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Kurzbeschreibung Vergnügen bereitet das Decameron mit seinen vielen heitererotischen Novellen nun schon seit über 600 Jahren. Elf dieser Liebesgeschichten sind hier neu in heutiges Deutsch übersetzt, zur unterhaltsamen Lektüre. Im zweiten Teil des Buches deutet Kurt Flasch, ausgehend von der Schlußnovelle, das gesamte Decameron neu. Aus dieser Perspektive - der Geschichte über die so sonderbar willfährige Griselda - zeigt sich der für Boccaccio in Sachen Liebe so entscheidende Zusammenhang zwischen Vergnügen und Vernunft. Das Decameron des Giovanni Boccaccio ist eines der berühmtesten Bücher…mehr

Produktbeschreibung
Kurzbeschreibung Vergnügen bereitet das Decameron mit seinen vielen heitererotischen Novellen nun schon seit über 600 Jahren. Elf dieser Liebesgeschichten sind hier neu in heutiges Deutsch übersetzt, zur unterhaltsamen Lektüre. Im zweiten Teil des Buches deutet Kurt Flasch, ausgehend von der Schlußnovelle, das gesamte Decameron neu. Aus dieser Perspektive - der Geschichte über die so sonderbar willfährige Griselda - zeigt sich der für Boccaccio in Sachen Liebe so entscheidende Zusammenhang zwischen Vergnügen und Vernunft. Das Decameron des Giovanni Boccaccio ist eines der berühmtesten Bücher der europäischen Literatur. Dennoch wird es vielfach unterschätzt. Es zählt bei vielen als "erotische" Literatur, als "Herrenlektüre". Das Decameron handelt von Liebe, aber Boccaccio hatte seinen eigenen Begriff davon. Diesen stellt das Buch vor, so vergnüglich wie möglich, so gelehrt wie nötig. Mancher Leser wird dabei auf Fragen stoßen: Wie hat Boccaccio über Liebe, über Frauen und Männer gedacht? Wie konnte er bei so viel Unglück so heiter sein? Welchen Zweck verfolgte Boccaccio mit seinen Erzählungen? Was bedeutet insbesondere die Schlußnovelle? Sie handelt von Griselda, die sich von ihrem Mann auf die merkwürdigste Weise alles gefallen läßt. Wie läßt sich das vereinbaren mit den stolzen und widerspenstigen Frauen, von denen das Decameron doch auch erzählt? Die Auslegungen sind vielfältig und umstritten. Kurt Flasch versucht in seinem Buch eine neue Deutung. Damit erscheint, vom Ende her gelesen, das Decameron in einem neuen Licht. Es zeigt sich der Zusammenhang von Vernunft und Vergnügen, der für Boccaccio charakteristisch ist.
Autorenporträt
Kurt Flasch, geboren 1930 in Mainz, studierte Philosophie, Geschichte, Gräzistik und Germanistik in Bonn und Frankfurt, wo er 1956 promovierte und 1969 habilitierte. Von 1970 bis 1995 war er Ordinarius für Philosophie im Philosophischen Institut der Ruhr-Universität Bochum. Darüber hinaus hielt er zahlreiche Gastvorlesungen, u.a. an der Sorbonne in Paris. Kurt Flasch verfasste zahlreiche Publikationen und wurde mehrfach mit Preisen ausgezeichnet, u.a. dem "Sigmund-Freud-Preis" für wissenschaftliche Prosa (2000) der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, dem "Hannah- Arendt-Preis" (2009) und dem "Joseph-Breitbach-Preis" (2012).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.05.2002

Und hinter der Liebe kein Paradies
Arme Griselda: Kurt Flasch übersetzt Novellen aus dem Decameron

Das Schöne an Literatur ist, daß sie sich gegen Interpretationen nicht wehrt. Im Gegenteil. Klassiker ist, wie Italo Calvino meinte, wer nie aufgehört hat zu sagen, was er zu sagen hat. Boccaccio und sein Decameron gehören gewiß dazu. Jüngstes Beispiel: Kurt Flasch. Er hat, in diesem Sinne, etwas Schönes getan: elf Liebesgeschichten ausgewählt, lesenswert neu ins Deutsche übertragen und nicht minder lesbar interpretiert. Es bestätigt sich, daß dieses Buch, allen Anzüglichkeiten zum Trotz, ein zutiefst moralisches Anliegen hatte.

Flasch wird nicht müde nachzuweisen, daß sich bei Boccaccio hinter der Liebe kein Paradies mehr auftut. Von ihrem Himmelsweg bei Dante bleibt ihr nicht viel mehr als eine "vielfarbige Phänomenologie". Autor und Figuren sind zu transzendental Obdachlosen geworden. Amor kann zwar den Menschen zur höchsten Seelenkultur erheben; ihm aber nicht minder den Verstand rauben und zur Unnatur erniedrigen. Diese Liebe ohne Gott wird zugleich anfällig für Fortuna, und beide dieser Hauptagenten des Lebens müssen ihre "Systemlosigkeit" offenbaren.

Aber sollte das die - neue - Moral Boccaccios sein? Das Dilemma findet, nach Flasch, seine Auflösung in der letzten Novelle, der berühmten Griselda-Geschichte. Sie ist ein klassisches Stück für sich, häufig nachgeschrieben und noch öfter interpretiert. Ein Markgraf wählt eine arme, junge Frau zu seiner Gemahlin, läßt sie vor versammeltem Hofstaat nackt ausziehen, fürstlich wieder einkleiden und heiratet sie. Doch dann beginnt er, sie einer Reihe von unmenschlichen Prüfungen zu unterziehen. Griselda erträgt sie mit unerträglicher "Geduld". Er findet ihr Verhalten "weise". Darauf erneuert er ihre Hochzeit, und das böse Märchen endet mit einem empörenden Happy-End.

Kurt Flasch macht sich diese Geschichte zu eigen, indem er Griselda zunächst erneut entkleidet: Entschlossen nimmt er ihr all die Gewänder ab, die bisherige Deutungsgenerationen über sie geworfen haben. Eine gute Gelegenheit im übrigen, den "Bildungsplunder" und seine "Spezialisten" mit Verachtung zu strafen; nicht ohne zugleich die "gedankliche Schwäche von Geisteswissenschaftlern" zu erwähnen; von "Literaturwissenschaftlern" ganz zu schweigen, in deren Händen Dichtung denkbar schlecht aufgehoben sei. Wo deren Haussegen wirklich hängt, daran läßt der Historiker der Philosophie keinen Zweifel: in der Philosophie. Der Zuschnitt für Griseldas neue Kleider wäre damit klar.

Erste Maßnahme: Er erklärt Boccaccio zum Philosophen. Dafür gibt es Gründe. Literatur war begründungspflichtig gegenüber der einen Wahrheit der Theologie. Aber den Dichter deshalb ganz zum Denker zu machen? Griselda, "konsequent" und "stringent" genug ideengeschichtlich betrachtet, geht daraus als "Leitfigur der Stoa-Rezeption" hervor. Und die, die empörend widerstandslos alles erträgt, steigt auf zur "Heroin reiner Selbstbestimmung"!

Wie aber kommt die Stoa in diese Griselda? Sie bringt ihre Haltung ja von Anfang an mit. Ist die Stoa also eine Naturveranlagung? Harte Religion einfacher Leute in schweren Zeiten? Oder ist es die Liebe zum Grafen, die Griselda alle Lieblosigkeiten ertragen läßt? Dann wäre ihre Liebe Zwang und Bann, keine reine Selbstbestimmung. Dieses würdige und ehrenvolle Gewand verdankt die Ungebildete mithin vor allem ihrem (philosophisch) gebildeten Betrachter.

Wie jedes schöne Kleid hat auch dieses seinen hohen Preis. Zunächst: Boccaccio selbst wollte Philosoph nicht sein: "die Poeten sollten Philosophen so wenig wie möglich nachäffen" ("phylosophorum symias minime poetas esse") - "vielmehr die Natur"! Die Poesie habe es gerade mit den unabsehbaren Wechselfällen des Lebens zu tun. Diese aber wollen immer neu besprochen sein: gerade so, wie die zehn Erzähler der Sammlung es vormachen. Für sie ist Griselda keine "abstrakte Figur". Sie gehört vielmehr in den Zusammenhang, der die erzählten Geschichten mit den Geschichtenerzählern verbindet.

Dort spielen nicht nur Griseldas Kleider, sondern ihre programmatische Nacktheit eine große Rolle. Denn auch die Erzählerinnen haben sich demonstrativ entkleidet und sich dabei einem neuen, brisanten Sinnbild von Nacktheit unterstellt, Venus. Boccaccio - nicht der Philosoph, der Mythologe - hat erklärt, was dies heißt: In der menschlichen Natur selbst, nicht jenseits, ist, im Prinzip ("Venus magna"), bereits alles angelegt, worauf sich eine menschengerechte Kultur berufen kann. Der skeptische Kulturfachmann Gualitieri überprüft dies an der Belastbarkeit des reinen Naturkindes Griselda. Umgekehrt aber kommt auch ihre gute Natur erst im Rahmen von Kultur richtig zur Geltung.

Im Gästebuch der Griselda bliebe also durchaus noch Platz für weitere Eintragungen. Kleider machen, Kleider verbergen aber auch Leute.

WINFRIED WEHLE

Kurt Flasch: "Vernunft und Vergnügen". Liebesgeschichten aus dem Decameron. Verlag C. H. Beck, München 2002. 287 S., geb., 24,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.02.2003

Ach, Griselda
Kurt Flasch restauriert Boccaccios „Decameron”
„Vernunft und Vergnügen” verspricht Kurt Flasch, emeritierter Professor für Philosophie, seinen Lesern mit diesem schönen und originellen Buch: „Es besteht aus zwei Teilen: der erste bringt eine Auswahl von Liebesgeschichten, die ich neu übersetzt habe. Anschaulich und witzig, wie sie sind, lassen sie sich auch nur zur Unterhaltung lesen. Doch wer sie liest, verwickelt sich in Fragen” – und schon sind wir beim zweiten Teil, dem Essay „Liebe im Decameron”.
Boccaccios Welterfolg hat der Autor vor nunmehr zehn Jahren schon einmal interpretierend umworben (Poesie nach der Pest. Der Anfang des Decameron, 1992), damals aber um den Schluss des „Decameron” einen großen Bogen gemacht. Jetzt geht es vor allem um diesen Schluss, die zehnte Geschichte des zehnten Tages, also um Griselda, jene Bauerntochter, die vom Markgrafen Gualtieri geheiratet wird und dessen Quälereien ohne zu murren erträgt.
Das Verständnis der Geschichten des Decameron hängt zu einem nicht geringen Teil vom Stil und vom Ton ab. Wie klang diese Prosa in ihrer florentinischen Umwelt vor 650 Jahren? Schon die Wahl der italienischen Prosa war bemerkenswert und modern – aber heute klingt das damals so moderne Italienisch natürlich archaisch.
Übersetzungen pflegen diese Wirkung mindestens teilweise zu respektieren – und überdies altern sie noch schneller, als die Werke selber, so dass z.B. die zu ihrer Zeit sehr moderne Übersetzung des 1928 gestorbenen Klabund heute ein bisschen altertümlich italienisch und ein bisschen altmodisch deutsch klingt. Kurt Flasch hat diese Klippen mit großem Geschick umfahren. Seine Übersetzung ist sehr genau, zugleich aber modern, ohne es zu verheimlichen.
Jener toskanische Abt z.B., der den „unsäglich groben und blöden Kerl” Ferondo ins Fegefeuer schicken wird, um sich mit dessen schöner Frau vergnügen zu können, „ertrug den Umgang mit ihm nur, weil er seiner Dummheit einen gewissen Unterhaltungswert abgewann”. Genauso richtig hieß das bei Klabund: „.. . und an dessen Umgang er weiter keinen Gefallen fand, als dass er sich bisweilen mit seiner Einfalt einen Spaß machte.” Bei Flasch hört man, dass hier weder die Erzählerin Lauretta noch der Autor Boccaccio redet oder schreibt, sondern der Übersetzer, der mit dem nagelneuen deutschen Wort „Unterhaltungswert” den Sarkasmus des Gedankens noch zusätzlich ironisch aufblitzen lässt.
Aber nicht nur die Geschichten selber, auch den Essay liest man durchgehend mit Vergnügen und Zustimmung. Wie gern folgt der moderne Leser dem Philosophen, wenn er scharfsinnig und ein wenig sarkastisch richtig stellt, dass es hier keine monastisch-asketischen Normen gibt, dass die Liebe im „Decameron” von Natur ihr eigenes Recht besitzt, nicht zum Ruhme der Ehe stattfindet, eine Naturgewalt, die man auch göttlich nennen mag. Von Liebe zu Gott ist dagegen nirgends die Rede, und nirgends bezeichnet das Wort die christliche Nächstenliebe. Das Unglück der Personen findet auch keinen Trost im Glauben: „Keiner dieser Verzweifelten spricht ein Gebet.”
Die frommen Übermalungen
Ein kleines Kapitel ist der „Heiterkeit Boccaccios” gewidmet. Aber flieht die kleine Gesellschaft, die sich die Geschichten erzählt, nicht vor der Pest, sitzt ihr nicht das Grauen im Nacken? „Die Heiterkeit Boccaccios kommt von der Kunstform ironischer Distanz ..., sie kommt nicht aus dem wirklichen Leben”, antwortet Flasch. Die Aufmerksamkeit auf die „Kunstformen” der Rede erlaubt dem Interpreten, das Wesen dieser Heiterkeit als literarische zu bestimmen.
Da gelingen dem Autor überzeugende Analysen, und obwohl er von der Literaturwissenschaft nicht wirklich ernsthafte Aufhellung erwartet, handhabt er ihre Techniken nahezu souverän: gewiss hätte er den peinlichen Begriff „Textsorten” entbehren können, um zu dem überzeugenden Schluss zu kommen: „Das Decameron in seinen Liebesgeschichten ist eine konsequent gehaltene Kritik an den damals herrschenden Formen, über Liebe zu sprechen; deswegen sind in ihm die Reden fast wichtiger als die Handlungen.”
Dass es so viele Handlungen und, jedenfalls aus dem Munde der Griselda, fast keine Reden gibt, macht die letzte Geschichte doppelt problematisch. Polemisch schreibt Flasch: „Einigen Auslegern ist es so sehr um eine fromme Interpretation zu tun, dass es ihnen gleichgültig ist, ob Griselda den Gehorsam Christi oder die Demut der Madonna repräsentiert, wenn nur etwas Religiöses herauskommt ... ”.
Freilich, da gibt es einen frühen Interpreten, dessen Würde ihn vor nur zu verdientem Spott zu schützen scheint: Petrarca. Als Zeitgenosse und Freund des Autors macht er aus der Erzählung eine Geschichte von Gehorsam und Treue einer Ehefrau. Zwar wollte er, so Flasch, „nicht Ehemoral lehren mit seiner Übersetzung, sondern religiöse Ergebung in Gottes Willen,” aber verstanden haben das nicht viele. Seine Übersetzung, eher eine radikale Umdeutung, hat er lateinisch abgefasst. Als sie nach Deutschland kam, war kein Halten mehr, da war es eine Geschichte „den Ehleuten und allen Menschen zur Besserung”.
Die antiken Lehrer
Auch in der hundertsten Geschichte bewähren sich Talent, Gelehrsamkeit, Erfahrung und kerngesunder Menschenverstand des Autors, auch gegenüber Petrarca. Boccaccio ist „ein Denker der Liebe in Ungewissheit”. Hier ist der Philosophieprofessor in seinem Element: „wir legen Dichtung in die Hände der Literaturwissenschaftler und glauben, dort sei sie gut aufgehoben, und das mag auch zuweilen sein, aber nur wenn der Literaturprofessor auch ein Philosoph ist.” Nur dann versteht er, dass Gualtieri „eine durchdachte Kunstfigur” und Griselda „eine Leitfigur der Stoa-Rezeption des frühen Humanismus” ist.
Als Diskursarchäologe legt der Philosoph hier die Schichten frei, die von christlichem Kulturgut überlagert, ja verschüttet waren: die antike Tradition der Weisheit, wie Cicero und Seneca sie vertraten. Und die Literaturwissenschaftler bekommen ihren verdienten Seitenhieb: „Die Griselda- Erzählung ist eine poetische Meditation über ein Lebenskonzept reiner Selbstbestimmung. Sie wurde in dieser ihrer geschichtlichen Stellung bisher nicht erkannt, weil Literaturwissenschaftler von heute zwar alles mögliche lesen, indische Märchen und französische Poststrukturalisten, nicht aber Cicero und Seneca.”
Den Literaturwissenschaftlern zum Trost: es genügt doch nicht, Cicero und Seneca zu lesen. Hatte Petrarca sie etwa nicht gelesen? Und er ist doch der erste, der genau das Skandalon einer nach antikem Vorbild konzipierten säkularen Moral wegübersetzt – und die latinisierte und christianisierte Geschichte noch dazu mit einem Brief freundschaftlich an den Erfinder zurückschickt. Und nicht einmal Boccaccio selbst hat sich ja mit Cicero und Seneca zufrieden gegeben: In drei wichtigen Punkten erkennt Flasch dessen eigenen, gegenüber der antiken Tradition durchaus revolutionären Neuansatz: Sein Weisheits-Ideal ist erstens nicht nur männlich, es schließt zweitens auch die Liebe nicht aus, und den festen Halt findet Griselda drittens nicht im Kosmos, sondern allein in sich, in ihrer eigenen Seele. Und so wie Boccaccio sich nicht damit begnügt hat , das antike Vorbild zu übernehmen, können wir uns nun fragen, was unter den Denkbedingungen des 21. Jahrhunderts zu einer säkularen Moral taugen könnte.
Freilich wird die Geschichte der Griselda dadurch nicht erträglicher. Das spürt unsereiner so gut wie der Philosoph Kurt Flasch, wie schon Boccaccio und sein fiktiver Erzähler Dioneo, wenn er sich sehr wohl vorstellen kann, dass die beleidigte, geschändete Griselda recht daran getan hätte, wenn sie „sich von einem anderen Kerl das Pelzchen hätte reiben lassen”.
Nicht die Geschichte der Griselda, sondern der freche Kommentar dazu ist das „letzte Wort” in dieser letzten Geschichte. Boccaccios Geschichten lehren nicht, sagt weise der Interpret, sie geben zu denken.
HANS-HERBERT
RÄKEL
KURT FLASCH: Vernunft und Vergnügen. Liebesgeschichten aus dem Decameron. C.H. Beck Verlag, München 2002. 287 Seiten, 24,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Hans-Herbert Räkel wird nicht müde, diese Neuübersetzung von Geschichten aus Boccaccios Decameron nebst Essay, der die Liebe im Decameron untersucht, zu loben. Zunächst preist der Rezensent die Übersetzung des emeritierten Philosophieprofessors für ihre Modernität. Dennoch hat sie nichts an Genauigkeit eingebüßt, so Räkel begeistert. Auch den Essay lobt er sehr als vergnüglich und überzeugend, wobei er insbesondere Flaschs Interpretation der "Heiterkeit Boccaccios" als spezifisch literarische sehr überzeugend findet. Überhaupt lobt er die "überzeugenden Analysen" der Decameron-Geschichten und sieht trotz der kritischen Distanz, die der Autor zur Literaturwissenschaft hält, literaturwissenschaftliches Handwerkszeug bei der Textinterpretation gewinnbringend eingesetzt. Richtig in "seinem Element" aber sieht er Flasch, wenn er eine christliche Interpretation der Geschichten ablehnt und antike Traditionen im Decameron nachweist. Hier sieht Räkel "Talent, Gelehrsamkeit, Erfahrung und kerngesunden Menschenverstand" sogar gegen Petrarca bestehen.

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