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Leben in einem außergewöhnlichen Land
"Das sorgfältig recherchierte Buch geht in die Tiefe, die Autorin scheut vor keinen noch so komplexen Zusammenhängen zurück und bleibt dabei verständlich und unterhaltsam. Sie hat keine Prominenz interviewt, sondern erzählt die persönlichen Schicksale von ganz normalen Menschen - es geht um ihren Alltag, ihren Beruf, ihre Sorgen, jenseits von der großen Politik. Genau das ist auch Rosenthals Stärke. Denn sie taucht tief ein in die verschiedenen Lebenswelten und stillt, wo nötig, den Erklärungsbedarf des Lesers - ob es um alte jüdische Rituale oder…mehr

Produktbeschreibung
Leben in einem außergewöhnlichen Land

"Das sorgfältig recherchierte Buch geht in die Tiefe, die Autorin scheut vor keinen noch so komplexen Zusammenhängen zurück und bleibt dabei verständlich und unterhaltsam. Sie hat keine Prominenz interviewt, sondern erzählt die persönlichen Schicksale von ganz normalen Menschen - es geht um ihren Alltag, ihren Beruf, ihre Sorgen, jenseits von der großen Politik. Genau das ist auch Rosenthals Stärke. Denn sie taucht tief ein in die verschiedenen Lebenswelten und stillt, wo nötig, den Erklärungsbedarf des Lesers - ob es um alte jüdische Rituale oder postmodernes israelisches Paarungsverhalten geht."
Gisela Dachs, Die Zeit
Autorenporträt
Donna Rosenthal hat unter anderem für die "New York Times", die "Washington Post", die "Los Angeles Times" und für "Newsweek" geschrieben. Sie war Reporterin für das Israelische Radio und die "Jerusalem Post" und lehrte an der Hebrew University. Sie erhielt den Lowell Thomas Award für die beste investigative Berichterstattung.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.03.2007

Alles meschugge
Israel – ein zugleich modernes wie altmodisches Land Von Ludger Heid
Irgendwann hielt Theodor Herzl sein Projekt, in einem Streifen Wüste einen Judenstaat zu errichten, selbst für meschugge. Der erste israelische Staatspräsident Chaim Weizmann erinnerte daran und prägte das Bonmot: „Um Zionist zu sein, muss man nicht unbedingt verrückt sein, aber es hilft”.
Meschugge gilt für die Bewohner des Landes Israel alles Mögliche, die Politik, die Staatsfinanzen, die Bedrohung, unter der sie ständig leben – und nicht zuletzt sie selbst. Ein Teil der Bevölkerung sind Söhne und Töchter orientalischer Einwanderer, dunkelhäutige Menschen irakischer, äthiopischer oder jemenitischer Herkunft, die die osteuropäische zionistische Mystik der Gründerväter wohl genauso wenig verstehen wie etwa Kinder sizilianischer oder polnischer Einwanderer die Ideologie des neuenglischen Puritanismus in Amerika.
Israel, das ist ein Land mit sieben Millionen Einwohnern, die arabischen Israelis mitgerechnet, das entspricht in etwa der Einwohnerzahl von Bagdad, die sich auf einem halb von Wüste bedeckten Territorium verteilen, das kaum größer ist als Rheinland-Pfalz – und doch beschäftigt es tagtäglich die Schlagzeilen der Weltpresse. Über die Israelis, die sich bemühen, in einer anormalen Zeit ein normales Leben zu führen, hat die für ihren investigativen Journalismus ausgezeichnete israelisch-amerikanische Publizistin Donna Rosenthal ein Buch geschrieben. Sie schreibt von Menschen, die in kollidierenden Welten leben, zwischen hingebungsvoller Tradition und radikaler Modernität. Trotz der Traumata, die der Krieg gegen die Hisbollah im Libanon und die zweite Intifada ihnen beschert haben, drängen sie in Konzertsäle, tanzen in Diskotheken oder lösen auf hitzige Weise in den Talmud-Hochschulen mit scharfsinniger Dialektik Probleme der Religionsgesetze. Es gibt wohl kein Land, in dem sich Widersprüche und Kontraste so vielfältig widerspiegeln wie in Israel, einem Bevölkerungsgemisch, das seine Wurzeln in über hundert Nationen hat. Israelis tragen Soldatenhelme, Kippot, Keffiyahs, Perücken und Schleier, aber auch umgedrehte Baseballmützen und an mp3-Player angeschlossene Kopfhörer. In jedem Kapitel ihres Buches lässt Donna Rosenthal Israelis unterschiedlichster Prägung ihre Geschichten erzählen.
An spannungsgeladenen Begegnungen herrscht kein Mangel. Traditionsgebundene äthiopisch-jüdische Mütter sind schockiert beim Anblick „weißer” Jüdinnen, die im Stringtanga sonnenbaden. Inzwischen marschieren Tausende bei der alljährlichen Schwulenparade in Tel Aviv mit, die Protestrufe der Rabbis, Imame und Priester verhallen im allgemeinen Trubel. Die neueste israelische Bühnensensation ist eine bildschöne brünette Sängerin, die zuvor als Mann im Heer gedient hatte. Überall in Israel vollziehen sich dramatische gesellschaftliche Umbrüche, und doch halten sich hartnäckig manche Sitten und Gebräuche, darunter die Vielweiberei. In der Negev-Wüste setzte eine ehemalige Beduinen-Schafhirtin ihr Leben aufs Spiel, als sie einen Stammesfremden heiratete. Heute berät sie Frauen, die in eine polygame Ehe hineingezwungen worden sind.
Das Hauptcharakteristikum der israelischen Geisteshaltung ist das obsessive Misstrauen, sich in einer Welt, die die Katastrophe des Holocaust zuließ, nur auf sich selbst zu verlassen. Daraus erklären sich die Ängste und die Vorurteile, die Leidenschaften, der Schmerz, die Trauer und der Stolz, die das öffentliche Leben kennzeichnen. Das Trauma der Vernichtung hat einen ungemein tiefen Eindruck hinterlassen auf die nationale Psyche Israels, auf das öffentliche Leben, die Politik, die Erziehung, die Literatur und die Künste.
Israel ist ein modernes Land, ein Land mit den relativ meisten Dissertationen, mit Universitäten und Forschungszentren, die zur Weltspitze zählen, mit einer fortgeschrittenen Agrartechnik, die das volle Potential von Klima und Boden erschließt, kurz: Israel ist eine Hightech-Nation. Einige streng orthodoxe Israelis sind an der Entwicklung der Computerchips von Intel beteiligt; der israelische Firmenstandort hat Luftschutzkeller, die häufig benutzt werden – als Synagogen, Moscheen oder Sitzungszimmer.
Und doch fehlt dem Land das Entscheidende, wonach sich die Menschen dort sehnen – Frieden. Israel erscheint als ein altmodisch junges Land. In all seiner Neuheit und hektischen Aktivität ist es ein Paradoxon von dynamischer Unbeweglichkeit, meinte einmal der aus Wien stammende Publizist Amos Elon. Israel ist ein Museum von Ideen des neunzehnten Jahrhunderts in einer Umgebung des zwanzigsten: wie ein Tschechow-Stück von Dürrenmatt.
Die bildschöne Sängerin diente zuvor als Mann im Heer
Ein Paradoxon von dynamischer Unbeweglichkeit
Donna Rosenthal
Die Israelis
Leben in einem außergewöhnlichen Land. Verlag C. H. Beck, München 2007. 409 Seiten, 24,90 Euro.
Eine Israelin äthiopischer Abstammung feiert den „Jerusalem-Tag”, mit dem an die Vereinigung der Stadt durch den Krieg von 1967 erinnert wird. Foto: AP
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Bestnoten vergibt Rezensentin Gisela Dachs an dieses Buch der amerikanischen Reporterin, das sie nicht nur durch enorme Einblicke in komplexe Zusammenhänge und sorgfältige Recherche beeindruckt hat, sondern auch durch deren unterhaltsame und ausgesprochen lesbare Aufbereitung. Donna Rosenthal werde der enormen kulturellen Spannbreite und Vielschichtigkeit der israelischen Gesellschaft sehr gerecht, lasse radikal Säkulare, traditionelle und ultraorthoxe Juden, Drusen, Christen und Muslime gleichermaßen zu Wort kommen. Zu den großen Qualitäten des Buchs zählt die Rezensentin dabei, dass es an sehr persönlichen Schicksalen ganz normaler Menschen entlang geschrieben ist, und doch die großen gesellschaftlichen und politischen Probleme und Besonderheiten sehr kompetent reflektiert. Nur die Übersetzung bekommt wegen zahlreicher Fehler schlechte Noten.

© Perlentaucher Medien GmbH