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"Tourismus ist eine Todsünde" Bruce Chatwin Dem Alltag zu entkommen, das erhoffen sich viele vom Reisen. Sie steigen in ein Flugzeug, um so schnell wie möglich irgendwo anzukommen. Dort legen sie sich neben andere Touristen an den Strand oder haken ihre Listen von Sehenswürdigkeiten ab und wundern sich am Ende, wenn sie seltsam unbefriedigt zurückkehren. Dan Kieran entwickelt eine Philosophie des Reisens, die sich jenseits von Massentourismus und Top-Ten-Attraktionen abspielt. Er hat unterschiedlichste Fortbewegungsmethoden er-probt: zu Fuß gehen, mit Bummelzügen fahren, auf einem Floß…mehr

Produktbeschreibung
"Tourismus ist eine Todsünde" Bruce Chatwin
Dem Alltag zu entkommen, das erhoffen sich viele vom Reisen. Sie steigen in ein Flugzeug, um so schnell wie möglich irgendwo anzukommen. Dort legen sie sich neben andere Touristen an den Strand oder haken ihre Listen von Sehenswürdigkeiten ab und wundern sich am Ende, wenn sie seltsam unbefriedigt zurückkehren.
Dan Kieran entwickelt eine Philosophie des Reisens, die sich jenseits von Massentourismus und Top-Ten-Attraktionen abspielt. Er hat unterschiedlichste Fortbewegungsmethoden er-probt: zu Fuß gehen, mit Bummelzügen fahren, auf einem Floß treiben. Er hat sich dem Zufall, dem Chaos der Natur, ausgeliefert und dabei die Erkenntnis gewonnen, dass die langsame Art des Reisens den ganzen Blick auf die Welt ändert. Vor allem geht es um die innere Haltung. Der Slow Traveller befolgt die Maximen: Mach keine Fotos, kauf keinen Reiseführer, lass alle Sehenswürdigkeiten weg, vermeide gute Hotels, heiße Katastrophen willkommen. Das Abenteuer kommt dann ganz von allein. Ein erhellendes Buch, das jeder lesen sollte, bevor er die nächste Reise bucht.
Autorenporträt
Dan Kieran, geboren 1975, ist ein englischer Reiseschriftsteller. Er schreibt für Guardian, Telegraph,Observer und die britische Times. Zehn Jahre lang war er zusammen mit Tom Hodgkinson Herausgeber des Idler, einer Zeitschrift für den Müßiggänger. Kierans Flugangst ist es zu verdanken, dass er neue Wege des Reisens erkunden musste.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.08.2013

Liebe auf Umwegen

Die Leser Peter Handkes sind mit dem Konzept des ungeregelten Querfeldeinlaufens schon länger vertraut - der britische Reisejournalist Dan Kieran hat darin nun allerdings die Chance für einen programmatischen Essay entdeckt, der sich plakativ "Slow Travel" nennt. Kieran postuliert darin eine Kunst des Reisens, die das Fliegen um jeden Preis vermeidet, gezielt vom Weg abkommt und sogar, wie es in einem Kapitel heißt, "die Katastrophe willkommen heißt". Es geht ihm also um ein Reisen, das unter keinem Diktat sogenannter Sehenswürdigkeiten steht, sondern sich so weit wie möglich auf den Zufall und auf die Begegnung mit freundlichen Menschen verlässt - das ist zwar in der Wirklichkeit nicht immer ein todsicheres Rezept, aber nach den Geschichten, die Kieran erzählt, möchte man gern daran glauben. Der Autor leiht sich für sein Manifest die Stimmen vieler illustrer Gewährsmänner, die von Literaten wie Edgar Allan Poe bis zu Neurologen und modernen Philosophen reichen, gelangt mitunter aber auch selbst zu einer durchaus eigentümlichen Poesie: So erklärt er kurzerhand, das Bild der Straße, das gemeinhin als "unbestrittenes Symbol für Reisen, Abenteuer und Flucht" gelte, sei "in Wirklichkeit eine lausige Metapher: Eine Straße ist ein Tunnel, der einen an lineare Orte lineare Begriffe und lineare Zeit fesselt. Sie bietet Bequemlichkeit und zweckmäßigkeit, aber verwehrt einem alles, was man lernen könnte, wenn man nur die Zeit und Neugier hätte, sie zu verlassen." Für sein wohl kuriosestes Reiseprojekt hat Kieran zwar doch eine Straße gewählt, dafür aber ein sehr außergewöhnliches Gefährt: Zusammen mit zwei Freunden fuhr er in einem alten batteriebetriebenen Milchwagen mit Spitzengeschwindigkeit von fünfundzwanzig Kilometern in der Stunde fast tausend Kilometer vom östlichsten bis zum westlichsten Punkt Englands. Das selbstauferlegte Handicap ist wohl nach Kierans Prinzip der Schlüssel zum Glück des Reisens. Es geht dem Autor allerdings nicht nur um Müßiggang - er schlägt auch ernste, kritische Töne an, denen zufolge das Reisekonzept der westlichen Welt vom Zeitalter der Entdeckungen her in eine Sackgasse des "Anti-Reisens" führt, die indigene Kulturen auslöscht und sie durch homogene Handelsmarken ersetzt. Wenngleich Kieran gelegentlich zum Predigen tendiert, hört man ihm doch im Ganzen gern zu.

wiel

"Slow Travel - Die Kunst des Reisens" von Dan Kieran. Rogner & Bernhard Verlag, Berlin 2013. 223 Seiten. Gebunden, 19,95 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Zum "schönsten Reisebuch dieses Jahres" kürt Rezensent Alex Rühle Dan Kierans neues Werk "Slow Travel". Nachdem der Kritiker gelesen hat, wie Kieran mit zwei Freunden in einem 25 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit fahrenden Milchwagen aus den vierziger Jahren einmal quer durch England gereist ist, möchte er am liebsten selbst sofort ein solches Gefährt besitzen. So wunderbar, witzig und erfahrungsreich hat selten zuvor jemand vom Reisen erzählt, lobt Rühle, der hier viel über Entschleunigung lernt: Der Verzicht auf Reiseführer, Fotos und Sehenswürdigkeiten, dafür aber viele durchkreuzte Pläne unterscheiden das Reisen vom Urlaubmachen erfährt der Rezensent.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.07.2013

Keine Führer, keine Fotos
Mit dem Milchwagen durch England: Der Brite Dan Kieran erzählt, wie man sich einen halben Meter
neben den Alltag stellt. „Slow Travel“ ist das schönste Reisebuch des Jahres
VON ALEX RÜHLE
Die Hummel ist sowas wie der Braunbär unter den Insekten, pelzig, brummelnd und gemütlich. Honig ja, aber nur, wenn’s nicht zuviel Mühe macht. Will schon was heißen, wenn man auf einer motorisierten Reise von solch einem ja eher durch die Luft torkelnden als entschlossen auf ein Ziel zufliegenden Tier überholt wird: „Gegen Ende der ersten Woche begannen wir langsam daran zu glauben, dass unser Trip gelingen könnte, und entspannten uns. In diesem Moment veränderte sich unsere Wahrnehmung. Der Elektromotor war so leise, dass er die Wildtiere nicht verscheuchte, und wir gewöhnten uns daran, auf kleinen Feldwegen von Hasen, Kaninchen und Vögeln begleitet zu werden. Einmal fuhren wir einen Hügel hinauf und wurden von einer Hummel überholt.“
  Wir, das sind der Brite Dan Kieran und zwei seiner Freunde, und ihr Gefährt ist ein batteriebetriebener Milchwagen aus den vierziger Jahren, Fahrradtacho, 25 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit, keine Sicherheitsgurte und Türen, durch die der Regen rinnt. Der Plan lautet, England einmal von Ost nach West zu durchqueren, 965 Kilometer von Küste zu Küste, mit eben diesem Gefährt, bei dem erschwerend hinzukommt, dass man die Batterie nur per Starkstromkabel über Nacht aufladen kann, was bedeutet, das sie bei normalen Leuten klingeln und fragen müssen, ob sie vielleicht mal der Herdanschluss benutzen dürfen.
  All das klingt strapaziös, kompliziert, entbehrungsreich. War es auch. Aber erstens geht es genau darum. Und zweitens erzählt Kieran in seinem Buch „Slow Travel“ so lustvoll, witzig, reich von dieser Reise, dass man beim Lesen überlegt, wo man denn so kurz vor den Sommerferien noch einen Milchwagen herbekommen könnte.
  Sommerferien.  In drei Wochen geht’s in Bayern wieder los. Alle begeben sich gleichzeitig auf den Geschwindigkeitstunnel namens Autobahn, dieses graue Betonfließband, das einen doch nur in den nächsten Stau rollt. Und das sich auf jeder ADAC-Karte in solch anmaßend dickem Gelb-Rot durch die Landschaft zieht, dass man meinen könnte, die Welt drumrum wär nur Staffage für die Autofahrer, die der Familie erklären, so, jetzt 18 Stunden nonstop, per austriam ad astra, aber dann knallen wir uns an den Strand und amorpheln zwei Wochen lang hemmungslos vor uns hin.
  Nicht so Dan Kieran. Der Brite hat es sich zur Aufgabe gemacht, langsam durchs Leben zu reisen. Nun ist die Beschleunigung eines der Modethemen unserer Tage. Alle sind von dem diffusen Gefühl geplagt, nicht mehr hinterherzukommen, zuviel zu machen, das Leben als schiefe Ebene, auf der man immer schneller in Richtung Zukunft stolpert. Dementsprechend verstopfen so handliche wie verlogene Entschleunigungsratgeber die Buchhandlungsregale. Jedem Buchhändler aber, der Kierans wunderschöne Textsammlung bei diesem Ratgeberramsch einsortiert, wünschen wir acht Stunden Brennerstau an den Hals. Dan Kieran reitet nämlich nicht irgendeine Diskurswelle ab (was ja auch deshalb nicht geht, weil er mit seinem so rostigen wie schwerfälligen Milchwagen in der erstbesten Welle ersaufen würde), das langsame Reisen ist sein Lebensthema: Zusammen mit Don Hodgkinson gab er zehn Jahre lang das schon im Titel programmatische Magazin „The Idler“ heraus, was man vielleicht als „Der kultivierte Faulenzer“ übersetzen könnte (und das, getreu dem Titel, auch nur einmal jährlich erscheint).
  Zum Reiseschriftsteller wurde Kieran, nachdem ihn ein Freund zu seiner Hochzeit nach Warschau eingeladen hatte. Da er unter Flugangst leidet, nahm Kieran, anders als all die anderen Gäste, nicht den Flieger, sondern schlug sich mit Zügen durch: Nordfrankreich, Belgien, Ruhrgebiet, Polen. Als er in einer Warschauer Bar seine Freunde wiedertrifft, „unterhielten die sich über dieselben Dinge, über die wir auch zu Hause reden, Musik, Politik, alte Freunde. Es gab kein Anzeichen dafür, dass sie von anderen Gedanken oder Vorstellungen beeinflusst worden waren.“
  So wird der eigentliche Anlass der Reise, die Hochzeit, in seinem Text über diesen bizarren Ausflug denn auch in nur zwei Absätzen abgehandelt, wichtig ist der Weg ins Offene, die Reise dorthin und wieder zurück: „Am nächsten Tag setzen mich meine Freunde am Bahnhof ab. Eine Stunde später unterhielt ich mich in meinem Abteil mit einem russischen Soldaten; wie sich herausstellte, hatte er seinen Posten verlassen und war auf der Flucht. Während ich mit ihm sprach, stellte ich mir vor, wie sich meine Freunde in 10 700 Meter Höhe Wiederholungen amerikanischer TV-Shows ansahen, und ich wusste, dass ich nie wieder auf diese Weise reisen würde.“
  Ob er nun von seiner Milchwagentrödelei erzählt oder vom Hochzeitsausflug, von den Spaziergängen mit seiner Tochter oder von den ausgedehnten Reisen als Teenager mit seiner Großmutter (ja, Kieran ist slightly sonderbar, aber was wollen Sie, der Mann ist Brite) – alles ist ihm im Grunde nur unterhaltsamer Anlass, eine Philosophie des Reisens zu entwickeln, oder sagen wir eine Ästhetik des Reisens, die mit wenigen Regeln auskommt: Keine Reiseführer. Keine Fotos. Mach einen Bogen um die Sehenswürdigkeiten und um alle teuren Hotels und vor allem: Freu Dich, wenn Deine Pläne durchkreuzt werden.  
  Es gibt für Kieran einen fundamentalen Unterschied zwischen Reisen und Urlaubmachen. Urlaub macht man, wenn man einfach seine Ruhe haben will, Strand, Bier, und ein Tag Kultur mit Kolosseum. So aber ist der Urlaub oftmals nur das Pendant zur gehetzten Zeit, komprimierte Entspannung, Powerjoy, making the most of it .
  Dan Kieran geht es bei seinen Reisen eher darum, sich einen halben Meter neben den gewöhnlichen Alltag zu stellen und dadurch einen neuen Blick auf das Leben zu bekommen. Ein Spaziergang von der eigenen Haustür weg, bei dem man sich ordentlich verläuft, hat mehr mit seiner Art zu reisen zu tun als vier Wochen Malediven. Es geht nicht um escape , sondern um inscape , wie Kieran im englischen Original schreibt, also darum zu sich selbst zu kommen. Könnte nach Zen-Kitsch klingen, aber da ist Kierans britischer Humor davor: Auf die Idee zu seiner Milchwagentour kam er in einem Pub, als einer seiner Freunde in Anspielung an den bekannten Film den Kalauer „Three men in a float“ in den Raum warf.  Wer vier Wochen einem Kalauer hinterherreist, eignet sich wahrscheinlich nicht zum Zen-Meister. Aber das schönste Reisebuch dieses Jahres hat er trotzdem geschrieben.
Dan Kieran: Slow Travel. Die Kunst des Reisens. Aus dem Englischen von Yamin von Rauch. Rogner & Bernhard, Berlin 2013. 223 Seiten, 19,95 Euro.
„Einmal fuhren wir einen
Hügel hinauf und wurden
von einer Hummel überholt.“
Kein Anschluss unter dieser Nummer: Dan Kieran scheut das schnelle Reisen und den Zwang zur gut geplanten Maximalerholung. Wer sich freut, wenn seine Pläne durchkreuz werden, reist am besten.
FOTO: DPA
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