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Box Saxton ist ein erfolgreicher Bauunternehmer und Immobilienmakler in Christchurch, bis die Finanzkrise ihm den Boden unter den Füßen wegreißt. Er muß sein Haus mit Meerblick verlassen und sich in einer nicht gerade erstklassigen Gegend einmieten. Die teure Privatschule für seine beiden Kinder läßt sich nicht länger finanzieren. Sein 19jähriger Sohn Mark wird mit diesen Veränderungen nicht fertig und nimmt sich das Leben. Box, der nun als einfacher Bauarbeiter weit entfernt arbeitet, fliegt sofort nach Hause, um bei seiner Frau Liz und Tochter Heather zu sein und die Beisetzung im…mehr

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Produktbeschreibung
Box Saxton ist ein erfolgreicher Bauunternehmer und Immobilienmakler in Christchurch, bis die Finanzkrise ihm den Boden unter den Füßen wegreißt. Er muß sein Haus mit Meerblick verlassen und sich in einer nicht gerade erstklassigen Gegend einmieten. Die teure Privatschule für seine beiden Kinder läßt sich nicht länger finanzieren. Sein 19jähriger Sohn Mark wird mit diesen Veränderungen nicht fertig und nimmt sich das Leben. Box, der nun als einfacher Bauarbeiter weit entfernt arbeitet, fliegt sofort nach Hause, um bei seiner Frau Liz und Tochter Heather zu sein und die Beisetzung im Familiengrab vorzubereiten. Doch da taucht Marks leiblicher Vater auf, Tipene, ein Maori, der die Mutter des Jungen bald nach der Geburt verlassen hat. Mark hatte nie eine Verbindung zu ihm. Nach dem Gesetz der Maori muß ein Familienmitglied in der Grabstelle der Ahnen beigesetzt werden, und dieser Tradition will Tipene folgen. Box und seine Frau weigern sich, den Leichnam des Jungen herauszugeben, deshalb stiehlt Tipene ihn, wobei er das neuseeländische Recht auf seiner Seite hat. Box verfolgt ihn in seinem alten Pickup, um die Leiche seines Sohnes zurückzubekommen.
Carl Nixon beschreibt in seinem spannenden Roman sehr genau die Auswirkungen der Finanzkrise, ebenso den unlösbaren Konflikt zwischen zwei verschiedenen Formen der spirituellen Bindung an das eigene Land.
Carl Nixon wurde 1967 in Christchurch geboren, wo er lebt und arbeitet. "Settlers Creek" erschien 2010 und war nominiert für den International IMPAC Dublin Literary Award 2012.
Sein erster Roman, "Rocking Horse Road", war äußerst erfolgreich, das Buch stand 4 Monate auf der KrimiZEIT-Bestenliste.
Autorenporträt
Carl Nixon, geboren in Christchurch, ist ein neuseeländischer Autor von Romanen, Kurzgeschichten und Dramen. Er gewann mit seinen Werken viele Preise, u.a. den Katherine Mansfield Short Story Contest. Darüber hinaus schrieb er zahlreiche Theaterstücke für Kinder.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.09.2013

Der Fremde in mir

Carl Nixon hat ein großes Buch über den Schmerz verfasst: "Settlers Creek" erzählt vom schwierigen Alltag zwischen Maori und westlichen Pakeha in Neuseeland.

Ein Mann steht allein auf einem langen Holzsteg, der ins Wasser ragt. Es stürmt, der Steg ist nass. Irgendwo in Neuseeland, wo das Umschlagfoto aufgenommen wurde, ist die Sonne verloschen, das Licht silbrigfahl, alles versinkt im Halbdämmer. Dann schlägt man das Buch auf, es liegt schwer in der Hand, aus dickerem Papier gemacht als üblich, mit einer besonderen Schrifttype, mit weiteren Fotografien von Himmel, Bergen und Wasser im Innenteil. Es riecht gut nach Druckerfarbe. Am Ende ein Glossar, das Maori-Begriffe erklärt. Man ist eingestimmt.

Obwohl "Settlers Creek" ein sehr trauriges Buch aus Neuseeland ist, obwohl es damit beginnt, dass ein alter Mann beim Spazierengehen einen Jungen findet, der sich an einem Baum erhängt hat - obwohl der in Christchurch lebende Autor Carl Nixon also das Schlimmste passieren lässt, was Eltern zustoßen kann, gerät man in der Trauer rasch in einen Mahlstrom von Eindrücken.

Die Geschichte nimmt sofort gefangen, richtig Fahrt bekommt sie aber erst ab der Mitte. Lange bleiben wir bei Box, dem Vater des erhängten Jungen Mark. Wir sehen, wie er mitten im prasselnden Regen im Pickup die Nachricht vom Tod seines Sohnes am Telefon entgegennimmt, wie er auf einen Rückflug in die Stadt zu Frau und Tochter warten muss und einige Bier zu viel trinkt. Die Nachricht zerreißt ihn. Erinnerungen kommen hoch, an gemeinsame Erlebnisse mit Mark, der kurz vor dem Abitur stand.

Box Saxton ist eigentlich ein unauffälliger Mann. Er arbeitet auswärts auf dem Bau. Vor kurzem hatte er noch ein eigenes Unternehmen, aber es ging bankrott, und die Familie musste umziehen. Die Kinder wurden im laufenden Jahr von der Privatschule heruntergenommen, die neue Gegend ist heruntergekommen. Neuseeland ächzt unter der Finanzkrise. Und jetzt das. "Etwas ganz Fundamentales war herabgestürzt und hatte das Leben der Zurückgebliebenen zersplittert. Das konnte nie wieder gekittet werden."

Die Zurückgebliebenen, das sind neben Box und seiner Familie auch einige Maoris, allen voran Stephen Tipene, der leibliche Vater Marks, der kurz nach Marks Geburt aus dessen Leben verschwand. Es gab all die Jahre nie Kontakt. Jetzt ist er wieder da und hat gleich seinen ganzen Stamm mitgebracht. Sie lagern in Box' Haus, kochen für alle, verbreiten eine ganz eigene Stimmung, eine sehr gelöste. Sie trauern auf ihre Weise um "Maaka", wie Mark in der Maorisprache heißt. Er gehöre zu den Ahnen, sagen sie, und finden, er solle bei ihnen, weiter nördlich, bestattet werden. Box, der Mark großgezogen hat, ist verständlicherweise wenig einsichtig. Plötzlich ist die Leiche einfach weg. Die Maoris haben sie mitgenommen. Das Landesgesetz dazu formuliert unklar, zumindest sind die Aussichten auf Rückgabe des Leichnams gering. Der Roman bildet hier durchaus die Wirklichkeit ab. Fälle dieser Art, die zu Spannungen zwischen den beiden Kulturen, zwischen den Pakeha und den Maori führen, sind bekannt.

Was jetzt passiert, gleicht einer Irrfahrt ins Herz der Finsternis, und zwar jener Finsternis, die Box, den Ziehvater, auf eine so vollständige Weise ausfüllt, wie sie nur große Trauer ausfüllen kann. Schon Carl Nixons Roman "Rocking Horse Road" wurden Krimiqualitäten bescheinigt. Auch diesmal hält er stringent Kurs. Weil er uns nie aus Box' Perspektive entlässt, wird man zum hin und her geworfenen Betrachter zweier Kulturen, die nur ein wirklich großes Herz versöhnlich miteinander gewähren lassen könnte. Schnell ist klar, dass die Spiritualität der Maori viel Gutes hat. Während Box nun in einem beispiellos kämpferischen, aber völlig unüberlegten Akt von Selbstjustiz der Leiche seines Sohnes hinterherfährt, bis nach Kaikoura, wo die Maoris im Gegensatz zu ihm offensichtlich recht gut vom Tourismus leben, in Häusern mit Swimmingpool, reist man auch in der Geschichte Neuseelands zurück wie durch ein großes, reich bebildertes Buch. Zunächst nicht weit, nur in Box' eigene Kindheit, mit Fischfang am See und Jagen in den Bergen.

Auch hier gab es so etwas wie Stammeswürde. Der Großvater hielt große Stücke darauf, sorgsam mit totem Fleisch umzugehen, und ließ die Jungs aus pädagogischen Gründen auch mal eine Amsel essen, die sie überflüssigerweise mit einer Schleuder trafen. Box hatte einen Bruder, der früh starb, der nicht einmal gefunden wurde, hinausgespült wahrscheinlich aufs offene Meer. Die Besessenheit, mit der er nun zu Werke geht, um seinen Sohn zurückzuholen, schließlich sogar mit krimineller Energie, erhält durch diese aufgebrochene Vergangenheit einen Grund, sogar wörtlich einen Boden: Vier Generationen Saxtons sind auf dem großen Friedhof begraben.

Eine Familienbibel, die im Jahr 1849 aus England mit dem ersten Ahn hineingeschifft wurde, "schwer wie ein Block durchgeweichtes Holz", zeugt davon. Hier soll Mark ruhen. Je absurder dieses pechschwarze Roadmovie mit Mann und Leiche wird, desto enger schnürt sich dieses Erbe um den Hals des tragischen Helden. Die viel zu späte Rückbesinnung auf die eigenen Wurzeln fällt in eins mit dem Gefühl grenzenloser Verlorenheit angesichts der Leichenschändung, die das mit sich bringt.

Daneben sieht man fast wehmütig den nicht verwirklichten Trauerweg als den weitaus menschenwürdigeren schwinden. Da sind die ehrwürdigen Schnitzereien am Versammlungshaus der Maori, wo "Maaka" aufgebahrt liegt. Box weiß aus der Schule, dass deren Geschichte bis sechshundert Jahre vor Ankunft der ersten Europäer zurückreicht. Viel mehr weiß er aber auch nicht. Er hat nichts gegen sie, er ist kein Rassist. Sie sind ihm nur fremd mit ihren Riten und Gebräuchen. Sie tauchen im Roman selbst auch kaum auf, immer nur aus der Ferne beäugt, von dem immer hilfloser und rabiater agierenden Box, der zunehmend auf seiner Reise verkommt. Wenn er doch mal näheren Kontakt hat, bleiben die Maori respektvoll, aber in ihrer Haltung unverrückbar - und offenbar nicht dem Alkohol zugeneigt wie er selbst. Man ahnt, dass sie einen anderen, tieferen Zugang zu Schmerz und Trauer kennen. Und die Mär vom abgewandten Vater, der sich um Mark nie sorgte, stellt sich plötzlich auch ganz anders dar, als Box dachte.

Carl Nixon trifft mit seiner faszinierenden Odyssee dieser unterschiedlich trauernden Familien die empfindlichsten Stellen der menschlichen Seele. Sein Roman ist ein großes Buch über Schmerz; fast ein Hiob-Buch über eine schwere Prüfung, die der neuseeländische Romanheld nur mangelhaft besteht. Schicht für Schicht legt Nixon die Geschichten frei, "die sich wie Sediment abgelagert haben aus Generationen von Vätern und Müttern". In der Übertragung von Stefan Weidle, dem Verleger, gibt es kaum Brüche, nur die Sogwirkung einer unaufdringlichen Sprache, die so gut am Boden haftet wie sie die eigenwillige Landschaft poetisch durchmisst, mit Lavafelsen, der Bucht und dem Ozean dahinter als "langer, offener Highway". Ihn zu befahren, verlangt einiges an Toleranz. Aber es lohnt sich überaus, diese Reise anzutreten, die nicht nur eine Reise zu Neuseelands Wurzeln ist, sondern zum Fremden in einem selbst.

ANJA HIRSCH.

Carl Nixon: "Settlers Creek".

Aus dem Englischen von Stefan Weidle. Weidle Verlag, Bonn 2013. 340 S., geb., 23,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Eine faszinierende Geschichte hat Christoph Schröder in diesem Roman des Neuseeländers Carl Nixon gelesen, die von Stolz, Ehre und Gerechtigkeit erzählt: Ein Junge bringt sich um, sein Maori-Vater will ihn traditionell bestatten und stiehlt den Leichnam aus dem Bestattungsinstitut. Der Stiefvater will den Jungen aber auch beerdigen und macht sich auf in das Maori-Gebiet. Den Rezensenten hat der Roman weniger wegen des berühmten Zusammenpralls der Kulturen interessiert, sondern als eine packende Geschichte um Trauer und Wut, hart, aber auch subtil.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.12.2013

Stolz und Wut
Carl Nixon erzählt, wie ein Mann
sich selbst verliert
Die Erkenntnis kommt spät, aber sie ist entscheidend: „Offenbar hatte ein Leichnam keinen Eigentümer.“ Und mit dieser Erkenntnis verwandelt sich die Frage von Trauer und Schmerz in einen Kampf, der um Besitzstandswahrung, um die Verfügbarkeit über einen Toten kreist. Carl Nixon, in Christchurch, Neuseeland, geboren hat mit seinem Debütroman „Rocking Horse Road“ vor allem bei Lesern von Kriminalromanen für Aufsehen gesorgt. „Settlers Creek“, der Nachfolger, ist definitiv kein Krimi, obgleich es gleich auf der ersten Seite eine Leiche gibt: Mark Saxton, 19 Jahre alt, wird von einem Spaziergänger aufgefunden. Mark hat sich erhängt, ein Freitod, ohne jeden Zweifel. Seinen Vater, von allen nur Box gerufen, ereilt die Nachricht viele Meilen entfernt vom Ort des Unglücks: Box arbeitet auf einer Baustelle, als Liz, seine Frau ihn anruft und ihm die Nachricht überbringt.
  Das Wort „Vater“ ist der Haken, an dem Nixons mitreißende und rasante Geschichte aufgehängt ist: Box hat Marks Mutter kennen gelernt, als dieser noch nicht einmal drei Jahre alt war. Stephen, Marks leiblicher Vater, war ein Maori, der sich, so die Erzählung der Mutter, bereits kurz nach der Geburt mit einer anderen Frau aus dem Staub gemacht hat. Als Stephen vom Tod seines Sohnes erfährt, taucht er mit seinem Clan in Christchurch auf, um Marks Leiche mitzunehmen und nach den Traditionen der Maori zu bestatten. Da Box und Liz sich selbstverständlich weigern, Stephen den Körper zu übergeben, stehlen er und seine Familie die Leiche aus dem Bestattungsinstitut und verschwinden.
  Nur im Subtext hat Nixon einen Roman über den Zusammenprall zweier Kulturen geschrieben; den Maori auf der einen und den Pakeha, den weißen Nachkommen der Einwanderer, auf der anderen Seite. In erster Linie geht es um Stolz, um Ehre und um Gerechtigkeitsempfinden. Saxton macht sich auf den Weg ins Maori-Gebiet und wird zum neuseeländischen Kohlhaas, der das Gesetz hinter sich lässt, weil er sich von eben diesem Gesetz verraten und nicht geschützt fühlt. Und er wird zu einem Mann, den er selbst nicht wiedererkennt, der sich selbst verloren hat. Irgendwann einmal, inmitten eines Alptraums aus Traurigkeit, Gewalt und Aggression, blickt Box in den Innenspiegel seines maroden Pick-Ups und sieht „einen grinsenden Irren, blutunterlaufene, heimtückische Augen, entblößtes Zahnfleisch mit weißen Zähnen. Und für einen Moment fragte er sich, wen zum Teufel er da eigentlich ansah“.
  „Settlers Creek“ ist ein hartes und zugleich vielfach subtil inszeniertes Buch: Box’ sozialer Abstieg während der Finanzkrise 2008 vom Bauunternehmer zum Hilfsarbeiter ist als psychologischer Sprengstoff in diverse Szenen eingearbeitet. Vor allem aber wird die entscheidende Frage ganz explizit nicht gestellt: Wie konnte es zu alldem kommen? Warum eigentlich hat Mark sich umgebracht? Das ist die düstere Leerstelle, um den all diese Figuren in ihrer Wut und ihrem Egoismus kreisen.
CHRISTOPH SCHRÖDER
Carl Nixon: Settlers Creek. Roman. Aus dem Englischen von Stefan Weidle. Weidle Verlag, Bonn 2013. 344 Seiten, 23 Euro, E-Book 13,99 Euro.
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