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Maeve Brennan hat staunenswerte, unvergessliche Geschichten hinterlassen. Sie verströmen den Zauber einer vergangenen Epoche und sind doch ganz und gar zeitlos, sie sind elegant, scharfzüngig und zutiefst human. Brennan schreibt über Ehepaare in einem Dubliner Vorort, die sich mit exquisiten Gemeinheiten das Leben schwer machen, über irische Dienstmädchen in einer vornehmen Wohnanlage am Hudson River und über New York, diese "beschwerlichste, rücksichtsloseste, ehrgeizigste, konfuseste, komischste, traurigste, kälteste und menschlichste aller Städte".
Brennans erzählerisches Werk wurde in
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Produktbeschreibung
Maeve Brennan hat staunenswerte, unvergessliche Geschichten hinterlassen. Sie verströmen den Zauber einer vergangenen Epoche und sind doch ganz und gar zeitlos, sie sind elegant, scharfzüngig und zutiefst human. Brennan schreibt über Ehepaare in einem Dubliner Vorort, die sich mit exquisiten Gemeinheiten das Leben schwer machen, über irische Dienstmädchen in einer vornehmen Wohnanlage am Hudson River und über New York, diese "beschwerlichste, rücksichtsloseste, ehrgeizigste, konfuseste, komischste, traurigste, kälteste und menschlichste aller Städte".

Brennans erzählerisches Werk wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt und ist aus dem Kanon der irischen und amerikanischen Moderne nicht mehr wegzudenken. Auf Deutsch sind ihre Bücher seit 2003 bei Steidl erschienen. Zum hundertsten Geburtstag würdigen wir diese meisterliche Erzählerin mit einer liebevoll gestalteten Gesamtausgabe in zwei Bänden. Aber Vorsicht: "Wenn man sie gelesen hat, wird man das Leben und die Menschen mit anderen Augen sehen." (Paula Fox)
Autorenporträt
Brennan, Maeve
Maeve Brennan, am 6. Januar 1917 in Dublin geboren, siedelte 1934 mit ihrer Familie in die USA über. Sie arbeitete als Werbetexterin für das Magazin Harper's Bazaar, schrieb Essays, Buchkritiken und Kurzgeschichten und wurde als Kolumnistin für den New Yorker berühmt. Sie starb 1993 in New York.

Oeser, Hans-Christian
Hans-Christian Oeser, 1950 in Wiesbaden geboren, lebt in Dublin und Berlin und arbeitet als Literaturübersetzer, Herausgeber und Autor. Er hat u. a. F. Scott Fitzgerald, Mark Twain, Ian McEwan, John McGahern, Maeve Brennan, Anne Enright, Eugen McCabe und Sebastian Barry übersetzt. Für sein Lebenswerk wurde er 2010 mit dem Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Preis ausgezeichnet.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.06.2017

Quellen
der Einsamkeit
Dublin und New York als literarische Inspiration:
Es lohnt sich, Maeve Brennan zu entdecken
VON EVA SCHÄFERS
Es war einer jener glücklichen Abende“, schreibt Maeve Brennan in der New Yorker-Kolumne „Die Einsamkeit ihres Ausdrucks“, „wenn der glühend heiße Sommertag sich bernsteingelb verfärbt, bevor er sich in die verschiedenen Schattierungen des Zwielichts auflöst, und in dem sonderbaren Glanz sah die aufragende Skyline der Stadt südlich von hier monumental und einsam aus.“ Sie beschreibt die Hitze der aufgeweichten New Yorker Gehsteige im Hochsommer oder wie sich die Leuchtreklamen in den vom Regen schwarz glänzenden Straßen spiegeln. Und wie die oft hässliche Stadt mit ihren Abbruchlöchern und heruntergekommenen Lagerhallen mit der Illumination des natürlichen oder künstlichen Lichts im Auge der Betrachterin eine Schönheit gewinnt. Doch diese Großstadt-Szenerien zwischen der 46. und der 49. Straße sind bei ihr oft nahezu menschenleer, und sie erinnern an die Gemälde von Edward Hopper, der die Einsamkeit von erlebnishungrigen Nachtschwärmern porträtierte. Hopper verstarb 1967, Maeve Brennan dagegen erst 1993, verarmt und vereinsamt.
Maeve Brennan wurde 1917 in Dublin geboren und ist als Kind mit ihren Eltern nach New York gezogen, wo ihr Vater als Gesandter bei der irischen Botschaft arbeitete. Während ihre Eltern irgendwann nach Irland zurückgingen, blieb sie allein zurück und schlug sich zunächst als Werbetexterin durch, bevor sie es in die Redaktion der weltberühmten Literaturzeitung New Yorker schaffte. Sie war eine Zeit lang die einzige Frau in der Redaktion, jung noch dazu, stylisch and Irish, von elfenhafter Schönheit, und es war wirklich außergewöhnlich, sich zu der Zeit und in dieser toughen Branche als unverheiratete Frau durchzusetzen. Ab den 1950er-Jahren hat sie im New Yorker eigene Prosatexte veröffentlicht, darunter ihre stilistisch fein durchwirkten Erzählungen.
Seltsamerweise war sie in ihrer Geburtsheimat Irland all die Jahre fast eine Unbekannte. Aber auch in den USA und bei uns verblasst ihr einstiger – wenn auch nur bescheidener – Ruhm, und der Steidl Verlag, der seit Jahren ihr Werk in fein aufgemachten Einzelbänden herausgebracht hat, feiert sie nun mit einer Gesamtausgabe, die daran hoffentlich etwas ändert: mit den zwei Bänden Dubliner und New Yorker Geschichten. Mit der Edition betraut wurde Hans Christian Oeser, dem man auch deswegen vertrauen kann, weil er ihre Werke auch komplett übertragen hat, und dies sorgfältig, feinfühlig und einfach sehr gut.
Für den New Yorker hat sie auch journalistische Texte über den Alltag geschrieben, insgesamt 47, die sie selbstironisch als Kolumnen einer langatmigen Lady betitelt hat. Dabei interessierte sie erklärtermaßen nicht das „exotische“ Verhalten von Menschen, sondern der „Moment, da sich in ihrem ganz gewöhnlichen Verhalten etwas zeigt, womit ich vertraut bin“.
So sind die Schauplätze auch ganz gewöhnliche: U-Bahnen, ein Fahrstuhl, kleine Restaurants. Da Maeve Brennan selbst fast ihr gesamtes Leben lang in preiswerten Hotelzimmern gewohnt hat, die keine Kochgelegenheit hatten, ist sie oft in eben solchen Lokalen eingekehrt, wo sie, möglichst allein und an einem Fenstertisch, die Menschen um sich herum und auf der Straße beobachtet hat. Ihr intensiv forschender Blick war geleitet von Interesse, auch feinfühliger Empathie, aber bedacht auf Distanz. Es ging um das Sehen, und die vielen verschämten Blicke, die manchmal auch in ein unverschämtes Starren übergingen, sind gleichsam kondensiert in der Kolumne „Filmstars in freier Wildbahn“ , in der sich ausnahmsweise ein fremder Blick auf die Erzählerin selbst richtet, weil sie von einem Kind für einen Filmstar gehalten wird.
Brennans Dubliner Geschichten kreisen um das Thema Einsamkeit. Sie sind atmosphärisch stark – und oft sehr statisch. In der Erzählung „Die Besucherin“ kehrt eine junge Irin nach dem Tod ihrer geistig kranken Mutter ins herrschaftliche Haus ihrer Großmutter aus Paris nach Dublin zurück. Die Großmutter hatte ihr verübelt, dass sie ihren Vater – also ihren Sohn – verlassen und sich damit angeblich auf die Seite der Mutter gestellt hatte. Das Haus in seiner dunklen und staubigen Pracht und die innerlich fast vereiste alte Dame sorgen für eine fast völlige Lähmung der Besucherin, die es nur selten unternimmt, dieses stumme Haus zu verlassen. Schon in ihrem Vornamen Anastasia steckt das griechische Wort Stasis, die Stauung, die Stockung. Atmosphärisch erinnert diese Geschichte einer Paralysis an Joyces Geschichte „Eveline“ aus den „Dubliner“. Selbst der Garten mit seiner gefrorenen Rasenfläche und den leeren Blumenrabatten scheint vom eisernen Schweigen eingefasst zu sein.
Auch in den New Yorker Geschichten spielen der Raum und die Beziehung zwischen Siedlung, Haus und ihren Bewohnern eine dominante Rolle. Aber hier sind die Geschichten quirliger, lebendiger, aktionsreicher – und manchmal von einem bösen Humor durchdrungen. Schauplatz von „Tanz der Dienstmädchen“ ist Herbert’s Retreat, eine komfortable Wohnanlage von vierzig Häusern, die sich fünfundvierzig Kilometer außerhalb von New York am Ostufer des Hudson zusammendrängen.
Die Aussicht auf den Fluss ist entscheidend für den Status in dieser höchst gepflegten Anlage und ihre Bewohner, besonders die Hausfrauen, gehen sehr weit, um eine Aussicht auf den Strom zu vergrößern oder überhaupt erst zu erreichen. Gibt es eigentlich eine deutsche Entsprechung für das Wort houseproud? Der Stolz auf die eigene elaborierte Häuslichkeit mag sich noch genüsslich potenzieren, wenn man sich Gäste einlädt.
Wir sehen diese versnobten Herrschaften hinter ihrer schönen Fassade, manchmal aus der Sicht ihrer irischen Dienstmädchen, die sich in ihrer katholischen Beschränktheit auch wieder selbst entlarven. Nicht Botenberichte, sondern Dienstbotenberichte, die gelegentlich mit lustvollen Cliffhanger schöne Spannungsbögen erzeugen, etwa in der Geschichte „Der himmlische Kamin“. Die Menschen kommen darin nicht gut weg, auch nicht das niederträchtige Personal.
Maeve Brennan: Sämtliche Erzählungen. Erster Band: Dubliner Geschichten. Zweiter Band: New Yorker Geschichten. Herausgegeben und aus dem Englischen von Hans-Christian Oeser. Steidl Verlag, Göttingen 2017. Zus. 1168 Seiten, 48 Euro.
Oft geht es in ihren Geschichten
und Kolumnen um das Sehen,
um den verschämten Blick
Taxis, Restaurants, Vergnügungsparks, Hotels, Passanten und Schaufensterbummler zogen die Aufmerksamkeit Maeve Brennans in ihren New York-Kolumnen auf sich. Oft stand sie selbst vor Schaufenstern.  
Foto: Getty Images
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