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Wie und warum wurde aus dem heidnischen römischen Reich ein christliches? Wie war es möglich, daß die Christen, eben noch blutig verfolgt und als Staatsfeinde gebrandmarkt, plötzlich, am 28. Oktober 312, den römischen Kaiser selbst in ihren Reihen begrüßen durften und danach innerhalb weniger Generationen das Christentum Staatsreligion wurde? Ein kluger, unterhaltsamer Essay über eine Revolution im 4. Jahrhundert, die aus einem vielfältig heidnischen Europa ein christliches machte. Was wäre aus der kleinen unterdrückten christlichen Sekte geworden, wenn Kaiser Konstantin nicht diese Religion…mehr

Produktbeschreibung
Wie und warum wurde aus dem heidnischen römischen Reich ein christliches? Wie war es möglich, daß die Christen, eben noch blutig verfolgt und als Staatsfeinde gebrandmarkt, plötzlich, am 28. Oktober 312, den römischen Kaiser selbst in ihren Reihen begrüßen durften und danach innerhalb weniger Generationen das Christentum Staatsreligion wurde? Ein kluger, unterhaltsamer Essay über eine Revolution im 4. Jahrhundert, die aus einem vielfältig heidnischen Europa ein christliches machte. Was wäre aus der kleinen unterdrückten christlichen Sekte geworden, wenn Kaiser Konstantin nicht diese Religion angenommen hätte? Wäre alles anders gekommen? Gäbe es heute ein Europa, das sich gerne als christlich präsentiert, wäre es säkularer, wäre es islamisch oder heidnisch? Die Fragen, die der große französische Althistoriker Paul Veyne aufgreift, betreffen ein für Europa entscheidendes Jahrhundert: Was machte den christlichen Glauben für den Kaiser so attraktiv? Welche Art von Avantgarde repräsentierten die Christen für ihn? Welche Veränderung durchlief der schon vorhandene heidnische Antisemitismus? Welche Rolle spielte die Idee des Monotheismus? Und nicht zuletzt: Was bedeutete die Frage nach dem "wahren" Glauben, die die Christen mit solcher Vehemenz stellten?

"Ein Buch, das zu den großen Fragen durchdringt."
Le Figaro

"Ein belebender, antikonformistischer und leidenschaftlicher Spaziergang, der den Leser klüger macht."
L'Express
Autorenporträt
Paul Veyne, geb. 1930, ist einer der angesehensten Althistoriker Frankreichs; er lehrt an der Université de Provence in Aix und ist seit 1975 Professor am Collège de France in Paris.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.04.2009

Aufstieg einer Sekte
Paul Veyne über Konstantins Wende zum Christentum

Zuerst muss man bei der Lektüre von Paul Veynes Buch die Augenbrauen hochziehen: Die Bekehrung Konstantins des Großen zum Christentum und seine tiefe Gläubigkeit als Christ werden bei Veyne von Anfang an als selbstverständliches Faktum behauptet und über mehrere Kapitel hinweg immer weiter variiert. Sie waren und sind aber alles andere als unbestritten, sondern mit ihren Voraussetzungen, Implikationen und Folgerungen zu Recht immer noch in der Diskussion - in einer fruchtbaren Diskussion, weil die verschiedenen quellenkritischen und historischen Überlegungen diesem Gegenstand immer neue Einsichten abgewinnen.

Wollte man das jedoch an Veynes Buch aussetzen, würde man seinen Charakter in doppelter Weise verkennen. Zum einen scheint es eher der Selbstverständigung des Autors über die behandelten Vorgänge zu dienen, einer Selbstverständigung, die auch durch die gelegentlich ausführlichen Anmerkungen eine äußerst gewinnbringende Lektüre darstellt, einschließlich der sehr persönlichen Reminiszenzen an seine kommunistische Vergangenheit.

Die Betonung des persönlichen Charakters von Konstantins gläubigem Christentum hat Folgen für die Beurteilung der Christenpolitik des Kaisers. Vor allem wendet sich Veyne zu Recht und in detaillierter Beweisführung dagegen, dass Konstantin mit seinem Übertritt noch etwas anderes als ebendieses, das Bekenntnis zum Christentum, gemeint und beabsichtigt habe. So wird die angebliche Absicht, die Kirche als Stabilisierungsfaktor für das Reich zu benutzen, zu Recht als "soziologistisches Vorurteil" bezeichnet. Fraglicher ist die Behauptung, ausgerechnet der zu Gewalttätigkeit neigende Kaiser habe das Christentum nur auf dem Wege der Überzeugung verbreiten wollen. Sehr einleuchtend und detailreich wird dagegen die Einzigartigkeit des Christentums innerhalb der antiken Welt dargelegt, wenn man auch die an sich richtige Feststellung, es habe "einen Nerv getroffen", gern genauer vorgeführt bekommen hätte.

Veyne verfolgt jedoch noch eine andere Absicht. Konstantin tritt nämlich im Verlauf des Buches immer mehr zurück, und das Christentum selbst ist der Gegenstand der Betrachtung. Konstantins Verhältnis zu Religion und Gesellschaft hat da nur noch Beispielcharakter. Veyne wendet sich nämlich gegen eine sozusagen kausale Verknüpfung des Christentums, anderer Religionen und dann gleich auch solcher Ideologien wie des Marxismus und Nationalsozialismus mit der jeweiligen Gesellschaft. Weder seien solche Vorstellungen simples Produkt gesellschaftlicher Verhältnisse, noch prägten sie ihrerseits in dem meistens behaupteten Ausmaß die Gesellschaften. Natürlich bestreitet er nicht Wirkungen und Gegenwirkungen, aber es sei, beispielsweise, einfach nicht - mehr - der Fall, dass das heutige Europa maßgeblich vom Christentum geprägt sei; was Europa heute charakterisiere, das sei die Aufklärung. Gewiss haben in getragenem Ton vorgebrachte Hinweise auf christliche "Wurzeln" Europas - abgesehen von der unglücklichen Metapher - mit der Gegenwart kaum noch etwas zu tun. Christliches ist großenteils nur noch kulturelle Erinnerung - doch sind das Gedankengänge, die eingehender durchdacht werden müssen.

WOLFGANG SCHULLER

Paul Veyne: "Als unsere Welt christlich wurde (312-394)". Aufstieg einer Sekte zur Weltmacht. Aus dem Französischen von Matthias Grässlin. Verlag C.H. Beck, München 2009. 223 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.11.2008

Fromme Räuber und ihr Ende
Wie verhielten sich die Riten des heidnischen Altertums zur Moral? Und wie setzte sich zuletzt das Christentum durch? Zu zwei neuen Büchern von Paul Veyne
Man findet zur Zeit nur wenige Bücher auf dem deutschsprachigen Markt, die mit solcher Direktheit zentrale Grundlinien der antiken Religionsgeschichte präsentieren wie die zwei schlanken Monographien, die der französische Althistoriker und Sozialwissenschaftler Paul Veyne jetzt vorgelegt hat. Mit Mut zur ambitionierten Thesenbildung und ohne Scheu vor möglichen Einwänden der Fachkollegen widmet sich Veyne direkt und ohne Umschweife der Gretchenfrage: Wie hast du’s mit der Religion? Sowohl sein Büchlein über Kult, Frömmigkeit und Moral bei den Griechen und Römern als auch sein mit spürbarem Engagement geschriebener Essay über die Christianisierung des Römischen Reiches im 4. Jahrhundert kommen dabei ohne den permanenten Rückgriff auf Inschriften, antike Texte oder archäologische Monumente aus. Veyne geht es nicht um Details, sondern um grundlegende Strukturen und Entwicklungslinien. Sein Bild vom antiken Paganismus zeigt keine statischen Kulte, die in jahrhundertealten Riten allmählich erstarren und ausgehöhlt werden, sondern eine lebendige Religion, die sich in stetigen Veränderungsprozessen befindet und am Ende der Antike dann doch einem Neuansatz weichen muss, der aufgrund seiner völligen Andersartigkeit und einer immensen Dynamik den überkommenen Kulten keine Chance lässt – dem Christentum.
Der Leser erhält in konzisen, auf das unbedingt Erforderliche beschränkten Kurzkapiteln eine knappe, dabei originelle, gelehrte und sehr unterhaltsame Einführung in zentrale Fragen, die von der antiken Vorstellung von den Göttern über Bedeutung und Funktion der Mythen, Ritualismus und Glaube, das Verhältnis von Göttern und Gerechtigkeit bis hin zu individueller Frömmigkeit und religiöser Praxis reichen. Nicht immer wird man dabei Veynes stark sozialwissenschaftlich bzw. strukturgeschichtlich ausgerichteter Methode zustimmen. Insbesondere was Religiosität und Frömmigkeit des antiken Durchschnittsbürgers angeht, wäre ich mit Blick auf das disparate Quellenmaterial vorsichtiger.
Auch wundert man sich mitunter über die souveräne Ausblendung neuerer Forschungsergebnisse, etwa wenn Veyne meint, die religiöse Haltung eines Euripides rekonstruieren zu können. Dennoch strahlen seine Grundthesen eine beträchtliche Anziehungskraft aus: Dass die antiken Götter zwar grundsätzlich als gerecht galten, dass einzelne Gottheiten jedoch sich durchaus auch ungerecht gegenüber den Menschen betragen konnten und dass letztere wiederum ein solches Verhalten durch Entzug von Opfern und Gebeten auch bestrafen konnten, gibt ein schönes Bild vom religiösen Alltag in der Antike. Die Götter waren keine kategorial anderen Wesen als die Menschen, der Unterschied war eher quantitativ als qualitativ. Könige und Kaiser, aber auch Menschen mit einem besonderen Charisma konnten immer wieder in die Sphäre des Göttlichen aufsteigen, der ‚Göttliche Mensch‘ war ein Spezifikum antiker Religiosität, und er verdeutlicht, dass Begriffe wie ‚Religion‘ und insbesondere ‚Gott‘ im antiken Heidentum eine ganz andere Bedeutung haben als im christlichen Kontext – in der Geschichte war dies ein steter Quell für Missverständnisse und Verwechslungen.
Veynes Leitfrage zielt indes auf den Zusammenhang zwischen Religion und Moral im Altertum, und in diesem Punkt wartet er mit einer provokativen These auf: Nicht die Religion sei der Ursprung moralischer Normen gewesen, sondern diese hätten sich unabhängig von ihr herausgebildet; Religion habe lediglich sekundär zur Unterstützung längst bestehender Moralvorstellungen gewirkt. Darin liegt Veyne zufolge auch die Ursache für einen längeren Transformationsprozess, den die heidnische Religion im Verlauf der Antike durchmachte: Seit der Sophistik im 5. Jh. v. Chr. hätten gebildete Köpfe versucht, den Zusammenhang zwischen Religion und Moral zu stärken, indem sie die Götter zu moralischen – und damit stärker entrückten – Autoritäten im Sinne philosophischer Größen stilisiert hätten. Jetzt erst sei die Vorstellung aufgekommen, dass nicht nur das präzise Einhalten von Ritualen für Segen und Wohlstand sorgten, sondern auch eine tugendhafte, eine fromme Gesinnung hinzuzutreten habe: „Als die Frömmigkeit nur eine der äußeren Aufgaben war, die ein Mensch zu erfüllen hatte, konnte ein Räuber häufig opfern und damit seine große Frömmigkeit unter Beweis stellen. Nun aber, da die Frömmigkeit internalisiert und Ausdruck einer tugendhaften Seele ist, kommt es zu einer ethischen Systematisierung des Verhaltens”. Könnte man darin nicht einen wichtigen Nährboden des Christentums sehen? Veyne bestreitet das vehement, indem er die radikale Andersartigkeit des Christentums betont: Die heidnischen Kulte hätten weder den liebenden Gott gekannt noch das Erfordernis, den Glauben fortwährend persönlich zu bekennen und nicht nur in Ritualen zu praktizieren. Unklar, hybride, unrein, undurchsichtig seien die Christen ihren heidnischen Zeitgenossen erschienen. Und deshalb habe man sie zunächst verfolgt.
Alles hing an Konstantin
In dieser These liegt der Ausgangspunkt für Veynes zweites Büchlein, das den Aufstieg des Christentums im 4. Jahrhundert behandelt, zu großen Teilen aber ein Konstantin-Buch ist. Konstantin ist für Veyne der alles entscheidende Faktor. Seine Bekehrung zum Christentum im Jahr 312, seine nachfolgende Privilegierung der Christen und ihrer Kirche, sein vorsichtiger, gewaltfreier Umgang mit den Heiden und seine Rolle als „Kirchenpräsident” bereiteten den Boden für die alles andere als selbstverständliche Ausbreitung einer Sekte, die zu Beginn des 4. Jahrhunderts kaum zehn Prozent der Bevölkerung umfasste und deren Sieg auch nach dem Tod Julians 363, der noch einmal den Versuch einer Rückkehr zu den alten Kulten unternommen hatte, keineswegs feststand. Für Veyne war Konstantin ein Visionär, der sich seiner eigenen Sendung gewiss war und sehr wohl wusste, an einem Wendepunkt der Geschichte zu stehen. Zugleich handelte er als Pragmatiker, der behutsam gegenüber den Altgläubigen vorging, in seinem Umfeld aber keine Kompromisse kannte und strikt auf das Christentum setzte.
Zu dieser Deutung ließe sich viel sagen. Gerade die letzten beiden Jahre mit ihrer Flut an Konstantin-Literatur haben tendenziell das Bild bestärkt, dass der Kaiser tatsächlich irgendwann um oder nach 312 ein überzeugter Christ geworden ist. Aber viele Fragen bleiben, etwa nach seinen Motiven und vor allem auch der Art der Rezeption des Christentums. Hatte Konstantin das Christentum in seiner Eigenart überhaupt erkannt oder griff er es wie einen überkommenen Kult auf? Veyne bezieht hier eindeutig Position: Natürlich habe er das Christentum in seinen Grundelementen verstanden und zweifelsohne sei von einer echten Bekehrung 312 auszugehen, die sich darin manifestiert habe, dass seine Soldaten ihre Schilde mit dem Christusmonogramm bemalt hätten.
An diesem Punkt allerdings zeigt sich die wesentliche Schwäche der Argumentation des Autors: Fehlende Quellenkritik lässt die legendenhaften Ereignisse um die Schlacht an der Milvischen Brücke wie Tatsachen erscheinen, ganz so, wie die Schlacht des christlichen Kaisers Theodosius I. gegen seinen angeblich unter heidnischen Zeichen kämpfenden Herausforderer Eugenius im Jahr 394 weiterhin als erster Religionskrieg und endgültiger Sieg des Christentums stilisiert wird, obwohl die Forschung auf die Probleme der Quellenüberlieferung längst hingewiesen hat. Das ist schade und nagt ein wenig an Veynes radikalem Konstantin-Bild. Dennoch: Mit seinen provokativen und anschaulich vorgetragenen Thesen hat der Autor viel Diskussionsstoff geliefert, und auch wer sich von ihm nicht sogleich überzeugen lassen will, findet insbesondere in den Exkursen, etwa über Sinn und Unsinn des Ideologie-Begriffs oder über antike und moderne ‚Volksfrömmigkeit‘, immer noch hinreichend Material, das eine Lektüre der beiden Bücher lohnt. MISCHA MEIER
PAUL VEYNE: Die griechisch-römische Religion. Kult, Frömmigkeit und Moral. Reclam, Stuttgart 2008. 198 Seiten, 19,90 Euro.
PAUL VEYNE: Als unsere Welt christlich wurde. Aufstieg einer Sekte zur Weltmacht. C.H. Beck, München 2008. 223 Seiten, 19,90 Euro.
G.D. Tiepolos „Kaiser Konstantin als Beschützer der Kirche” akg-images
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Ganz angetan zeigt sich der hier rezensierende, an der Uni Tübingen lehrende Althistoriker Mischa Meier von Paul Veynes Buch über den Aufstieg des Christentums zur Weltmacht. Er schätzt den französischen Althistoriker und Sozialwissenschaftler für seine konzise und erhellende Darstellung sowie für seine "provokativ und anschaulich" vorgetragenen Thesen - selbst wenn er nicht immer mit ihnen übereinstimmt. In Veynes vorliegender Arbeit sieht er vor allem ein Buch über Konstantin, der 312 zum Christentum konvertierte und den Boden für den Sieg dieser Religion legte. Dabei hält Meier dem Autor allerdings vor, mangels Quellenkritik einige legendenhafte Ereignisse wie Tatsachen erscheinen zu lassen, ein Umstand, der seines Erachtens ein wenig an Veynes "radikalem Konstantin-Bild" nagt. Nichtsdestoweniger bescheinigt er dem Autor, mit seinen Thesen viel "Diskussionsstoff" zu bieten. Das Buch hat er jedenfalls mit großem Gewinn gelesen.

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