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"Lehrer ist kein Beruf, sondern eine Diagnose" seufzte einmal ein Schulleiter. In der Tat, betrachtet man die Statistik, so ist der Lehrerberuf einer der gefährlichsten, den die Nation zu bieten hat. Nur sechs Prozent aller Lehrer gehen regulär in Pension. Die große Mehrheit scheidet bereits vorher wegen schwerer gesundheitlicher Probleme aus dem Dienst. 65 Prozent gehen mit einem Durchschnittsalter von 57 Jahren in den Ruhestand. Als Gründe werden genannt: Extreme psychosoziale Anforderungen, undisziplinierte und verhaltensauffällige Schüler, Zunahme von Erziehungsaufgaben, übervolle Klassen,…mehr

Produktbeschreibung
"Lehrer ist kein Beruf, sondern eine Diagnose" seufzte einmal ein Schulleiter. In der Tat, betrachtet man die Statistik, so ist der Lehrerberuf einer der gefährlichsten, den die Nation zu bieten hat. Nur sechs Prozent aller Lehrer gehen regulär in Pension. Die große Mehrheit scheidet bereits vorher wegen schwerer gesundheitlicher Probleme aus dem Dienst. 65 Prozent gehen mit einem Durchschnittsalter von 57 Jahren in den Ruhestand. Als Gründe werden genannt: Extreme psychosoziale Anforderungen, undisziplinierte und verhaltensauffällige Schüler, Zunahme von Erziehungsaufgaben, übervolle Klassen, gleichgültige Eltern, schlechtes Klima im Kollegium. Die Folgen der steten, vor allem seelischen Überbelastung drücken sich zunächst in häufigen Kopf-, Magen- und Rückenschmerzen aus, um dann in sehr viel ernstere Krankheitsbilder überzugehen, zu deren häufigsten Herz- und Kreislauferkrankungen, Eßstörungen, Tinnitus, Depressionen sowie Angst- und Panikstörungen bis hin zum Burn-Out, dem tiefgreifenden psychophysischen Erschöpfungszustand, zählen.
Mit Wolfgang Hagemann erläutert ein erfahrener und renommierter Fachmann, welchen Stressformen Lehrerinnen und Lehrer besonders ausgesetzt sind, wie es zu jenem dramatischen Verlust des seelisch-körperlichen Gleichgewichts und seinen Folgen kommt und welche Möglichkeiten der Therapie und Vorbeugung es gibt. Ein wichtiges Grundlagenwerk zur Psychosomatik eines verkannten Berufs.
Autorenporträt
Dr. med. Wolfgang Hagemann, Arzt für Psychotherapeutische Medizin, Arzt für Psychiatrie, ist Gründer und Ärztlicher Leiter der Röher Parkklinik, Private Klinik, Tagesklinik und Ambulanz für Psychotherapeutische Medizin, in Eschweiler. Er ist Leiter der Psychoonkologie am St. Antonius-Hospital in Eschweiler sowie Lehrtherapeut für Systemische Familientherapie an der Donau-Universität in Krems.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.03.2009

Gewaltbereitschaft überfordert viele Lehrer

Spätestens seit dem Amoklauf in Winnenden wird die Erwartung geäußert, dass Lehrer psychische Auffälligkeiten ihrer Schüler schon im Anfangsstadium erkennen sollten. Dazu fehlt ihnen nicht nur die diagnostische Kompetenz, sondern in großen Klassen angesichts der Zeitknappheit auch jede Möglichkeit. Zusätzlich zu Lernstandserhebungen, ständigen Evaluationen, Tests und einem Reformaktivismus, der die Schulen gar nicht mehr zur Ruhe kommen lässt, werden immer neue Forderungen an sie herangetragen, die ihre emotionale Intelligenz und Belastbarkeit überfordern.

In dem völlig neu bearbeiteten Buch des Psychotherapeutischen Mediziners und Psychiaters Wolfgang Hagemann wird dem Thema "Gewalt" (Gewalt durch Schüler, strukturelle Gewalt) viel Raum gegeben. Darin berichten Lehrer, denen der eigene Tod oder körperliche Gewalt (Zusammenschlagen) angedroht wurden, von ihrer Hilflosigkeit. Wenn sie dann auch noch wenig emotionale Unterstützung im Kollegium erführen, könne dies zum völligen nervlichen Zusammenbruch führen, schreibt Hagemann. Er hält die einseitige Zuweisung aller Verantwortung für gesellschaftliche Fehlentwicklungen an die Schule für verfehlt und kritisiert auch diffamierende Äußerungen in der Öffentlichkeit, weil sie Schüler geradezu ermunterten, ihre Gewalt offensiv auszuloten.

Alle an der Schule Beteiligten seien dazu aufgefordert, wirkungsvolle Präventionsstrategien gegen Gewalt aufzubauen. "Dass nach einem Geschehen wie in Erfurt plötzlich eine Vielzahl von Psychologen und Sozialarbeitern ,seelische Feuerwehr' sein muss, sollte sich nicht wiederholen", schreibt der Autor noch in Unkenntnis von Winnenden und schlägt vor, den finanziellen Aufwand dafür lieber in die Vorbeugung zu stecken. Für alle am Schulsystem Beteiligten müssten die Grenzen der Gewalt verbindlich sein. Nur so könne sich der Einzelne sicher fühlen. Mit Berufung auf die Jugendpsychiaterin Renate Schepker weist Hagemann darauf hin, dass Gewaltvideos das Gewaltpotential von potentiellen Tätern nicht allein erhöhten. So sei etwa das Schulmassaker von Columbine eher der Pathologie, der sozialen Isolierung und Verzweiflung der Täter zuzuschreiben als dem Medium selbst. Solche Zusammenhänge zu erkennen setze eine große verbindliche Nähe zum einzelnen Schüler voraus. Nur durch Bindung, sinnstiftende Lebensinhalte und gute Beziehungen zu vorbildlichen Erwachsenen seien die Risikofaktoren gewaltbereiter Schüler überhaupt zu beeinflussen. Das allerdings koste Zeit und Kraft und sei nicht nebenbei zu erledigen. Substantiell neue Informationen über die Burnout-Problematik bei Lehrern finden sich kaum, vielmehr geht es Hagemann um konkrete Hilfe im Sinne eines gut lesbaren Ratgebers für Betroffene, Schulleiter aber auch Ärzte und Therapeuten.

Wolfgang Hagemann, Burnout bei Lehrern, Ursachen, Hilfen, Therapien. Beck'sche Reihe 2009, Verlag C.H.Beck, 11,95 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Wolfgang Hagemann, Leiter einer psychosomatischen Klinik für ausgebrannte Lehrer, ergreift mit seiner Schrift Partei für all diejenigen, "die gute Lehrer sein wollen und es (wieder) werden, wenn sie das System Schule wahr- und annehmen können, in dem sie sich selbst verschlissen haben", schreibt Ute Andresen, die der Autor an seiner Seite wissen darf. Dabei ist das Buch keineswegs allein als Ratgeber für Lehrkräfte zu verstehen, betont die Rezensentin. Wenn Hagemann analysiere, was "Lehrer einengt, behindert, kränkt, verdirbt", entbehre das nicht einer politischen Dimension. So erkennt Ute Andresen in Hagemann einen Kämpfer für eine Umgestaltung der schulischen Verhältnisse, da diese weder Schülern noch Lehrern einen "sicheren Ort" bieten könnten, der aber zu einem sinnvollen Miteinander notwendig wäre. Indem er Respekt für die Lehrer einfordere, werde Hagemann zu ihrem "Fürsprecher" , der die "Blockierung des Systems" lösen möchte. Allein, wundert sich die Rezensentin, warum hat man ihm dann nicht wenigstens einen Lektor zur Seite gestellt, der "mit ihm um klare Formulierungen" ringen hätte können?

© Perlentaucher Medien GmbH