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Vorleserin
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Berlin

Bewertungen

Insgesamt 18 Bewertungen
12
Bewertung vom 20.05.2017
Mr. Peardews Sammlung der verlorenen Dinge
Hogan, Ruth

Mr. Peardews Sammlung der verlorenen Dinge


ausgezeichnet

Dieser Roman kommt auf leisen Sohlen daher, entführt uns in das biedere England und lässt uns über Tischdeckchen nachdenken.
Zugegeben fiel es am Anfang schon etwas schwer, aus vollem Lauf voll Hektik und Aktion so stark abzubremsen, dass man den beinahe trägen Aufbau der Handlung auch annehmen kann. Aber hat man sich erst einmal darauf eingelassen, ist der Genuss sicher.
Eine junge Frau taumelt nicht gerade erfolgreich durch das Leben, doch kurz bevor sie von Depressionen überwältigt wird, fällt ihr das Jobinserat von Mr. Peardew in die Hände. So nimmt sie statt Tabletten ihr Leben wieder in die Hand und findet bei dem älteren Herrn eine Arbeit als Assistentin und zugleich den Rückhalt, den sie gerade gebraucht hat.
So widmet sie sich liebevoll der Wohnung und dem Garten, nur das Arbeitszimmer bleibt tabu. Erst kurz vor dem Tod eröffnet ihr Mr. Peardew, dass er im Arbeitszimmer verlorene Dinge gesammelt hat, um den Menschen ihre guten Stücke wieder zurückzugeben.
Ausgangspunkt für diese Sammelleidenschaft ist der Verlust eines persönlichen Gegenstandes seiner verstorbenen Frau.
Nachdem Mr. Peardew gestorben ist, erbt Laura das Haus zusammen mit der Bitte, die verlorenen Dinge wieder zu ihren Besitzern zu führen. Doch das ist gar nicht so einfach, glücklicher Weise ist sie ja nicht allein im Haus…
Der Schreibstil ist flüssig und angenehm zu lesen. Die Charaktere sind klar und nachvollziehbar skizziert, die Handlung logisch. Besonders gefreut hat mich, dass die Autorin es geschafft hat, kleine Augenzwinkereien ganz unspektakulär in Szene zu setzen.
Es war einfach wie ein Stück Torte, das man ganz langsam und mit richtig viele Freude isst.

Bewertung vom 01.02.2013
Die Leute, die sie vorübergehen sahen
Bradfield, Scott

Die Leute, die sie vorübergehen sahen


sehr gut

Zugegeben, da hat Scott Bradfield sich etwas Besonderes ausgedacht, eine Geschichte, die so ganz anders ist.
In ruhiger, beinahe sanfter Erzählweise beschreibt der Autor die Erlebnisse des kleinen Mädchens Sal. Als es drei Jahre alt wird, entführt ein Klempner das Kind direkt aus dem Elternhaus. Er möchte das unschuldige Kind vor der verdorbenen Welt schützen. So wohnt Sal eine Weile in einem armseligen Bungalow, wird dort mit dem nötigsten versorgt, zu dem auch Vitaminsaft und eine löchrige Decke gehört. Der Mann erzählt nicht viel, aber er bringt dem Mädchen seine Sichtweise auf die Welt näher. Wichtig ist, den gerade aktuellen Lebenszustand zu achten und zu genießen, denn oft kommt es dann schlechter. Doch die Geduld des Mannes hat seine Grenzen und so übergibt er die Kleine bald an eine Bekannte, die bereits ihre Kinder an die Fürsorge verloren hat. Diesmal soll alles gelingen, aber das ist gar nicht so einfach. Und so geht die Reise weiter, nicht nur die Verlierer der Gesellschaft, auch nach außen hin ganz normale Leute trennen sich bald wieder von Sal.
Das Mädchen wandert umher als eine Art Metapher, die Menschen haben so ihre Probleme damit, das Glück festzuhalten. Irgendwas steht immer im Weg, das Fehlen von Geduld, abwegige Gedanken oder auch andere Leute, die das große Los dem jeweiligen missgönnen. Es wird gezeigt, dass es nahezu unmöglich ist, auf der Stufe der Zufriedenheit zu verharren.
Das andere Thema, das mit dem Buch verdeutlicht werden soll, ist die fehlende Freiheit der Kinder. Sie werden ständig bewacht und zu den verschiedensten Aktivitäten genötigt, anstatt sie einfach draußen spielen zu lassen. Schule ist einfach nur schlecht für Kinder. An dieser Stelle geht mir der Autor zu weit, meiner Meinung nach bringt ein Rundumschlag gegen das Bildungs- und Erziehungssystem nichts, besonders, wenn die Alternative ein Hausen in vergammelten Ruinen darstellen soll. Religion und Fanatismus bekommen natürlich auch ihr Fett weg. Scott Bradfield lässt seine Gedanken durch das kleine Mädchen sprechen, was es sehr altklug und auch unglaubwürdig klingen lässt. Das ist wohl auch der Knackpunkt der Story, der die Leser sich für oder gegen das Buch entscheiden lässt.
Absolut hervorzuheben ist die intensive, ausdrucksstarke Gestaltung der Erwachsenen mit ihren Problemen, Nöten und ihren Träumen. Diese Figuren werden sehr lebensecht gestaltet, auch ihre Entscheidungen sind durchaus nachvollziehbar.
Der Schreibstil ist einfach schön, das Buch ist wie ein sanfter Atem, der durch die Gedanken zieht.
So entsteht ein fast zweigleisiges Fazit: Unbedingt kaufen und lesen, dabei aber die altklugen Gedanken des Kindes nur bedingt an sich heranlassen, damit man die Freude am Buch nicht verliert.
Dieses Gefühl der Unentschiedenheit am Ende eines Buches ist selten, wohl aber dadurch bedingt, dass sich auch der Autor uneins ist, ob es sinnvoll ist, ein normales Leben zu führen oder ob man unbedingt ausbrechen muss.
Wichtig ist auf jeden Fall, das Leben, so wie es gerade ist, zu genießen und nicht immer weiter zu hetzen. Diese Aussage trifft der Schriftsteller glasklar.

Bewertung vom 19.11.2011
Pandoras Tochter
Johansen, Iris

Pandoras Tochter


sehr gut

Ein schwarz-weiß gehaltenes Cover mit einem fast unheimlich anmutenden schwarzen Blatt verspricht einen spannenden Inhalt - und man wird nicht enttäuscht.
Megan könnte ein ganz normales, fünfzehnjähriges Mädchen sein, wenn sie nicht Stimmen hören würde; drängende, beängstigende Stimmen.
Auch an diesem Nachmittag, als sie mit ihrer Mutter einen Ausflug ans Meer unternimmt, hört sie am Strand die beängstigenden Geräusche. Ihre Mutter versucht, sie zu beschwichtigen und den Stimmen die Wichtigkeit zu nehmen. Doch die Warnung, die von ihren Gedanken ausgeht, kann das kommende Drama nicht verhindern.
Zwölf Jahre später ist Megan eine angesehene Ärztin, die bei ihrem Onkel lebt. Den Tag von damals hat sie nur verschwommen in Erinnerung, es war der Zeitpunkt, an dem ihre Mutter den tödlichen Autounfall erlitt. Ihr Onkel Philipp hat sie damals aufgenommen und er ist bis heute ihr engster Vertrauter. Er hält auch zu ihr, wenn sie zu sensibel auf die Ereignisse in der Klinik reagiert.
Eines Abends wird sie bei der Rückfahrt von der Klinik von einem Truck mehrfach gerammt, wobei sie all ihre Fahrkünste zusammen nehmen muss, um nicht von der Brücke zu geraten. Die Fahrt endet zum Glück glimpflich im Straßengraben.
War es ein Betrunkener, der sie da abdrängen wollte oder steckt etwas anderes dahinter? Sorgt Philipp wirklich selbstlos für sie oder versteckt sich ein dunkles Geheimnis in ihr?
Das Buch baut gleich von Anfang an Spannung auf, die sich durch das ganze Werk zieht. Der Stil ist angenehm flüssig, so dass sich der Roman leicht und fesselnd zugleich liest.
Auch wenn es um parapsychologische Erscheinungen geht, bleibt die Story immer recht nah an der Gegenwart und der Wirklichkeit dran und ist somit alles andere als ein Märchen. Die enthaltene Liebesgeschichte ist fast ein bisschen zu eindringlich geschrieben, etwas weniger wäre da mehr gewesen. Aber das trübt die Lesefreude nur unbedeutend.
Die Charaktere sind unglaublich fein ausgearbeitet, so dass man die Handlungen jedes einzelnen absolut nachvollziehen kann. Und es ist auch ein Buch, das die Frage, inwieweit man einem Menschen vertrauen sollte, genauestens beleuchtet.
Daher ist es für jeden, der sich für die Psychologie des Menschen interessiert, ein absolut lesenswertes Buch und somit für alle Männer eine Geschenkidee für ihre Liebsten.

Bewertung vom 19.11.2011
Der Turm der Könige
Riesco, Nerea

Der Turm der Könige


sehr gut

Das Buch Turm der Könige zeigt deutlich, warum E-Books, Kindle & Co. immer die zweite Wahl sein sollten. Dieses angenehme Gefühl, so ein richtiges Buch mit ,man muss sagen, prächtigem Einband in den Händen zu halten, ist schon ein Genuss an sich. Auch die Innenseite des Einbands ist mit eindringlichen Bildern bedruckt. Öffnet man das Schutzpapier, so erscheint ein alter Stadtplan Sevillas - das ist Genuss, ohne eine Zeile gelesen zu haben.

Doch auch der Inhalt braucht sich nicht zu verstecken. Im 18. Jahrhundert wurde Sevilla vom stärksten Erdbeben seit Menschengedenken heimgesucht. Julia, Witwe und Druckereibesitzerin, wird von ihrer treu ergebenen Haushälterin Mamita Lula gerettet. Noch unter dem tiefen Eindruck stehend, dass das Leben in einem Augenblick zerstört werden kann, beschließt sie, sich dem Mann hinzugeben, den sie wirklich liebt.

Und sie meint es ernst mit ihrer Liebe. Weder die Standesunterschiede noch die ungewisse Herkunft von Leon, ihrem Geliebten, zählen für sie. Auch das Gerede in der Stadt hält sie nicht von ihren Plänen ab, ihre einzige Liebe mit Leben zu erfüllen. So könnte sich alles in Wohlgefallen auflösen, wenn nicht Leon ein lang gehütetes Geheimnis hätte. Auf ihm lastet die Aufgabe, eine seit Jahrhunderten noch offene Schachpartie zum glücklichen Ende zu bringen, ein Spiel, das bitterer Ernst ist.

Wird es ihm gelingen, dieses Spiel zu vollenden? Oder gibt es Widersacher, die sich der Entscheidung entgegen stemmen?

Das Werk lässt die damalige Zeit sehr ausdrucksvoll und plastisch aufleben. Die Charaktere sind liebevoll gestaltet, ihre Wandlungen sind stets nachvollziehbar. Besonders angenehm ist es, dass sie nicht automatisch zum Heldentum geboren sind, sondern einfach nur, wie doch jeder von uns, sich nach einem glücklichen Leben sehnt.

Es wird deutlich, wie nah so ein Schachspiel das Leben mit seinen Winkelzügen nachstellt. Damit ist es für Schachliebhaber besonders reizvoll. Wer kein Schachwissen hat, lässt sich einfach von der Stimmung inspirieren.

Auch wenn das Buch nicht immer spannend ist, kommt durch die farbreiche Schilderung der Geschehnisse keine Langeweile auf. Das überraschende Ende entschädigt obendrein.

Letztendlich ist das Buch perfekt für diese Jahreszeit - einkuscheln, lesen und sich in eine fremde Zeit versetzen.

Bewertung vom 19.11.2011
Die toten Gassen von Barcelona
Kremser, Stefanie

Die toten Gassen von Barcelona


gut

Anna möchte ein Jahr nach dem tragischen Tod ihrer Familie in Barcelona auf den Spuren ihrer Mutter wandeln. Glücklicher Weise hat sie den Auftrag erhalten, einen alternativen Reiseführer über diese Stadt zu schreiben. So hat sie einerseits einen offiziellen Auftrag und andrerseits die Chance, ihre Vergangenheit aufzuarbeiten und sich von der Trauer zu lösen.

Doch kaum in der Stadt ihrer Träume angekommen, stolpert sie über den ersten Toten. In rascher Folge gibt es weitere Morde.

Hier fängt es an, unglaubwürdig zu werden. Die Tatsache, dass eine deutsche Journalistin kriminalistische Zusammenhänge schneller begreift als ein ganzes Ermittler-Team ist schon etwas seltsam. Die Grenz war erreicht, als Anna rein zufällig das Haus des Mörders betritt, wohlgemerkt in Barcelona.

Man kann spüren, dass die Schriftstellerin Barcelona liebt ,was auch angenehm durch das Buch blitzt und ein paar schöne Seiten der Stadt offenbart. Aber entweder ist sie selbst oder einer ihrer Bekannten auf größere Probleme im Immobilienbereich gestoßen – jedenfalls wird dieses Thema sehr vordergründig und langatmig behandelt. Die eigentliche Kriminalgeschichte scheint da nur der Aufhänger zu sein und ist entsprechend dürr gestaltet.

Auch die Liebesgeschichte ist leider etwas konstruiert, aber als Frau geht man da großzügig darüber hinweg.

Positiv erwähnenswert ist auf jeden Fall ihr Schreibstil, die Sätze sind richtig schön gestaltet und verbreiten Lesegenuss.

Im Endergebnis ist das Buch so für zwischendurch lesenswert, als Vorbereitung für einen Barcelona-Aufenthalt nimmt man aber lieber ein Buch von Carlos Ruiz Zafón.

Bewertung vom 19.11.2011
Banditenliebe
Carlotto, Massimo

Banditenliebe


weniger gut

Marco Buratti hat sich sein Leben gemütlich eingerichtet. Als Privatdetektiv verhilft es wahlweise den Männern oder den Frauen, sich aus den Komplikationen von Seitensprüngen herauszuwinden. Zusätzlich unterhält er mit seinem Freund Max ein Lokal, das sich vor allem guter Musik widmet.

Mit der Beschaulichkeit ist es vorbei, als sein Freund Rossini auftaucht und vom Verschwinden Sylvies berichtet. Im Auto der Freundin haben die Entführer einen Ring hinterlassen, der die kleine Truppe an längst verdrängte Ereignisse erinnert.

Zwei Jahre zuvor wollte ein Typ eine Ermittlung aufdrängen, in der es um einen großen Rauschgiftdiebstahl ging. Da er nichts mit Drogen und den damit fast unvermeidlichen Kontakten zur Mafia zu tun haben wollte, der Auftraggeber aber immer zudringlicher und gefährlicher in seiner Vorgehensweise wurde, beseitigten Marco und seine Freunde den Typen. Den Ring, den dieser getragen hatte, hinterlegten Sie im Wagen des Opfers.

Werden sie Sylvie lebendig wiedersehen? Was soll mit der Entführung bezweckt werden?

Der Anfang der Geschichte liest sich sehr flüssig und ist in sich stimmig. Dann aber treten immer mehr Mafiaangehörige, Polizisten und Schurken in das Geschehen ein, so dass sich ein wahres Knäuel an Spielern, Gegenspielen und Gegen-Gegenspielern entwickelt. Es ist schwer, dabei die Übersicht zu behalten.

Interessant ist, dass sie Stellen, an denen es sonst spannend wird, mit einem Satz abgehakt werden und die Hintergrundforschung im Mittelpunkt steht. Man wird den Verdacht nicht los, dass man ein Polizeiprotokoll oder ein Sachbuch liest. Der Versuch, Marcos Truppe möglichst gewaltfrei agieren zu lassen, ist löblich, aber nicht gerade dem wahren Leben nachvollzogen.

Auch der Umstand, dass sie im gleichen Auto mehrere Tage hintereinander direkt vor der Villa eines Schurken parken und die Gegend beobachten können, strapaziert die Glaubwürdigkeit; der Hinweis auf die getönten Scheiben lässt einem eher schmunzeln.

Alles in allem ist das Buch wohl eher etwas für eingefleischte Carlotto-Fans.

Bewertung vom 19.11.2011
Das Wunder von Treviso
Falk, Susanne

Das Wunder von Treviso


ausgezeichnet

Das Wunder von Treviso - ein wirklich göttlicher Roman ! Aber fangen wir von vorn an: Don Antonio, der Dorfpfarrer von Treviso, möchte seinen Ort und dessen Menschen aus dem Dornröschenschlaf, der allen nicht gut tut, wecken. Und was liegt bei einem Geistlichen näher, als dem Schicksal mit einem Wunder nachzuhelfen?

Flugs wird die Madonna aus dem Keller geholt und von einem geschickten Schnitzer renoviert und mit Rotweintränen versorgt. Die Geschichte nimmt seinen Lauf...

Rund um die hölzerne Statue ranken sich die verschiedenen Schicksale, die der Schriftsteller geschickt miteinander verwebt. Die Sätze und deren Inhalt laufen leichtfüßig und vergnüglich ihren Weg entlang, die Originalität lässt auch bei wachsender Seitenzahl nicht nach. Die einzelnen Figuren wirken sehr lebensecht, man kann sich den kleinen Ort so richtig gut vorstellen.

So ist das Buch ein Sommerschmöker auf hohem Niveau und ein kleines Wunder mag doch jeder gern.

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