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Als die "letzte Waffe des Wehrlosen" (S. Freud) hat sich der jüdische Witz über die Jahrhunderte entwickelt. Zumindest ohne die spezifische Erfahrung der Ausgegrenztheit ist der jüdische Humor nicht zu verstehen. Klatzmann erzählt die Witze nach Ländern und Themen geordnet, und kommentiert sie, wo nötig.
"Der Rabbiner Shak fragt eines Tages den Rabbi von Lubawitsch: "Woher weißt du, dass du der Messias bist?" "Gott selbst hat es mir gesagt", antwortet dieser. Der Rabbiner Shak überlegt einen Moment und sagt: "Ich kann mich nicht erinnern, dir das gesagt zu haben."
Was ist der Unterschied
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Produktbeschreibung
Als die "letzte Waffe des Wehrlosen" (S. Freud) hat sich der jüdische Witz über die Jahrhunderte entwickelt. Zumindest ohne die spezifische Erfahrung der Ausgegrenztheit ist der jüdische Humor nicht zu verstehen. Klatzmann erzählt die Witze nach Ländern und Themen geordnet, und kommentiert sie, wo nötig.

"Der Rabbiner Shak fragt eines Tages den Rabbi von Lubawitsch: "Woher weißt du, dass du der Messias bist?" "Gott selbst hat es mir gesagt", antwortet dieser. Der Rabbiner Shak überlegt einen Moment und sagt: "Ich kann mich nicht erinnern, dir das gesagt zu haben."

Was ist der Unterschied zwischen einem Klempner und dem Messias? Antwort: Der Messias wird eines Tages kommen.

Zwei alte Damen unterhalten sich in einer kleinen Pension. "Das Essen ist hier so schlecht", sagt die eine. "Ja", entgegnet die andere und fügt hinzu: "Und die Portionen sind so klein."
Autorenporträt
Joseph Klatzmann, 1921-2008, war in der Résistance, arbeitete als Agrarwissenschaftler und Demograph, lehrte an der EHESS und wurde 1979 in die Légion d¿Honneur aufgenommen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.01.2012

Synagoge wegen Feiertag geschlossen?

Wie überall gibt es auch in Israel Leute ohne Sinn für Humor. Michael Ben-Ari ist einer von ihnen: Im Sommer 2010 setzte sich der Abgeordnete der National Union in der Knesset dafür ein, bestimmte Witze unter Strafe zu stellen; bei seinem Vorstoß wusste er einige Parlamentarier aus den Reihen der ultraorthodoxen Schas-Partei hinter sich. Ben-Ari wollte jene Witze verboten sehen, mit denen Religion oder ethnische Abstammung aufs Korn genommen werden - prominente Themen jüdischen Humors.

So erzählt man sich in Israel etwa gerne den Witz von einem deutschen Juden, der sich nach einer anstrengenden Zugfahrt bitterlich am Schalter beklagt. Er habe in Fahrtrichtung sitzen wollen und das beim Kauf der Fahrkarte auch deutlich gemacht. Nun sei ihm übel, denn auf seinem Platz sei er mit dem Rücken zur Fahrtrichtung gereist. Man fragt ihn, ob er nicht mit einem anderen Reisenden den Platz habe tauschen können. Er antwortet: "Das ging nicht. Denn außer mir saß keiner im Abteil."

Das Beispiel, frei nacherzählt, stammt aus einer Anthologie zum jüdischen Humor, die der inzwischen verstorbene Agrarwissenschaftler und Demograph Joseph Klatzmann zusammengetragen hat ("Jüdischer Witz und Humor". Aus dem Französischen von Thomas Schultz. C.H.Beck-Verlag, München 2011. 126 S., br., 9,95 [Euro]). Klatzmann ordnet die Witze in ihren historischen und geographischen Kontext ein. So erfährt der Leser etwa, dass Witze über deutsche Juden schon bald nach Hitlers Machtergreifung kursierten, als deutsche Juden in größerer Zahl nach Palästina emigrierten. Oft zielte der Spott auf ihr mangelndes Talent beim Erlernen der hebräischen Sprache.

Der jüdische Humor spiegelt die jahrhundertelange Erfahrung der Diaspora wider. Neben Ausgrenzung und Anfeindung durch die Mehrheitsgesellschaften ist aber auch die Assimilation der Juden in aller Welt ein Thema - besonders in Nordamerika, wo das orthodoxe Judentum nie wirklich Fuß fassen konnte. Wenngleich Klatzmann die Quellen seiner Witze häufig im Dunkeln lässt, finden sich Hinweise darauf, dass sich in der jüdischen Kultur Religiosität und Humor nicht ausschließen müssen: Strenggläubige Juden teilen nämlich auch aus - wenn es um die in ihren Augen laxe Religiosität ihrer amerikanischen Glaubensbrüder geht. So handelt ein Witz von zwei amerikanischen Rabbinern, die sich darüber beklagen, dass selbst an Jom Kippur kaum jemand die Synagoge besucht. Der eine erwägt daraufhin, Sandwiches zu verteilen. Der andere hängt einfach ein Schild an die Tür: "Wegen Feiertag geschlossen".

Dass Klatzmann die Witze ursprünglich auf Französisch herausgab und sie nun ins Deutsche übersetzt worden sind, nimmt ihnen nicht ihren Reiz. Und das, obwohl man sich die meisten von ihnen ursprünglich auf Jiddisch erzählte. Die Sammlung beginnt im zaristischen Russland des neunzehnten Jahrhunderts und endet in Israel vor der Jahrtausendwende. Stets war das Lachen in der jüdischen Kultur ein "Verteidigungsmechanismus; es hat einen therapeutischen Effekt", wie Klatzmann resümiert: indem es Widerstand gegen das alltägliche Leid bot, gegen das Elend und die Verfolgung. Wir hatten es bereits geahnt: Humor ist, wenn man trotzdem lacht.

JULIA LAUER

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