Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
kleinfriedelchen
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 64 Bewertungen
Bewertung vom 08.11.2023
Psyche und Eros
McNamara, Luna

Psyche und Eros


ausgezeichnet

Psyche, Prinzessin von Mykene und Nachfahrin des berühmten Helden Perseus, wird bei ihrer Geburt prophezeit, dass sie ein Ungeheuer besiegen wird, welches selbst die Götter zittern lässt. Und so wird die Prinzessin entgegen aller Regeln zur Kriegerin ausgebildet. Als ein unnatürlicher Sturm ihr Land verwüstet, sieht Psyche ihre Zeit gekommen: sie macht sich auf, das Ungeheuer zu besiegen, das dafür verantwortlich war. Nichts ahnend, dass der Sturm sie zu Eros tragen wird, Gott des Begehrens.
Eros, der von der neidischen Aphrodite damit beauftragt wurde, Psyche mit einem verfluchten Pfeil zu treffen und sie so zu unglücklicher Liebe zu verdammen, die nie Erfüllung finden wird, hat eigentlich keine Lust, den Handlanger zu spielen. Doch dann sticht sich Eros selbst an dem Pfeil und verliebt sich unsterblich in Psyche...

Vor Jahren bin ich zufälligerweise im Deutschunterricht auf die Sage von Eros und Psyche gestoßen und war sofort fasziniert. Die Ränkespiele, die die Götter mit den Menschen spielen, haben mich schon immer an die Seiten fesseln können und gerade die Geschichte des Liebesgottes, der sich selbst unfreiwillig verliebt, fand ich immer besonders anziehend, kriegt er es hier doch einmal mit seiner eigenen Medizin zu tun. Auf Grundlage dieser Sage hat Luna McNamara eine moderne Neuinterpretation erschaffen, die feministisch, romantisch und absolut fesselnd war - eine wundervolle Adaption der Sage ♥

Schon vor ihrer Geburt wird Psyche vom Orakel von Delphi vorhergesagt, ein Ungeheuer zu besiegen, welches selbst die Götter fürchten. Und so lässt ihr Vater sie zur Kämpferin ausbilden; ein ungewöhnlicher Schritt für eine Königstochter. Doch noch ahnt niemand, dass ihr Schicksal untrennbar mit dem von Eros verbunden ist, Gott des Begehrens und der Liebe. Als einer der allerersten Götter hat Eros schon lange die Nase voll von den gedankenlosen Spielchen und Intrigen der Götter, und seit sich eine junge Frau, der er mit einem seiner Pfeile die Liebe schenken wollte, aufgrund unerwiderter Liebe das Leben nahm, hat er sich auch aus der Menschenwelt zurückgezogen. Doch dann bringt ihn ein Pakt mit der rachsüchtigen Aphrodite an Psyches Fenster, und er verliebt sich unsterblich in sie. Doch diese Liebe ist verflucht...

Wer sich ein wenig mit griechischen Sagen auskennt weiß, dass diese oftmals grausam sind und so kriegen wir auch hier immer wieder mit, welche gedankenlosen oder absichtlichen perfide Ränkespiele die Götter mit den Menschen spielen. So ist auch die Liebesgeschichte zwischen Eros und Psyche dramatisch und voller Leid und Prüfungen. Denn Aphrodites Fluch besagt, dass beide sofort auseinandergerissen werden, sollten sie sich je ansehen.

Bei Sagengeschichten könnte man ja vermuten, dass die Charaktere sich recht altmodisch oder geschwollen ausdrücken, aber nicht hier; vielmehr fühlt es sich an, als würde man mit einem modernen Menschen sprechen. Das mag auch daran liegen, dass Psyche für ihre Zeit sehr aufgeklärt und feministisch ist, da sie eine doch recht "unweibliche" Erziehung genossen hat. So staunt sie nicht schlecht, als sie zum ersten Mal auf der Reise zur Hochzeit der schönen Helena in die Frauengemächer verbannt wird, mit Weben und Gesprächen als einziger Beschäftigung. Aber nicht nur die damalige Lebenswelt der Frauen wird kritisch betrachtet, sondern auch das Konzept des Heldentums.

Psyche ist eine wundervolle Charakterin, die mich komplett für sich gewinnen konnte. Wir erleben ihren Werdegang vom Kind zur erwachsenen Frau, die sich Vorurteilen und Erwartungen stellt und dabei in eine Liebesgeschichte hineinstolpert, die die Zeiten überdauern soll. Auch Eros, der uns Einblick in die Schattenseiten eines unsterblichen Lebens gibt, konnte mich wirklich von sich überzeugen.

Das Buch erzählt allerdings noch so viel mehr als nur eine Liebesgeschichte, denn es geht weit über die Sage rund um Eros und Psyche hinaus. Psyche wächst in der Zeit des Trojanischen Krieges auf, weshalb ihr in ihrem Alltag die unterschiedlichsten Sagengestalten begegnen, wie ihre Lehrerin Atalante, die sie im Kampf unterrichtet, Achilles, ihre Cousine Iphigenie, Helena von Troja und viele weitere. Es war sehr spannend, sie alle als normale Menschen zu erleben. Aber auch die Götter kommen zur Sprache und so erfährt man mehr über Aphrodite, Prometheus, aber auch ein paar eher unbekannte Göttergestalten, was ich richtig faszinierend fand.

Kurzum, für mich ist Psyche und Eros eins der besten Bücher des Jahres 2023 und wenn ihr auf griechische Sagengeschichten steht, dürft ihr diese hier auf keinen Fall verpassen. Ein Must Read!

Bewertung vom 05.04.2023
Wo steckt eigentlich Asterix? - Das große Wimmelbuch
Uderzo, Albert;Goscinny, René

Wo steckt eigentlich Asterix? - Das große Wimmelbuch


ausgezeichnet

Meine Kinder lieben Wimmelbücher! Egal ob es darum geht, Märchenfiguren zu finden, einen Wald über die Jahreszeiten hinweg zu erkunden oder den berühmten Walter aus dem Klassiker "Wo ist Walter?" zu entdecken, meine Kinder sind immer mit Feuereifer dabei. Als ich da auf das Wimmelbuch von Asterix und Obelix gestoßen bin, musste ich daher natürlich sofort zugreifen, denn deren Abenteuer haben es meinen Kindern echt angetan :-).

Auf 32 Seiten gilt es, Asterix und Co. zu entdecken. Und das ist tatsächlich gar nicht so leicht, denn die verschiedenen Szenen sind echt detailreich und Asterix versteht es wirklich gut, sich zu verstecken :-D Auf den Doppelseiten ist jede Menge los und es gibt viel zu entdecken - genau wie wir es uns von einem guten Wimmelbuch erhoffen. So kann man eigentlich jedes Mal noch etwas neues finden, was einem vorher vielleicht entgangen ist.

Jede Doppelseite zeigt eine andere Szene: mal befinden wir uns im berühmten gallischen Dorf, mal bei einer Schlacht, wo die Gallier die Römer gerade mal wieder fertigmachen, mal in Ägypten beim Bau eines Tempels. Fans der Figuren kommen hier voll auf ihre Kosten, denn hier findet sich eine breite Auswahl an bekannten Charakteren wieder, wie Gutemine, Kleopatra oder Pirat Rotbart. Ganz zu Beginn werden die wichtigsten Figuren auch noch einmal aufgeführt, damit man weiß, nach wem man suchen muss, falls man die Namen doch nicht so gut im Kopf hat.

Bei "Wo ist Walter?" gefallen meinen Kindern besonders die konkreten Suchaufgaben, die hinten im Buch gegeben werden. Und auch hier wurden uns Aufgaben gegeben, wie zum Beispiel einen Fisch mit roten Punkten oder natürlich bestimmte Charaktere zu finden. Für jeden Fund sammelt man Lorbeerkränze, sodass man noch eine zusätzliche Herausforderung hat, so viele Kränze wie möglich zu sammeln. Und falls man sich wirklich zu schwer damit tut und etwas nicht findet, gibt es ganz hinten im Buch noch eine Auflösung, wo sich was befindet.

Insgesamt hat uns das Wimmelbuch richtig gut gefallen und wir sind noch lange nicht damit durch, alles zu entdecken. Eine schöne Bereicherung für unser Kinderzimmer :-)

Bewertung vom 18.07.2022
Alles, was ich in dir sehe / Alles-Trilogie Bd.1
Groh, Kyra

Alles, was ich in dir sehe / Alles-Trilogie Bd.1


ausgezeichnet

Eigentlich sollte es nur ein entspannter Urlaub in Portugal nach dem stressigen Abi für Anna werden. Wären da nur nicht die stetigen Versuche ihres Bruders, sie in die Fotoshootings für die berühmte Familien-Fitnessmarke einzuspannen, die zeitgleich in dem Nobel-Resort stattfinden. Erst als Anna durch Zufall die Besitzerin einer Hundeauffangstation kennenlernt, findet sie einen Ort, an dem sie einfach sie selbst sein kann und wunderbare Tage verlebt. Wenn nur nicht Fynn wäre, mit dem sie regelmäßig aneinandergerät und der von Annas Lebensrealität so gar nichts hält...

Es gibt ein paar wenige Autor:innen, bei denen ich quasi jedes Buch kaufe, ohne überhaupt auf den Klappentext zu schauen. Zu ihnen gehört Kyra Groh, seit sie mich vor vielen Jahren mit "Pinguine lieben nur einmal" vom Fleck weg begeistern konnte. Ihr Humor und ihre Fähigkeit, Charaktere und Geschichten zum Verlieben zu schreiben, führt immer wieder dazu, dass ich dümmlich grinsend und seufzend vor ihren Geschichten sitze und jedes Mal ein neues Lieblingsbuch finde. Und genau so lief es auch wieder bei ihrem neuesten Buch, ihrer ersten New Adult-Geschichte und Auftakt einer dreibändigen Reihe. Und ich kann gar nicht sagen wie froh ich bin, schon vorher gewusst zu haben, dass es noch mehr Bände geben wird, denn "Alles was ich in dir sehe" hat mich sofort süchtig gemacht!

Die Geschichte dreht sich um Anna, jüngste Tochter der Jagodas, die ein sehr erfolgreiches Fitnessprogramm leiten und für die Anna regelmäßig als Instagram Model posiert. Jedenfalls bis ihr die ständigen neidischen Kommentare und Anfeindungen zu viel werden. Kein Wunder, dass sie wenig begeistert reagiert, als ihr großer Bruder sie ausgerechnet in ihrem Urlaub, in dem sie sich vom stressigen Abi erholen will, für Fotoshootings für das neue Programm einspannen will. Als sie auch noch eins der männlichen Models zu sehr bedrängt, flüchtet Anna aus der Hotelanlage. Und trifft in einer Hundestation ausgerechnet auf Surferboy Fynn, der sich dort ehrenamtlich engagiert und mit dem Anna bereits am Flughafen aneinandergeraten ist...

"Alles was ich in dir sehe" ist eine absolute Herzengeschichte, voller Sonne, portugiesischen Pasteis de Nata (sabber!) und Schmetterlingen im Bauch. Ich habe mich sofort in das Setting verliebt und genau wie Anna auch mein Herz sehr schnell an Fynn verloren, der ein bisschen was von einem mürrischen Mr. Darcy hat - wenn Mr. Darcy Flanellhemden, Boots und einen Werkzeuggürtel tragen würde. Er bringt Anna zunächst viele Vorurteile entgegen und hält sie für ein oberflächliches Modepüppchen, welches nur auf der Suche nach dem nächsten perfekten Instagram-Foto ist. Doch es fällt nicht nur den Besitzern der Hundestation schnell auf: jedes Gespräch und jede Interaktion der beiden hat was von einem Vorspiel, die Funken fliegen und es knistert einem förmlich von den Seiten entgegen. Und als die beiden schließlich ihr erstes Daten haben, hatte ich selbst fast schon Schmetterlinge im Bauch :-)

Doch natürlich ist nicht alles eitel Sonnenschein an der Atlantikküste und so hat die Geschichte auch viele ernste Züge. Kyra Groh greift wieder einmal brandaktuelle Themen auf, nämlich Slutshaming und alle negativen Begleiterscheinungen, die mit dem Schönheitswahn bei Instagram einhergehen. Trotzdem verliert die Geschichte nicht den von Kyra gewohnten Witz, und so war ich öfter am Schwanken zwischen Lachen und Weinen, womit die Autorin mal wieder beweist, dass sich Humor und Tiefgang nicht ausschließen.

Mein Fazit: Ein Buch zum Verlieben! Erlebt mit dem ersten Teil der Alles-Trilogie einen unvergesslichen Sommer in Portugal und verliebt euch genau wie ich in Anna, Fynn und Straßenhund Eule ♥ Für mich war es ein perfekter Start der Alles-Trilogie und ich freue mich jetzt schon wahnsinnig auf die Geschichte von Annas bester Freundin Polly, die die Hauptrolle im nächsten Buch spielt.

Bewertung vom 18.07.2022
Der Riss, durch den das Licht eindringt
Cullen, Helen

Der Riss, durch den das Licht eindringt


sehr gut

"Welche Lektionen erteile ich ihnen mit meinem Dasein? Iss gut, ohne dick zu werden, sei schlank, aber nicht dürr. Folge deinen Träumen, aber stell deine Familie immer an die erste Stelle. Kleide dich so, dass du dir selbst gefällst, aber geh nie ungeschminkt vor die Tür. Sei selbstbewusst, aber nicht aggressiv. Sei gesellig, aber nicht laut. Freue dich über deine Talente, aber sei nicht überheblich. Gib dich nicht mit weniger als wahrer Liebe zufrieden, aber hab keine unrealistischen Erwartungen, was die Liebe angeht.
Ich weiß nicht, wie ich ihnen raten soll, eine Frau von Welt zu werden, denn was könnte ich ihnen ehrlicherweise raten? Man kann es sowieso nicht allen recht machen, also macht es, wie ihr wollt?
Ich wünschte, das hätte damals jemand zu mir gesagt. Dann wäre ich vielleicht nicht derart voll von diesem weißen Rauschen." (S. 193)


Es ist der Weihnachtsmorgen im Jahr 2005, der das Leben der Familie Moone für immer verändern wird. Noch bevor die Sonne aufgeht, rudert Mutter Maeve aufs Meer hinaus - und kehrt nicht wieder zurück. Zehn Jahre später hadert die Familie immer noch mit dem Tod der Mutter. Während Vater Murtagh sich in seinen Töpferarbeiten vergräbt und seine Kinder sich über ganz Irland verstreut haben, beeinflusst Maeves Entscheidung ihre Leben immer noch. Doch um zu heilen, müssen sie sich der Wahrheit stellen, die hinter der großen Liebesgeschichte ihrer Eltern liegt...

Helen Cullen konnte mich bereits mit "Die verlorenen Briefe des William Woolf" begeistern, weshalb ich mir natürlich auch ihre neueste Geschichte nicht entgehen lassen wollte. Diesmal entführt sie uns auf eine kleine irische Insel und lässt uns die bittersüße Geschichte der Familie Moone miterleben, die vom Tod der Mutter fast auseinandergerissen wird. Und wieder hat mir die Autorin ein sehr besonderes Leseerlebnis beschert, welches mich sehr nachdenklich gestimmt und noch lange nachgewirkt hat.

Der Riss, durch den das Licht eindringt ist eine ruhige und eher auf Emotionen und Charaktere, weniger auf Handlung fokussierte Geschichte. Über vierzig Jahre hinweg wird hier die Geschichte von Maeve und Murtagh erzählt, die ein Jobangebot als junges Paar auf eine kleine irische Insel verschlägt und die sich dort nicht nur den Herausforderungen der Abgeschiedenheit der Insel stellen müssen, sondern auch denen, die die Elternschaft mit sich bringt. Es ist eine Geschichte über die Komplexität von Beziehungen, von inneren Dämonen und dem Druck, der von den Erwartungen der Menschen um einen herum ausgeht. Und natürlich geht es auch um Irland, um die Liebe zum Land, seiner Kultur und seinen Besonderheiten.

Zunächst erfahren wir, wie sich Maeve und Murtagh in den späten 70er Jahren kennenlernen und sofort voneinander verzaubert sind. Beide sind Künstler, Murtagh begeistert mit seinen Töpferarbeiten, Maeve spielt am Theater. Als Murtagh das Angebot bekommt, die Töpferei auf der kleinen Insel Inis Óg zu übernehmen, sind sie zwar unsicher, ob auch Maeve ihre Leidenschaft von dort aus weiter ausleben kann, nehmen das Angebot aber doch an. Schon da kann man erahnen, wie es um Maeves Innenleben bestellt ist, dass ihr Leben auf der Insel sie nicht vollends erfüllt und welchen Konflikt es darstellt, als sie erstmal Kinder bekommen. Denn Maeve hadert mit den Erwartungen, die von der Gesellschaft an sie als Mutter gestellt werden - umso engere Erwartungen, wenn man bedenkt, dass sie auf einer kleinen, religiös geprägten Insel in Irland leben, in der absolut jeder jeden kennt.

Auch wenn ich als Leserin durch den Einblick in Maeves Innenleben darauf vorbereitet war, was kommen würde, hat es mich doch sehr betroffen gemacht und besonders mit Murtagh, der sich nach dem Tod seiner großen Liebe in sich verkriecht und nicht weiß, wie er seine Kinder trösten soll, habe ich sehr mitgelitten. Es war sehr melancholisch und schmerzhaft zu lesen, wie die Familie mit dem Freitod der Mutter klarzukommen versucht und wie unterschiedlich sie mit i

Bewertung vom 29.04.2013
Ein ganzes halbes Jahr
Moyes, Jojo

Ein ganzes halbes Jahr


ausgezeichnet

Es ist schon lange nicht mehr vorgekommen, dass mich ein Buch auch nach dem Ende noch so sehr beschäftigt hat und ständig in meinen Gedanken herumkgekreist ist wie "Ein ganzes halbes Jahr". Die ungewöhnliche Liebes- und Lebensgeschichte von der stets quietschbunt gekleideten Lou und dem lebensmüden Will hat mich so fesseln und emotional berühren können, dass ich das Buch jetzt schon zu meinem Must-Read des Jahres ernannt habe.

In dieser Geschichte prallen zwei Menschen aufeinander, die unterschiedlicher wohl nicht sein könnten und die unter anderen Umständen vermutlich nie zusammengefunden hätten. Auf der einen Seite steht Will Traynor, der seit einem Unfall bewegungsunfähig und bis ans Ende seines Lebens an einen Rollstuhl gefesselt ist. Ausgerechnet Will, ein Sprößling aus reichem Hause, der Zeit seines Leben sehr erfolgreich war, sowohl im Beruf als auch was Frauen betrifft. Ein Adrenalinjunkie, der die ganze Welt bereisen will und alles einmal ausprobiert haben möchte.

Ganz im Gegensatz zu Lou. Sie ist kaum je über ihren kleinen Heimatort hinausgekommen und hat gar kein wirkliches Interesse daran, Neues kennenzulernen. Sie führt eine sehr bequemes, unspektakuläres Leben im Reihenhaus ihrer Eltern, ist seit sieben Jahren mit ihrem Freund Patrick zusammen und begnügt sich damit, ihm bei seinen Trainingseinheiten für den Triathlon zuzusehen.

Erst Will, der einfach nicht verstehen kann, wie Lou ihr Leben ohne eigenen Antrieb und Abenteuerlust vor sich hin plätschern lässt, lockt sie aus ihrem Schneckenhaus hervor und zeigt ihr, was ihr im Leben bisher entgangen ist. Eine Ironie des Schicksals, denn Will, dem seine Existenz im Rollstuhl verhasst ist, will selbst nicht mehr weiterleben. Und so ist es an Lou ihm zu zeigen, was das Leben auch für ihn noch alles bereithält...

Aus dieser Mischung ergab sich die wohl emotionalste, rührendste und traurigste Liebesgeschichte des Jahres. Jojo Moyes schreibt über den Wert des Lebens angesichts von unheilbarer Krankheit und Schmerzen, über das schwere Schicksal von Tetraplegikern und über den brennenden Wunsch eines Mannes, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Dabei geht sie sehr sensibel, aber auch offen und ohne Beschönigungen mit den Themen um und ist mutig genug, auch unbequeme Wahrheiten auszusprechen.

So schildert sie die Situation vieler körperlich Behinderter, die ständig auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen sind und die emotionalen Höhen und Tiefen durchlaufen, die man als Nicht-Behinderter nur schwer nachvollziehen kann. So ist es mir als Leserin beispielsweise auch schwergefallen, Wills Wunsch, so nicht mehr weiterleben zu wollen, zu verstehen. Deshalb bin ich umso glücklicher, dieses Buch gelesen zu haben, denn es hat mir für viele Aspekte die Augen geöffnet, die mir vorher so gar nicht bewusst waren.

Fazit: Jojo Moyes hat mit "Ein ganzes halbes Jahr" eine unvergessliche Liebesgeschichte geschrieben, die zeigt, dass es nicht auf die Anzahl der miteinander verbrachten Tage ankommt, sondern darauf, wie man sie verbringt. Eine Geschichte über die Liebe, das Leben und über das Loslassen.

3 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.03.2012
Die Macht der Sechs / Das Erbe von Lorien Bd.2
Lore, Pittacus

Die Macht der Sechs / Das Erbe von Lorien Bd.2


sehr gut

"Das hier ist nur die Ruhe vor dem Sturm. Ihr werdet langsam zu stark für sie. Bald werden sie alles in den Kampf schicken, was ihnen zur Verfügung steht. Bald wird ihr Anführer auftauchen."

Der Kampf der Loriener Flüchtlinge geht weiter. Drei von ihnen sind schon tot. Sie haben auch versucht, Nummer Vier, John Smith, zu töten. Doch John konnte den Mogadori entkommen, dank der Hilfe von Nummer Sechs und seinem Freund Sam. Nun sind sie auf der Flucht, vor den Mogadori und der Polizei - und auf der Suche nach den anderen lorienischen Kindern, die sich irgendwo auf der Erde verstecken. Die Zeit ist gekommen, dass sie sich endlich zusammenschließen.
In Spanien lebt Nummer Sieben, Marina, zusammen mit ihrer Beschützerin in einem Kloster. Sie hat die Nachrichten über John Smith verfolgt und setzt nun alles daran, ihn zu finden...

Band 2 der Reihe "Das Erbe von Lorien" knüpft nahtlos dort an, wo "Ich bin Nummer Vier" aufgehört hat. Nachdem John und Nummer Sechs die Mogadori besiegen konnten und dabei seine alte Highschool in Schutt und Asche gelegt haben, sind sie auf der Flucht. Vor dem FBI, die sie für Terroristen halten und vor den Mogadori, die die Jagd natürlich nicht so einfach aufgeben.
Dieses Mal liegt der Fokus der Geschichte jedoch nicht mehr nur auf John. Neue interessante Charaktere werden eingeführt. So lernen wir hier Marina, Nummer Sieben, kennen, die ein eher stilles Mädchen ist, welches im Kloster bisher nicht viel Freude erfahren hat. Ihre Beschützerin Adelina hat die Hoffnung auf einen Sieg über die Mogadori aufgegeben und ihren Schützling mit ihrem Erbe allein gelassen. Sie stürzt sich lieber in den christlichen Glauben und versucht so, ihre hoffnungslose Lage zu verdrängen. Doch Marina hat noch nicht aufgegeben. Angestachelt durch die Nachrichten über John Smith, den sie für einen von ihnen hält, trainiert sie ihre Fähigkeiten selbst und plant ihre Flucht aus dem Kloster.

Natürlich erfahren wir aber auch, wie es mit John weitergeht. Nachdem er Paradise fluchtartig verlassen und Sarah zurücklassen musste, plagen ihn Selbstzweifel. War es wirklich so klug, Sam mitzunehmen, der in seiner Nähe nun ständig in Gefahr ist? Und warum fühlt er sich geradezu unwiderstehlich zu der schönen und starken Sechs hingezogen, obwohl er doch in Sarah verliebt ist? Loriener verlieben sich doch nur ein einziges Mal in ihrem Leben...
Ich muss gestehen, John ist mir in diesem Band manchmal etwas auf die Nerven gegangen. Sein ewiges Hin und Her a la "Oh nein, ich liebe doch Sarah, aber Sechs ist ja auch sowas von toll" hat mich doch öfters die Augen verdrehen lassen, besonders weil es ihn einige dumme, egoistische Entscheidungen treffen lässt. Gleichzeitig kamen mir die Gefühlsbeschreibungen in diesem Band auch etwas platt vor. Deshalb war ich sehr glücklich darüber, dass die Geschichte abwechseln aus Johns und Marinas Sicht erzählt wird, denn so wurde Johns Litanei immer wieder unterbrochen. :-)

Ich fand es toll, dass in diesem zweiten Teil gleich mehrere der lorienischen Kinder aufgetreten sind, denn es ist schon echt spannend zu sehen, was sie alles drauf haben. Unsichtbarkeit, Stürme heraufbeschwören, Heilkräfte, Telekinese - bei allen entwickeln sich unglaubliche Kräfte.
Vielleicht lag es gerade daran, dass die Mogadori, die im ersten Teil ja noch wie ein übermächtiger, gefährlicher Gegner gewirkt haben, hier eher schwächlich rüberkamen. Reihenweise werden sie niedergemäht und lösen sich in kleine Aschehäuflein auf, sobald John sie mal gegen eine Wand schleudert. Da fragt man sich als Leser schon irgendwann, wieso die Kinder sie überhaupt noch fürchten sollten.

Insgesamt gesehen ist Band 2 trotz kleiner Kritikpunkte ein gut gelungener, würdiger Nachfolger für "Ich bin Nummer Vier" und macht auf jeden Fall Lust auf die Fortsetzung, denn es wurden nicht nur Geheimnisse aus Band 1 gelüftet, sondern auch neue Fragen aufgeworfen.

Bewertung vom 04.05.2011
Wie kommt das Salz ins Meer
Schwaiger, Brigitte

Wie kommt das Salz ins Meer


sehr gut

Sarkastisch und gleichzeitig verzweifelt schildert die namenlose Erzählerin hier das langsame Scheitern ihrer Ehe. Schon in der Schule stellte sie fest, dass sie nicht weiß, was sie vom Leben erwartet. So bestimmen es statt ihrer selbst die Eltern, raten ihr zum passenden Studium und zum passenden Mann, in den sie sich anfangs tatsächlich verliebt. Doch das Studium scheitert, und auch ihre Ehe ist lieblos und von Anstandsregeln geprägt. Rolf bestimmt, mit wem sie befreundet sein soll und wie sie sich in der Öffentlichkeit zu verhalten habe. Durch eine Affäre versucht sie sich zu befreien, doch auch dieser fast schon einzige Versuch der Selbstständigkeit scheitert.

Eine perfekte Haus- und Ehefrau wollen ihr Mann und ihre Eltern aus ihr machen, doch gerade daran zerbricht die Ich-Erzählerin fast. Denn sie ist alles andere als perfekt. Sie ist unsicher, fühlt sich ihrer Rolle als Ehefrau nicht gewachsen, ist sich über ihre Gefühle für Rolf im Unklaren und weiß nicht einmal, wann Tomaten- oder Spargelzeit ist und wieviel Gemüse kosten darf. Zusätzlich wird sie von Selbstmordgedanken und einer unerklärlichen Traurigkeit geplagt, unter der auch schon ihre Mutter litt. Natürlich im Verborgenen, denn der berufstätige, stets beschäftigte Gatte soll sich nicht durch die unverständlichen Gefühle seiner Frau gestört fühlen. Heute hat dieses Krankheitsbild einen Namen: Depression.

Obwohl das Buch aus den 70er Jahren stammt und sich unsere Gesellschaft weiterentwickelt hat, wirkt das sozialkritische Thema des Buches nicht veraltet, denn jeder kennt sicherlich jemanden, den er als Spießer bezeichnen würde und der übermäßig an "veralteten" Werten festhält. Und so gibt es sicherlich noch genug Frauen, die in solchen unglücklichen Ehen gefangen sind und sich nicht trauen, daraus auszubrechen.

Die gesamte Geschichte wird ohne Anführungszeichen aus der Ich-Perspektive erzählt, wodurch eine intensive Nähe zur Erzählerin entsteht. Ich konnte mich durch den Erzählstil sehr gut in sie hineinversetzen und mit ihr fühlen. Auf die Beschreibung von Äußerlichkeiten legt Schwaiger nicht viel Wert, aber auch ohne zu wissen, wie die Umgebung oder ihre Wohnung aussieht, kommt Atmosphäre auf. Man fühlt sich beengt und eingezwängt vom biederen Alltag und oftmals wollte ich die Protagonistin am liebsten bei den Schultern packen und schütteln, damit sie sich endlich einmal auflehnt und rebelliert.

Doch soweit kommt es nicht; wie denn auch, wenn man es gar nicht anders kennt? Schon ihre Großmutter und auch die Mutter sahen sich selbst nur als Anhang ihres Mannes, dem es ein schönes Heim zu gestalten gilt. Unter welchem Druck diese Frauen stehen, wird immer wieder in unterschiedlichen Situationen deutlich, beispielsweise als die Mutter der Erzählerin fast in Tränen ausbricht, weil ihr Mann ihr wortlos zu verstehen gibt, dass ihm das Mittagessen nicht geschmeckt hat, indem er den vollen Teller von sich wegschiebt. Oder der Großvater wütend die Tür zum Schlafzimmer eintritt, weil diese unbeabsichtigt verschlossen war und ihm sein "Recht" als Mann verwehrt.

Betrachtet man Brigitte Schwaigers Lebenslauf, bleibt die Vermutung nicht aus, dass der Roman stark autobiografisch ist. Wie auch die Protagonistin wurde Schwaiger als Tochter eines Arztes geboren, ihre Ehe scheiterte nach nur 4 Jahren und Depressionen und Suizidversuche begleiteten sie ihr Leben lang. Im Juli 2010 fand man die Leiche der 61-Jährigen in Wien in der Donau; man geht von einem Selbstmord aus.
Mit diesem Wissen im Kopf wirkt ihr Buch noch bedrückender, denn es zeigt, dass die traurige Geschichte keinesfalls Fiktion ist, sondern genug Frauen in der Realität unter ihrem repressiven Leben zu leiden haben. "Wie kommt das Salz ins Meer" ist ein eindrucksvolles, jedoch trostloses Buch über gesellschaftliche Zwänge und den vergeblichen Versuch einer Frau, sich davon zu befreien. Keine leichte Kost, aber unbedingt empfehlenswert!

2 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.05.2011
Der Junge aus dem Meer
Friedman, Aimee

Der Junge aus dem Meer


sehr gut

Was ist wahr, was ist nur Legende? Die sonst so rational denkende Miranda kommt ganz schön ins Zweifeln, als sie von der Geschichte der Meermenschen erfährt. Laut der Legende wurde einst ein Seemann von einer Meerjungfrau gerettet und verliebte sich in sie. Ihre Nachfahren, Menschen an Land und Fischwesen unter Wasser, bevölkern heute noch Selkie Island, so heißt es, und haben sich perfekt an die Menschen angepasst. Ist Leo vielleicht einer dieser Nachfahren?

Mirandas Charakter fand ich ziemlich überzeugend, auch wenn die Vorstellung, lieber mit Reagenzgläsern zu experimentieren als sich mit seinen Freunden zu treffen, etwas gewöhnungsbedürftig für mich war :-) Miranda ist stur und schert sich nicht um ihr Aussehen, was die reichen Mädchen, die sie auf der Insel kennenlernt, überhaupt nicht verstehen können. Zudem benimmt sie sich meist sehr erwachsen und besonnen, ist aber gleichzeitig auch schüchtern, wenn es um Jungs und Partys geht, da ihr hier einfach die Erfahrung fehlt.
Doch als sie Leo trifft, benimmt sie sich plötzlich gar nicht mehr so erwachsen. Leo verursacht ihr ein ungewohntes Kribbeln im Bauch und bringt sie zum Tagträumen. Doch in den Augen ihrer neugewonnenen Snob-Freundinnen ist Leo undenkbar für sie. Schließlich ist er ein Einheimischer, dessen Vorfahren schon seit Ewigkeiten in dem ärmlichen Dörfchen auf der Insel leben.

Das Buch verbreitet eine herrliche Urlaubsatmosphäre, voller salziger Luft und Wellen, die an den Strand spülen. Friedman versteht es unglaublich gut, das Südstaaten-Flair Georgias hervorzurufen. Würdevolle, verblasste Anwesen säumen die Wiesen, spinnwebartiges Moos hängt von den Bäumen und die laue Sommerluft lädt zum Nachtbaden ein.

Abgesehen von den sympathischen Charakteren und der wundervoll dichten Atmosphäre war die Geschichte selbst jedoch eher etwas ärmlich. Das Buch bietet hauptsächlich eine sommerliche Liebesgeschichte mit leicht magischem Einschlag, die leider etwas action- und höhepunktlos verläuft. Miranda kommt auf die Insel, lernt Leo kennen und verliebt sich in ihn. Doch schon bald muss sie wieder abreisen. So könnte man die Geschichte grob zusammenfassen. Trotzdem war ich damit nicht unzufrieden, denn das ganze Buch verströmte irgendwie so eine schöne, verträumte Romantikstimmung, dass ich über die Mängel der Handlung hinwegsehen konnte.
Die Magie spielt tatsächlich weniger eine Rolle, als man anfangs vom Titel und der Beschreibung her denken mag. Sofort als auf den ersten Seiten die Legende von den Meermenschen erzählt wurde, dachte ich: "Alles klar, also ist Leo ein Meermann. Wie überraschend." Doch so klar war es dann glücklicherweise gar nicht. Es wird zwar vieles angedeutet, aber ob die Legende nun stimmt oder doch nur Seemannsgarn ist, wird nicht eindeutig geklärt. Gerade das fand ich aber sehr gelungen, denn so liegt ein gewisser Zauber über allem und Leo bleibt weiter der geheimnisvolle Junge, als den man ihn kennenlernt.

Der Gedanke, dass Miranda nur für wenige Wochen auf der Insel bleibt, verleiht der Liebesgeschichte zwischen den beiden zusätzlich einen bittersüßen, melancholischen Anstrich. Gut fand ich, dass hier der unsterbliche Liebesschwur fehlt, den man sonst in fast allen Romantasy-Jugendbüchern finden kann, vielleicht, weil das Buch nur einen Hauch Fantasy enthält. Miranda ist einfach verliebt und schmückt das nicht mit Worten von unendlicher Liebe und Treue aus. Gerade deshalb erschienen mir ihre Gefühle auch glaubwürdig und erfrischend normal.

Das Buch scheint zwar in sich abgeschlossen zu sein, endet aber kurz nachdem Miranda gerade von Leos vermeintlichem Geheimnis erfahren hat, wodurch bei mir der Eindruck entstand, dass Mirandas und Leos Geschichte noch nicht zu Ende erzählt ist. Ich würde mich jedenfalls sehr über ein zweites Buch und Mirandas Rückkehr nach Selkie Island freuen.

Mein Fazit: Dieses Buch solltet ihr euch unbedingt für euren Sommerurlaub am Strand mitnehmen!

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.