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Bewertung vom 20.11.2007
Das Kartengeheimnis
Gaarder, Jostein

Das Kartengeheimnis


ausgezeichnet

Was für ein tolles spannendes und philosophisch bereicherndes Buch! Ich bin SO begeistert, gerade weil ich Sophies Welt doch etwas anstrengend und zusammengebastelt empfand, zwar gut und mit feinen Dialogen, aber doch hatte ich bei den Exkursen zur Philosophie oft das Gefühl, ganz schnell ganz viel an Lexikon-Wissen in mich reingestopft zu bekommen und das hab ich dann gar nicht verdauen können und am Ende war da nur ein Wirrwarr neben der schönen Geschichte von Sophie und Hilde, Alberto Knox und dem Major.

Aber das Solitaire Mistery war zum Glück anders, auch wenn man die von philosophischen Fragen angeheizte Phantasie und die geschickt aufgeworfenen Fragen zum Sein und Schein des Lebens als typisch Jostein Gaarder erkennen kann.
Aber hier stimmt einfach alles, das Buch ist ein Guss, auch wenn hier viele Geschichten zu einer großen, nämlich der die wir als Buch in den Händen halten, zusammenlaufen. Hier hat Jostein Gaarder die Fäden einfach sehr gekonnt verwoben, so dass der rote Faden aber auch nie abhanden kommt.

Hauptperson der Hauptgeschichte ist der 12 jährige Hans Thomas, der mit seinem Vater eine Reise bis nach Griechenland unternimmt um die dort vor acht Jahren auf der Suche nach sich selbst verschwundenen Mutter zu finden und zurück nach Hause nach Norwegen zu bringen.

Da Hans Thomas Vater nicht nur ein gemäßigter Trinker sondern auch ein großartiger Hobbyphilosoph ist, wir jede Zigarettenpause unterwegs für kleine Vorträge und Fragestellungen genutzt um dem Kern des Seins zumindest etwas näher zu kommen.

Richtig spannend wird es dann schon schnell und auch sehr geheimnisvoll:
Hans Thomas bekommt zuerst von einem Zwerg der den beiden den etwas falschen Weg in ein kleines Dorf namens Dorf zeigt, eine winzige Lupe geschenkt, begleitet von keinen Sinn ergebenden Erläuterungen.
Und dann bekommt er in Dorf von einem Bäcker Brötchen geschenkt und findet eingebacken in dem letzten ein winziges Buch.

Und von nun an erlebt Hans Thomas spannende Abenteuer, einmal in der "realen" Welt auf der Reise mit seinem Vater, und dann durch Erzählungen in dem Buch. Er macht die unglaubliche Entdeckung des Kartengeheimnisses (wirklich WIRKLICH erstaunlich!!!!), versteht was für eine wichtige Rolle der Joker spielt und warum jeder Tag bei Aufmerksamkeit voller Wunder ist.

Und von Seite zu Seite und von Tag zu Tag wird es geheimnisvoller, denn Hans Thomas erkennt zuerst immer mehr Bezüge zu seinem Leben und seiner Geschichte und dann sogar Spuren seiner Vergangenheit und Zeichen zu seiner Zukunft in dem Buch.

Eine so spannende, phantasiereiche Geschichte die zum eigenen Verschlingen auffordert, so dass ich hier jetzt gar nichts mehr dazu schreibe.
Sondern nur noch dass es ein wahrhaft tolles Lesevergnügen ist, vielleicht nicht für allzu junge Leser aber wer weiß? Ich fühlte mich jedenfalls nicht unterfordert, sei es vom anregenden Inhalt als von dem schön gewählten Schreibstil her.

Indirekt und ohne eigentliche Erwähnung finden die Theorien von Platon und Nietzsche Einzug in das Buch, aber da beide nicht erwähnt werden, kommt man erst später darauf, nach Lesen von Sophies Welt vielleicht, wo nach meinem Geschmack ja zu sehr mit Namen und Fakten um sich geworfen wurde. Hier stört keine anstrengende, langatmige Passage den Lesefluss, hier macht man sich abseits von ausgeschilderten Pfaden auf subtilen Trampelpfaden selbst ein Bild.

Eine wunderschöne Geschichte nach deren Lesen man sich wieder einmal wunderbar bewusst wird, was für ein unglaublich reichhaltiges Geheimnis und Wunder das Leben selbst ist, wie schön es ist, ein wenig Kind zu bleiben und sich von den Wundern begeistern zu lassen.
Ein Buch für die Macht Phantasie und das Wach sein.
la bouquiniste aus Düsseldorf

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