgendwas nicht stimmt. Jakob hat gerade das coolste Mädchen der Schule zur Freundin bekommen und trotzdem läuft es auf sexueller Ebene nicht so richtig. Verena, eine ehemalige Leistungsschwimmerin, bricht plötzlich sämtliche Rekorde. Der kurz vorm Sterben stehende Immobilienunternehmer Wenger bekommt plötzlich wieder Lebensenergie und die Lehrerin Jenny, die ihren Traum von einem Kind schon aufgegeben hat, wird plötzlich schwanger. Als klar wird, dass das Medikament die Probanden verjüngt, beginnt eine Ereigniskette, mit der niemand gerechnet hat.

Maxim Leo spielt in „Wir werden jung sein“ mit dem wohl größten Traum vieler Menschen - das Leben durch Verjüngung ewig zu verlängern. Er zeigt dabei auf, wie sich die Gesellschaft verändern könnte, wenn derartige Visionen Realität werden könnten. Denn neben dem vielleicht erfreulichen Effekt für den Einzelnen, hätte eine solche Entwicklung gravierende Effekte auf die Gesellschaft und Politik. Denn neben medizinischen Aspekten, muss natürlich auch (Generationen)Gerechtigkeit berücksichtigt werden. So kommt neben dem zuständigen Professor, auch eine Vertreterin des Ethikrats der Bundesregierung im Buch vor. Welchen Preis sind wir bereit für das vermeintlich ewige Leben zu zahlen?

Obwohl das Thema durchaus schwierig ist und viele moralische Fragen gar nicht so einfach zu beantworten sind, erzählt Maxim Leo die Geschichte mit viel Humor und ohne Anstrengung. Mir hat es sehr viel Spaß gemacht den unterschiedlichen Perspektiven der Hauptfiguren zu folgen. Die Perspektivwechsel machen die Lektüre abwechslungsreich. Ich bin durch die knapp 300 Seiten geradezu geflogen.

Für mich ist Maxim Leos „Wir werden jung sein“ eine moderne Dystopie, die Unterhaltung und gesellschaftliche Fragen perfekt verbindet!

Bewertung vom 27.01.2024
Die Hoffnung der Chani Kaufman
Harris, Eve

Die Hoffnung der Chani Kaufman


sehr gut

Chani und Baruch haben beinahe das Unmögliche geschafft: eine Liebeshochzeit in einer orthodoxen jüdischen Gemeinde. Noch dazu ist durch den Umzug von London nach Jerusalem eine größere Distanz zwischen dem jungen Paar und Baruchs übergriffiger Mutter entstanden. Es könnte also alles ganz wunderbar sein, wenn da nicht das Problem mit der Schwangerschaft wäre. Chani wird einfach nicht schwanger, dabei ist es genau das, was HaSchem (Gott) und die orthodoxe Gemeinde von einem Ehepaar erwarten. Noch dazu könnte Baruch sie verlassen, wenn die Ehe kinderlos bleibt. Einen Triumph, den Chani ihrer Schwiegermutter nicht gönnen möchte. Also begeben sich Chani und Baruch zurück nach London in eine Fruchtbarkeitsklinik.
Nicht nur Chani sieht sich vor Herausforderungen gestellt. Auch Rivka, die jahrelang versucht hat den Ansprüchen der Gemeinde zu entsprechen, hat eine schwerwiegende Entscheidung getroffen. Sie hat die Gemeinde wieder verlassen und kämpft nun um ihre Kinder und ein selbstbestimmtes Leben.

„Die Hoffnung der Chani Kaufmann“ von Eve Harris ist bereits der zweite Teil rund um Chani und Baruch. Ich kannte den ersten Teil nicht und hatte trotzdem keine Probleme inhaltlich zu folgen. Vor deutlich größere Probleme haben mich jedoch die vielen jiddischen Begriffe gestellt. Diese werden zwar am Ende des Buches (fast) alle erklärt, es ist aber jedes Mal mit Blätterei verbunden und unterbricht den Lesefluss. Ich bin irgendwann dazu übergegangen, die Begriffe mit dem Handy zu suchen, das war etwas komfortabler. Gerade am Anfang waren es teilweise auch wirklich viele Worte in kurzen Abständen, was mich wirklich etwas gestört hat. Im weiteren Verlauf wird es aber besser und man kam irgendwann wirklich in einen guten Lesefluss. Man hatte die Begriffe am besten mit Fußnoten direkt auf der Seite erläutern sollen.

Ich fand den Einblick in das Leben einiger Menschen aus einer orthodoxen jüdischen Gemeinde super interessant. Man folgt nicht nur Chani und Rivka, sondern auch ihren Familienmitgliedern. Dadurch erhält man einen ganz vielfältigen Einblick in die unterschiedlichen Sorgen und Nöte, die jeder Einzelne von ihnen hat.

Mit „Die Hoffnung der Chani Kaufmann“ hat mir Eve Harris eine völlig neue Welt eröffnet. Ich fand es durchaus interessant und spannend, allerdings hat es mich auch nicht völlig aus den Socken gehauen. Gerade am Anfang musste ich doch einiges an Geduld aufbringen. Dennoch kann ich den Roman empfehlen und werde mit Sicherheit auch den ersten Teil noch lesen.

12