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Hielte ein Schriftsteller seine Poetikvorlesung, wie es die Hauptfigur - ein gewisser Kröck - tut, er wäre vernichtet. Abgehalftert und auf dem Abstellgleis des Literaturbetriebs stehend folgt er dem Ruf einer kleinen Universitätsstadt. "Wie Dauthendey starb" - das sind Ausschnitte aus dieser Vorlesung, die rasant erzählt zu einem verschlungenen Gedankendschungel auswachsen. Der tragische Tod Max Dauthendeys 1918 auf Java und natürlich er selbst als dessen literarischer Erbe und Exotist sollen den Kern von Kröcks Vorträgen bilden. Und so dringt er in Dauthendeys letzte Lebensjahre während des…mehr

Produktbeschreibung
Hielte ein Schriftsteller seine Poetikvorlesung, wie es die Hauptfigur - ein gewisser Kröck - tut, er wäre vernichtet. Abgehalftert und auf dem Abstellgleis des Literaturbetriebs stehend folgt er dem Ruf einer kleinen Universitätsstadt. "Wie Dauthendey starb" - das sind Ausschnitte aus dieser Vorlesung, die rasant erzählt zu einem verschlungenen Gedankendschungel auswachsen. Der tragische Tod Max Dauthendeys 1918 auf Java und natürlich er selbst als dessen literarischer Erbe und Exotist sollen den Kern von Kröcks Vorträgen bilden. Und so dringt er in Dauthendeys letzte Lebensjahre während des Ersten Weltkriegs ein und gibt ein sensibles Porträt des zu Unrecht in Vergessenheit geratenen Schriftstellers: seine Reisen und die farbenfrohe Poetik, seine Krankheit und Leidenszeit in der Ferne und insbesondere die Sehnsucht nach seiner geliebten Frau Annie.Doch wo findet Kröck bei alledem seinen Platz? Je mehr er erzählt, desto mehr entgleitet ihm die Kontrolle über die Vorlesung und sein Skript. Über seine eigentlichen Themen kreisend und nach Halt suchend, verliert er sich und vollzieht eine überraschend schmerzliche Selbstentblößung.Friedrich Kröhnke schiebt seinem Protagonisten eine in vielerlei Hinsicht ungeheuerliche Poetikvorlesung in die Schuhe. Ein radikaler, ungewöhnlicher und mitunter überaus komischer Parforceritt auf den Spuren Dauthendeys!
Autorenporträt
Kröhnke, FriedrichFriedrich Kröhnke, 1956 in Darmstadt geboren, lebt nach Jahren in Köln, Berlin, Prag, Hamburg und weiten Reisen seit Langem wieder in Berlin. Zahlreiche Buchveröffentlichungen, acht Romane bei Ammann, darunter seine wohl bekanntesten "P 14", "Die Atterseekrankheit" und "Wie in schönen Filmen". Zuletzt eschienen die Romane "Nach Asmara!" und "Diebsgeschichte". Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland.Friedrich Kröhnke hat »in den letzten 25 Jahren ein ganz eigenes Idiom ausgebildet ... ein Gespür für sprachliche Intensität und erzählerische Dramaturgie, wie es ganz selten ist.« (Tobias Lehmkuhl, Deutschlandradio)
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.01.2018

Lockruf aus der Ferne
Friedrich Kröhnke und Thomas Rietzschel begleiten Abenteurer in die Fremde

Es gibt einen untergründigen Zusammenhang zwischen Nähe und Ferne, Idylle und Exotik. Das "braune Mädchen" in der Schäferdichtung des achtzehnten Jahrhunderts, bei Gessner und anderen, verband die vermeintliche Unschuld europäischen Landlebens mit Südseeidyllen, wie Bougainville und Cook, Diderot und Forster sie beschrieben: Tahiti galt als Paradies der freien Liebe, wo junge Frauen sich umstandslos den Matrosen hingaben. Dass dahinter eine von Inzesttabus geregelte, extrem hierarchische Gesellschaft stand, nahmen die Seefahrer nicht wahr. Das Klischee, wonach Exotik sich auf Erotik reimt, lebt von Gauguin bis zum Sextourismus von heute fort.

Dieser Hinweis ist nötig zum besseren Verständnis von Friedrich Kröhnkes Buch "Wie Dauthendey starb", das dem Exotismus huldigt, indem es ihn demontiert und dekonstruiert. Der Verfasser hat viele Jahre lang auf den Philippinen gelebt und ist selbst ein Exotist wie der deutsche Dichter und Maler Max Dauthendey, dessen erotisch aufgeladene Erzählungen "Lingam" und "Die acht Gesichter vom Biwasee" deutsche Leser begeisterten, bevor er im Jahre 1918 in der Internierung auf Java starb - der Kriegsausbruch hatte ihn fern der Heimat überrascht.

Damit nicht genug, bezieht Friedrich Kröhnke auch Karl May in seinen Text mit ein, der sich als scheiternde Poetikvorlesung über Dauthendey tarnt, gleichzeitig aber ein ironisch gebrochenes Selbstporträt des Autors ist: als ein mit allen Wassern der Erzählkunst gewaschener Schreiberling, dem der Stoff wie Sand zwischen den Fingern verrinnt, während er von Pol Pot bis Dschihadi John Figuren der Zeitgeschichte Revue passieren lässt.

Trotzdem nimmt man ihm sein Scheitern nicht ab, denn dazu ist dieses Buch zu kenntnisreich und gekonnt erzählt. Diese Virtuosität ist zugleich seine Schwäche, weil der Autor jeden Ansatz zur Empathie durchkreuzt oder unterläuft: "Glauben Sie nur ja nicht, unser Thema seien die Ferne und das Reisen und die Literaten! Unser Thema ist das Frotzeln. Unser aller Frotzeln, Dauthendeys zum Beispiel . . . Wie nämlich die Menschen so sind. Während schwerer Turbulenzen gibt es an Bord von Flugzeugen keine Atheisten, aber zuvor sehr wohl!"

Max Dauthendey wurde 1867 in Würzburg geboren. Im gleichen Jahr meldete sich Franz Eckstein aus Dresden freiwillig zur französischen Fremdenlegion, "um als ein freier ungebundener Mensch glücklicher zu werden als Mancher, der im Kreise seiner Familie ein nach seiner Art zufriedenes Dasein führt". Mit ganz ähnlicher Begründung büxte Ernst Jünger 1913 aus dem Elternhaus aus und diente bei der Legion in Algerien, bis sein Vater ihn freikaufte.

Der Lockruf der Ferne, dem Dauthendey, Friedrich Kröhnke und Eckstein folgten, ist ein zentrales Motiv des Exotismus, den der Literaturkritiker Thomas Rietzschel, gestützt auf den Nachlass des Ex-Legionärs, hundertfünfzig Jahre später als Gegenbild zur Enge der DDR beschwört. "Nüchtern und bisweilen im umständlichen Kanzleistil beschreibt er das Leben in der Legion", heißt es hier, und das gilt auch für Thomas Rietzschels um Sachlichkeit bemühten Text, der weit entfernt ist vom überdrehten Irrwitz des Dauthendey-Buchs.

Anders als Friedrich Kröhnke hat Thomas Rietzschel die Originalschauplätze nicht besucht, aber der Autor macht den Mangel wett, indem er seinen Protagonisten ernst nimmt und dessen Entbehrungen, Jagdabenteuer und Kämpfe mit aufständischen Kabylen eindringlich schildert. Beide Bücher, "Wie Dauthendey starb" und "Die Handschrift des Legionärs Franz Eckstein", sind angesiedelt an der Schnittstelle zwischen Erzählung und Essay, die sie mutwillig überschreiten, denn die "Grenzen zwischen Wirklichkeit und Fiktion sind wahrhaft durchlässig, sie verfließen unmerklich", wie Thomas Rietzschel im Nachwort betont.

HANS CHRISTOPH BUCH

Friedrich Kröhnke: "Wie Dauthendey starb".

Literaturverlag Droschl, Wien 2017. 120 S., geb., 19,- [Euro].

Thomas Rietzschel: "Die Handschrift des Legionärs Franz Eckstein". Spurensuche eines Jahrhunderts.

Zsolnay Verlag, Wien 2017. 210 S., geb., 22,- [Euro].

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»Friedrich Kröhnke feiert den 150. Geburtstag von Max Dauthendey mit dem paradox-witzigen Text Wie Dauthendey starb ... Um es gleich zu sagen, Wie Dauthendey starb ist ebenso bunt wie unterhaltsam.« (Torsten Flüh, Night out @ Berlin)