Marktplatzangebote
4 Angebote ab € 2,09 €
  • Gebundenes Buch

Mathurin Saint-Fort ist ein junger, ehrgeiziger Anwalt, der es aus einfachen Verhältnissen in höhere Gesellschaftskreise gebracht hat. Er weiß, je weiter oben man ist, desto besser kann man auf die anderen herabschauen. Aber dann steht eines Tages der vierzehnjährige Charlie vor seiner Haustür und gibt vor, aus demselben Dorf zu stammen wie Mathurin. Charlie ist nach einem verunglückten Raubüberfall auf der Flucht und bittet den Anwalt um Hilfe. Gegen seinen Willen und von einem auf den anderen Tag wird Mathurin in einen Teufelskreis aus Armut und Gewalt gezogen, und schon bald muss er…mehr

Andere Kunden interessierten sich auch für
Produktbeschreibung
Mathurin Saint-Fort ist ein junger, ehrgeiziger Anwalt, der es aus einfachen Verhältnissen in höhere Gesellschaftskreise gebracht hat. Er weiß, je weiter oben man ist, desto besser kann man auf die anderen herabschauen. Aber dann steht eines Tages der vierzehnjährige Charlie vor seiner Haustür und gibt vor, aus demselben Dorf zu stammen wie Mathurin. Charlie ist nach einem verunglückten Raubüberfall auf der Flucht und bittet den Anwalt um Hilfe. Gegen seinen Willen und von einem auf den anderen Tag wird Mathurin in einen Teufelskreis aus Armut und Gewalt gezogen, und schon bald muss er einsehen, dass alles, worauf er seine Existenz gründet, eine fatale Illusion ist.
Lyonel Trouillot hat mit "Yanvalou für Charlie" einen furiosen Roman über ein vom Schicksal verdammtes Land geschrieben, der zugleich eine tief greifende Reflexion ist über Identität und das Verhältnis der Menschen zu den eigenen Wurzeln.
Autorenporträt
Lyonel Trouillot, 1956 in Port-au-Prince geboren, zählt zu den bedeutendsten Autoren Haitis. Seine Kindheit verbrachte er mit seinen Eltern im Exil in den USA. Nach der Rückkehr in sein Heimatland studierte er Rechtswissenschaften. Sein Debütroman »Straße der verlorenen Schritte« erschien 1998 in Frankreich, seitdem hat er zehn Romane veröffentlicht. 2009 erhielt er für »Yanvalou für Charlie« den Prix Wepler, 2011 wurde er mit »Die schöne Menschenliebe« für den Prix Goncourt nominiert. Neben seiner Tätigkeit als Schriftsteller und Publizist lehrt Lyonel Trouillot Kreolische und Französische Literatur in Port-au-Prince.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Tobias Lehmkuhl staunt, wie elegant Lyonel Troillot mit der Fülle dieses schmalen Romans umzugehen weiß. Erzählt wird aus drei verschiedenen Perspektiven zunächst die Geschichte des Haitianers Dieutor, dem der soziale Aufstieg gelingt und der seine Vergangenheit verdrängt, bis ihm eines Tages der junge Charlie begegnet, dessen Schicksal die eigenen Erinnerungen wachruft, resümiert Lehmkuhl. Bis zum tragischen und spannenden Finale gelingt es Troillot, "tempo- und abwechslungsreich" von Vergangenheit und Gegenwart, Stadt und Land und dem Gegensatz zwischen Arm und Reich auf Haiti zu erzählen, lobt der Rezensent, der unbedingt einen Nachfolge-Band erwartet.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.01.2017

Das letzte Ticket ist
die Hoffnung
Lyonel Troillot zeigt Haiti von oben und unten
Auch auf Haiti gibt es Schlepper. Sie bringen den, der genug zahlt, auf die Bahamas – so er Glück hat. Manche der Schlepper, so heißt es in Lyonel Troillots „Yanvalou für Charlie“, werfen ihre meist junge Kundschaft auch einfach auf hoher See über Bord. Oder sie setzen sie an einer anderen Ecke Haitis wieder aus und behaupten, dies seien die gelobten Bahamas.
Haiti, so viel ist klar, bietet nur wenigen eine Zukunft. Einer, der es geschafft hat, ist Dieutor. Dafür allerdings musste er seinen Namen ablegen, denn Dieutor ist kein Name, mit dem man in Port-au-Prince reüssieren könnte. Es ist der Name eines Bauern. Aber Dieutor hat den Weg in die Stadt geschafft, nennt sich nun Mathurin, hat studiert und soll bald Teilhaber einer Anwaltskanzlei werden. Die Vergangenheit hat er ausradiert, das Gedächtnis vorsätzlich verloren, den Blick einzig in die Zukunft gerichtet, auf den Erfolg, auch wenn es gilt, gleich eine ganze Gewerkschaft zu zerschlagen.
Dass es durchaus Gewinner gibt auf Haiti, mag überraschen, kennt man das Land doch nur als von Erdbeben, Unwettern und Misswirtschaft gebeutelt. Aber klar, es gibt eine Elite, die von den Möglichkeiten, die ein schwacher Staat bietet, profitiert. Zu ihnen gehört nicht zuletzt Mathurins Chef, dessen Frau der Ansicht ist, das Volk sei eine „Kanaille“. Freilich liegt diesem Chef bei seinen allwöchentlichen Abendgesellschaften eine ausgeglichene Tischrunde am Herzen und darum platziert er „zwischen zwei große Vermögen die offizielle Vertreterin einer Hilfsaktion für die Armen“.
Der Schein soll gewahrt bleiben. Doch dann tritt ein Junge namens Charlie in die Kanzlei, ein Junge aus der Provinz offensichtlich, und fragt, ob Mathurin Dieutor sei. Da fühlt sich der Teilhaber in spe, als sei ihm die Maske heruntergerissen worden. Erinnerungen stürzen auf ihn ein: an die Kindheit, an den aufschneiderischen Vater und die duldsame Mutter, an die erste und einzige Liebe und an jenen Mann, der ihm Saiten für seine Gitarre gekauft hat und in gewisser Weise auch das Ticket nach Port-au-Prince.
Vergangenheit und Gegenwart, Stadt und Land, Arm und Reich – Troillots schmaler Roman ist weit gespannt, dabei aber keinesfalls überfrachtet, sondern tempo- und abwechslungsreich. Erzählt wird aus drei unterschiedlichen Perspektiven. Dieutors Erzählung eröffnet und beschließt den Roman, ein Monolog Charlies, der ebenfalls den Weg von der Provinz in die Hauptstadt gesucht hat, berichtet vom Leben im christlichen Waisenhaus und seinen Freunden dort. Gemeinsam denken sie sich Tricks aus, um Erwachsenen die Brieftaschen zu klauen, werden zu recht erfolgreichen Kleinkriminellen, bis einer der Jungen, Nathanaël, von sozialrevolutionären Ideen infiziert, einen reichen Geschäftsmann erschießt und die Gruppe auseinanderbricht.
Der stärkste Abschnitt des Romans schildert aus der Kameraperspektive das letzte Zusammentreffen der vier in einem Slum der Hauptstadt, in der Hütte der Schwester Nathanaëls, die eigentlich seine Mutter ist. Auch Dieutor ist dabei, außerdem zwei Jugendliche aus gutem Haus, die ebenfalls die Revolution wollen. Und wenn dieses Zusammentreffen tragisch endet, so nicht, weil hier irgendwelche Gegensätze miteinander kollidieren. Hier stirbt jemand, weil das Schicksal eben ein mieser Verräter ist, weil einen an diesem Ort, so scheint es, entweder ein Unwetter, ein Erdbeben oder eine Kugel erwischt und man überhaupt nichts dagegen tun kann.
Kein Wunder also, dass jeden Tag ein Boot gebaut, eine Flucht organisiert wird, wie Dieutors einstige Liebe in einem Brief vom Land berichtet. Auch zwei Freunde aus dem Waisenhaus hegten diesen Plan, wollten mit der Beute, die in der Hütte im Slum verwahrt lag, den Weg auf die Bahamas suchen. Ob sie es geschafft haben, verrät Troillot nicht. So bleibt ein Rest Hoffnung – Hoffnung zumindest, in einem anderen Roman von dieser Fahrt erzählt zu bekommen.
TOBIAS LEHMKUHL
Im einem Slum der Hauptstadt
kommt es zum Showdown
Lyonel Troillot:
Yanvalou für Charlie. Aus dem Französischen von Barbara Heber-Schärer und Claudia Steinitz. Liebeskind Verlag, München 2016.
176 Seiten, 18 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr