Marktplatzangebote
5 Angebote ab € 2,95 €
  • Gebundenes Buch

Eine Frau aus Amsterdam lässt sich mit ihrem Hund auf einem Gehöft im Mecklenburgischen nieder. Es ist kalt, feucht, unwirtlich. In den verfallenen Gebäuden und im Boden findet sie Reste des Lebens voriger Bewohner, unterhält sich mit den Einheimischen, rekonstruiert Geschichte und übt sich im Alleinsein. Pauline de Bok hat sich einem Abenteuer ganz eigener Art ausgesetzt, und dabei ist ihr ein wunderbares Buch über Deutschland gelungen, ein Buch, so Geert Mak, voller weitergewisperter Geschichte, voller erschütterter Lebensläufe, ein glänzendes Beispiel des Slow Journalism.

Produktbeschreibung
Eine Frau aus Amsterdam lässt sich mit ihrem Hund auf einem Gehöft im Mecklenburgischen nieder. Es ist kalt, feucht, unwirtlich. In den verfallenen Gebäuden und im Boden findet sie Reste des Lebens voriger Bewohner, unterhält sich mit den Einheimischen, rekonstruiert Geschichte und übt sich im Alleinsein. Pauline de Bok hat sich einem Abenteuer ganz eigener Art ausgesetzt, und dabei ist ihr ein wunderbares Buch über Deutschland gelungen, ein Buch, so Geert Mak, voller weitergewisperter Geschichte, voller erschütterter Lebensläufe, ein glänzendes Beispiel des Slow Journalism.
Autorenporträt
Pauline de Bok, geboren 1956, lebt in Amsterdam. Sie studierte Theologie und Philosophie und arbeitet als Journalistin und Autorin. "Blankow" wurde für den M. J. Brusse-Preis 2008 nominiert.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.11.2009

Heimweh nach gestern

Eine Frau aus den Niederlanden beschließt, ein paar Monate auf einem alten Gehöft in Mecklenburg-Vorpommern zu leben. Nur sie und ihr Hund. Um sie herum das weite, unbewohnte Land - Rapsfelder, Wiesen, Seen und dieser Hof namens Blankow, in dessen Gemäuern die Geschichten seiner ehemaligen Bewohner darauf warten, dass jemand kommt und sich für sie interessiert. Pauline de Bok hat sich der Aufgabe angenommen, sie sucht in dem alten Vorwerk nach Spuren der Vergangenheit und setzt aus den zum Vorschein kommenden Lebensläufen von Gutsherren, Bauern und Vertriebenen das Bild einer sich immer und immer wieder entvölkernden Gegend zusammen: "Fortgehen, ob aus Lebenslust oder Todesangst und allem dazwischen, das ist in diesem Landstrich seit Jahrhunderten etwas Alltägliches. Und Heimweh auch." Dennoch möchte man das Buch "Blankow oder Das Verlangen nach Heimat" nicht aus der Hand legen, bevor man nicht auch die Geschichte des allerletzten Menschen gelesen hat, der diesem Flecken Erde irgendwann einmal die Ehre erwies - so zart und einfühlsam ist es geschrieben, so klug sind Menschen und Natur beobachtet, so respektvoll werden auch die niederträchtigsten Charaktere behandelt. Pauline de Bok ist das wunderbare Porträt einer Gegend gelungen, von der nicht nur Westdeutsche nach der Lektüre merken werden, wie sehr sie sie noch immer sträflich vernachlässigen. (Pauline de Bok: "Blankow oder Das Verlangen nach Heimat". Aus dem Niederländischen von Waltraud Hüsmert. Verlag Weissbooks, Frankfurt 2009. 311 S., geb., 22,- [Euro].) lbo

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.11.2010

Eine kleine Flucht
Pauline de Bok erkundet die Einsamkeit von Blankow
Eine Nebellandschaft irgendwo in Mecklenburg-Vorpommern am Ende des Winters, noch ist es kalt, doch die Maulwürfe werfen schon die ersten Hügel auf. Die Erzählerin ist gerade über den See gekommen und steuert im grauen Abendlicht auf das Haus zu, in dem sie die nächsten Monate verbringen wird: ein Bauernhaus, das längst keines mehr ist, das frühere Vorwerk eines Gutes. (Ost-)Berliner Freunde haben es Mitte der neunziger Jahre gekauft und in kleinen Etappen mit vielen Notlösungen repariert. Ängstlichkeit und das Gefühl, „genau zur rechten Zeit gekommen“ zu sein, halten sich bei dieser Ankunft die Waage. Als sie den Schlüssel in die rostige Stalltür steckt und umdreht, geht die Tür tatsächlich auf, ein vertrautes Quietschen, säuerliche Luft schlägt ihr entgegen. Dann betritt sie den vom Stall abgetrennten Wohnbereich. Die Stühle stehen, wo sie sein sollen, das Bett, der gusseiserne Ofen. „Ganz kurz erhasche ich einen Hauch von ihrem Dasein ohne mich, von ihrem An-sich-sein, etwas, was ein Mensch nicht sein kann. Den Moment des Eintretens in diese Welt empfinde ich wie einen seltsamen Verstoß. Ich störe das planlose Dasein der Dinge. Ich gebe ihnen Sinn, ich fülle den Raum mit Absichten.“
Das Buch der 1956 geborenen niederländischen Journalistin Pauline de Bok wurde zu einem Kritikererfolg. Eine Empfehlung von Cees Nooteboom bahnte ihm den Weg, Geert Mak hat es als „glänzendes Beispiel des Slow Journalism“ gepriesen. Und tatsächlich nimmt „Blankow oder Das Verlangen nach Heimat“ auf eine gar nicht leicht zu erklärende Weise für sich ein. Dabei ist es alles andere als ein makelloses oder blendend erzähltes Werk. In einer kargen Sprache nähert sich die Autorin einem Ort, den es wirklich gibt und der in Sichtweite zu Prenzlau liegt, erkundet seine Geschichte und Gegenwart und spricht mit den wenigen, noch in dessen Umkreis lebenden Bewohnern.
Wie der Ort werden auch sie durch fiktive Namen geschützt. Historisch erfährt man nichts wirklich Neues. Noch einmal wird die Geschichte von Menschen erzählt, die unter Zwang ihre Heimat verlassen mussten, ob man sie nun Flüchtlinge nennt, wie in der alten Bundesrepublik, Vertriebene, wie sie sich selbst, oder Umsiedler, wie sie im Sprachgebrauch der DDR zu heißen hatten. Spätestens seit der ARD-Dokumentation von 2001 ist die Geschichte der nach 1945 aus dem östlichen Europa vertriebenen Deutschen als individuelles Leid akzeptiert, das durch die Zugehörigkeit zum Volk der Täter nicht mehr geschmälert werden muss.
Die Geschichten variieren Bekanntes – die Plünderungen und Vergewaltigungen der Roten Armee, die Sehnsucht nach der Heimat, das Abfinden mit dem Unabänderlichen, die Enteignung durch die Zwangskollektivierung, die Pläne, in den Westen zu gehen. Pauline de Bok fragt selten nach, bohrt nicht weiter, wenn sie auf Widerstand stößt. Zwar registriert sie die Muster, die vage Wortwahl, doch es ist für sie eine Frage des Anstands, den Gesprächspartnern ihre Version der Geschichte zu lassen. Sie weiß um deren Schutzfunktion. Alle Frauen erzählen von Vergewaltigungen, aber stets nur von der Vergewaltigung anderer Frauen.
Überraschenderweise wird man bei der Lektüre dieses Buches nicht ungeduldig. Dennoch fragt man sich, worauf die Autorin hinaus will. Möchte sie die bis ins 19. Jahrhundert zurückgehende Chronik eines Ortes schreiben, dessen Namen sie nicht verrät? Möchte sie Menschen ein Denkmal setzen, die keiner erkennen soll? Oder betreibt sie mit ihrer Recherche eine Erkundung in eigener Sache?
Von ihrer Vorgeschichte gibt Pauline de Bok kaum etwas preis, aber auch ihre Geschichte hat etwas mit Flucht zu tun: „Ich bin gekommen, um allein zu sein, fort von der Stadt, von der Arbeit, den Menschen, der Flut von Informationen (. . . ). Ich will wissen, was passiert, wenn ich monatelang allein lebe, auf dem Land, von Tag zu Tag. Ich will herausfinden, wie sich das auf meine Angst und mein Verlangen nach Sinn auswirkt.“ Die Angst ist ein wiederkehrendes Stichwort, es wird niemals erläutert, aber es zieht den Schatten möglicher Panik im Schlepptau hinter sich her. Die Autorin hat sie offenbar mitgebracht, vielleicht wurde sie von ihr sogar nach Blankow getrieben, in der Hoffnung, sie lasse sich durch konkrete Herausforderungen auflösen.
Und tatsächlich bestehen die überzeugendsten Passagen des Buches aus kleinen Bewährungsproben. Da lässt sich am Tag nach der Ankunft die Tür nicht mehr öffnen, also muss sie die aufsteigende Panik bekämpfen und ein Fenster suchen, durch das sie hinausklettern kann. Der Schlosser des Ortes hat keine Zeit, dann baut sie das Schloss eben selber aus und setzt ein neues ein. Ein Kurzschluss legt die Stromversorgung lahm. Was soll’s? Es ist kalt genug, um auf den Kühlschrank zu verzichten, Kerzen spenden genügend Licht. Sie hat einen kleinen, geliehenen Hund bei sich, mit dem sie durch die Landschaft stromert. Eines Tages behauptet ein Jäger, er habe den frei herumlaufenden Gefährten erschossen. Sie beherrscht sich, glaubt ihm nicht, wahrt ihr Gesicht. Zum Glück war es eine Finte. Am Ende des Buches regnet es Maden auf ihr Sofa. Gibt es nicht seit einiger Zeit einen süßlichen Geruch, der immer penetranter wird? Den Marder hat sie auch schon länger nicht mehr auf dem Dachboden trippeln gehört. Sie folgt dem Geruch, löst die Bretter des Bodens und birgt den verwesenden Leichnam.
Es ist die unendliche Ruhe im Kleinen, das Handfeste, das diesem Zwitterwesen aus Selbsterkundung und historischer Recherche seine Magie verleiht. „Blankow oder Das Verlangen nach Heimat“ ist gewiss kein großes Buch, aber eines jener kleinen Fundstücke, die ein interessierter Leser mit Vergnügen vom Wegrand auflesen kann.
MEIKE FESSMANN
PAULINE DE BOK: Blankow oder Das Verlangen nach Heimat. Aus dem Niederländischen von Waltraud Hüsmert. Verlag Weissbooks, Frankfurt am Main 2009. 311 Seiten, 22 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

"Eine neue Art der Geschichtsschreibung" leistet Pauline de Bok mit "Blankow oder Das Verlangen nach Heimat", attestiert ihr Rezensentin Dorothea Dieckmann. Pauline de Bok versetzt ihre Ich-Erzählerin in ein verfallenes Haus in Mecklenburg, wo es, inmitten von Tristesse, Kälte und Stromausfall zunächst "um die Existenz" geht. Bald aber erkundet sie ihre Umgebung anhand von Fundstücken, Gesprächen mit Nachbarn und Archivgängen, beobachtet Dieckmann. Daraus ergibt sich ein "aufwühlendes Ensemble" aus aufgefundenem Material, Kommentaren der Erzählerin und deren Befindlichkeit. Bei alldem gelingt es der Autorin, die Balance zwischen Naivität und Distanz zu halten, lobt die Rezensentin. Eine zentrale Frage von Pauline de Boks Buch ist für Dorothea Dieckmann, ob die Vergänglichkeit des Lebens von der Rekonstruktion der Vergangenheit gemildert werden kann. De Boks Antwort scheint wenig tröstlich auszufallen.

© Perlentaucher Medien GmbH