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Oskar Lafontaine, 1943 in Saarlouis geboren, politische Ausnahmeerscheinung mit Bilderbuchkarriere: 1976 Oberbürgermeister von Saarbrücken, 1985 Ministerpräsident des Saarlandes, 1990 Kanzlerkandidat, 1995 SPD-Parteivorsitzender, 1998 Bundesfinanzminister. Im März 1999 tritt er überraschend von allen Ämtern zurück. Mit der Frechheit und Energie des Kindes aus kleinen Verhältnissen katapultiert Oskar Lafontaine sich nach oben, mit politischem Instinkt und ausgeprägtem Machtwillen etabliert er sich schnell an der Spitze. Mehrere Jahrzehnte lang gehen von ihm starke Impulse auf die deutsche…mehr

Produktbeschreibung
Oskar Lafontaine, 1943 in Saarlouis geboren, politische Ausnahmeerscheinung mit Bilderbuchkarriere: 1976 Oberbürgermeister von Saarbrücken, 1985 Ministerpräsident des Saarlandes, 1990 Kanzlerkandidat, 1995 SPD-Parteivorsitzender, 1998 Bundesfinanzminister. Im März 1999 tritt er überraschend von allen Ämtern zurück.
Mit der Frechheit und Energie des Kindes aus kleinen Verhältnissen katapultiert Oskar Lafontaine sich nach oben, mit politischem Instinkt und ausgeprägtem Machtwillen etabliert er sich schnell an der Spitze. Mehrere Jahrzehnte lang gehen von ihm starke Impulse auf die deutsche Politik aus: Intellektueller Vordenker und Vorreiter, politisches Talent und Temperament, selbstgerechter Macher und Machthaber, streitlustiger Querdenker und Querschläger - Provokation und Politik sind für ihn kein Widerspruch, sondern seine Kraftquelle.
Für Überraschungen kann Oskar Lafontaine auch in Zukunft immer wieder gut sein: Schon oft hat niemand mit ihm gerechnet!
Autorenporträt
Joachim Hoell, geboren 1966, ist Kritiker, Literaturwissenschaftler, Filmemacher und Buchautor. Er lebt in Berlin.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.03.2005

Der schlaue Dachs
Lafontaines jüngste Streitschrift und eine faire Biografie
Das Buch ist schon deshalb bemerkenswert, weil es der Mann tatsächlich selbst geschrieben hat. Niemand, auch nicht seine Feinde und Verächter würden Oskar Lafontaine unterstellen, er würde schreiben lassen. Sechs Jahre nach seinem jähen Abschied als SPD-Vorsitzender und Finanzminister legt er seine dritte Streitschrift vor. Nach „Das Herz schlägt links”, seiner Abrechnung mit Schröder unmittelbar nach seiner Demission 1999, und „Die Wut wächst”, der 2002 nachgelegten Abstrafung von Rot-Grün unter anderem in Sachen Jugoslawienkrieg („außenpolitischer Sündenfall”) nun also: „Politik für alle”. Der Anklang an Ludwig Erhard ist kein bloßer Gag: Lafontaine zitiert ausführlich aus Erhards „Wohlstand für alle”, etwa die Maxime, „über eine breit geschichtete Massenkaufkraft die alte konservative soziale Struktur endgültig zu überwinden.”„Erhards falschen Enkeln” wirft Lafontaine vor: „Sie wollen die überkommene Hierarchie, die Erhard überwinden wollte, wiederherstellen.” Das mag vielen als absurd erscheinen, doch Lafontaine kann für seine Theorie eher unverdächtige Zeugen zitieren: Den Armutsbericht der Bundesregierung und Kardinal Lehmanns Kommentar dazu in einem Interview mit der SZ.
Bei den „falschen Enkeln” werden Helmut Schmidt, Helmut Kohl und Gerhard Schröder in einen Sack gesteckt: „Neoliberale Politik wird in Deutschland nunmehr schon über zwanzig Jahre gemacht. Ihr Scheitern und die damit verbundenen Symptome des Verfalls kann niemand übersehen.” Und er fordert den Primat der Politik: „Eine demokratische Gesellschaft setzt die Kontrolle wirtschaftlicher Macht voraus. Weil der globale Finanzkapitalismus zu einer unkontrollierten Ausübung wirtschaftlicher Macht führt, höhlt er die Demokratie aus und muss überwunden werden.”
Schwere Geschütze fährt der einstige SPD-Chef gegen Schröders Sprachkreationen auf: Gegen „Agenda 2010”, „Hartz IV” usw. führt Lafontaine alle verfügbaren Autoritäten von Adorno, Horkheimer über Orwell bis zu Heidegger, Camus und Wittgenstein ins Feld. Und er beruft sich auch auf Peter Bofinger vom Sachverständigenrat der Bundesregierung, allerdings nur in einem einzigen kurzen Absatz, als wollte er den Wirtschaftswissenschaftler, der ohnehin keinen leichten Stand hat, nicht durch die Verbindung mit dem Namen Lafontaine desavouieren.
Was immer man von Lafontaine halten mag, ihn zu lesen ist eindeutig weniger einschläfernd als der wohlfeile Verhau von Versatzstücken, der einem sonst oft von Politikern präsentiert wird. Freilich sollte man zur Ergänzung auch etwas über Lafontaine lesen. Da böten sich etwa „Die roten Strolche” an, jene Titanic-Comic-Serie aus den frühen 90ern, in der Lafontaine als schlauer Dachs, französisch parlierend und mit dem Rotweinglas in der Hand auftritt - und sich samt all den anderen roten Strolchen vom Oberförster Helmut Kohl übertölpeln und einsacken lässt.
Neuerdings kann man auch zu einer richtigen Biografie greifen, und trotz der Danksagung des Autors an sein Objekt („seine großzügige Durchsicht des Typoskripts hat Fehler ausräumen können”) braucht man nicht zu befürchten, einer unkritischen Hymne aufzusitzen. Joachim Hoells klassisch-gediegene Biografie, die von der unvorhergesehenen Zwillingsgeburt 1943, wegen der Fliegerangriffe mit Sondergenehmigung in einer Klinik in Saarlouis, bis zum Jahr 2004 reicht, ist zwar von einem gewissen Wohlwollen geprägt. Doch Hoell übergeht Lafontaines dunkle Kapitel keineswegs (etwa die Pensionsaffäre von 1992 oder die berühmte „Rotlichtaffäre” von 1993ff.), sondern er referiert sie sachlich und ohne Beschönigung. Kompetent und sicher in den Daten und Fakten wird einem die Karriere eines Physikers vorgeführt, die über die Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft Saarbrücken in den Stadtrat, ins Oberbürgermeister- und schließlich ins Ministerpräsidentenamt führt.
Das nur um ein Haar überlebte Attentat 1990, die gescheiterte Kanzlerkandidatur im gleichen Jahr, die überraschende Übernahme des SPD-Parteivorsitzes 1995, die Auseinandersetzungen mit Scharping und Schröder, all das wird sachkundig und ohne Schlagseite erzählt. Und dass Hoell die Zerrbilder
entlarvt, die die Medien immer wieder von Lafontaine zeichnen - wie die
britische Sun, die 1998 vor dem „gefährlichsten Mann Europas” warnte - das werden ihm nur die verdenken, die Lafontaine heute noch als Schreckgespenst behandeln.
FLORIAN SENDTNER
OSKAR LAFONTAINE: Politik für alle. Streitschrift für eine gerechte Gesellschaft. Econ Verlag, Berlin 2005. 303 Seiten, 19,95 Euro.
JOACHIM HOELL: Oskar Lafontaine. Provokation und Politik. Eine Biografie, Dirk Lehrach Verlag, Braunschweig 2004. 225 Seiten, 19,80 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Joachim Hoells "auch stilistisch glänzendes Buchs" hat Rezensent Markus Joch den gegenwärtig viel gescholtenen Oskar Lafontaine durchaus näher gebracht. Was Lafontaine antreibt, sieht Joch nun viel deutlicher. Er attestiert Hoell eine "nüchterne Sicht" auf Lafontaine. Neben seinen positiven Seiten wie seinen Sinn für Solidarität, die Abneigung gegen jeden Nationalismus oder seine Courage verschweige Hoell auch die "weniger feierlichen Seiten" des "opportunistischen Demagogen" (Helmut Schmidt) nicht, etwa dessen Hang zur Selbstbeweihräucherung, seine Beamtenschelte oder seine Stimmungsmache gegen Spätaussiedler. Neben detaillierten Einblicken in Bedingungen saarländischer Innenpolitik findet Joch insbesondere Hoells Grundlinie überzeugend, "über den Selbstinszenierungen einer bekennenden Berühmtheit nicht die Risikobereitschaft zu vergessen." So zeuge es von Courage als Landtagsneuling das gesamte CDU/FDP-Kabinett der Korruption zu bezichtigen, später einem SPD-Kanzler grundfalsche Verteidigungspolitik vorzuhalten, und den Gewerkschaften eine Arbeitszeitverkürzung ohne vollen Lohnausgleich vorzuschlagen, dem Neoliberalismus aber hartnäckig die Stirn zu bieten.

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