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Ein verrückter Schriftsteller trifft auf der Straße eine Figur aus einem seiner Bücher. Ein verträumter Physikstudent verliebt sich in eine schöne Buchhändlerin. Ein Mann, den man "Eisfürst" nennt, verspeist Frauen mit Haut und Haaren und verschwindet spurlos. Eine Liebe zerbricht wegen einer Freundschaft. Eine Schwangerschaft. Ein Betrug. Das alles in München, Anfang der 70er Jahre. Am Küchentisch in einem alten Haus versucht eine junge Frau in nächtlichen Gesprächen mit ihrer Mutter sich einen Weg durch dieses Dickicht von Geschichten zu bahnen. Als sie eine Einladung von ihrem Vater, dem…mehr

Produktbeschreibung
Ein verrückter Schriftsteller trifft auf der Straße eine Figur aus einem seiner Bücher. Ein verträumter Physikstudent verliebt sich in eine schöne Buchhändlerin. Ein Mann, den man "Eisfürst" nennt, verspeist Frauen mit Haut und Haaren und verschwindet spurlos. Eine Liebe zerbricht wegen einer Freundschaft. Eine Schwangerschaft. Ein Betrug. Das alles in München, Anfang der 70er Jahre. Am Küchentisch in einem alten Haus versucht eine junge Frau in nächtlichen Gesprächen mit ihrer Mutter sich einen Weg durch dieses Dickicht von Geschichten zu bahnen. Als sie eine Einladung von ihrem Vater, dem Eisfürsten, erhält, fährt sie nach Sylt, um ihn, zum ersten Mal in ihrem Leben, zu treffen. Es wird eine Reise in ein einsames Hotel, das lediglich von einem zerstrittenen Paar, einem lispelnden Rezeptionisten mit zu großen Schneidezähnen und einer kauzigen Putzfrau bewohnt wird; eine Reise, an deren Ende die junge Frau mehr über ihre Mutter, ihren Vater und nicht zuletzt über sich selbst erfährt, als ihr lieb ist. "Keine Geschichte ist zu klein, um sich darin zu verstecken." In ihrer Geschichte zeichnet Stefanie Geiger mit feinem Humor das berührende Doppelporträt einer jungen Frau und ihrer Mutter, die sich beide nicht gegenüber der Welt der Tatsachen geschlagen geben möchten und sie sich deshalb stets aufs neue zurechtlegen. Mit seinen Anklängen an "1001 Nacht" und Andersens Märchen zeigt "Der Eisfürst", welche Kraft dem Geschichtenerzählen innewohnt: Die Sehnsüchte, die es weckt, und die Verwirrung, die daraus entsteht, wenn man am Ende lernen muß, daß jede neue Perspektive eine neue Wirklichkeit hervorbringt. Poetisch-präzise, mal hochkomisch, mal tieftraurig, führt Stefanie Geigers außergewöhnliches Debüt dabei genau das vor Augen, wovon es erzählt: Daß Geschichten verzaubern können.
Autorenporträt
Stefanie Geiger wurde 1973 geboren und promoviert in Augsburg über Vicki Baum und Gina Kaus. 2002 gewann sie den dritten Preis beim "Allegra-Wettbewerb" und wurde 2005/06 zum 'textwerk'-Seminar am Literaturhaus München eingeladen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.04.2008

Man hüte sich vor dem lispelnden Rezeptionisten mit den Hasenzähnen
Das graue Band der Trostlosigkeit: Stefanie Geiger hat ein umgekehrtes "Blütenstaubzimmer" geschrieben - eine sensible Vatersuche

In einem russischen Weihnachtsmärchen entführt der böse Eisfürst die schöne Akulina und stiehlt den Menschen die Wunderblume, die sie hilfsbereit, fröhlich und gut machte. Aljoscha befreit Mädchen und Wunderblume aus den kalten Fingern, und alles wird wieder gut.

So märchenhaft geht es auch im Prosadebüt der fünfunddreißigjährigen Augsburgerin Stefanie Geiger zu. "Eisfürst" nennt die Erzählerin den gefühlskalten Vater, der vor zweiunddreißig Jahren aus dem Nichts aufgetaucht und bald wieder darin verschwunden war. Damals rettete er mit seinem Geld und seiner kühlen Nüchternheit ihre Mutter vor dem Abgrund; aber Karl M. und m.M. (so schreibt die Tochter hartnäckig "meine Mutter") blieben einander so fremd wie Eiszapfen und blaue Blume.

Jetzt, nach dem Tod der Mutter, in einem verwahrlosten Haus verwahrlosend, sortiert die Tochter die widersprüchlichen Geschichten ihrer Eltern. Sie fällt der Mutter eifersüchtig ins Wort, straft den abwesenden Vater mit eisigem Schweigen, schweift ab, stellt um, mischt sich ein, träumt weiter. Der Eisfürst kann, wie Andersens Schneekönigin, mit seiner Minus-Aura die Menschen vereinzeln und deren Geschichten verwirren. Die Tochter muss die zersplitterten Erinnerungen wieder zusammensetzen, und so sieht der schmale Roman dann auch aus: fragmentarisch, mysteriös, sprunghaft, ein Album von preziösen Bildern und Empfindungen, aparten Wörtern ("Methusalementum") und lyrischen Kapitelüberschriften (wie "mein Ich: gedankenverloren").

Die Version der Mutter geht so: Damals, als Lockvogel in der Buchhandlung eines kauzigen Brüderpaars, verliebte sie sich in den verträumten Physikstudenten Sven. Aber dann trat 1970 Karmuel, ein verrückter, wortlos Körpergerüche ausdünstender Schriftsteller, in Svens Leben, nistete sich in dessen Wohnung ein und entzweite die Liebenden. Karmuel fühlte sich von einem Weißhaarigen verfolgt, den er selber erfunden hatte; Sven riet ihm, die Figur aus seinem Leben zu streichen. Der Dichter landete in der Psychiatrie, Sven suchte den Weißhaarigen, fand Karmuels verdrängten Vater und verlor die Buchhändlerin an den Eisfürsten.

Eine aberwitzige Geschichte, so verspielt und verworren wie ein romantisches Kunstmärchen, nur viel trauriger. Das "graue Band der Trostlosigkeit" zieht sich wie ein roter Faden durch den schmalen Roman; Melancholie bedeckt "knöcheltief den Boden", und selbst im Kopf der Erzählerin nistet ein "kleiner trauriger Hund: "Ich handelte irgendwie und fühlte nichts." Im zweiten Teil taucht der verschwundene Eisfürst wieder auf, und man empfindet seinen rauhen nördlichen Charme nach der lauwarmen Muttergeschichte durchaus als erfrischend. Der Vater lädt die Tochter nach Sylt ein, lässt im Hotel dann allerdings auf sich warten, so dass sie erst einmal einem lispelnden Rezeptionisten mit Hasenzähnen, einer zärtlichen Maklerin und anderen grotesken Figuren begegnen kann. Am Ende bietet der Eisfürst seiner Tochter dann seine Eisfabrik und seine Version der Geschichte an. Zurück bleibt eine ratlose Erzählerin mit der vagen Erkenntnis, dass es nicht die eine, wahre Geschichte gibt. Dass sie endlich weinen, sich wieder waschen und auf die Straße hinaustreten kann, dass nach so viel Kälte und "verstaubter Traurigkeit" sogar ein Sonnenstrahl in ihr Gesicht fällt, nährt die Hoffnung, dass auch ihr einmal so etwas wie Leben blühen könnte. "Ich puzzelte an zahlreichen Parallelwelten, plüschigen Vater-Mutter-Kind-Szenarien, die Jahr für Jahr groteskere Formen annahmen und bald die Dimension eines Kindergehirns überschritten", heißt es einmal. "Von da an fühlte ich mich erwachsen."

Stefanie Geigers Romanerstling ist die romantisch verpuzzelte Selbstfindungsgeschichte eines Scheidungswaisenkindes, quasi ein umgekehrtes "Blütenstaubzimmer". Immerhin, ihre Vatersucherin ist nicht so kunstgewerblich verkitscht wie die Muttersucherin Zoë Jennys: Schließlich hat Stefanie Geiger über Vicki Baum promoviert, und sie verrät durch stilistische Delikatessen, die kunstvoll verschnörkelte Konstruktion und manchmal sogar einen leisen Humor, dass sie vom Handwerk des Schreibens einiges versteht. Allerdings sind alle Tochter-Geschichten auserzählt, in denen die Erinnerungen "wie zahme Vögel" in Mutters Haar nisten und sensible Erzählerinnen die Situation des Erzählens im "autarken System" ihrer sensiblen Phantasie spiegeln. "Der Eisfürst" ist so mit Mädchenblütenstaub und Kunstschnee bedeckt, so kalt, fahl, durchsichtig und leblos, dass man mit ihm nicht warmwerden mag: eine geometrisch konstruierte Eisblume, zart genug, um beim leisesten Hauch dahinzuschmelzen; aber dick genug, um den Blick nach draußen zu trüben. Das Innerste der Erzählerin besteht aus "zahlreichen sensibel dehnbaren Häutchen, die jedoch in ihrer Fülle zu einem harten Klumpen verschmolzen sind". Ungefähr so liegt einem das zarte Gespinst dann auch im Magen.

MARTIN HALTER

Stefanie Geiger: "Der Eisfürst". Roman. C. H. Beck Verlag, München 2008. 121 S., geb., 14,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.05.2008

KURZKRITIK
Männer ziehen dahin
Am Küchentisch: Stefanie Geigers Mutter-Roman „Der Eisfürst”
Was passiert, wenn gleich im ersten Absatz eines Buches eine Figur auftaucht, die etwas mit einer anderen Figur zu tun hat, die wiederum mit einer dritten Figur verbunden zu sein scheint, die ihrerseits von einer vierten Figur verlassen wurde und sich gleichzeitig mit einer fünften Figur herumplagt, wobei es sich bei letzterer auch noch um die Ich-Erzählerin handelt? Richtig: So ein Buch legt man entnervt zur Seite. Was schade ist, denn die zweite Hälfte des schmalen Debüts von Stefanie Geiger ist weitaus besser geglückt.
Zuerst mutet Geiger ihrer Heldin in bewährter bundesrepublikanischer Jungautoren-Manier eine Vergangenheitsaufarbeitung zu. Was für eine Jugend hat ihre Mutter geführt, wer waren ihre Freunde, wen hat sie geliebt? Das kommt jetzt alles auf den Küchentisch. Merkwürdig kindhaft wirkt die dort sitzende Mutter, die ausschließlich mit der Chiffre „m. M.” (meine Mutter) tituliert wird. Dieser verkrampfte Manierismus deutet nicht nur die Distanz zwischen Mutter und Tochter an, sondern soll auch ihren verschlossenen Charakter versinnbildlichen. Nun gut. Noch haarsträubender ist das Männer-Kuddelmuddel. „m. M.” erzählt von ihrem ersten Mann, der wegen eines abgedrifteten Freundes ebenfalls abdriftet. Weil der erste Mann von einem zweiten Mann besessen ist, stellt sich ein dritter Mann ein, der Vater der Erzählerin, der aber auch wieder von der Bildfläche verschwindet. In der zweiten Hälfte fährt die Ich-Erzählerin zu einem ernüchternden Treffen mit ihrem fremden Vater und verkriecht sich anschließend im Haus der mittlerweile verstorbenen Mutter. Plötzlich teilt sich ihre emotionale Erstarrung mit, die nüchterne Sprache spiegelt die Wurzellosigkeit. Der direkte Zugriff auf die Wirklichkeit kann eben doch manches bewirken. MAIKE ALBATH
STEFANIE GEIGER: Der Eisfürst. Roman. C.H. Beck Verlag, München 2008. 121 Seiten, 14,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Martin Halter liegt das Buch schwer im Magen. Was ihn als verspieltes, melancholisches Kunstmärchen und sensible Vatersuche zunächst neugierig macht, entpuppt sich als "Tochter-Geschichte", deren Leblosigkeit und Kälte den Rezensenten frösteln lässt. Weniger Kitsch als im "Blütenstaubzimmer" zwar, räumt Halter ein und lobt die im Text zu findenden "stilistischen Delikatessen" und den "leisen Humor" der Autorin. Überzeugt hat ihn Stefanie Geigers Debütroman jedoch nicht.

© Perlentaucher Medien GmbH