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Dieses Buch schildert, wie aus einem Ritual der idealen Anbetung der geliebten Frau schließlich eine Form der Liebeserklärung wird, die durchaus eine sinnliche Erfüllung zuließ. Die Liebe zu Laura, die Petrarca im 14. Jahrhundert in seinem "Canzoniere" besungen hatte, wurde im 15. Jahrhundert zum Paradigma für ein Gesellschaftsspiel der Liebe, für ein Ritual, wie die Geliebte verehrt und angebetet werden sollte. Diese Regeln sahen neben der poetischen Hommage auch die Anfertigung eines Bildnis der Geliebten vor, wie Petrarca es angeblich von seiner Laura hatte malen lassen. An die Stelle der…mehr

Produktbeschreibung
Dieses Buch schildert, wie aus einem Ritual der idealen Anbetung der geliebten Frau schließlich eine Form der Liebeserklärung wird, die durchaus eine sinnliche Erfüllung zuließ.
Die Liebe zu Laura, die Petrarca im 14. Jahrhundert in seinem "Canzoniere" besungen hatte, wurde im 15. Jahrhundert zum Paradigma für ein Gesellschaftsspiel der Liebe, für ein Ritual, wie die Geliebte verehrt und angebetet werden sollte. Diese Regeln sahen neben der poetischen Hommage auch die Anfertigung eines Bildnis der Geliebten vor, wie Petrarca es angeblich von seiner Laura hatte malen lassen. An die Stelle der imaginären Laura traten nun reale junge Damen, von denen ebenso reale Bildnisse gemalt wurden. Das von Lorenzo de'Medici erfundene Spiel fand schnell Nachahmer in Italiens höheren Kreisen. Nicht nur große Herren und Fürsten, auch Kardinäle widmeten sich ihm. Aber es blieb nicht immer bei der idealen Liebe, der Verehrung aus der Ferne; das Ritual löste wirkliche Gefühle aus, die zu sinnlich erfüllten Beziehungen führten. Das galante Spiel einer elitären Gesellschaft, in dem die ideale Liebe sich mit sinnlicher Leidenschaft vermischte, fand sein Ende in der Gegenreformation, die die unüberwindbare Dichotomie von (verbotener) Sexualität und (erlaubter) Ausübung in der Ehe wieder herstellte. Dem Ritual verdanken wir einige der größten Meisterwerke der italienischen Renaissance - wie Leonardo da Vincis Bildnisse der Ginevra Benci oder der Cecilia Gallerani - und einige der schönsten Liebesgeschichten.
Autorenporträt
Ingeborg Walter war Redakteurin des "Dizionario biografico degli italiani", der italienischen Nationalbiographie. Hier betreut sie seit vielen Jahren den Sektor der mittelalterlichen Geschichte bis zum Jahr 1500. Daneben Übersetzungen und Publikationen in deutscher und italienischer Sprache.

Roberto Zapperi lebt als Privatgelehrter in Rom. Er war 1998 Fellow des Wissenschaftskollegs zu Berlin, 2001 Warburg-Professor in Hamburg und 2008 Gastprofessor an der ETH Zürich. Er ist Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.01.2008

Von wegen zerwühlte Laken!

Die Liebe in Zeiten der Renaissance, ein Spiel erlesener Galanterie: Ingeborg Walters und Roberto Zapperis hübscher Band über berühmte Liebespaare.

Der Altmeister der investigativen Kunstgeschichtsschreibung in eroticis hat wieder zugeschlagen: Roberto Zapperi ist in seiner neuesten Publikation zusammen mit seiner Gattin, Übersetzerin und in diesem Fall auch Koautorin, Ingeborg Walter, einem Phänomen aus dem Liebesleben der Renaissance auf der Spur, das er "das Ritual" nennt. Das Personal für die rituelle Begegnung rekrutiert sich aus Politiker-, Literaten- und Kirchenkreisen auf Seiten der Herren, auf weiblicher Seite finden sich vor allem schöne, häufig auch kluge und literarisch gebildete Damen.

Dementsprechend ist Zapperis Text eine Reihung von Auftritten berühmter Liebespaare: Lorenzo de' Medici und Lucrezia Donati; Bernardo Bembo und Ginevra Benci; Ludovico Sforza und Cecilia Gallerani; Pietro Bembo und Maria Savorgnan; Ippolito de' Medici und Giulia Gonzaga; schließlich Alessandro Farnese gleich in zweifacher Aktion, einmal mit Faustina Mancini und danach mit Livia Colonna - zwei Damen, die im römischen Schönheitswettbewerb der Zeit heftig miteinander rivalisierten. Auch die Kapitel folgen einem vergleichbaren Aufbau: Nach der jeweiligen Kurzvita des Beteiligten und der (zumeist an einen anderen Herrn verheirateten) Dame läuft das Ritual ab. Ist das öffentlichkeitswirksame Spiel gespielt, folgt die Trennung des Paares, das im handfest-leiblichen Sinne nie ein solches war.

Prototyp und Traditionsbildner des Rituals war kein Geringerer als Francesco Petrarca mit seiner platonisch-liebevoll bedichteten Laura, deren reale Existenz bereits in der Renaissance heftig umstritten war. Die Schönheit als Kunstfigur inspirierte den Dichter in der Selbststilisierung nicht nur auf literarischem Gebiet, er fühlte sich auch zu einem Kunstauftrag in der mit der Dichtung konkurrierenden Gattung, der Malerei, gedrängt, indem er vorgeblich ein Bildnis der verehrten Frau anfertigen ließ. Dieses Porträt glich einem teilprofanierten Andachtsbild - das Göttliche blieb konserviert in der idealisierten Schönheitsdarstellung, der Blick des Betrachters jedoch changierte zwischen Trieb und dessen Sublimation.

Hiermit wären die beiden konstitutiven Faktoren des Liebesrituals der Renaissance nach Zapperi abgesteckt: In immer ausgefeilterer Form lässt der Liebhaber seine Angebetete bedichten oder lobt als Laiendichter wie Lorenzo de' Medici auch gern selbst ihre topische Schönheit, unüberwindliche Keuschheit und sittliche Unübertrefflichkeit in den fest etablierten poetischen Stereotypen. Flankiert werden diese literarischen Ergüsse durch Porträtaufträge, die die Dame im "Bildnis der Geliebten" fixierten. Im Laufe seiner fortschreitenden Ausformung folgt das Ritual einer doppelten, wenn auch nicht streng durchgehaltenen Teleologie: Zum einen werden Fälle tatsächlicher wollüstiger Vereinigung immer häufiger, obgleich strukturell eigentlich nicht vorgesehen. Zum andern emanzipieren sich die Damen zunehmend, indem sie selbst die Initiative der Anbahnung des Verhältnisses in die Hand nehmen.

Der Ritualbegriff ist hier treffend gewählt, überführt doch das Ritual durch Repetition hochaufgeladene, krisenhafte Ereignisse in routinierte Abläufe. Denn darum scheint es ja zu gehen: künstlerische Sublimierung eines Gefühls, das unter den bestehenden gesellschaftlichen Prämissen nicht ausgelebt werden darf. Sichtbares Zeugnis der ästhetischen Formgebung ist das Porträt, das als Zeugnis der Liebesbeziehung die Zeiten überdauert und dem von Liebe Verzehrten das Objekt seiner Begierden präsent hält.

Sein Ende findet das Ritual - wie Zapperi bedauernd feststellt - mit den "Repressionen" der Gegenreformation, die dem zunehmend sich Bahn brechenden sinnlichen Überschuss den Riegel vorschiebt. Damit ist diese so reizvolle und in höchstem Raffinement kultivierte Via media blockiert, die im "Spiel erlesener Galanterie" eine dritte Option bildete zwischen den "Polen der Ehe, die der Fortpflanzung sowie den patrimonialen und politischen Verbindungen zwischen den Familien diente, und der mit den Kurtisanen ausgeübten Sexualität: die von gesellschaftlichen Zwängen freie Leidenschaft der Liebe".

Der Leser erfreut sich durchaus an der Lektüre dieses außerordentlich hübsch ausgestatteten Bändchens, denn wer ließe sich nicht gerne in kennerschaftlich-gekonntem Stil Liebesgeschichten erzählen und in die Welt der Renaissance entführen? Doch der tiefergehende Erkenntnisgewinn beispielsweise für das Verständnis der Bildnisse Leonardos und Tizians, der hieraus zu ziehen wäre, bleibt ihm bis zum Schluss verborgen.

CHRISTINE TAUBER

Ingeborg Walter, Roberto Zapperi: "Das Bildnis der Geliebten". Geschichten der Liebe von Petrarca bis Tizian. Verlag C. H. Beck, München 2007. 160 S., 18 Farb- u. S/W-Abb., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.03.2007

Erst wird gedichtet, dann geklettert
Ingeborg Walter und Roberto Zapperi tragen Petrarca und das Sakrament der Leidenschaft durch die Jahrhunderte Von Franziska Augstein
Swingerclubs gab es im Renaissance-Italien nicht. Davon abgesehen, erfreute sich die Aristokratie jener Epoche einer beispiellosen sexuellen Freizügigkeit, wie sie erst im späten 20. Jahrhundert, und nun in allen gesellschaftlichen Schichten, wieder um sich greifen sollte.
Die Granden von Florenz und Venedig, von Mailand und Mantua vergnügten sich nach Herzenslust, und wenn einer von ihnen zur Politik gerade nicht aufgelegt war, weil mit einer neuen Liebschaft beschäftigt, dann stand er nicht an, dies den händeringenden Ministerialen so auch mitzuteilen. „Jetzt sind wir bei Sonetten und ähnlichen Dingen angelangt”, jammerte 1487 ein Gesandter in Mailand, der Ludovico Sforza nicht dazu bewegen konnte, eine wochenlange Karnevalsfeier für ein paar Stunden zu unterbrechen.
Anders als erotisierte Nackedeis der Gegenwart mussten die italienischen Adeligen ihre Lüste katholisch-schicklich bemänteln. Wenn also von der Liebe die Rede war, dann ging es stets um keusche Liebe, um platonische Formen der Anbetung, die mit Wollust nicht das geringste zu tun hatten. So entstand ein heuchlerisches Ritual, das gleichzeitig eine Mode war. Es speiste sich aus der Dichtung Petrarcas. Die Geschichte ihres Fortlebens in verliebten oder auch nur gierigen Männerherzen erzählen Ingeborg Walter und Roberto Zapperi (in der Übersetzung von Frau Walter) so gewinnend anschaulich und amüsant, dass ihr Buch einem jeden zu empfehlen ist, der den Swingerclub nicht für den idealen Austragungsort der Liebe hält.
Der 1304 geborene Petrarca war in seiner Jugend ein rechter Stenz, der sich in seiner Eitelkeit mit der Lockenschere immer mal wieder die Stirn verbrannte. Seine Verirrung, so dichtete er viele Jahre später, habe indes 1328 begonnen, als er in einer Kirche einer Dame namens Laura ansichtig geworden sei, deren Bild ihn seitdem nie mehr losgelassen habe.
Ob es diese Laura gegeben hat, weiß niemand. Petrarcas Freunde bezweifelten es. Gewiss ist, dass er es sich als Christenmensch und jahrelanger Bediensteter des Kardinals von Avignon nicht leisten konnte, fleischliche Gelüste zu besingen. Seine Canzoniere an Laura, an denen er jahrzehntelang arbeitete, beschreiben seine Leidenschaft denn auch als Verirrung, deren er reumütig in der Besinnung auf die Muttergottes gedenkt.
In einem fiktiven Gespräch mit Augustinus legte er dem Heiligen die Worte in den Mund, dieser bedauere es sehr, dass Petrarca soviel Zeit mit einer sterblichen Frau vergeudet habe. Dem widersetzt sich der Autor: Nein, der Leidenschaft der Liebe, der Poesie und dem Ruhm wolle er denn doch nicht entsagen. So wurde er, schließt Ingeborg Walter, „ein großer Dichter, der das Mittelalter hinter sich ließ” und überdies den Schürzenjägern des 15. Jahrhunderts ein gutes Vorbild gab.
Die Tradition der Minne war noch nicht überlebt, weshalb es gesellschaftlich erlaubt war, unerreichbaren Damen verehrungsvoll den Hof zu machen. Dank des berühmten Petrarca ließen sich diese Beziehungen erotisch aufladen. Sofern die Dame als züchtig und unnahbar geschildert wurde, war alles drin: Ihre Tugendhaftigkeit galt gar als Ansporn der Leidenschaft, mit der sie begehrt und in – zumeist bestellten – Sonetten besungen werden durfte. Das platonische Argument, das zur Rechtfertigung von dergleichen Freuden beitrug, war nicht allzu kompliziert: Nach Platon „werde die Liebe von der Schönheit entfacht, da aber die Schönheit zugleich auch das Gute beinhalte, verbinde sie sich unauflösbar mit der Tugend und könne deshalb ihrer Natur nach nicht unzüchtig sein”.
Ein weiterer Vorwurf, den Petrarca sich aus Augustinus’ Mund selbst machte, bestand darin, dass er sich ein Bildnis der geliebten Laura habe malen lassen: „Was gibt es Wahnsinnigeres…” – so fängt diese Schelte an. Und so kam es rund hundert Jahre später en vogue, dass italienische Fürsten und Kardinäle, wenn sie nur mächtig genug waren, fremde Damen erfolgreich ersuchten, einem Maler Porträt zu sitzen, damit sie die Schönheit der aus mal größerer, mal gar nicht so großer Ferne Verehrten besser zu taxieren wüssten.
Nicht alle jungen Damen sollen von diesen Ansuchen erbaut gewesen sein. Eine besonders lebhafte Passage des Buches erklärt, warum Ginevra Benci auf dem Bildnis, das Leonardo da Vinci von ihr schuf, ein wenig mucksch dreinblickt: Sie habe es als Zumutung empfunden, glaubt Ingeborg Walter, sich auf Kommando porträtieren lassen zu müssen; in dieser Laune habe der feinsinnige Leonardo sie denn auch dargestellt. Mag diese Deutung vielleicht gar zu sehr die gelehrte Feministin unserer Tage verraten, so dient sie jedenfalls als gute Überleitung zum weiteren Gang der hier geschilderten Ereignisse, Techtelmechtel und verrückten Amouren.
Denn es waren sehr oft keine Hirngespinste, sondern passionierte Affären, die es mit sich brachten, dass Dichter und Maler zu tun bekamen. Und wenigstens eine Frau kommt in diesem Buch vor, die nicht bloß Objekt der Begierde war, sondern selbst begehrte. Und dies mit Worten, die nicht nur im Jahr 1500 mehr als deutlich waren: „Ihr müsst wissen, dass ich will, dass Ihr mich über alles liebet, und wenn ihr nicht könntet oder nicht wolltet, dann ist es Euer Schaden: Denn das will ich unbedingt, auch gegen Euren Willen.” Die dreißig Jahre alte Witwe Maria Savorgnan war per Testament ihres Mannes zur Keuschheit verdammt: Geld oder Tugend, das war die Wahl dieser ungewöhnlichen Frau, der Roberto Zapperi eine Eloge widmet.
In Pietro Bembo hatte sie einen Liebhaber erkoren, der seine Sonette selbst schreiben konnte und völlig dem Petrarca-Kult erlegen war. Ganz folgsamer Liebhaber, kletterte er über eine Leiter heimlich in ihr Haus, eine Aktion, die wie so viele derartige Manöver zu traurigen Scherereien führte.
Maria Savorgnan war eine Ausnahme. Für gewöhnlich verliefen die Anbandeleien in umgekehrter Richtung: „Die Verehrung der idealen Frau”, schreibt Zapperi, „fachte die Passion an, welche schließlich ganz natürlich in den sexuellen Verkehr einmündete.” Dann aber kam Martin Luther. Seine puritanische Art hatte Erfolg. Und die katholische Kirche zog die Zügel straff. Das Tridentinische Konzil setzte der glutvollen Petrarca-Verehrung ein Ende. Erst um 1800, so Zapperi, fanden Leidenschaft und Sexualität wieder zusammen, dies allerdings im Namen des heiligen Sakraments der Ehe: In der Renaissance „war ein kühnerer Weg eingeschlagen worden”.
Das Buch, in dem die Kenntnisse von Frau Walter und Herrn Zapperi, sich vereinigt haben, zeugt von großer Leidenschaft für das Sujet. Die Leser werden es den Autoren danken.
Ingeborg Walter, Roberto Zapperi
Das Bildnis der Geliebten
Die Wiedergeburt der Liebe in der
italienischen Renaissance
Verlag C. H. Beck, München 2007. 160 Seiten, 19,90 Euro.
Die porträtierte Dame blickt ein wenig mucksch drein auf diesem Bild. Ingeborg Walter meint zu wissen, warum. Leonardo da Vinci, Bildnis der Ginevra Benci, Washington, National Gallery of Art. Abb.: aus dem besprochenen Band
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Hingerissen zeigt sich Rezensentin Franziska Augstein von Roberto Zapperis und Ingeborg Walters Buch über die "Wiedergeburt der Liebe in der italienischen Renaissance". Dabei lässt sie keine Zweifel daran, dass die Aristokratie in der Renaissance in Sachen sexueller Freizügigkeit der Gegenwart kaum nachstand. Den entscheidenden Unterschied zu heute sieht sie in dem Umstand, dass die Adeligen damals ihre Lüste in einem nur scheinbar züchtigen Ritual zu bemänteln hatten. Sie berichtet über die weite Verbreitung dieses von Petrarca ausgegangene Rituals einer idealen Anbetung und Verehrung einer geliebten Frau, zu dem neben der poetischen Verehrung auch die Anfertigung eines Bildnisses der Geliebten gehörte. Zapperis und Walters Darstellung von Entstehung, Entwicklung und Weiterleben dieses Kults lobt Augstein als überaus lebendig und vergnüglich.

© Perlentaucher Medien GmbH