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Nahe der Autobahn im Süden Teherans erhebt sich die Nekropole des Ayatollah Khomeini neben dem glühenden Asphalt wie eine gewaltige Tankstelle, die Treibstoff für die Seele bereit hält. Doch die Farbe blättert von dem Bauwerk ab, das niemals vollendet wurde, und die riesigen Gebetshallen stehen leer. Irans Islamische Revolution hat keine Energie mehr. Das Land stagniert, und in der Gesellschaft gärt es. Aber wo sind die Geiselnehmer und heiligen Krieger geblieben, ohne die es diese Revolution niemals gegeben hätte? Jene Männer und Frauen, die den Schah gestürzt, acht Jahre gegen den Irak…mehr

Produktbeschreibung
Nahe der Autobahn im Süden Teherans erhebt sich die Nekropole des Ayatollah Khomeini neben dem glühenden Asphalt wie eine gewaltige Tankstelle, die Treibstoff für die Seele bereit hält. Doch die Farbe blättert von dem Bauwerk ab, das niemals vollendet wurde, und die riesigen Gebetshallen stehen leer. Irans Islamische Revolution hat keine Energie mehr. Das Land stagniert, und in der Gesellschaft gärt es. Aber wo sind die Geiselnehmer und heiligen Krieger geblieben, ohne die es diese Revolution niemals gegeben hätte? Jene Männer und Frauen, die den Schah gestürzt, acht Jahre gegen den Irak Saddam Husseins gekämpft und den Westen mit ihrer Militanz und ihrem Todesmut in Schrecken versetzt haben? Und welche anderen Kräfte und Bewegungen ringen mit ihnen um Einfluß im Gottesstaat Iran? Christopher de Bellaigue nimmt uns mit auf eine temporeiche Reise durch den heutigen Iran. Er macht uns vertraut mit den historischen, religiösen und kulturellen Grundlagen der iranischen Gesellschaft, vor allem aber läßt er die Menschen des Landes zu Wort kommen - Mullahs und Revolutionäre, Intellektuelle und Künstler, fliegende Händler und Mystiker. Anders als V. S. Naipaul, der ähnliche Begegnungen mit unverhohlener Geringschätzung abhandelt, schildert de Bellaigue seine Gesprächspartner mit Sympathie und Offenheit. So gelingen dem jungen Journalisten, der fließend Farsi spricht und mit einer Iranerin verheiratet ist, immer wieder erhellende Einblicke und Einsichten in eine der enigmatischsten, unzugänglichsten Gesellschaften der Welt. Wer besser verstehen will, warum gerade Iran eine Schlüsselstellung in den weltpolitischen Konflikten unserer Zeit einnimmt, der muß dieses Portrait des mächtigsten islamischen Landes lesen.
Autorenporträt
Christopher de Bellaigue was born in London and has spent the past decade in the Middle East and South Asia. He has worked as a foreign correspondent for a number of publications including the "Independent", "The Financial Times", "The Economist" and the "New York Review" of Books.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 28.02.2006

Sachbücher im März
Empfohlen werden nach einer monatlich erscheinenden Rangliste Bücher der Geistes-, Kultur-, und Sozialwissenschaften sowie angrenzender Gebiete.
1. JARED DIAMOND: Kollaps. Warum Gesellschaften überleben oder untergehen. Übersetzt von Sebastian Vogel. S. Fischer Verlag, 704 Seiten, 22,90 Euro.
2.-3. CHRISTOPHER DE BELLAIGUE: Im Rosengarten der Märtyrer. Ein Portrait des Iran. Übersetzt von Sigrid Langhäuser. C. H. Beck Verlag, 341 Seiten, 24,90 Euro.
KLAUS-DIETMAR HENKE (Hg.): Die Dresdner Bank im Dritten Reich. In vier Teilbänden von Johannes Bähr, Dieter Ziegler, Harald Wixforth und Klaus-Dietmar Henke. R. Oldenbourg Verlag, 2374 Seiten, 79,80 Euro.
4.MICHA BRUMLIK: Sigmund Freud. Der Denker des 20. Jahrhunderts. Beltz Verlag, 280 Seiten,
22,90 Euro.
5.KLAUS HERBERS, HELMUT NEUHAUS: Das Heilige Römische Reich. Schauplätze einer tausendjährigen Geschichte (843-1806). Böhlau Verlag, 343 Seiten, 34,90 Euro.
6. ALEXANDER STILLE: Citizen Berlusconi. Übersetzt von Karl H. Siber. C. H.Beck Verlag, 383 Seiten, 24,90 Euro.
7.KARL ERICH GRÖZINGER: Jüdisches Denken. Theologie – Philosophie – Mystik. Band 2: Von der mittelalterlichen Kabbala zum Chassidismus. Campus Verlag, 600 Seiten,
65 Euro.
8.-10.WOLFGANG HAGEN: Das Radio. Zur Geschichte und Theorie des Hörfunks. Wilhelm Fink Verlag, 394 Seiten, 39,90 Euro.
NAVID KERMANI: Der Schrecken Gottes. Attar, Hiob und die metaphysische Revolte. C. H. Beck Verlag, 336 Seiten, 24,90 Euro.
ROBERT WINSTON (Hg.): Der Mensch. Die große Bild-Enzyklopädie. Verlag Dorling Kindersly, 512 Seiten, 49,90 Euro.
Besondere Empfehlung des Monats März 2006 von Hans Martin Lohmann: Freud’s Library. A Comprehensive Catalogue – Freuds Bibliothek. Vollständiger Katalog. Bearbeitet und herausgegeben von J. Keith Davies und Gerhard Fichtner. Edition Diskord, 144 Seiten, 36 Euro.
Mitglieder der Jury:
Rainer Blasius, Eike Gebhardt, Fritz Göttler, Wolfgang Hagen, Daniel Haufler, Otto Kallscheuer, Matthias Kamann, Petra Kammann, Guido Kalberer, Elisabeth Kiderlen, Jörg-Dieter Kogel, Hans Martin Lohmann, Ludger Lütkehaus, Herfried Münkler, Rolf Rietzler, Wolfgang Ritschl, Florian Rötzer, Albert von Schirnding, Norbert Seitz, Eberhard Sens, Hilal Sezgin, Volker Ullrich, Andreas Wang, Uwe Justus Wenzel.
Redaktion: Andreas Wang (NDR)
Die nächste SZ/NDR/Buch-Journal-Liste der Sachbücher des Monats erscheint am 31. März.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.04.2006

Mehr verstehen wollen
Eine ambitionierte Großreportage über den Alltag in Iran

Unser Bild von Iran hat sich in den vergangenen zehn Jahren geändert. An die Stelle des Horrorbildes der islamischen Republik, wo bärtige Dunkelmänner und wild entschlossene weibliche Wesen mit Tschador und Kalaschnikow für die islamische Weltrevolution marschieren, ist zumindest ansatzweise die Vorstellung von einer demographisch sehr jungen Gesellschaft getreten, die in vieler Hinsicht moderner - und der unseren damit ähnlicher - ist, als es das religiöse Regime wahrhaben möchte. Während das Iran-Bild zumindest im ersten Jahrzehnt nach der Revolution von 1979 von Rückständigkeit und Fanatismus geprägt war, konzentrierten sich viele Berichte seit der zweiten Hälfte der neunziger Jahre auf das moderne Iran, auf Partys, Fitness-Studios, Internetcafés und Fußballfans.

Zugleich ist Iran noch immer ein unbekanntes Land. Wie sonst hätte es geschehen können, daß in den vergangenen zehn Jahren zweimal ein vollkommen anderer zum Präsidenten gewählt wurde, als so gut wie alle Beobachter vorausgesagt hatten? Was wir über Iran wissen, stützt sich vor allem auf die Berichte ausländischer oder exiliranischer Journalisten, die das Land in Abständen besuchen. Umfassendere Darstellungen, Bücher von Ausländern, die über längere Zeit in Iran leben, gibt es kaum. Allein das macht das Iran-Buch von Christopher de Bellaigue, der als Korrespondent des britischen Economist seit mehr als fünf Jahren in Teheran lebt und mit einer Iranerin verheiratet ist, zu einer Besonderheit. Auch sonst ist es ein besonderes Buch, denn de Bellaigue widmet sich darin bewußt nicht jenem Teil der iranischen Gesellschaft, der für Ausländer leicht zugänglich ist und üblicherweise ihr Bild und ihre Darstellungen prägt: der westlich orientierten, fremdsprachenkundigen, wohlhabenden Gesellschaft Nordteherans. Er sucht nicht das Iran der Partys und Weblogger, sondern begibt sich in Milieus, die den meisten Ausländern nur schwer zugänglich sind und von vielen Iranern gemieden werden: die Kriegsveteranen in Isfahan, das islamische Priesterseminar in Ghom und die mafiose Halbwelt der Ringerclubs im Süden Teherans.

De Bellaigue hat eine literarisch ambitionierte Großreportage geschrieben - auf der Suche nach dem, was die iranische Gesellschaft und Kultur prägt. Anhand einer überschaubaren Vielzahl von Charakteren, allen voran dem fast zum Romanhelden ausgebauten Herrn Zarif, erzählt er noch einmal die Geschichte von Revolution, Krieg und Reform. Oder, besser, er läßt sie erzählen, denn über weite Passagen kommen die Iraner selbst zu Wort: vom beteiligten kleinen Mann, dem Fußvolk der Revolution, bis zu den religiösen Intellektuellen.

Breiten Raum nimmt der Krieg gegen den Irak in den achtziger Jahren ein, der aus dem westlichen Bewußtsein weitgehend verschwunden ist, die iranische Gesellschaft aber bis heute prägt. Dabei sind die Nacherzählung des Kriegsverlaufs und dessen Einordnung in die Weltpolitik (wie etwa die Unterstützung des Westens für den Irak oder die Iran-Contra-Affäre) eingebunden in und abgeleitet aus einer Vielzahl von Gesprächen mit Veteranen. De Bellaigue sucht die Geschichten überlebender und gefallener Kriegsteilnehmer, er verflicht sie mit der Gegenwart, und stellt dabei immer wieder die Frage, wie die fanatische Hingabe jener Jahre den Protagonisten aus heutiger Sicht erscheint, wie sie heute jenen Staat und jene Gesellschaft sehen, für die sie Jahre ihres Lebens und ihre Gesundheit geopfert haben. Auch läßt er seine Leser an den Frustrationen des westlichen Rechercheurs teilnehmen, dem mancher Veteran mit so viel Mißtrauen begegnet, daß ein Gespräch nicht möglich ist.

Die große Stärke des Buches sind die vielen kleinen Beobachtungen und Gespräche, die de Bellaigue mit einem untrüglichen Blick für Anekdoten und Geschichten, einer Vorliebe für die Absurditäten des iranischen Alltags, einer bis zur Detailverliebtheit präzisen Beobachtungsgabe aufzeichnet. Seine hervorragende Kenntnis des Persischen ermöglicht es ihm, den Persern aufs Maul zu schauen. So gerät die Wiedergabe der Gespräche in einem Sammeltaxi, das in Isfahan im Stau steckt, zu einer komprimierten Schau des Nationalcharakters und der Alltagskultur der Iraner. Daher wird dem Autor jetzt auch vorgeworfen, er habe sich auf einen bestimmten Teil der iranischen Gesellschaft konzentriert, habe das Exotische, Abgelegene, Abartige gesucht, an dem sich der westliche Leser ergötzen kann. Parastou Forouhar, eine in Deutschland lebende Künstlerin, Tochter zweier 1998 ermordeter Oppositioneller, der selbst ein ganzes Kapitel des Buches gewidmet ist, sieht in dem Buch den alltäglichen Kampf vieler Iraner um "Normalität" zuwenig gewürdigt. Zwischen Ringerclubs, Priesterseminar und Schickeria gibt es viele Iraner, die sich mit großem Kraftaufwand und einigem Erfolg darum bemühen, gegen die Widrigkeiten des islamischen Systems und die wachsenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten ein "normales Leben" zu führen. Tatsächlich wählt dieses Porträt Irans, wie der Untertitel lautet, eine sehr spezielle Sichtweise, die etwa die iranischen Frauen und die junge Generation nur am Rande streift. So liefert de Bellaigue sicher kein umfassendes Bild Irans, gleichwohl aber eines, das dazu angetan ist, Lücken zu füllen.

Andere Iraner haben das politische Urteil vermißt - über das islamische System, vor allem aber über die Reformbewegung der vergangenen Jahre und ihre Protagonisten. Das differenzierte Porträt des vom Revolutionär zum Dissidenten mutierten Journalisten Akbar Ganji etwa kommt nicht zu einer eindeutigen Einschätzung. Die großen Fragen der heutigen iranischen Gesellschaft - wie modern, wie traditionell ist sie, wie religiös und wie säkular - werden kunstvoll gestellt und umkreist, aber de Bellaigue erzwingt keine Antwort, die zwangsläufig vereinfachen müßte. Er beschreibt, was er gehört und gesehen hat. Und einer, der mehr versteht als die meisten und doch nicht urteilen will, das ist in der Fülle der Urteile, die in diesen Tagen über Iran abgegeben werden, schon etwas Besonderes.

CHRISTIANE HOFFMANN

Christopher de Bellaigue: Im Rosengarten der Märtyrer. Ein Porträt des Iran. Aus dem Englischen von Sigrid Langhaeuser. Verlag C. H. Beck, München 2006. 340 S., 24,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Sehr interessant findet Elisabeth Kiderlen diese Reportagensammlung des Economist-Korrespondenten Christopher de Bellaigue aus dem Iran. Keinen Eingang gefunden haben allerdings der neue Präsident Ahmadinedschad und der Streit um das iranische Atomprogramm (im Original ist das Buch bereits im Juni 2005 erschienen). Nach Kiderlen geht es dem Autor aber auch um etwas anderes: um die stetige Ernüchterung der iranischen Gesellschaft gegenüber dem Regime der Ayatollahs, die erst ihr Land in einen verheerenden Krieg mit dem Irak gestürzt haben und schließlich immer rigider die Erbitterung darüber unterdrücken musste. Bellaigue hat sich mit kritischen Ayatollahs getroffen, mit Geheimdienstlern und Militärs und natürlich verschiedenen Intellektuellen: Besonders spannend findet Kiderlen auch Bellaigues Bericht zu den Morden an Schriftstellern und Intellektuellen im Jahr 1998. Der Journalist Akbar Ghandji hatte bei seinen Recherchen die Machenschaften hoher Politiker ans Licht gezerrt und damit auch den Niedergang Haschemi Rafsandschanis eingeleitet, der schließlich bei den Wahlen im Juli 2005 gegen den Scharfmacher Mahmud Ahmadinedschad unterlag.

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