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Das Leben von Käthe Kruse (1883 - 1968) ist gekennzeichnet durch das Bestreben, allen Widrigkeiten zum Trotz ihre Ideen und Ziele zu verfolgen. Als Kind lebt sie in bedrückender Armut in der starren Ständegesellschaft des wilhelminischen Kaiserreichs. Als junges Mädchen stürmt sie mit außergewöhnlicher Begabung auf die Theaterbühnen Berlins und lebt mit dem berühmten Bildhauer Max Kruse in einer damals skandalösen "freien Ehe'. Sie gehört mehrere Jahre zur legendären Gemeinschaft der Lebensreformer auf dem Monte Verità am Lago Maggiore und entwickelt eine Puppe, wie die Welt sie noch nie…mehr

Produktbeschreibung
Das Leben von Käthe Kruse (1883 - 1968) ist gekennzeichnet durch das Bestreben, allen Widrigkeiten zum Trotz ihre Ideen und Ziele zu verfolgen. Als Kind lebt sie in bedrückender Armut in der starren Ständegesellschaft des wilhelminischen Kaiserreichs. Als junges Mädchen stürmt sie mit außergewöhnlicher Begabung auf die Theaterbühnen Berlins und lebt mit dem berühmten Bildhauer Max Kruse in einer damals skandalösen "freien Ehe'. Sie gehört mehrere Jahre zur legendären Gemeinschaft der Lebensreformer auf dem Monte Verità am Lago Maggiore und entwickelt eine Puppe, wie die Welt sie noch nie gesehen hatte: weich, warm und schwer - ein "Kind fürs Kind'. Was folgt, ist eine Blitzkarriere: Die Puppen werden zum nationalen und internationalen Verkaufsschlager. Ihre Puppenwerkstatt führt sie mit Durchsetzungskraft, weiblichem Charme und unternehmerischer Umsicht bis 1957 durch alle wirtschaftlichen und politischen Krisen hindurch.
Autorenporträt
Gabriele Katz ist promovierte Kunsthistorikerin und Historikerin. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt in den letzten Jahren auf dem Gebiet der Frauengeschichte. Sie schreibt Porträts über starke Frauen wie die jüdische Hoffaktorin und Wirtschaftsberaterin König Friedrichs I. von Württemberg, Madame Kaulla. Sie erarbeitet Ausstellungen und schreibt Kataloge.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.03.2010

Die Mutter aller Puppen
Von der Reformpädagogik zur Lebenstauglichkeit: Gabriele Katz erzählt von der wahrhaft deutschen Bilderbuchkarriere der Käthe Kruse
Selten traf ein Buchtitel so präzise den Nerv seiner Zeit wie „Das Jahrhundert des Kindes” von Ellen Key. Erfolgreicher noch als Sigmund Freuds „Traumdeutung”, die zur gleichen Zeit auf den deutschen Markt kam, fasste der schwedische Bestseller um 1900 einen gesellschaftlichen Wahrnehmungswandel in Worte, der sich über die kommenden Jahrzehnte hinweg immer stärker auswirken sollte. Der Titel ist zum Synonym geworden für eine anthropologische Umorientierung im 20. Jahrhundert, die freilich schon früher eingesetzt hatte: Weg vom Bild des Kindes als einem ursündigen, triebhaften und defizitären, nur durch eiserne Kontrolle zu bändigenden Noch-nicht-Erwachsenen – hin zur Idee eines Kindes, das, mit allen Ressourcen und Rechtsansprüchen ausgestattet, der vollen individuellen Wertschätzung würdig ist. Mit dieser normativen Entwicklung waren die Namen vieler Psychologen, Pädagogen, Entwicklungsbiologen und Juristen verbunden. Nicht zuletzt gehört der Name einer Frau in diese Geschichte, ein Name, der selbst zum Markenzeichen geworden ist: Käthe Kruse.
Die Biografie der weltberühmten Puppenmutter von Gabriele Katz ist im buchstäblichen Sinne eine Frauenbiografie geworden. Die Kunsthistorikerin und Historikerin hat ein Buch geschrieben, das all diejenigen befriedigen wird, die sich für das Leben einer gewieften Geschäftsfrau, einer geprüften Geliebten und Ehefrau und einer passionierten Mutter interessieren. Indes ist es kein Buch geworden für all die anderen, die eben jenen Vorstellungswandel besser verstehen wollen, der uns bis in die Gegenwart in Gestalt von Erziehungsdebatten, Missbrauchsskandalen oder Klagen über fortpflanzungsmüde Frauen beschäftigt.
Die Relevanzfrage ist dennoch schnell geklärt: Katharina Simon, geboren 1883 in Oberschlesien als Tochter der ledigen Näherin Christiane Simon und des anderweitig verheirateten Stadtbeamten Robert Rogaske, legte wahrlich eine deutsche Bilderbuchkarriere hin. Mit 17 Jahren suchte sie ihr Glück als Schauspielerin in Berlin. Nicht lange dauerte es, und die unschuldige Nymphe vom Lande feierte Erfolge am Lessing-Theater und auf dem „Überbrettl”. Dort fiel sie auch dem bereits bejahrten Bildhauer Max Kruse auf, oder besser gesagt, in die Hände. Der geschiedene Familienvater, Kunstprofessor und zeitweilige Vorsitzende der Berliner Sezession formte aus dem ungebildeten und quicklebendigen Ding eine Puppenfrau nach seinen Vorstellungen.
Er zog ihr die neckischen Kabarett-Flitterkleidchen aus und Reformkleider an, riet ihr zur Florentiner Zöpfchenfrisur (à la Timoschenko) und verfrachtete sie, als sie ihn mit der zweiten Schwangerschaft zu kompromittieren drohte, zu den Lebensreformern auf den Monte Verità. Dort, im Schweizer Mekka der Alternativen, galt nicht nur die „vegetarische Ehe” ohne Trauschein etwas, auch konnte sich Käthe ganz dem Tanz und ihren Kindern widmen. Hier kam sie aufs Kunsthandwerk. Weil Max Kruse in Berlin keine tauglichen Puppen für seine Kinder fand, regte er an, sie solle doch selbst welche herstellen. Auf Kunstreisen durch Italien fand das Paar den Körper eines Jesuskindes und den Kopf einer barocken Putte, die perfekten Vorlagen für die erste lebensechte, bewegliche und eine kindlich-warme Körperlichkeit nachempfindende Stoffpuppe.
Bei einer Spielzeugausstellung im Berliner Warenhaus Tietz fand die 43 Zentimeter große, tiefernst blickende Säuglingspuppe 1910 großen Beifall. Katharina Simon nutzte einen Großauftrag aus New York, um ihre eigene Manufaktur im brandenburgischen Bad Kösen zu gründen und stellte ab 1912 die „Puppe 1” serienmäßig her. Die ohnehin schon führende deutsche Spielwarenindustrie hatte neben den berühmten „Steiff”-Tieren einen neuen Fixstern.
Nach der dritten Schwangerschaft heiratete man doch; aus Katharina Simon wurde Käthe Kruse und aus Käthe Kruse ein öffentliches Ereignis. Nach allen Regeln des modernen Marketings verband sie die Geschichte ihrer Liebe zu dem bedeutenden Künstler, ihre eigenen rührseligen Kindheitserinnerungen und vor allem ihre Selbststilisierung als Übermutter mit den Produkten, die sie kreierte. Zu ihren Vermarktungsideen gehörten den jeweiligen Zeitumständen angepasste Kleider und Accessoires („Straßenbahnschaffnerin”, „Infanterist”, „Inflationspuppe”), außerdem erstritt sie als erste vor Gericht den Urheberschutz für ihr Spielzeug. Auch wenn es immer wieder schlecht lief, Käthe Kruse war so erfolgreich, dass sie ihrem Mann und Miterfinder regelmäßig Tantieme zahlen, seinen und ihren aufwendigen Lebensstil – sie lebten fast immer getrennt – finanzieren, ihre Nachkommen und bis zu 120 Mitarbeiter ernähren konnte.
Die Unternehmerinnenkarriere und das wahrlich bewegte Privatleben dieser Frau aus einfachsten Verhältnissen hat Gabriele Katz zu einem ansprechenden Lesebuch zusammengebunden. Das eigentlich spannende, womöglich brisante Motiv der Käthe-Kruse-Story mochte sie allerdings nur mit Samthandschuhen anfassen. „Politisch hat sie sich nicht engagiert”, konstatiert Katz bereits im Vorwort und entscheidet sich, eine „typisch weibliche deutsche Kulturgeschichte” zu erzählen. Sehr am typisch Weiblichen interessiert, informiert uns das Buch zwar ausführlich über den jeweiligen Stand der Liebe zwischen Käthe und Max, aber wofür die Käthe-Kruse-Puppe eigentlich steht, was ihren Erfolg ausmachte in der Blütezeit zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg, das erfahren wir nur andeutungsweise.
Der lebensechte Säugling war schließlich weit mehr als ein kindgerechtes, kunsthandwerklich vollendetes Spielzeug. Er war, wie der Werbeslogan schon sagt, „ein Kind für das Kind”. Als „Born der Mutterliebe”, wie das Berliner Tagblatt schrieb, war die Käthe-Kruse-Puppe stoffgewordenes Ideal ihrer Zeit. Zwar informiert uns die Autorin darüber, die Puppenmutter habe sich mit den Verhältnissen zu arrangieren gewusst: In der NS-Zeit zog sie ihre Puppen als „SA-Mann” und als „Hitlerjungen” an. 1937 auf der Pariser Weltausstellung warb sie für deutsche Produkte. Sie pflegte ihre Kontakte zum Regime, gratulierte und verschenkte Puppen, wenn mal wieder ein Grande Vater wurde. Sie äußerte sich in den einschlägigen Medien zu den Themen Mütterlichkeit und Kindererziehung. Doch welchen ideellen Beitrag ihre kindgemäßen Puppen leisteten, darüber denkt die Biografin lieber nicht nach. Kruse konnte mehrfach Betriebsschließungen und den Abzug ihrer Mitarbeiter für die Kriegswirtschaft abwenden, nicht nur, weil sie gut vernetzt war. Sie hatte auch gute Argumente. Ganz nahe liegende – eine neue Puppe unter dem Weihnachtsbaum half, im Krieg den Anschein eines normalen Familienlebens aufrecht zu erhalten –, aber auch ganz grundlegende. Mit der baby- und kindähnlichen Puppe stand Kruse im Mittelpunkt eines Mütterlichkeits- und Erziehungsdiskurses, der um die Jahrhundertwende ebenfalls mit Ellen Key eingesetzt hatte.
Der schwedischen Autorin war es nämlich mitnichten nur um eine reformorientierte Pädagogik gegangen. Key revolutionierte die Kindheitsvorstellungen ihrer Zeit auch im Sinne einer positiven Eugenik. Es ging ihr darum, gesunde Individuen für den Fortbestand der Gattung zu sichern. Ehepaare standen bei ihren Kindern in der Pflicht – nicht nur in der Pflicht, sie zu lieben, sondern sie in keiner Weise um ihre Lebenstauglichkeit zu betrügen.
In Keys zwanzigstem Jahrhundert sollten sich ganz besonders die Frauen um die „Veredelung” der menschlichen Rasse kümmern. Analog zum männlichen Wehrdienst seien sie in der wissenschaftlich begründeten Säuglingspflege und Früherziehung zu unterweisen. In diesem Kontext steht Käthe Kruses babyähnliche Puppe. Deutsche Mutterliebe auf Probe, das war der pädagogische Anspruch. Auch in ihrem eigenen Leben gingen Käthe Kruse Kinder über alles. Noch mit über vierzig Jahren flehte sie ihren Mann an, ihr nach sieben Geburten und einer Totgeburt zu einem weiteren Kind zu verhelfen. „Und ich hol mir noch eins für meine Arbeit und für mein Alter.” Nach individualisiertem Glücksversprechen für das Kind, wie wir das heute verstehen, klingt das nicht. Im Vordergrund standen der Wert des Lebens als solches und der Wert des Kindes für die Zukunft. Und diesem zugedacht war die heute so wertvolle Käthe-Kruse-Puppe. MIRIAM GEBHARDT
GABRIELE KATZ: Käthe Kruse. Die Biografie. Osburg Verlag, Berlin 2010. 479 Seiten, 26,90 Euro.
Vor hundert Jahren, 1910, stellte Kruse ihre tiefernst blickende Säuglingspuppe erstmals vor
Ein Stoff gewordenes Ideal ihrer Zeit: Käthe Kruse 1925 mit ihren bis zu diesem Zeitpunkt geschaffenen Puppen „Du mein”, „Puppe 1” (als Mädchen- und Jungenpuppe) und „Schlenkerchen”. Abbildung aus dem besprochenen Band
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.04.2010

Deutsche Puppen

Die Beziehung zwischen Mutter und Kind stand für Käthe Kruse im Vordergrund, sowohl bei ihren eigenen sieben Kindern als auch bei den Ideen für ihre berühmten Puppen. Die Kunsthistorikerin Gabriele Katz hat nun eine Biographie der Puppenmutter vorgelegt. Als uneheliches Kind 1883 geboren, versuchte sich Katharina Simon, so ihr Geburtsname, als Schauspielerin, bevor sie den Bildhauer Max Kruse kennenlernte. Zeitlebens kämpfte sie um diese Beziehung, die als wilde Ehe begann. Mit den unehelichen Kindern alleingelassen, ging sie nach Italien. Dort entwarf sie ihre erste Puppe und begann damit ihre Karriere. Zahlreichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten wusste sie zu entkommen, bevor ihre Kinder das Geschäft übernehmen konnten. Katz erzählt von einem beeindruckenden Frauenleben, das dem Leser mit Zitaten aus vielen Briefen nähergebracht wird. Auch kritische Aspekte ihres Lebens werden nicht verschwiegen, wie etwa ihre Rolle als Unternehmerin im Nationalsozialismus oder der Kontrollzwang gegenüber den eigenen Kindern, die alle in die Werkstattarbeit eingebunden wurden. Anschaulich kann der Leser verfolgen, wie sich Käthe Kruses Puppen den wechselnden Bedürfnissen ihrer Käufer anpassten. (Gabriele Katz: "Käthe Kruse". Die Biografie. Osburg Verlag, Berlin 2010. 478 S., geb., 26,90 [Euro].)

Kiwa

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Eine am typisch Weiblichen interessierte Biografie ist das Buch von Gabriele Katz geworden. Für Miriam Gebhardt kein Grund zur Freude. Frauenbiografien, die das geschäftliche Geschick und die Ehe- und Muttertauglichkeit ihrer Heldinnen attestieren, hat sie anscheinend satt. Dabei, so trauert die Rezensentin, gibt es bei Käthe Kruse jede Menge spannende Ansatzpunkte, an die Katz hätte anknüpfen können. Gebhardt verweist auf den Wandel im Geschlechterverständnis, der sich mit Kruses Geschichte verstehen ließe und natürlich auf Kruses willfährige Rolle (und die ihrer Puppen, "stoffgewordenes Ideal ihrer Zeit") während der NS-Zeit. Dass die Autorin dazu schweigt und nur die Unternehmerinnenkarriere und das Privatleben in den Blick nimmt, kann Gebhardt nicht verstehen. Spannend weil brisant wäre für sie ein Buch gewesen, das auch der ideellen Bedeutung der Käthe-Kruse-Puppe nachgeht.

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