• Gebundenes Buch

1 Kundenbewertung

Eine Geschichte vom schönen Glück erzählt Dagmar Leupold in ihrem neuen Roman. Er handelt von den hellen und den dunklen Seiten des Menschlichen und von einer seltsamen 'Schwarzarbeit': Ein italienischer Mäzen ermöglicht es einer Frau namens Minna, zu schreiben. Allerdings ist an seinen Auftrag eine ungewöhnliche Bedingung gebunden: Sie soll den Menschen Freude bringen. Ist es ein Märchen, das hier erzählt wird, ist es die reine Wahrheit, ist es beides? Der Roman ist Literatur auf der Höhe ihrer Möglichkeiten: Raffiniert und doppelbödig werden hier Wirklichkeit und Erfindung ineinander…mehr

Produktbeschreibung
Eine Geschichte vom schönen Glück erzählt Dagmar Leupold in ihrem neuen Roman. Er handelt von den hellen und den dunklen Seiten des Menschlichen und von einer seltsamen 'Schwarzarbeit': Ein italienischer Mäzen ermöglicht es einer Frau namens Minna, zu schreiben. Allerdings ist an seinen Auftrag eine ungewöhnliche Bedingung gebunden: Sie soll den Menschen Freude bringen. Ist es ein Märchen, das hier erzählt wird, ist es die reine Wahrheit, ist es beides? Der Roman ist Literatur auf der Höhe ihrer Möglichkeiten: Raffiniert und doppelbödig werden hier Wirklichkeit und Erfindung ineinander gewoben. Als Minna einer alten, aus Ostpreußen stammenden Dame begegnet, beginnt sich ein Beziehungskarussell zu drehen, bei dem Vergangenheit und Gegenwart durcheinandergewirbelt scheinen und der Glanz früherer und ferner Zeiten sich ins heutige München mischt. Einmal mehr zeigt sich, dass das Leben ein Kreislauf aus Geburt und Tod ist. Als Frühchen ist Minna auf die Welt gekommen, und auch ihr Ende, ob wahr oder erfunden, lässt nicht allzu lange auf sich warten. In aller Abgründigkeit führt 'Unter der Hand' nach Utopia und wieder zurück. An ein Ziel, das es wirklich gibt: Schwarzort.
Autorenporträt
Dagmar Leupold, geboren 1955 in Niederlahnstein, lebt in München. Studium der Germanistik, Philosophie und Klassischen Philologie in Marburg, Tübingen und New York. Seit Mitte der 80er Jahre freiberufliche Schriftstellerin und Übersetzerin. Vorstandsmitglied des Deutschen Literaturfonds, seit 2004 Leiterin des 'Studio Literatur und Theater' der Universität Tübingen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.09.2013

Kein Geld ausgegeben und niemanden gekränkt
Dagmar Leupolds Kammerspiel mit Liebhaber

Minna, die Heldin von Dagmar Leupolds neuem Roman, ist knapp über fünfzig, Single und ohne feste Beschäftigung. Damit ist fast schon alles gesagt. Kommt freilich noch hinzu, dass sie als "Frühchen" auf die Welt kam, mit einem verkürzten Finger obendrein und also mit einem Fehlbedarf an Glück, den aufzuholen unmöglich scheint. Ein Motto aus Laurence Sternes "Tristram Shandy", das vor Nachlässigkeiten beim Zeugungsgeschäft warnt, bekräftigt die früh gestiftete Misere. Das kann nicht gutgehen. Dennoch sollte man Minna nicht unterschätzen. Ein Wohnungsnachbar stellt ihr ein gutes Zeugnis aus: der Körper drahtig und wendig, unerschrocken die Person. "Witzige Erzählerin, scharfe Beobachterin. Neigung zu altklugen Bemerkungen. Am Ende Tränen." Er hat in allem recht. Leider macht er seine Bemerkung erst, als er die Nachbarin tot - allerdings so wie Dornröschen - auf ihrem Bett vorfindet. Das geschieht am Anfang des Romans, ihr hinterlassenes Manuskript ist der Roman.

Die Konstruktion, literarisch so alt wie Laurence Sterne, bringt ein paar Schwierigkeiten mit sich. Wie versteckt man die Arbeit an einem Roman in diesem selbst? Die Existenz eines Manuskripts wird nie so recht deutlich, natürlich auch nicht der Schreibvorgang. Nichts also von der Schriftstellerexistenz und ihren Mühen. Stattdessen erleben wir einen kargen Elfenbeinturm in einem städtischen Nirgendwo, das zufälligerweise München heißt, wenige ungeregelte Tätigkeiten - "ich bewirke nichts, ich arbeite nur" -, eigentlich nur ein paar Nachhilfestunden, Wohnungsaufsichten, Korrekturlesen und ein beängstigend zartes Lebensgewebe, das aus kaum einer Handvoll Personen besteht.

"Die Gier nach Stoff" - das ist ein vielsagender Seufzer. Dagmar Leupold hat ihn ihrem Kleist in den Mund gelegt, den sie in einer Art Totengespräch mit Ulrike Meinhof verwickelt. Der gleichwohl monologische Roman, in dem dies geschieht ("Die Helligkeit der Nacht", 2009), greift nach repräsentativen Figuren aus Vergangenheit und Gegenwart, doch sie bleiben Sprachrohre eigener Befindlichkeiten. Ein anderer Versuch, sich fremde, opake Wirklichkeit zu eigen zu machen, war Leupolds Roman über ihren Vater im Krieg ("Nach den Kriegen", 2004). Doch die Sättigung mit Realität, Merkmal des klassischen Romans, will nicht recht gelingen. Die Erfahrungen des eigenen Ich bleiben das schmale Reservoir, aus dem diese Autorin schöpft, die nicht von ungefähr auch als Lyrikerin hervorgetreten ist. Umso heikler der "Zweifel an der Biographie", den einer ihrer wohltuend klaren Essays behandelt, der Zweifel an der "Geschichtshaltigkeit" des literarischen Subjekts, dem, so scheint es, jede platte Fernsehgröße den Rang abläuft. "Ich glaube an Begabung, und ich glaube an Zeitgenossenschaft", hält sie fast trotzig dagegen.

Minna gehört zur Familie der Melancholiker - damit ist für ihre Begabung gesorgt. "Durch mich läuft ein Schwarz wie Tinte", sagt sie, und sie weiß, dass sich mit dieser Tinte gut schreiben lässt (bevor es den PC gab). Mit gläserner Haut sei sie zur Welt gekommen, zerbrechlich und durchsichtig - auch dieser kapriziöse Wahn gehört zur Symptomatik der Melancholie. Sie liebt Wortspiele, die "Zungenfertigkeit der Worte", besonders solche mit dem Wort "Schwarz": sie sei in die schwarze Grube gefahren, sie verrichte Schwarzarbeit, sie fährt nach Schwarzort. Aber sie weiß auch, dass sich "Schwarzgalligkeit" kurieren lässt. Minnas Manuskript ist eine solche Kur.

Es beginnt nach einem ersten Suizidversuch in einer toskanischen Reha und mit einem merkwürdigen italienischen Mäzen. Vico heißt er, verdient viel Geld mit Abfallwiederverwertung und besticht durch einen zusätzlichen Zahn, einen "Löwenzahn". Er möchte Minna zu einer "Glücksmissionarin" machen, aber wie? Wieder zu Hause, erlebt sie das Übliche. "Auf dem Küchentisch vor mir die vertrauten Gegenstände ..." Fernsehen und Wein. Der Liebhaber Franz, den sie beim Neurologen kennengelernt hat. Minna und ihr Körper "eine einzige Vermisstenanzeige", ohne Wärme, Leidenschaft, Zärtlichkeit und Frohsinn. Das alte Lied kann also wieder beginnen? "Immerhin kein Geld ausgegeben heute und niemanden gekränkt", sagt sie nach einem solchen Tag.

Und doch ist etwas geschehen, das ihr Leben in eine andere Richtung lenkt - leise, unspektakulär, zufällig. "Unter der Hand" nennt der Romantitel das, Minna will von Zufall nichts wissen, sie selbst sei der "Agent", aber Genaueres weiß auch sie nicht. Sie ist Lotte Schuchardt begegnet, an einer Bushaltestelle, einer älteren Frau, die sie schon häufig gesehen hat, einer Ostpreußin, wie sie im Buche steht. Und Minna nimmt die Bekanntschaft an, besucht die über Achtzigjährige, hört ihre Geschichte, steht ihr bei, als ein Schlaganfall sie trifft, ist für sie da, wie eine Tochter. "Ich bin ... in ihr Leben getreten" - sie lernt buchstäblich, was das heißt.

Und auf einmal füllt sich der Alltag rundum mit Leben. Der iranische Nachhilfeschüler ruft Neugier und Anteilnahme wach und wird zur Person. Am wichtigsten natürlich: Heinrich, ein neuer Liebhaber, erscheint, diesmal der richtige. "Von allen Maßnahmen die schönste", sagt sie, als sie die Arme um ihn legt. Und wo bislang nichts als Labilität war, ist auf einmal alles "im Lot". Endlich Wärme, nachdem sie einundfünfzig Jahre gefroren hat.

Dagegen kommt die schwarze Galle nicht mehr an. Und Glück wirkt offenbar ansteckend, es breitet sich aus, erfasst den ganzen kleinen Lebenskreis Minnas. Die traurigen Solitäre werden zu einer Art Familie, die zusammen kocht, Mahlzeiten einnimmt, Ausflüge macht - bis hin zu einer Bahnfahrt nach Salzburg, die wie ein Opernfinale alle Figuren versammelt. Wo sonst Gram war, kehrt eine neue Überschwänglichkeit ein. "Lebensentzücktheit": Was für ein freundliches Wort, das sich da zuletzt im Gesicht der alten Ostpreußin spiegelt. Literarischer Takt sorgt freilich dafür, dass sich in das Ende kräftige Molltöne mischen.

Wie Dagmar Leupold das macht, wie ihr Roman sich "unter der Hand" aufhellt und die schwarze Misere hinter sich lässt, das hat Geschmack und Stil. Routiniertes Romangeplapper gibt es bei ihr nicht. Auch braucht sie nichts Grelles, Wildes, Extremes, um sich Gehör zu verschaffen. Wache und wortgewitzte Aufmerksamkeit für das Alltägliche rundum, das ist das Pfund, mit dem sie wuchert. Kammermusik in Romanform. Aus einem schönen Essay weiß man, dass ihr bei den Nöten des Schreibens Musik beisteht. Man möchte annehmen, dass es diesmal Haydn gewesen ist.

HANS-JÜRGEN SCHINGS

Dagmar Leupold: "Unter der Hand". Roman.

Jung und Jung Verlag, Salzburg 2013. 289 S., geb., 22,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Mit Dagmar Leupolds neuem Roman "Unter der Hand" hat Rezensentin Kristina Maidt-Zinke eine hübsche Erzählung gelesen, an der sie nur ein klein wenig zu bemängeln hat. Erzählt wird die Geschichte der einsamen, durchaus amüsanten fünfzigjährigen Minna, die sich als Nachhilfelehrerin in München durchschlägt und ihr Single-Dasein mit gelegentlichen Treffen mit dem Physiotherapeuten Frank und dessen Programm "Massage, Essen, Beischlaf" unterbricht. Die überraschende Wendung tritt nach einem Suizidversuch und dem darauffolgenden Sanatoriums-Aufenthalt in der Toskana ein, wo Minna einem Mäzen begegnet, der hier finanzielle Unterstützung für ihre Schriftsteller-Existenz bietet, wenn sie im Gegenzug anderen Menschen Freude bringt. Ein anrührender und sensibler Roman von "leiser Abgründigkeit", urteilt die Kritikerin, die sich allerdings gewünscht hätte, dass Leupold bisweilen etwas poetischer und weniger "geistreich" formuliert hätte.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.10.2013

Essen, Massage, Beischlaf
Dagmar Leupold erzählt von einer melancholischen Glücksritterin in der Single-Hochburg München
Für eine Romanfigur aus heutiger Zeit ist Minna ein ungewöhnlicher Name. Es haftet ihm der Hautgout einer Epoche an, in der diese Kurzform von Wilhelmine zum Synonym für Dienstmädchen und Hausangestellte wurde, woraus nicht nur die grobschlächtige Redewendung „zur Minna machen“ hervorging, sondern auch eine bis 2010 noch produzierte, handbetriebene Küchenmaschine selben Namens. Die Erinnerung an kulturgeschichtlich relevante Minnas konnte sich im 20. Jahrhundert gegen solche Assoziationen kaum durchsetzen. In Dagmar Leupolds Roman „Unter der Hand“ ist das ausnahmsweise der Fall.
  Die Ich-Erzählerin Minna, von ebenso feinsinniger wie mäkeliger Wesensart, bedauert jedoch, dass ihr Vater nicht durch „Minna von Barnhelm“, sondern durch die Schauspielerin und Sängerin Minna Planer, Richard Wagners erste Ehefrau, zu der aparten Namenswahl inspiriert wurde. Diese erwies sich offenbar als Omen, denn mit der überwiegend unglücklichen, herzkranken Komponistengattin hat dieses weibliche Ich entschieden mehr gemein als mit Lessings listenreicher Lustspielheldin. Minna, Anfang fünfzig, lebt als Single in München und übt keinen Beruf aus, sondern schlägt sich mit Nachhilfestunden, Wohnungsbetreuungen und Korrekturlesen durch, obwohl sie über solide Bildung ebenso verfügt wie über spezielle Begabungen: „Witzige Erzählerin, scharfe Beobachterin“, weiß ihr Wohnungsnachbar. Mit der Liebe hat sie offenbar keine guten Erfahrungen gemacht; ihre Beziehung zu dem Physiotherapeuten Franz geht über den Pragmatismus von „Essen, Massage, Beischlaf“ nicht hinaus. Sie hat keinen Freundeskreis, ihr Gemüt ist prinzipiell verdunkelt, und in ihrem Körper fühlt sie sich nicht recht zu Hause.
  Als Quelle allen Übels betrachtet sie ihre zu frühe Geburt „in einem kleinen Ort am Rhein“, samt der zweimonatigen Brutphase, die sie in einem von Nonnen geführten Krankenhaus verbrachte, gewärmt von rotlichtbestrahlten Rheinkieseln „anstelle der Mutterbrust“. Den wahren Ursprung der Misere aber sieht sie, wie das Motto aus Laurence Sternes „Tristram Shandy“ verrät, in elterlicher Unachtsamkeit beim Zeugungsakt, angefangen bei der falschen Terminwahl.
  Wir haben es also bei Minna mit einer Melancholikerin reinsten oder vielmehr trübsten Wassers zu tun, die (was bei dieser Symptomatik nicht selten ist) Sinn fürs Komische besitzt. Dagmar Leupold aber ersinnt für den Roman eine märchenhafte Wendung: Sie schickt die Schwarzgallige nach einem Suizidversuch in die Toskana, wo sie sich in einem luxuriösen Agriturismo regeneriert und einem exzentrischen Mäzen begegnet, einem Abfallverwerter und Schwarzmarkthändler, der ihr eine Schriftsteller-Existenz finanziert – unter der einzigen Bedingung, dass sie sich als „Glücksmissionarin“ betätigt, also anderen Menschen Freude bringt. Eine hübsche Idee, von deren Ausführung man sich allerdings ein wenig mehr versprochen hätte, als die Autorin einzulösen vermag.
  Nach München zurückgekehrt, begegnet Minna der betagten Ostpreußin Lotte, um die sie sich von nun an bis zu deren Tod wie eine Tochter kümmert, dabei auch ein Stück eigener Familiengeschichte reflektierend, hat sie doch drei Jahre zuvor in Juodkrante, dem ehemaligen Schwarzort auf der Kurischen Nehrung, die Asche ihrer Mutter in die Ostsee gestreut. Schwarz sind die Haare ihres iranischen Nachhilfeschülers Parwiz, eines Flüchtlingskindes, dem sie plötzlich anteilnehmendes Interesse entgegenbringen kann. Und schwarz gesprenkelt sind die hellen Augen von Heinrich, dem älteren Lehrerkollegen im Institut „LernForm“, in den sie sich Hals über Kopf verliebt, und zwar rundum glücklich. Dessen Schülerin Anja wiederum fühlt sich zu Parwiz hingezogen, und so hat Minna nach jahrzehntelanger Einsamkeit unversehens, „unter der Hand“, eine kleine Ersatzfamilie um sich versammelt, die ihr Wärme, Geborgenheit, ja „Lebensentzücktheit“ schenkt.
  Indes, der schöne Zustand dauert nicht lange, denn Minna ist nicht nur verfrüht auf diese Welt gekommen, sondern muss sie auch früh und plötzlich wieder verlassen, aus rätselhaften Gründen und ohne klinischen Befund. Nach abermaliger Reise zur Kurischen Nehrung, diesmal mit Lottes Asche und in Begleitung des geliebten Heinrich, liegt sie eines Tages leblos auf ihrem Bett, wie Dornröschen schlafend, einen schimmernden Kiesel in der Hand. Und das Ende des Romans ist zugleich dessen Beginn, denn Minnas Wohnungsnachbar, der sie findet, entdeckt neben dem Kissen das Manuskript mit ihrer Geschichte, „eingeschlagen in eine altertümliche Ledermappe, aus welcher Sand rieselte“.
  Die Konstruktion hinkt ein wenig und lässt Fragen offen, statt sie in poetischer Schwebe zu halten. Wie schon bei früheren Büchern Dagmar Leupolds hat man den Eindruck, die geistreich formulierende Essayistin sei der Erzählerin stets um ein paar Schritte voraus. Gleichwohl ist ihr ein liebenswerter kleiner Roman gelungen, voll sensibler Alltagsbeobachtungen, anrührend und dezent abgründig, leise und doch mit langem Nachhall. Nicht auszuschließen, dass er den Namen Minna rehabilitiert.
KRISTINA MAIDT-ZINKE
Menschlich anrührend
und von leiser Abgründigkeit
ist dieser kleine Roman
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr
Als "Kammermusik in Romanform" lobt Rezensent Hans-Jürgen Schings Dagmar Leupolds neuen Roman "Unter der Hand". Er folgt hier der zur Melancholie neigenden, alleinstehenden Mittfünfzigerin Minna, deren Lebensgeschichte nach ihrem Tod von einem Nachbarn in einem Manuskript entdeckt wird. Darin liest er nicht nur die wunderbaren Wortspiele der Frau, die ihren Körper als "einzige Vermisstenanzeige" ohne Wärme und Leidenschaft beschreibt, durch den ein Schwarz wie jenes der Tinte verläuft, sondern erfährt auch, wie sie ganz zufällig eines Tages die Bekanntschaft einer alten Dame macht, die sie nach deren Schlaganfall pflegt. Langsam füllt sich der Alltag Minnas wieder mit Leben, sie bildet mit anderen "traurigen Solitären" eine zarte Gemeinschaft bildet und beginnt langsam, ihre Melancholie zu verlieren, so der Rezensent. Sein Urteil: Ein ebenso geschmack- und stilvoller wie "wortgewitzter" Roman, der ganz ohne laute Töne lange nachhallt.

© Perlentaucher Medien GmbH