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In dieser Sammlung fängt Nagib Machfus Momente und Gedanken ein, die ihn sein Leben lang schon beschäftigen. Die Erinnerungen an entscheidende Augenblicke, an verpasste Gelegenheiten, an falsche, unumkehrbare Entscheidungen, stehen neben Aphorismen sufistischer Weisheit. Machfus begegnet bei der Versenkung in die Vergangenheit noch einmal seiner ewigen Sehnsucht nach Liebe; Trauer und Ironie wechseln sich ab mit den Gedanken an die Quellen der Freude. Diese Skizzen erinnern an Pascals Pensées. Das Echo dieses Lebens zeigt einmal mehr, dass Machfus nicht nur ein grandioser Geschichtenerzähler…mehr

Produktbeschreibung
In dieser Sammlung fängt Nagib Machfus Momente und Gedanken ein, die ihn sein Leben lang schon beschäftigen. Die Erinnerungen an entscheidende Augenblicke, an verpasste Gelegenheiten, an falsche, unumkehrbare Entscheidungen, stehen neben Aphorismen sufistischer Weisheit. Machfus begegnet bei der Versenkung in die Vergangenheit noch einmal seiner ewigen Sehnsucht nach Liebe; Trauer und Ironie wechseln sich ab mit den Gedanken an die Quellen der Freude. Diese Skizzen erinnern an Pascals Pensées. Das Echo dieses Lebens zeigt einmal mehr, dass Machfus nicht nur ein grandioser Geschichtenerzähler ist, sondern ein heiterer Philosoph, der mit einem lachenden, aber auch scharfen Auge von den Verwirrungen im Leben schreibt, vom Alter, Tod und der Vergänglichkeit des Glücks.
Autorenporträt
Nagib Machfus, geboren 1911 in Kairo, gehört zu den bedeutendsten Autoren der Gegenwart und gilt als der eigentliche »Vater des ägyptischen Romans«. Sein Lebenswerk umfasst mehr als vierzig Romane, Kurzgeschichten und Novellen. 1988 erhielt er als bisher einziger arabischer Autor den Nobelpreis für Literatur. Nagib Machfus starb 2006 im Alter von 94 Jahren in Kairo.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.01.1998

Die Folgen der großen Feigheit
Machfus lauscht dem Echo Von Karl-Markus Gauß

Altersweisheit kann etwas Bedrückendes haben: Da maßt sich einer Reife an, bloß weil er seine Enttäuschungen schon hinter sich hat. Altersweisheit kann etwas Befreiendes sein: Jemand wagt, sich über verbürgte Gewißheiten hinwegzusetzen, eben weil er in einem langen Leben erfahren hat, daß sie nichts taugen und der Kompromiß für ihn, der dem eigenen Ende nahe gekommen und damit gewissermaßen aus der Ordnung gefallen ist, nicht mehr zählt.

Nagib Machfus hat ein weises und befreiendes Buch des Alters geschrieben, in dem er dem "Echo meines Lebens" lauscht, dem Echo eines langen Lebens, das 1911 in al-Gamaliya, dem engen Viertel der Altstadt mitten in Kairo, begonnen hat. Dieses schmale Buch, gefügt aus lauter knappen, oft nur ein paar Sätze langen Prosastücken, ersetzt die Autobiographie, die der ägyptische Nobelpreisträger nicht schreiben wollte.

In "Echo seines Lebens" spürt er den Anfängen nach, ruft Bilder von Kindheit und Jugend herauf, erinnert sich an verpaßte Gelegenheiten und schicksalhafte Begegnungen. So vernimmt er, ein alter Mann, noch einmal den Klang jener Vergangenheit, zu der sein Leben geworden ist, und seltsam, das Vergangene und das Heutige, das Ereignis und das Echo fallen ihm in eins. Was der greise Autor schreibend erschafft, ist nicht weniger als die Totalität seiner Existenz, ohne melancholischen Abstand zwischen dem Einst und dem Jetzt.

Der Form nach bietet dieses Buch der Erinnerungen Aphorismen, Parabeln, Kurzgeschichten, philosophische Betrachtungen, allesamt leicht hingeworfen und ohne weitere Erklärung aneinandergereiht. Jede dieser Eintragungen ist mit einer zuweilen ironisch gesetzten Zeile überschrieben, und unter dem Titel "Ein Mann und sein Geheimnis" folgt dann etwa eine Geschichte wie diese: "Wir saßen plaudernd beieinander, da stürzte er an uns vorbei und rief: Gleich passiert's! Ganz sicher! Hastig lief er weiter, und nichts blieb uns im Gedächtnis haften als die Erinnerung an seine schäbige Kleidung und seine hilflos umherirrenden Blicke. Das Unglück geschah. Einige Leute meinten, er wäre ein Heiliger gewesen; andere sagten, es hätte sich lediglich um einen Spitzel gehandelt."

Stets blitzt in solchen Anekdoten, Skizzen und Kürzestgeschichten ungemein prägnant ein Bild auf, in dem wir so etwas wie den Kern eines Erlebnisses vermuten dürfen; doch dem Bild wird ein unerklärter Rest belassen, und das Geschilderte gerät nicht zur Reflexion, sondern zum Rätsel. Auf ganz unerwartete Verwandtschaften meint man da zu stoßen, nicht nur auf den christlichen Absolutisten Blaise Pascal und seine bohrenden "Pensées", sondern auch auf einen anderen großen Tagebuchschreiber der Weltliteratur: Tatsächlich gemahnen die Beobachtungen des Kairoer Flaneurs an den Prager Spaziergänger Kafka, wie dies auch Nadine Gordimer aufgefallen ist, die ein kenntnisreiches und geradezu huldigendes Nachwort zu diesem ungewöhnlichen Buch verfaßt hat.

Machfus braucht nur vier, fünf Sätze, um die Geschichte einer fünfzig Jahre währenden Ehe, einer verpfuschten Existenz, einer gescheiterten Freundschaft, einer großen Leidenschaft zu entwerfen. Viele der Prosastücke bieten wie nebenhin auch eine unerbittliche politische Kritik, deutet Machfus, auch hierin Kafka verwandt, die Macht doch als unendlich ferne, unerreichbar ins Rätselhafte entrückte Instanz, vor der alle Ansprüche der Menschen zunichte werden.

Machfus hat dieses Buch mit dreiundachtzig Jahren geschrieben. Mittlerweile ist er sechsundachtzig und der Anlaß, über Ägypten zu klagen, nicht geringer geworden. Zu Zeiten, da die ägyptischen Nachrichten aus Schreckensberichten bestehen, tut es gut, von einem toleranten, menschenfreundlichen Islam zu erfahren.

Das letzte Drittel des Buches ist nach bewährter arabischer Erzähltradition den Geschichten und Gesprächen eines fiktiven geistlichen Lehrers gewidmet, der über die großen und die kleinen Dinge des Lebens grübelt. Etwa über die Feigheit: "Ich fragte Scheich Abd Rabbuh den Verlorenen: Wann wird das Land wieder gedeihen? Da gab er zur Antwort: Wenn die Menschen wissen, daß die Folgen der Feigheit schlimmer sind als die der Sicherheit."

Wie es sich für ein weises Buch gehört, endet es aber nicht mit einem Fluch über die Welt. Der witzig-listige Scheich, ein Weiser des Sufismus, warnt vor der Bitterkeit: "Verflucht nicht die Welt, denn sie hat fast nichts mit dem zu tun, was hier geschieht."

Nagib Machfus: "Echo meines Lebens". Aus dem Arabischen übersetzt von Doris Kilias. Mit einem Nachwort von Nadine Gordimer. Unionsverlag, Zürich 1997. 144 S., br., 28,- DM.

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»Nicht die eigene Person ist es, deren Heiligkeit er mit seinem Buch ein Denkmal setzen möchte. Heilig ist ihm das Leben.« Deutsche Welle