Marktplatzangebote
8 Angebote ab € 5,95 €
  • Buch mit Leinen-Einband

Hartwin Brandt bietet ein eindrucksvolles Bild der Lebensverhältnisse alter Menschen in der griechischen und römischen Antike. Die zeitlose Aktualität des Themas wird deutlich, wenn er vom Selbstverständnis der Alten, ihren Erfahrungen im Umgang mit Jüngeren, ihren Sorgen, ihrem Glück und ihren Strategien berichtet, mit der sich verändernden Lebenssituation zurechtzukommen. Zahlreich abgebildete Kunstwerke veranschaulichen als eigenständige Zeugnisse das Leben des alten Menschen in der Antike.

Produktbeschreibung
Hartwin Brandt bietet ein eindrucksvolles Bild der Lebensverhältnisse alter Menschen in der griechischen und römischen Antike. Die zeitlose Aktualität des Themas wird deutlich, wenn er vom Selbstverständnis der Alten, ihren Erfahrungen im Umgang mit Jüngeren, ihren Sorgen, ihrem Glück und ihren Strategien berichtet, mit der sich verändernden Lebenssituation zurechtzukommen. Zahlreich abgebildete Kunstwerke veranschaulichen als eigenständige Zeugnisse das Leben des alten Menschen in der Antike.
Autorenporträt
Prof. Dr. Hartwin Brandt ist Professor für Alte Geschichte an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.03.2003

Klage nicht, alter Mann
Mit dem Rollstuhl in die Römerzeit: Hartwin Brandt untersucht das Verhältnis der antiken Gesellschaften zu ihren Senioren
Alter ist relativ und die Haarfarbe nur bedingt ein Indikator. „Einige wenige graue Haare habe ich schon an den Schläfen, der Bart am Kinn wird weiß. Die Jahre des Frühlings sind dahin. All das erinnert mich daran, dass der Winter des schwindenden Lebens nun da ist und das kalte Alter herankommt.” Als Erasmus von Rotterdam im Jahre 1506, gerade von schwerer Krankheit genesen, diese Zeilen schrieb, war er knapp vierzig Jahre alt. Klagen über die Gebrechen, die das Alter mit sich bringt, finden sich schon zuhauf in der Literatur der griechisch-römischen Antike – genauso aber auch das Lob der späten Jahre: „Wird auch silbern mein Haar, lern’ ich immer noch vieles”, freute sich der athenische Gesetzgeber Solon im frühen 6. Jahrhundert vor Christus. Der römische Satiriker Martial aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. spottete über Männer, die sich die Haare schwarz färbten, dies aber nicht mit ihrem Bart tun konnten.
Auch wenn der Titel von Hartwin Brandts Buch etwas anderes suggerieren könnte, ist das Motiv der Haarfarbe für den antiken Diskurs über das Alter marginal. Brandt bietet eine Blütenlese von Reflexionen aus allen Genres der antiken Literatur vom archaischen Griechenland bis zur christlichen Spätantike und bezieht auch ausführlich die – teils idealisierenden, teils realistischen – Darstellungen in der bildenden Kunst ein.
Auf der einen Seite stehen das Lob der Weisheit der Alten sowie die Versicherung, dass maßvolle Lebensführung auch ein Altern in Würde ermögliche; auf der anderen Seite die Klagen über die Last der späten Lebensjahre oder der derbe Spott über die sprichwörtlichen lüsternen Alten beiderlei Geschlechts, die sich nicht mit ihren eingeschränkten Möglichkeiten zur Sinnenfreude abfinden mögen. Es gibt auch Überlegungen, ob es nicht besser sei, rechtzeitig zu sterben oder gar dem eigenen Leben ein Ende zu setzen. Natürlich fehlt auch der Topos nicht, dass in den guten alten Zeiten den Alten jener schuldige Respekt bezeugt worden sei, den man in der Gegenwart so sehr vermisse.
Die Themen sind zeitlos. In seiner Schrift über das Greisenalter gestaltete Cicero die literarische Fiktion, dass Cato, der Repräsentant römischer Sittenstrenge, kurz vor seinem Tod Widerlegungen der gängigen Vorurteile über die Nachteile des Alters formuliert habe. Diese Betrachtungen knüpften einerseits an eine lange (populär-) philosophische Tradition an, sollten andererseits immer wieder Entsprechungen in späterer Literatur finden. Zeitlos sind die meisten Belege auch in dem Sinne, dass sie weder epochen- noch kulturspezifische Beobachtungen enthalten. Durchgängig weist Brandt auf die „Aktualität” bestimmter Motive hin. Ohne Scheu vor Banalitäten lässt er sich von den „Diskussionen über menschenwürdiges Altern und Sterben”, über die „Auflösung des Generationenvertrags”, die „Herrschaft der alten Männer” bis zur „Fitneß im Alter” nichts entgehen.
„Eine Geschichte des Alters in der Antike” bietet das Buch gerade deshalb nicht, weil es beim chronologischen Durchgang durch die Überlieferung die überzeitlichen Motive nicht systematisch von jenen Indizien trennt, die Aufschluss über die politische und soziale Position alter Menschen in den antiken Gesellschaften geben könnten. Die Schwierigkeit besteht schon darin, dass meistens nicht klar ist, welches konkrete Lebensalter gemeint ist, wenn von den Alten oder Greisen die Rede ist, da man zumeist nur zwischen den Jungen und den Alten unterschied. Abgesehen von der Entpflichtung vom Wehrdienst (zumeist mit 60) gab es auch nur selten Regelungen, die an das Erreichen eines bestimmten Lebensalters Privilegien oder Einschränkungen von Rechten banden.
In Sparta bestand der „Rat der Alten” aus Männern, die mindestens sechzig Jahre alt sein mussten, für das römische Pendant, den Senat, galt dies nicht; hier konnte man schon mit etwa 30 Jahren Mitglied werden und bereits als Mitvierziger die höchste Rangstufe erreichen. Zu den „Senioren”, deren Stimmen in der Volksversammlung größeres Gewicht hatten, zählte man ab dem 47. Lebensjahr; ungeklärt ist, ob man mit 60 Jahren sein Stimmrecht verlor.
Ob man mit Brandt von einem „gerontokratischen Charakter der republikanischen Gesellschaft” Roms sprechen kann, erscheint ebenso fraglich wie seine Annahme, der Bedeutungsverlust des Senats in der Kaiserzeit habe den gesellschaftlichen Status der Alten beeinträchtigt. Es wird auch nicht systematisch erörtert, was es bedeutet, wenn in einer Gesellschaft vermutlich weniger als fünf Prozent der Bevölkerung älter als 60 Jahre ist und die Fürsorge für die Alten allein als Problem des Familienverbandes gilt (wenn auch nicht bei den Christen).
Aber Brandts Ziel war ja auch nur zu zeigen, dass die „antike Literatur auch noch in einer Zeit wie der unsrigen, da allerorten über das Altern reflektiert und räsoniert wird, Aufmerksamkeit beanspruchen” kann. Wer entsprechende Reden und Artikel mit Bildungsgut anreichern möchte, kann sich hier bedienen. Die Nachrichten – oder Projektionen – der antiken Ethnographie über rituelle Schlachtungen der Alten bei barbarischen Völkern hat der Autor diskret weggelassen.
WILFRIED NIPPEL
HARTWIN BRANDT: Wird auch silbern mein Haar. Ein Geschichte des Alters in der Antike. C.H. Beck, München 2002. 302 Seiten, 29,90 Euro.
Rentnerehepaar der Antike
Foto aus dem bespr. Band / C.
H. Beck
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
…mehr

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.10.2002

Kopf hoch, werter Greis
Hartwin Brandt prüft das Alter in der Antike / Von Kurt Flasch

Wir werden immer älter. Altgewordene Philosophen wie Gadamer und Bobbio haben vor kurzem noch das antike Thema "Alter" neu aufgegriffen und die alte Tradition der Reflexion darüber fortgesetzt. Nachdem französische Historiker die Kindheit und den Tod, die Scham und das Essen historisiert haben, lag es nahe, auch eine Geschichte des Alters zu schreiben. Jetzt liegt sie vor, wenigstens für die griechische und römische Antike. Aus Hartwin Brandts Buch ist eine Menge zu lernen: Die Klage, das Alter werde nicht mehr geehrt wie früher, ist so alt wie die europäische Literatur. Es gibt sie seit Hesiod (um 700 vor Christus). Spätestens seit Platon die Hochschätzung des Alters philosophisch begründet hat, ist dieser kulturkritische Singsang nicht mehr verstummt. Besonders das antike Sparta wurde wegen seiner Altenherrschaft (Gerusie) gerühmt; aber auch in Rom besaß die Versammlung der Alten, Senat genannt, höchste Autorität.

Brandts Geschichte des Alters in der Antike gießt zwar etwas Wasser in den Wein der Begeisterung für die antike Hochschätzung der Alten. Er stellt fest, daß es kein Mindestalter gab für die Aufnahme in den Senat; maßgebend war die Ämterlaufbahn. Richtigstellungen dieser Art enthält das Buch des Bamberger Historikers eine Fülle. Er verfolgt das Thema des Alters von Homer bis zum Ende der Antike, quellennah, mit vielen schönen Zitaten, aus denen Geburtstagsredner sich künftig bedienen werden. Es zeigt, wie Vorzüge und Nachteile des Alters klug abgewogen worden sind. Vorherrschend war ein nüchterner Blick; das moderne Ideal ewiger Jugend wurde den Göttern zugeschrieben, nicht den Menschen.

Besonderen Reiz erhält das Buch dadurch, daß es nicht nur die Ansichten über das Alter der antiken Literatur und Philosophie zitiert, sondern auch die Darstellungen des Alters in der Kunst wiedergibt und historisch einordnet. Zudem enthält es eine Reihe sozialgeschichtlicher Informationen, zum Beispiel über die durchschnittliche Lebenserwartung, die bei etwa fünfunddreißig Jahren lag, oder über den Anteil der mehr als Sechzigjährigen, der auf fünf Prozent geschätzt wird.

Der Verfasser vergißt auch nicht die soziale Lage alter Frauen, obwohl die meisten Quellen sich auf alte Männer der Oberschicht beziehen. Oft muß er feststellen, daß wir die Literatur besser kennen als die soziale Realität. Der Verfasser verbindet Ideen- und Literaturgeschichte mit Archäologie und Kunstgeschichte und analysiert die gesamte Entwicklung von Homer bis Boethius auf dem Hintergrund der Sozialgeschichte. Ob es eine ausgezeichnete Idee war, diese respektable Leistung unter dem Aspekt der Haarfarbe zu präsentieren, ist eine andere Frage. Der Titel des Buches besteht aus der ersten Hälfte eines Fragments von Solon (um 600 vor Christus), das vollständig lautet: "Wird auch silbern mein Haar, lern' ich doch immer noch vieles." Die intellektuelle Beweglichkeit und die Neugier des weisen Gesetzgebers Solon sind also weggefallen. Schade.

Brandt behandelt ein wichtiges Thema informativ und gelehrt, ohne unnötige Umständlichkeit. Er schreibt selbst, aus einem geplanten Essay sei ein Buch geworden. Daran ist jedenfalls so viel richtig, daß dieses Buch kein Essay ist. Streckenweise hat es den Charme eines Artikels aus der Real-Enzyklopädie für das klassische Altertum; es listet Zitate über das Altern auf einer chronologischen Perlenschnur auf. Aus Vollständigkeitseifer behandelt es einzelne Autoren knapp, um nicht zu sagen: hastig. Aktualisierende Betrachtungen über die alten Leute von heute fallen eher banal aus. So rühmlich es ist, daß Kunst und Sozialgeschichte beachtet werden - der gelehrte Verfasser blickt zu wenig über seinen Tellerrand. Er sucht nicht erst das Imaginäre des Alters. Er erwähnt zum Beispiel nicht, daß Plinius erzählt, in Indien gebe es eine Gegend, in der Menschen nicht altern; sie stürben in voller Reife im Alter von zweihundert Jahren. Und gehören nicht auch Juden in die Geschichte des Altertums? In deren heiligen Büchern las man Wunderdinge über das Altern.

Heute gebrauchen selbst kundige Skribenten den Ausdruck "biblisches Alter" falsch. Sie schreiben über einen Achtzigjährigen und sagen, er sei im "biblischen Alter". Aber die siebzig bis achtzig Jahre, von denen der Psalm 90 spricht, meinen das Durchschnittsalter, nicht das Alter der großen alttestamentlichen Gestalten. Die Heilige Schrift versichert, Adam sei im Alter von neunhundertdreißig Jahren gestorben. Den Rekord hielt Methusalem; er erreichte neunhundertneunundsechzig Jahre, sagt die Genesis. Noch Rühmlicheres berichtet sie vom Urvater Noah, dem das Verdienst zukommt, den Wein erfunden zu haben, und der im Alter von fünfhundert Jahren die Söhne Sem, Cham und Japhet gezeugt hat.

Gab es solche Vorstellungen in der Antike? Fromme Franziskaner des Mittelalters arbeiteten an Rezepten für Getränke der Lebensverlängerung; von Päpsten erzählte man, daß sie das Gold florentinischer Gulden abrieben und ihren Getränken beigaben, um ihr Leben zu verlängern. Es gab Kirchenfürsten, die alles taten, um nicht zu schnell in den Himmel zu kommen. Die Mönche, die sie medizinisch berieten, Roger Bacon zum Beispiel, hatten die Bücher arabischer Ärzte gelesen, in denen Lebenselixiere empfohlen wurden. Gab es das alles nicht in der Antike? Brandts katalogisierte Antike ist nüchtern, besonnen und ein wenig zu trocken. Sie wiederholt ihren begrenzten Vorrat von Motiven. Aber, wie gesagt, er wollte ja auch keinen Essay schreiben, sondern nur ein Buch.

Immerhin, wenigstens eine Geschichte vom Traum ewigen Lebens erzählt er uns: Eos, die Göttin der Morgenröte, hatte einen sterblichen Mann zu den Göttern entführt. Sie erbat für ihren Geliebten von Zeus Unsterblichkeit, und sie erhielt sie. Aber sie hatte vergessen, auch noch um ewige Jugend zu bitten. So alterte ihr Mann; er alterte ohne Ende. Er konnte nicht sterben. Schrecklich muß er ausgesehen haben in der Gesellschaft der Götter. Eos blieb gar nichts anderes übrig; sie schloß, wie Brandt schön formuliert, "den dürren und vertrockneten Gatten hinter bronzenen Türen weg". So können die Silberhaarigen von heute sich trösten; sie sind sterblich. Und Altersheime haben keine bronzenen Türen.

Hartwin Brandt: "Wird auch silbern mein Haar". Eine Geschichte des Alters in der Antike. Verlag C. H. Beck, München 2002. 302 S., 89 Abb., geb., 29,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Unter der Überschrift "Mit dem Rollstuhl in die Römerzeit" zerpflückt Wilfried Nippel, weniger genervt allerdings offenbar denn amüsiert, Brandts "Geschichte des Alters in der Antike". Eine solche nämlich biete das Buch gerade nicht. Sondern vielmehr eine weitgehend unsystematische "Blütenlese" von Reflexionen aus allen Genres und Zeiten, von der Literatur bis zur bildenden Kunst und vom archaischen Griechenland bis zur christlichen Spätantike. Dafür weise Brandt dann "durchgängig" auf die "Aktualität" vieler Motive hin. Brandts Ziel sei eben vorrangig gewesen, so zitiert Nippel aus dem Band, zu zeigen, dass die "antike Literatur auch noch in einer Zeit wie der unsrigen, da allerorten über das Altern reflektiert und räsoniert wird, Aufmerksamkeit beanspruchen" könne. "Zeitlos" seien die meisten von Brandt gesammelten Belege aber eben leider vor allem in dem Sinne, dass sie "weder epochen- noch kulturspezifische Beobachtungen enthalten" würden. Nur als ironisch gemeintes Lob kann man, dass Brandt sich dann von dem in diesem Sinne Zeitlosen, Nippel zufolge, tatsächlich nichts habe entgehen lassen -- "ohne Scheu vor Banalitäten" und bis hin zu Äußerungen zum Thema "Fitness im Alter".

© Perlentaucher Medien GmbH