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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Frieda-Anna
Wohnort: 
Eppendorf

Bewertungen

Insgesamt 46 Bewertungen
Bewertung vom 30.03.2018
Für immer ist die längste Zeit
Fabiaschi, Abby

Für immer ist die längste Zeit


sehr gut

In ihrem anrührenden Debutroman “Für immer ist die längste Zeit” behandelt Abby Fabiashi genau dieses Thema. Maddy die Ehefrau von Brady und Mutter der 17-jährigen Eve, springt vom Dach der Bibliothek. Der Selbstmord ist Thema in dem kleinen Städtchen und für Eve und Brady beginnt eine neue Zeit. Derweil versucht Maddy “von oben” zu steuern, dass es den beiden in Zukunft auch ohne sie gut geht.


Abwechseld wird aus jeder Sicht erzählt.


Der Inhalt und die Figuren konnten mich zuerst überhaupt nicht packen. Maddy war mir zu streng, Brady unsympathisch und Eve einfach nur ein nerviger Teenager. Nach und nach tauten die Figuren auf und gewannen an Farbe und Gefühl. Etwas Spannung kam dazu und schon zog mich der einfache, aber sehr berührende Schriebstil der Autorin an. Das Thema wird sehr vorsichtig, mit viel Takt und Fingerspitzengefühl, behandelt und es wird an manchen Stellen sogar humorvoll.


Die ein oder andere Hintergrundgeschichte hätte man sich vielleicht aus reiner Überflüssigkeit sparen können, denn das Buch ist auch so gelungen. Ein Roman zum langsamen und nachdenklichen Lesen. Und dass man anschließend seine eigenen Lieben umarmen möchte, wie der Klappentext mitteilt, stimmt absolut.

Bewertung vom 11.08.2017
Und Marx stand still in Darwins Garten
Jerger, Ilona

Und Marx stand still in Darwins Garten


schlecht

Ich war schon zu Anfang skeptisch, was die Buchidee betrifft.
Zwei bekannte Größen ihrer Zeit bis heute treffen sich fiktiv. Eher der Sinn des Ganzen hat mich veranlasst mich für das Hörbuch zu interessieren; nicht zuletzt deshalb, weil ich die beruhigende, dunkle Stimme von Peter Kaempfe sehr mag.
Darwin, wie auch Marx sind gealtert, melancholisch und körperlich nicht wohlauf. Die Autorin hatte offensichtlich, hierauf basierend, Freude an der detailierten Ausführung sämtlicher psychosomatischer und somatischer Symptome der beiden mit all ihren Auswirkungen und so schickt sie abwechselnd Dr. Beckett zu ihnen. Bis die beiden sich schließlich bei Darwin treffen. Bis dahin und nicht aufhören wollend erfährt der erstaunte Leser vieles über Leberleiden, Schlaflosigkeit und Albträume, Bronchitis und das Öffnen und die Versorgung eitriger Geschwülste. Um hier einen kleinen Teil zu nennen. Zwischenzeitlich hatte ich den Eindruck, dass auch Herr Kaempfe Schwierigkeiten hatte, dies alles vorzutragen und glaubte, seine Stimme wurde immer monotoner. Ich hatte wirklich keine große Lust mehr weiter zu hören und das lag nicht allein an der Ausführung menschlicher Gebrechen. Ich konnte mich nicht auf die Handlung, die meines Erachtens so lansam vor sich hinkroch, wie die Regenwürmer in Darwins Experimenten, einlassen. Zuwenig erschienen mir auch die Fakten und Informationen über die jeweiligen Werke beider. Kam mal so ein Häppchen, konnte mich wenigstens dieses dazu bringen nicht gleich aufzugeben.
Zwei große Denker sollten einfach so in Erinnerung bleiben. Ergänzungen unnötig.

Bewertung vom 04.06.2017
Glaube Liebe Tod / Martin Bauer Bd.1 (MP3-Download)
Gallert, Peter; Reiter, Jörg

Glaube Liebe Tod / Martin Bauer Bd.1 (MP3-Download)


ausgezeichnet

Mittendrin
war ich beim Hören des Hörbuches “Glaube Liebe Tod” und absolut hin und weg von Oliver Siebecks Stimme. Einen besseren Sprecher für den Serienauftakt um den Polizeiseelsorger (mals was ganz ganz anderes aus der Multiprofessionalität der Polizeidienste!) Martin Bauer kann es nicht geben. Die Klangfülle seiner Stimme und das angenehm berauschende Timbre passt genau zum Inhalt. Dazu die richtige Betonung und das Einstellen auf die jeweilige Person bringen ein perfektes Ergebnis.
Martin Bauer ist eigentlich nur für das Seelenheil manches gebeutelten Wachtmeisters zuständig, doch er mischt sich ein und glaubt nicht so recht an den dann doch gelungenen Selbstmord des Polizisten Keunert. Schließlich hatte er ihn kurz vor seinem Tod noch erheblich spektakulär von seinem Selbstmord abgehalten.
Die Einmischerei ist nicht immer zu seinem Vorteil und bringt ihm außer blauen Flecken auch noch Ärger mit Sarah, seiner Frau ein. Oft plagen Bauer Gewissensbisse, ob seines oft spontanen Handelns und gerade das macht ihn so menschlich. Trotzdem wirkt er nicht schwach. Kurzum ist seine Person genial gezeichnet und man begenet beim Hören wirlich seiner einnehmenden Ausstrahlung. Für mich ein absoluter Sympathieträger und ein wunderbarer Serienauftakt!

Bewertung vom 19.03.2017
Betrunkene Bäume
Dorian, Ada

Betrunkene Bäume


ausgezeichnet

Erich ist alt. Alt und langsam so gebrechlich, dass er Hilfe im Alltag benötigt. Seine Tochter Irina meint es gut und versucht ihm und ihr mit Rollator und einer Pflegerin das Leben zu Hause zu erleichtern. Doch der alte Wissenschaftler will nicht recht gehorchen und lässt sich seine Eigenständigkeit so schnell nicht nehmen. Dann tritt Katharina in sein Leben. Katharina ist Schülerin und von zu Hause ausgebüchst. Beide finden ein gemeinsames Thema. Russland. Erich war beruflich in Sibirien unterwegs und Katharinas Vater ist beruflich in Sibirien unterwegs. Katharina und Erich verbindet eine große Sehnsucht. Und Erich trägt eine große Last mit sich....

Das Hörbuch "Betrunkene Bäume" wurde gelesen von Adam Nümm, der nun zu meinen Lieblingssprechern gehört. Unaufgeregt und trotzdem mitreißend erzählt er die Geschichte eines in die Jahre gekommenen Wissenschaftlers, der einst eine ungewöhnliche Expedition durch die sibirischen Wälder unternommen hatte und dabei etwas tat, was ihn bis heute belastet.
Adam Nümm liest diesen literarisch anspruchsvollen Text mit Hingabe und einer wundervoll sonoren Stimme, die immer zur Aktualität des gerade Gelesenen passt.
"Betrunkene Bäume" von Ada Dorian ist eine sanfte Hymne an das Älterwerden, an die Vergangenheit und Vergänglichkeit und nicht zuletzt an die Liebe.
Der Text ist so klar und selbstverständlich, dass die angesprochenen Themen deutlich und emotionsgeladen in den Vordergrund rücken. Davon habe ich mich mich begeistern lassen. Ein (Hör)Buch welches ich uneingeschränkt jedem weiter empfehle, der Spaß an stilvoll eingesetzter Sprache hat und sich auf eine ungewöhliche Reise einlassen möchte.

Bewertung vom 18.03.2017
Wenn ich jetzt nicht gehe
Dueñas, María

Wenn ich jetzt nicht gehe


sehr gut

Das Cover, so blassrosa wie jemand der kurz vor einem Kreislaufzusammenbruch steht, zeigt ein sich schmalzig anschmachtendes Paar unter einem Regenschirm, dessen Rotton im erwähnt wässrigen rosa wie ein Ertrinkender um Hilfe zu schreien scheint. Dazu staksen die orange roten Buchstaben des Titels und Autors hervor und verkünden: "Wenn ich jetzt nicht gehe". Himmel hilf! Die Übersetzung des Originaltitels ist sowas von unglücklich gewählt, und die Gesamtheit dieses ersten schmerzlichen Anblicks von einem verunstalteten Buchgesicht, hätte mich diese wunderbare Geschichte fast verpassen lassen.

Mauro Larrea ist in Mexico Stadt in aller Munde. Attraktiv, verwitwet und wohlhabend steht er im Glanze der Gesellschaft. Bis ihn eine Nachricht ereilt, die seinen finanzielllen Ruin bedeutet. Um sein Gesicht nicht zu verlieren, versucht er seine Situation zu verheimlichen. Die vertrakte Lage zwingt ihn dazu, Mexiko zu verlassen. Ein Neustart steht an. Und Soledad Montalvo kommt plötzlich aus dem Nichts.
Die spanische Bestsellerautorin Maria Duenas lässt ihrer Hauptfigur keine einzige ruhige Minute. Sie führt den unerschrockenen Mauro charmant und mit Überzeugung von einem ins nächste Abenteuer und lässt ihn dabei immer am Rande des Abgrundes balancieren. Da kann einem der arme Kerl schon einmal leid tun. Abstrus humorvolle Szenen, die im 18 Jahrhundert eine Welle der Entrüstung ausgelöst hätten, bedingen, dass man auch als Leser kaum zum Atmen kommt, geschweige denn das Buch aus der Hand legen möchte.
Eine wundervolle Geschichte in anspruchsvoll blumiger Sprache mit einem Protagonisten zum Verlieben, der zeigt, dass immer und überall alles möglich sein kann.

Bewertung vom 10.02.2017
Das Buch der Spiegel
Chirovici, Eugene O.

Das Buch der Spiegel


ausgezeichnet

Der Autor Richard Flynn schickt einen Auszug aus seinem Manuskript an den Literaturagenten Peter Katz. Dieser ist überwältigt vom Gelesenen. Thema ist der 25 Jahre zurückliegende Mord an Professor Wieder, der nie aufgeklärt wurde. Es zeichnet sich ab, dass Flynn mit seinem Buch zur Aufklärung führt. Katz möchte das vollständige Manuskript, doch er ist zu spät! Flynn ist tot!
Nun gilt es, die ganze Geschichte zu erfahren, und Katz macht sich auf die Suche nach den Personen, die mit Flynn in Verbindung standen. Ein Strudel aus Rätseln, Lügen und Wahrheiten zieht ihn in den Bann des damaligen Geschehens.

Ich hatte einen intelligenten Plot und einen beeindruckend ungewöhnlichen Stil erwartet und auch genau das bekommen! Als Leser habe ich mich ständig auf der Hut gefühlt. Was kommt als nächstes? Kann ich die Handlung durchschauen oder voraussehen? Eindringlich wurde mir aber stattdessen näher gebracht, dass meine Erinnerung nicht immer der des anderen entspricht, oder gar mit der Wahrheit konform geht. Eigentlich keine außergewöhnliche Idee, aber hier so genial umgesetzt, dass etwas ganz Neues entstanden ist.

Ich habe das Buch, weil ich gar nicht anders konnte, in einem Rutsch durchgelesen.

Unbedingt lesen sollten diejenigen, die es gerne anspruchsvoller mögen und anschließend einen bleibenden Eindruck behalten, sowie einen neuen Lieblingsautoren ihrer Liste zufügen möchten.

Bewertung vom 29.01.2017
Ab morgen wird alles anders
Gavalda, Anna

Ab morgen wird alles anders


ausgezeichnet

Als ich das Buch von der Vorderseite auf die Rückseite drehte und den Satz "Das Glück macht ein Geräusch, wenn es verschwindet" las, hatte der Band mit Anna Gavaldas neuen Kurzgeschichten bereits meine wärmste Sympathie gewonnen.

Alle fünf Geschichten unterschiedlicher Länge fallen durch soviel Emotionalität und liebevoll gezeichnetetn Characteren auf, dass es fast weh tut, wenn die Protagonisten scheitern, sich wieder aufrichten, ihren Gedanken freien Lauf lassen und versuchen wieder in die Spur zu finden. Die Autorin erlaubt ihnen die schlimmsten Fehler und verzeiht ihnen alles auf deren Suche nach ein bißchen Glück. Das hat eine sehr beruhigende Wirkung, die fortwährend dauert.

Die erste Geschichte rührte mich zu Tränen, die zweite machte mich ganz kribbelig, die dritte bestach durch eine perfekte Rede, bei der vierten benötigte ich zum Hineinfinden etwas mehr Zeit, war dafür aber gegen Ende zum Zerreißen gespannt und versöhnt, die fünfte war zu kurz und anschließend war ich auch wieder traurig, weil es danach keine Geschichte mehr gab.

In jeder Geschichte gibt es Sätze, die angenehme Impulse setzen, die zum Verweilen einladen und wie Gehirnbalsam wirken.

Besonders zu erwähnen sind Anna Gavaldas Perspektivenwechsel. Überflutend überzeugende Weltbilder werden unerwartet umgekehrt und völlig neu geschaffen. Genauso überzeugend und so überraschend.

Anna Gavalda behält ihren Platz auf meiner Liste der außergewöhnlichsten Erzähler unserer Zeit.

Bewertung vom 14.12.2016
Die Spionin
Coelho, Paulo

Die Spionin


ausgezeichnet

Kleines Büchlein, edler roter Einband, typisches Cover mit Bild und Schrift darunter. Alles wie gewohnt im rennomierten Diogenes-Verlag.

Nur, dass Paulo Coelho diesmal selbst als seine Hauptfigur auftritt.

Er ist in die mystisch schillernde Persönlichkeit Mata Haris geschlüpft und berichtet per Brief über deren Leben als weltberühmte, verführerisch exotische Tänzerin und vermeintliche Spionin. Letzteres hat ihr den Tod durch Erschießen, ausgerechnet in ihrem Lieblingsland Frankreich, eingebracht. Ersteres zunächst Ruhm und wichtig(tuerische) Kontakte, dann die Erkenntnis an Wert und Popularität zu verlieren, zu altern.

Aber eigentlich wollte sie ein eigenständiges Leben führen, autark sein und wissen, wer sie wirklich ist.

Paulo Coelho macht deutlich, dass dies für eine Frau in den Anfängen des 20. Jahrhunderts nicht möglich war, ohne einen hohen Preis dafür zahlen zu müssen.
Mata Hari hat ihn auf tragische Weise mit ihrem Leben bezahlt und Paulo Coelho vermittelt uns dies in seiner typischen Manier. Mit seinem eindringlich emotionalen Stil, der mich immer wieder dazu bringt, mich in eine Art emotionale Trance zu begeben und auch nach dem Lesen noch eine gewisse Zeit in seinem Werk zu verweilen.
Er hat sich erlaubt, in "Die Spionin", fiktives Gedankengut mit wahren Begebenheiten zu vermischen und schafft es, Mata Hari nocheinmal wiederauferstehen zu lassen. Er lässt sie weise klingen, aber gleichzeitig auch naiv und unreif wirken wie ein Kind, was mich mitunter ihr gegenüber in ambivalenten Gefühlen zurückgelassen hat. Daher fiel es mir hier, frei nach Coelho, schwer, sie als erste Feministin und Kämpferin für ihre eigenen Werte und Bedürfnisse zu betrachten.
Trotzdem: Dieses Buch, mit seiner dramatischen Protagonistin, hat meine Seele berührt. Paulo Coelho ist ein lesenswertes Essay über eine faszinierende Frau gelungen, die in der heutigen Zeit besser aufgehoben wäre. Wie immer lässt er uns durch sein Werk nachdenklich unsere eigene Person betrachten. Lesen und staunen!