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Die Kulturrevolution in China schien die Jahrtausende alten religiösen Traditionen unwiderruflich beendet zu haben. Doch seit einigen Jahren erlebt China eine kaum noch für möglich gehaltene religiöse Renaissance. Florian C. Reiter beschreibt zunächst die erstaunliche Vielfalt von Tempeln, Festen und Gottheiten, die Tradition der Hausaltäre und die Ahnenverehrung, erläutert dann die allen chinesischen Religionen gemeinsamen Grundlagen und führt von hier aus in den Taoismus und den chinesischen Buddhismus ein. Zwei Kapitel zum Islam und zum Christentum in China sowie ein Blick auf moderne Sekten am Beispiel von Falun Gong beschließen den Band. …mehr

Produktbeschreibung
Die Kulturrevolution in China schien die Jahrtausende alten religiösen Traditionen unwiderruflich beendet zu haben. Doch seit einigen Jahren erlebt China eine kaum noch für möglich gehaltene religiöse Renaissance. Florian C. Reiter beschreibt zunächst die erstaunliche Vielfalt von Tempeln, Festen und Gottheiten, die Tradition der Hausaltäre und die Ahnenverehrung, erläutert dann die allen chinesischen Religionen gemeinsamen Grundlagen und führt von hier aus in den Taoismus und den chinesischen Buddhismus ein. Zwei Kapitel zum Islam und zum Christentum in China sowie ein Blick auf moderne Sekten am Beispiel von Falun Gong beschließen den Band.
Autorenporträt
Florian C. Reiter, geboren 1948, ist Professor für Sinologie an der Humboldt-Universität zu Berlin.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.12.2002

Beamtenkarriere im Jenseits
Florian C. Reiter durchleuchtet die Religionen in China
Die fremden Götter wohnen auch hier, Ecke, in München- Neuhausen oder hinter der Gedächtniskirche; Fernreisen sind nicht nötig, um sich einer kleinen Ratlosigkeit auszusetzen: es genügt, das nächste chinesische Restaurant zu besuchen. Da sitzen die Himmlischen auf ihren kleinen Altären, genießen die ihnen durch Elektrokerzen, Weihrauchstäbchen und frisches Obst entgegengebrachte Verehrung und verunsichern lächelnd den westlichen Betrachter zwischen Süß-Sauer-Scharf-Suppe und Acht Schätzen in Sa- Cha-Soße. Um wie viel größer mag die Verwirrung des Europäers sein, der sich ihnen dort ausgesetzt sieht, wo sie zuhause sind: in einem Tempel der Göttin Ma-zu auf Taiwan etwa. Florian C. Reiter schickt seinen Leser erst einmal auf Tempelrundgang, ohne sofort Erklärungen zu suchen: Westliches Denken in Kategorien sei nur bedingt geeignet, Schneisen des Verstehens ins Dickicht chinesischer Spiritualität zu schlagen.
Auch im Folgenden wird sich, wer auf Übersichtlichkeit hofft, enttäuscht finden. Zwar lassen sich zweieinhalb Jahrtausenden religiös- philosophischen Denkens in China drei Hauptrichtungen entfalten, Konfuzianismus, Taoismus und Buddhismus. Wie komplex sich diese drei aber in der gelebten Religiosität untereinander und mit regionalen Kulten vermischten und beeinflussten, entzieht sich dem Wunsch nach Ordnung.
Reiter zeigt, nach welchen Mechanismen verschiedene Kulte entstanden und sich neben- und aneinander weiterentwickelten: Wie etwa die Beamtentochter Ma-zu wegen ihrer Frömmigkeit nach ihrem Tode zunächst regional verehrt wurde, wie sich ihr Kult durch Seeleute ausbreitete und wie sich schließlich der Kaiser veranlasst sah, die Patronin der Seeleute analog der Beförderung von Beamten in den Stand einer „Himmelsprinzessin” zu erheben – Ausdruck eines gesunden Pragmatismus.
Ob man sich in China einer fremden geistigen Strömungen öffnete, hing auch davon ab, wie weit sie mit der eigenen spirituellen Tradition verträglich war: Der Buddhismus beispielsweise mit seiner Forderung, „in die Hauslosigkeit hinauszuziehen”, scheint chinesischen Vorstellungen von Loyalität gegenüber der Familie und den Ahnen zu widersprechen. Wenn er dennoch seinen Siegeszug in China antrat, dann deshalb, weil die von ihm geforderten „guten Taten” auch als die vertrauten konfuzianischen Tugenden „Mitmenschlichkeit” und „Pietät” interpretiert werden konnten, und weil seine Meditationspraktiken ausreichend Parallelen zu Meditation und „Selbstkultivierung” des genuin chinesischen Taoismus aufwiesen. Die monotheistisch-polarisierenden Weltreligionen hingegen taten und tun sich angesichts des chinesischen Hangs zu Ausgleich und innerer und äußerer Harmonie schwerer: Islam und Christentum sind in der Religiosität Chinas bis heute Fremdkörper geblieben.
Reiter hat mit „Religionen in China” eine dicht geschriebene und vom „Tempel als Prisma religiöser Möglichkeiten” bis zur abschließenden Frage „Falun Gong – ein neuer Kult?” vergleichsweise logisch entwickelte Monographie vorgelegt. Sein Vertrautheit mit dem Stoff erweist sich aber auch als Stolperstein: Fast unmöglich, angesichts der präsentierten Detailfülle nicht gelegentlich den Faden zu verlieren. Wer durchhält, findet sich am Ende bereichert von der Vielfalt spirituellen Lebens, die die chinesische Hochkultur zum religiösen Erbe der Menschheit beigetragen hat.
ANDREAS
GRABNER
FLORIAN C. REITER: Religionen in China – Geschichte, Alltag, Kultur. Verlag C.H. Beck, München 2002. 256 Seiten, 13,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

In seiner "dicht geschriebenen" und "vergleichsweise logisch entwickelten" Monografie "Religionen in China" erkundet Florian C. Reiter die Religionen in China, berichtet Andreas Grabner. Wie Der Rezensent ausführt, ist westliches Denken in Kategorien nach Auffassung Reiters nur bedingt geeignet, Schneisen des Verstehens ins Dickicht chinesischer Spiritualität zu schlagen. Wer also auf Übersichtlichkeit hofft, wird sich nach Ansicht des Rezensenten etwas enttäuscht finden. Zwar lassen sich zweieinhalb Jahrtausende religiös- philosophischen Denkens in China in drei Hauptrichtungen, Konfuzianismus, Taoismus und Buddhismus, untergliedern, erklärt Grabner. "Wie komplex sich diese drei aber in der gelebten Religiosität untereinander und mit regionalen Kulten vermischten und beeinflussten", bemerkt Grabner, "entzieht sich dem Wunsch nach Ordnung." So ist es zu seinem Bedauern angesichts der von Reiter präsentierten Detailfülle fast unmöglich, nicht gelegentlich den Faden zu verlieren. Doch durchhalten lohnt sich: am Ende finde man sich bereichert von der Vielfalt spirituellen Lebens der chinesischen Hochkultur.

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