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Juti
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Insgesamt 605 Bewertungen
Bewertung vom 19.04.2024
Der Friedhof der vergessenen Bücher
Ruiz Zafón, Carlos

Der Friedhof der vergessenen Bücher


weniger gut

Kurzgeschichten aus Barcelona

Zafons Tetralogie der Barcelona-Krimis habe ich gern gelesen. Seine Kurzgeschichten dagegen wirken eher wie Abfallprodukte. Mir fiel vor allem negativ auf, dass alle Erzählungen negativ enden.

Während in den Krimis noch die ein oder andere Liebesgeschichte erheitert und der ein oder andere Dialog erfreut, fand ich hier nur den Arzt, der „den Ruf von Patientinnen gerettet [hat], denen gewisse Bereiche ihres eigenen Körpers aufgrund ihrer Erziehung ein größeres Mysterium war als die heilige Dreifaltigkeit.“ (53f)

Im Anhang steht, es sei das letzte Buch des inzwischen verstorbenen Autors. Ich kann die Barcelona-Krimis empfehlen, diesen Band aber nicht. Er macht nur traurig und lässt nichts in Erinnerung. 2 Sterne

Bewertung vom 16.04.2024
Echtzeitalter
Schachinger, Tonio

Echtzeitalter


ausgezeichnet

traditionelles Elitengymnasium

Als letztes Buch der Shortlist habe ich den Preisträger gelesen und alles in allem hat er es verdient.

Wer einwerfen will, das Thema eines Schulromans, noch dazu in einem konservativen Gymnasium sei aus der Zeit gefallen, dem sei entgegnet, dass gerade in dieser sich mit der Digitalisierung schwer tuenden Schule mit der Hauptperson Till jemand als einer handelt, der bei Computerspielen ein so hohes Level erreicht hat, dass er zur Weltspitze gehört. Der schmale Grat zwischen Sucht und Erfolg bleibt ein Leitfaden in diesem Roman.

Der andere ist die Literatur, da gerade der Deutschlehrer Dolinar aus dem Rahmen fällt. Er geht mit seinen Schülern nicht mehr so um, wie es heute zu erwarten ist. Erst spät kommt die Liebe ins Spiel, aber mit ihr auch ein Literaturpreis den Feli, Tills Freundin, gewinnt. Till selbst bekommt mit seinem Lehrer nur Ärger. Am Rande wird auch die Politik, vor allem die österreichische gestreift.

Angesichts der Mängel der anderen Bücher will ich diesmal die Bestnote erteilen, auch wenn dies nicht heißen soll, dass dieser Roman unbedingt gelesen werden muss. Ich danke der Jury für die gute Entscheidung, die beste seit Robert Menasse mit „Die Hauptstadt“.

Zitate: denn genau wie bei Drogen sind nicht die Nachteile das Gefährliche, sondern ihre Vorteile: dass sie einem helfen das Leben zu vergessen und zu ertragen. (45)
Die größte Gefahr bergen nicht die schweren, sondern die ganz einfachen Fragen. (69)
Einen bürgerlichen Buben […] Ausdrücke wie Teppichknüpfer und Kameltreiber verwenden zu hören, löst bei ihr explosionsartiges Unwohlsein aus, aber dass der so beschimpfte Junge, das Rassismusopfer, darauf nicht reagiert […], sondern den blonden Aggressor als die mieseste arschfickende Drecksschwuchtel aller Zeiten bezeichnet und die Buchhändlerin als blöde Sau, macht die Situation noch schlimmer und verwirrender. (94)

Bewertung vom 02.04.2024
Die Welt von Gestern
Zweig, Stefan

Die Welt von Gestern


ausgezeichnet

Autobiographie, die Casanova mit biblischer Exegese verbindet

In drei Abschnitte kann man Zweigs Leben einteilen:
Die Zeit vor dem 1.Weltkrieg, also vor 1914 eine „Welt in Sicherheit“, in der Zweig in Wien im Habsburger-Reich unter dem alten Kaiser Franz Josef aufwächst. Da seine Eltern Industrielle waren und sein Bruder das Unternehmen übernimmt, braucht er sich um finanzielle Dinge nicht zu kümmern, sondern kann sich schon als Schüler der Literatur widmen, ja er verfasst bereits erste Gedichte, da er den Schulstoff für dilettantisch, also wirklichkeitsfremd hält. Das Liebesleben ist vor dem Krieg auch ein anderes. Nach der Schule kommt das Studium, das er als lockeres Philosophiestudium schildert, in dem er erste Reisen unternimmt und dank Veröffentlichung in der „Neuen Freien Presse“ schon berühmt wird, so dass die Professoren bei der Abschlussprüfung ihm schon gnädig gestimmt sind.
In diesem Buch werden ausführlich die anderen Personen geschildert, denen Zweig in seinem Leben begegnet ist, also hier Hugo von Hofmannsthal, der als Dichter sein Vorbild war und Theodor Herz, der als Zeitungsredakteur sich für Zweig stark machte, der auch Zionist war und sich Zweig mit in der Bewegung gewünscht hätte, was er aber ablehnte. Persönliches von Zweig, seine Ehefrauen kommen fast gar nicht vor, nur der Tod der Mutter wird gegen Ende knapp thematisiert.

Das Besondere an diesem Buch ist der zweite Teil, der den Text von Stefan Zweig ausführlich kommentiert. Da hat sich jemand wirklich die Mühe zu überprüfen, ob das, was er so schreibt, auch tatsächlich stimmt. Manches lässt sich nicht mehr klären, aber gerade dort, etwa beim Abriss des Sterbehaus von Beethoven, wo Zweig klar schreibt, dass er dabei gewesen ist, stellt sich heraus, dass er in Paris war und kein Augenzeuge sein kann. Bei der Bibel ist das Aufgabe der Exegese.

Der zweite Abschnitt in Zweigs Leben beginnt mit 1914 und endet mit Beginn der Nazi-Zeit. Allerdings muss erwähnt werden, dass vor 1914 Zweig ständig in Europa unterwegs war und das erinnert mich an Casanova. Mit Rathenau kommt auch die Politik nicht zu kurz, im Gegenteil ich fand es beeindruckend wie plastisch er die Auswirkungen der Inflation erst in Österreich und dann in Deutschland schildert. Weil Geld keine Rolle mehr spielt, Vergnügen sich die Menschen mehr. Neu für mich war auch, dass die Österreicher den ermordeten Thronfolger in Sarajevo gar nicht geliebt haben und irgendwie schon dachten, dass auch diese Krise ohne Krieg abgewendet werde.

Ich greife vor, das macht der Autor aber auch. Zweig arbeitet anfangs vorwiegend als Übersetzer und freundet sich mit dem Belgier Emile Verhaeren und Romain Rolland an. Die Autobiographie soll den Eindruck erwecken, dass die drei eine pazifistische Bewegung gegründet hätten, aber außer Rolland liessen sich, wie der Kommentar sagt, die anderen beiden von der Kriegsbegeisterung 1914 anstecken. Erst nach einem drastisch geschilderten Frontbesuch in Galizien wird Zweig zum Kriegsgegner.

Im zweiten Abschnitt seines Lebens wird Zweig der am häufigsten übersetzte Autor, was nach Zweig daran liegt, dass er seine Bücher immer aufs Wesentliche kürzt.
Wie bei jedem guten Buch, kann ich noch kurz zur Nazi-Zeit sagen, dass Zweig schreibt, dass die Bücherverbrennungen 1934 ein Versuch von Studenten mit Unterstützung der Nazis waren, wie weit sie gehen konnten. Erst 1936 wurden seine Bücher in Deutschland verboten. Zweig kritisiert Europa (England, Frankreich, Italien), dass sie den Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland nicht verhindert haben und das Münchener Abkommen, das Hitler dann aber auch bricht und das Buch endet mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs.

Zweigs Sprache verdient die Bestnote, ebenso aber auch der Kommentar, wenn auch zweimal das erklärte Wort im Kommentar früher als im Text erschien. Fußnoten hätten das Lesen etwas erleichtert. 5 Sterne

Bewertung vom 01.04.2024
Briefe von April bis Dezember 1547
Bullinger, Heinrich

Briefe von April bis Dezember 1547


schlecht

Warum sollen mich die Briefe interessieren? Und dann zu dem Preis.

Bewertung vom 01.04.2024
MAGNIFICAT APRIL 2023

MAGNIFICAT APRIL 2023


gut

Gerade habe ich mich durch das Stundengebet durchgeackert, jetzt kommt noch das Magnificat.
Nein, liebe katholische Kirche, das ist zuviel des Guten. Mein Tag hat auch nur 24 Stunden.

Bewertung vom 01.04.2024
ChessBase Magazin #218 (März/April 2024), DVD-ROM

ChessBase Magazin #218 (März/April 2024), DVD-ROM


ausgezeichnet

Was soll man zu dieser Schach-CD sagen?
Schach spielen stärkt die Konzentration.
Und Training mit dieser CD auch die Gewinnchancen.
Also ran ans Werk!

Bewertung vom 01.04.2024
April, April

April, April


ausgezeichnet

Einen besseren Titel hätte es für dieses Spiel nicht geben können, zumal heute.

Bewertung vom 01.04.2024
Te Deum April 2024

Te Deum April 2024


ausgezeichnet

So ist es in der katholischen Kirche: Wenn du nicht weiter weißt, hilft dir das Stundengebet über die Runden. Halleluja!

Bewertung vom 31.03.2024
Franz Beckenbauer (MP3-Download)
Körner, Torsten

Franz Beckenbauer (MP3-Download)


ausgezeichnet

Wie Kaiser Franz den Fußball veränderte

Vorweg: Ich habe das Buch aus dem Jahr 2005 gelesen, aber es gibt es wohl nicht mehr. Das ist äußerst schade, weil es nicht nur das Leben des Kaisers beleuchtet, sondern auch die Zeit, in der er lebte. Und selbst wenn im Rahmen der Bewerbung zur WM 2006 Bestechungsgelder geflossen sein sollen, so können sie sich hier nicht wiederfinden, da dieses beim Erscheinen des Buches nicht bekannt war.

In seinen ersten Biografien fehlt der Hinweis, dass Franz schon als Teenager Vater wurde – ein Umstand, der in den 60er Jahren für reichliche Probleme gesorgt hat und noch mehr verursacht hätte, wenn er bekannter geworden wäre. Doch Sepp Herberger persönlich konnte einen größeren Skandal bei seinem Eintritt in die Nationalelf verhindern.

Auch die Zeit des Serienmeisters FC Bayern war noch nicht gekommen. Zwar Jahre brauchte der heutige Spitzenklub, um in die Bundesliga aufzusteigen und dann wurde man erst Mitte der 70er erstmals Meister – den DFB-Pokal gewann man aber früher.
Wir wollen nicht in klein klein verfallen, aber wäre nicht schon bei der WM 66 mehr drin gewesen und was wäre, wenn Beckenbauer im Jahrhundertspiel gegen Italien nicht verletzt worden wäre. Vielleicht hätte der Kaiser aber auch die Lust verloren, wenn er schon vor 1974 als Spieler alles erreicht hätte. So bleibt die WM im eigenen Land in guter Erinnerung, bei der Franz nach der dürftigen Vorrunde quasi schon als Teamchef fungierte.

Und dann folgen Jahre der Suche, in den USA – die er als schönste Zeit bezeichnete, weil er dort unerkannt über die Straße gehen konnte – und bei HSV, wo er immer verletzt war.

Die Krise der Nationalmannschaft 1982 und vor allem 1984 machte ihn dank Bild-Zeitung schnurstracks zum deutschen Teamchef. Und nach einer holprigen Vizeweltmeisterschaft 1986 und unglücklichem Ausscheiden bei der EM 88 wurde er als Teamchef Weltmeister in Rom 1990. Seine Bilder, wie er nach dem Titel alleine über den Platz läuft, bleiben in Erinnerung.

Mehr und mehr wird das Buch zum Medienreport, da der Kaiser zur Werbeikone wird. Und er stellt sich die Sinnfrage. Nach Ausflügen nach Marseille wird er Präsident des FC Bayern mit zwei Interrimstrainereinsätzen, bevor er die WM 2006 nach Deutschland holt. Der Autor erwartet noch, dass er danach FIFA-Chef wird, doch das ist nicht geschehen. Aus heutiger Sicht zum Glück.


Dass ein über 10 Jahre altes Buch nach dem Tode des Kaisers heute noch lesenswert ist, macht seine Klasse aus. 5 Sterne

Bewertung vom 28.03.2024
Die Möglichkeit von Glück
Rabe, Anne

Die Möglichkeit von Glück


sehr gut

einprägsame Erinnerungskultur

Nun war schon die Leipziger Buchmesse und ich habe immer die Shortlist des letzten Buchpreises zu lesen. Dies ist aber das vorletzte Buch, mir fehlt nur noch der Preisträger.

Und nach mühsamen Start hat mich Anne Rabe doch überzeugen können. Sie erzählt nämlich im Rückblick von zwei Diktaturen – den Nazis und der DDR. Dies geschieht anhand ihres Großvaters, der weder als Stasi-Opfer noch als Stasi-Spitzel geführt wurde. Selbst 30 Jahre nach der Wende mag dieses Thema noch zu fesseln.

Außer der Badewannengeschichte fand ich dagegen die eigene, jetzige Familiengeschichte eher mühsam und den Titel des Buches kann ich mir bis heute nicht erklären.


Ich habe mich für 4 Sterne entschieden, wobei die gerade beschriebenen Mängel zeigen, dass es gerade so über 3 Sterne liegt. Mit der Bewertung möchte ich auch andeuten, dass es mir besser gefallen hat als die anderen Bücher der letztjährigen Shortlist.