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Hans Maiers "Gesammelte Schriften" - der abschließende Band
Das gängige Bild von den obrigkeitsfixierten, gehorsamswilligen Deutschen kontrastiert in seltsamer Weise mit dem Bild der freiheitsliebenden Deutschen, das in Europa bis zum 18., ja bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts vorherrschte. Seit den sechziger Jahren ist Hans Maier diesem Grundthema der deutschen Geschichte immer wieder in grundlegenden Aufsätzen nachgegangen und hat das spannungsreiche Verhältnis der Deutschen zu Obrigkeitsstaat und Freiheit durchleuchtet. Ein zweites großes Thema seiner historischen Abhandlungen ist die…mehr

Produktbeschreibung
Hans Maiers "Gesammelte Schriften" - der abschließende Band

Das gängige Bild von den obrigkeitsfixierten, gehorsamswilligen Deutschen kontrastiert in seltsamer Weise mit dem Bild der freiheitsliebenden Deutschen, das in Europa bis zum 18., ja bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts vorherrschte. Seit den sechziger Jahren ist Hans Maier diesem Grundthema der deutschen Geschichte immer wieder in grundlegenden Aufsätzen nachgegangen und hat das spannungsreiche Verhältnis der Deutschen zu Obrigkeitsstaat und Freiheit durchleuchtet. Ein zweites großes Thema seiner historischen Abhandlungen ist die Schnittstelle zwischen der gelehrten Welt und der Politik, die er in ganz unterschiedlichen Epochen, vom 16. Jahrhundert bis zum Nationalsozialismus, in den Blick genommen hat. Nicht zuletzt aber gehören seine Beiträge zur deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts zu den Glanzstücken dieses fünften und abschließenden Bandes der "Gesammelten Schriften" von Hans Maier.
Autorenporträt
Prof. Dr. phil., Dr. h.c. mult.] Hans Maier, seit 1962 Professor für politische Wissenschaft in München, war von 1970 bis 1986 bayerischer Staatsminister für Unterricht und Kultus. Er ist seit 1999 Prof. em. für christliche Weltanschauung, Religions- und Kulturtheorie (Guardini-Lehrstuhl) an der Universität München.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.11.2010

Das Wörtlichnehmen von Worten
Hans Maier schließt seine Gesammelten Schriften mit Beiträgen zur Geschichte ab

Im kommenden Juni wird Hans Maier, Emeritus für Politische Wissenschaft in München und Staatsminister für Unterricht und Kultus von 1970 bis 1986 unter den Ministerpräsidenten Alfons Goppel und Franz Josef Strauß, achtzig Jahre alt. Der Ehrentag wird doppelt vorbereitet: zum einen durch Memoiren, die für das Frühjahr 2011 angekündigt sind, zum anderen durch eine Werkschau. Nach "Revolution und Kirche", "Politische Religionen", "Kultur und Politische Welt" und "Die ältere deutsche Staats- und Verwaltungslehre" liegt jetzt "Die Deutschen und ihre Geschichte" vor - laut Verlag, dem der Leser diesbezüglich gar nicht folgen möchte, der "abschließende Band".

Fünfzehn Glanzstücke, entstanden zwischen 1964 und 2007, widmen sich dem Bürger im Obrigkeitsstaat, den Voraussetzungen des Sozialstaates, der Universitätsgeschichte allgemein und der nationalsozialistischen Hochschulpolitik sowie Weichenstellungen im 20. Jahrhundert. Hier vergleicht Maier die Stimmung bei den Kriegsanfängen von 1914 und 1939: hochfliegend der eine, tonlos der andere: "Sieht man von wenigen unverbesserlichen Nazi-Barden ab, so ist der Beginn des Zweiten Weltkriegs in Deutschland kaum verklärt und kaum gefeiert, eher wie ein übermächtiges Schicksal somnambul und passiv hingenommen worden." Das änderte sich wenige Monate später mit Hitlers Siegen im Jahr 1940.

Mit dem 8. Mai 1945 setzt sich ein eigener Beitrag auseinander und knüpft an das berühmte Diktum von Theodor Heuss an: "erlöst und vernichtet in einem". Für Maier wurden die Deutschen "geschlagen und befreit", und zwar "befreit von einem Regime, das sie aus eigener Kraft nicht abzuschütteln in der Lage waren, befreit durch Völker, die ihre Kriegsgegner waren und deren Sieg der bittere, aber notwendige Preis für das Ende der eigenen Unterdrückung war". Eine solche Einsicht sei 1945 noch keineswegs Allgemeingut gewesen: "Wie hätten auch Geschlagene, Gefangene, Enteignete, in die Flucht Getriebene, mit dem Tod Bedrohte - und in dieser Lage waren damals Millionen Deutsche - erkennen können, dass die ,befreit' worden waren?" Es bedurfte einiger Zeit - so Maier -, bis dann die Mehrheit der Deutschen die neueröffneten Chancen der Geschichte zu erkennen vermochte, im Bonner Staat, dessen "Tendenz zur Beschränkung, Zähmung, Minimalisierung der Staatsmacht" kaum zu übersehen gewesen sei.

Zu den schlimmsten Hinterlassenschaften des Nationalsozialismus zähle auch "der Missbrauch und die ihm folgende Diskreditierung des Normalen", weil Hitler nicht allein durch Drohungen und Terror seine Erfolge errang, sondern zudem Gefühle, Opfersinn, Anhänglichkeit der Massen, die Begeisterung der Jugend ausbeutete. Dennoch warnte Maier schon 1995 vor einer Tabuisierung des Nationalen. Ein "aufgeklärter Patriotismus" müsse den Dialog suchen und alles daransetzen, die von Hitler missbrauchten Gefühle und Symbole zurückzufordern "für den alltäglichen Gebrauch, ohne den keine Demokratie auskommen kann".

In einer exzellenten Studie über Spuren der Adenauer-Zeit in Literatur und Publizistik arbeitet Maier das "Unverhältnis" zwischen dem Alten in Bonn und den vielen Schreibenden im Land heraus. Nur Hermann Lenz bilde mit seinen Eugen-Rapp-Romanen und dem "sympathisch-offenen Bekenntnis" zu Adenauer eine Ausnahme. Sprache und Zeitgefühl stehen im Zentrum vieler erhellender Beiträge, die Maiers ausgeprägtes Misstrauen gegen alte und neue Parolen spüren lassen - bis hin zur Freude des großen Formulierungsmeisters darüber, dass von oben verordneter Sprachgebrauch doch einstürzen konnte: "Überhaupt war das Wörtlichnehmen von Worten, das Bestehen auf dem in ihnen angelegten und gemeinten Sinn bei den revolutionären Vorgängen im Warschauer Pakt von 1980 an ein starker Hebel in der Hand der Ohnmächtigen."

RAINER BLASIUS

Hans Maier: Die Deutschen und ihre Geschichte. Mit einem Nachwort von Hans-Peter Schwarz. Gesammelte Schriften, Band 5. Verlag C. H. Beck, München 2010. 388 S., 48,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.12.2010

Region ist nie Provinz
Hans Maiers brillante Studien zur deutschen Geschichte
Die Klage über den Mangel an konservativen Ideen ist derzeit weit verbreitet. Während sich die CDU wundert, wohin die Galionsfiguren des Konservatismus verschwunden sind, fällt es der Linken heute leichter, den Neoliberalismus zu attackieren, als irgendeinen im herkömmlichen Sinne konservativen Gegner zu orten. Blickt man zurück auf die versunkene alte Bundesrepublik, sahen dort die Dinge anders aus. Überall lauerte die konservative Gefahr, drohte Law-and- Order-Etatismus. Die Gepflogenheiten der politischen Rhetorik überdeckten, dass die Bonner Jahre durchaus einen gehaltvollen liberalen Konservatismus hervorbrachten, der anachronistische Vorstellungen von Tradition, Heimat, Religion und hierarchischer Ordnung verabschiedete und seinen Namen deswegen verdiente, weil er die parlamentarische Ordnung, liberale Werte und den Rechtsstaat zu bewahren suchte.
Der renommierte Politikwissenschaftler und langjährige bayerische Kultusminister Hans Maier ist einer der herausragenden Vertreter dieses Liberalkonservatismus, dessen Grundzüge er nicht nur theoretisch entwarf, sondern über sechzehn Jahre in politischer Verantwortung zu praktizieren suchte. Neben Roman Herzog, Ernst-Wolfgang Böckenförde, Hermann Lübbe, Kurt Biedenkopf oder auch Ralf Dahrendorf gehört er zu den in dieser Generation häufiger als heute anzutreffenden Hochschullehrern, die sich nicht scheuten, ein öffentliches Amt auszuüben, ohne den wissenschaftlichen Ruf damit aufs Spiel zu setzen.
Der letzte, fünfte Band von Maiers gesammelten Schriften behandelt „Die Deutschen und ihre Geschichte“ und setzt sich mit den Traditionen der politischen Kultur und des politischen Denkens auseinander. In einer Reihe brillanter ideengeschichtlicher Studien relativiert Maier lange vorherrschende Vorstellungen von deterministischen antiwestlichen Sonderwegen. Mit Sinn für Ambivalenzen zeigt er eindrucksvoll die spezifischen Bedingungen der politischen Reflexion in Deutschland auf: die Innerlichkeit der Bürgerfreiheit, die Konzentration auf Verwaltung und organisierte Wohlfahrt, die Verschränkung von Staat und Religion, die Vielfalt des Föderalismus, die sich von der Stadtrepublik bis zur autoritär geführten Monarchie erstreckte. Wie den bekennenden Historisten Thomas Nipperdey und Reinhart Koselleck geht es Maier um die vielfältigen Grauschattierungen der Geschichte und um den Sinn für Pluralität.
Maier zeigt am Beispiel Preußens, wie „die wirtschaftliche und geistige Freiheit, die zunehmende Rechtssicherheit, die man seit dem aufgeklärten Absolutismus und der konstitutionellen Bewegung genoß“, die Bürger gleichgültig gegen den Mangel an politischer Freiheit machte. Fortschritt kann als Fessel fungieren, wenn der zufriedene Monarchist kein Bedürfnis danach verspürt, Republikaner zu werden. Eindrucksvoll bleibt auch, wie Maier – anknüpfend an seine bahnbrechende Habilitionsschrift über Ursprünge der Staatslehre in Deutschland – die Genese eines deutschen Staatsmodells herausarbeitet. Die Lehre einer „guten Polizey“ oder die Vorstellung vom Staat als „Rechtsanwalt“ der Bürger (Carl von Rotteck) zeigen alternative Entwicklungspfade auf, an die in der Verfassungsgeschichte immer wieder angeknüpft worden ist. Damit eng verbunden ist auch Maiers luzide Rekonstruktion des Sozialstaats, an dem er die Eigenart eines deutschen Staatsdenkens exemplifiziert, „das zur offenen Distanznahme, zum naturrechtlichen Messen des Staates an einer über ihm stehenden Ordnung ebenso unfähig ist, wie es sich zur langsam-bedächtigen Reform des Bestehenden in hohem Maße eignet“. Eben diese Anpassungsfähigkeit an neue Problemlagen lässt Maier den solidarischen Wohlfahrtsstaat gegen Zeittrends verteidigen.
Die Nachtseiten der deutschen Geschichte spart der Gelehrte nicht aus. Sein Aufsatz über die nationalsozialistische Hochschulpolitik hat nach 45 Jahren nichts an Eindringlichkeit eingebüßt und veranschaulicht, wie eine kompromisslose moralische und wissenschaftliche Aufarbeitung der NS-Verstrickung von Akademikern durchaus möglich war, als die belastete Elite noch in großer Zahl zu den Mitlebenden zählte.
Moralische Sensibilität ist es auch, die Maier die tektonischen Veränderungen des kulturellen Klimas in der Nachkriegszeit genau registrieren lässt, um die Liberalisierungsschübe ins Licht zu setzen. Anders als manch anderer seiner Generation, für den die Studentenproteste der sechziger Jahre bis heute ein rotes Tuch sind, würdigt er die Achtundsechziger in einem wesentlichen Punkt: Sie haben „die politischen Establishments gezwungen, die Demokratie mit mehr Phantasie, mit intelligenteren Methoden zu verteidigen als mit dem Traditionsargument“.
Wenn Hans Maier sich auch über lange Jahre als „Pflichtverteidiger der alten Bundesrepublik“ verstand, so tat er dies doch auf unverkrampfte und modernitätsoffene Weise, wie die lesenswerten Stücke über die Sprachentwicklung in der Nachkriegszeit oder über die Kultur der Adenauer-Ära belegen. Die Pflege richtiger Traditionen ist ihm stets genauso wichtig gewesen wie die Absetzung vom Überkommenen.
In Hans Maiers Schriften gibt sich ein behutsamer, eminent gelehrter, leichthändig argumentierender Liberalkonservatismus zu erkennen, dessen Lob der Pluralität, dessen Hohelied auf den Föderalismus („Region war in Deutschland nie Provinz“) jede nationale Selbstüberhebung konterkariert, die einst konservatismusverdächtig war. Es wäre ein Anfang, gegen die eigene Ideenlosigkeit anzugehen, wenn man in Unionskreisen etwas Zeit für die Lektüre dieses gehaltvollen Bandes einplante. JENS HACKE
HANS MAIER: Die Deutschen und ihre Geschichte. Gesammelte Schriften, Band 5. Verlag C. H. Beck, München 2010. 388 Seiten, 48 Euro.
Dieses Buch ist Pflichtlektüre
für alle, die einen modernen
Konservativismus einklagen
Ein liberalkonservativer Gelehrter und Politiker mit Sinn für Pluralität: Hans Maier. Foto: A. Schellnegger
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Lektüre für ideenlose Unionsparteien sieht Jens Hacke in diesem fünften Band der gesammelten Schriften des Politikwissenschaftlers Hans Maier. Was ein leichthändiger und doch gelehriger Liberalkonservatismus ohne nationale Überheblichkeiten ist, kann er Maiers ideengeschichtlichen Schriften zur Genese eines deutschen Staatsmodells und zur politischen Kultur in Deutschland entnehmen. Klar und einsichtig erscheint ihm, wie der Autor den Sozialstaat rekonstruiert und verteidigt gegen Trends. Nicht weniger beeindrucken ihn Maiers moralisch sensible Einlassungen zu dunkleren Themen, wie der nationalsozialistischen Hochschulpolitik, die für ihn noch immer aktuell sind.

© Perlentaucher Medien GmbH