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Im Frühjahr 1905 steigt der Physiker Ernst Wandersleb (1879 - 1963) erstmals mit einem Ballon in die Lüfte. Bis 1913 folgen etwa vierzig weitere Fahrten. Das Besondere daran: Wandersleb ist Mitarbeiter der photographischen Abteilung von Carl Zeiss in Jena, und auf seinen Ballonfahrten hat er stets die leistungsfähigsten Kameras der Zeit dabei. So entsteht eine Sammlung von mehreren Hundert Luftbildern - sensationelle Aufnahmen von weiten Teilen Mitteldeutschlands, die durch ihre technische Qualität brillieren und bei denen es sich vielfach um die frühesten Luftbilder der jeweiligen Orte oder…mehr

Produktbeschreibung
Im Frühjahr 1905 steigt der Physiker Ernst Wandersleb (1879 - 1963) erstmals mit einem Ballon in die Lüfte. Bis 1913 folgen etwa vierzig weitere Fahrten. Das Besondere daran: Wandersleb ist Mitarbeiter der photographischen Abteilung von Carl Zeiss in Jena, und auf seinen Ballonfahrten hat er stets die leistungsfähigsten Kameras der Zeit dabei. So entsteht eine Sammlung von mehreren Hundert Luftbildern - sensationelle Aufnahmen von weiten Teilen Mitteldeutschlands, die durch ihre technische Qualität brillieren und bei denen es sich vielfach um die frühesten Luftbilder der jeweiligen Orte oder Landschaften handelt. Das Buch ist eine hervorragende Quelle für Stadt- und Landeshistoriker ebenso wie für Foto-, Luftfahrt- und Geographiehistoriker. Vor allem aber ist es eine Augenweide für jeden, der den sächsisch-thüringischen Kulturraum liebt - und ihn so gewiß noch nie gesehen hat.
Autorenporträt
Heinz Peter Brogiato (geb. 1958), Geograph, Leiter der Geographischen Zentralbibliothek und des Archivs für Geographie im Leibniz-Institut für Länderkunde e. V. in Leipzig
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.09.2005

Luftschiffer, Ballon und Kamera
1600 m ü. NN: Deutschland von oben / Von Tilman Spreckelsen

Natürlich ist die Erfahrung einer Landschaft aus der Luft schon gut ein Jahrhundert alt, als der Jenaer Carl-Zeiss-Angestellte Ernst Wandersleb zum erstenmal die Kamera einpackt und in den Ballon steigt. Aber Luftbilder, wie sie zur Zeit des deutschen Kaiserreichs entstehen, sind etwas neues. Für diejenigen jedenfalls, die keine Möglichkeit oder Neigung zum Fliegen haben und nun zum erstenmal einen Blick auf ihre Heimat werfen, der Kompliziertes zusammenschnurren und Weitangelegtes hervortreten läßt.

Die Fachwerkstadt Quedlinburg etwa zeigt sich aus tausendsechshundert Meter Höhe über dem Meeresspiegel, nach Nordwest hin aufgenommen, auf einem Foto Ernst Wanderslebs am 7. März 1909, mit ihren schwarzen Straßen in schneeweißer Landschaft durchzogen von kräftig geschwungenen Linien, die das mittelalterliche Gewusel vergessen machen. Andere Altstadtkerne aus Mitteldeutschland, die Wandersleb und seine Mitstreiter aufnehmen, wirken gedrängt und klein gegenüber den klaren Strukturen der Industrie oder der mechanisierten Landwirtschaft, die sie umgeben. Das Rittergut Poschwitz bei Altenburg, mit seiner großangelegten Bibliothek zur vergleichenden Sprachforschung einst ein Mekka der Linguistik, erscheint auf Wanderslebs Aufnahme vom 3. September 1910 in rührender Weise behütet von einem umgebenden Wäldchen, während die klaren Linien der Agrarlandschaft vom Anachronismus sprechen, den eine solche Anlage und die damit verbundene ständische Ordnung vier Jahre vor Beginn des Ersten Weltkriegs ausstrahlen.

Der Blick von oben - davon erzählen die Fotografien, die der Band "Mitteldeutschland in frühen Luftbildern" versammelt - mag für romantische Gemüter ernüchternd sein; das Menetekel einer neuen Zeit ist er sicherlich. Umgekehrt sind diese historischen Aufnahmen aus heutiger Sicht natürlich vor allem das Zeugnis eines beklagenswerten Verlusts an Landschaft und an Architektur, und dies um so mehr, je niedriger der Ballon mit dem Fotografen über den Siedlungen und Städten schwebte, je klarer die Straßen und Plätze erscheinen, je mehr man das Gefühl von Alltag gewinnt, der sich darin abbildet.

Ernst Wanderslebs Sammlung von frühen Luftbildern - die er selbst aufgenommen oder von Kollegen erhalten hatte - bildet den Grundstock der in diesem Band versammelten Fotografien. Daß sich im Leben des Physikers, das mit den Jahren zwischen 1879 und 1963 auch ein an Umbrüchen reiches Stück deutscher Geschichte umspannt, diese Sammelfreude als konstant erwies, daß dieser Schatz nun gehoben wurde, ist ein Glück.

Heinz Peter Brogiato und Luise Grundmann:

Mitteldeutschland in frühen Luftbildern. Ballonfotografien aus dem Archiv des Leibniz-Instituts für Länderkunde Leipzig. Lehmstedt Verlag, Leipzig 2005. 240 S., Gebunden, 110 Abbildungen, 19,90 [Euro], ISBN 3-937146-20-2.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Mit Wehmut und Begeisterung zugleich hat Rezensent Tilman Spreckelsen in diesem Band mit Luftaufnahmen aus der Kaiserzeit geblättert. Denn sie legten für ihn vor allem Zeugnis von mitteldeutschen Landschaften und Architekturen ab, die durch Krieg und Industrialisierung unwiderruflich zerstört und verloren sind. Nicht nur deshalb betrachtet Speckelsen die Aufnahmen des Physikers und Zeissangestellten Ernst Wandersleb und seiner Mitarbeiter, die den Grundstock des Buches bilden, als Schatz. Als Zeitzeugnisse sind diese, vom Fesselballon aufgenommenen Luftbilder, aus seiner Sicht ebenfalls bedeutend.

© Perlentaucher Medien GmbH