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Seit Jahrhunderten zieht es die Menschen an den "äußersten Nordrand der Welt". Tollkühne Entdecker wie Sir John Franklin machten sich auf die Suche nach der mythischen Nordwestpassage, furchtlose Männer wie Charles Francis Hall kämpften sich durch Eis, Schnee und arktische Stürme, das magische Ziel, den Nordpol vor Augen. Manche kehrten nie zurück, andere überlebten nur mit Hilfe der Inuit, ohne deren Fertigkeiten auch Robert Peary nie als erster Mensch den Nordpol erreicht hätte. Jean Malaurie - einer der renommiertesten Arktisforscher unserer Zeit - erzählt in diesem faszinierenden,…mehr

Produktbeschreibung
Seit Jahrhunderten zieht es die Menschen an den "äußersten Nordrand der Welt". Tollkühne Entdecker wie Sir John Franklin machten sich auf die Suche nach der mythischen Nordwestpassage, furchtlose Männer wie Charles Francis Hall kämpften sich durch Eis, Schnee und arktische Stürme, das magische Ziel, den Nordpol vor Augen. Manche kehrten nie zurück, andere überlebten nur mit Hilfe der Inuit, ohne deren Fertigkeiten auch Robert Peary nie als erster Mensch den Nordpol erreicht hätte. Jean Malaurie - einer der renommiertesten Arktisforscher unserer Zeit - erzählt in diesem faszinierenden, einzigartig detaillierten Band von dem außergewöhnlichen Volk der Inuit, ihren Künsten und Mythen und ihrem Zusammentreffen mit der fremden Kultur der Entdecker.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.12.2003

Leise rieselt der Schnee

Warum nehmen Menschen all das auf sich, soviel Leiden, Schmerzen, Kälte und Verzweiflung? Welchen Lohn gibt es dafür, Ewigkeiten zwischen Eisschollen eingequetscht zu sein, um in hoffnungsloser Entfernung von der Sonne und der Zivilisation in der schwärzesten Finsternis zu überwintern, um Tag für Tag verrottetes Pökelfleisch zu essen in der vagen Hoffnung, eines Tages den Nordpol zu erreichen? Wozu das alles? Für ein wenig Linderung des Hyperboreums, der archaischen Sehnsucht nach dem unberührten Land oder für ein bißchen Ruhm und die Genugtuung, "das Sternenbanner an der Erdachse zu hissen", wie es Charles Francis Hall zu erklären versuchte? Das fragt man sich auf jeder Seite dieses Buches, ohne eine plausible Antwort zu finden. Und vielleicht ist gerade die Sinnlosigkeit des Motivs der beste Humus für den Mythos und die Magie des Nordpols. Doch um seine Geistesgeschichte, seine Entmaterialisierung zur Metapher geht es in dem opulenten Bildband trotz des verheißungsvollen Titels nur am Rande. Es geht um Handfesteres: um die Abenteuer der Hasardeure, die keine Angst vor den arktischen Ungeheuern Gog und Magog hatten und auch nicht vor Frankensteins Monster in seiner eisigen Fluchtburg. Üppig bebildert mit Abbildungen von Skulpturen aus Walroßzähnen und Angelhaken aus Robbenknochen, mit Stichen, Gemälden, Fotografien und Faksimiles von Logbüchern, werden die wichtigsten Erkundungsfahrten von John Ross bis zum Autor Jean Malaurie selbst dokumentiert; dieser war dreißigmal im Eis, leitet das Zentrum für arktische Studien an den Écoles des Hautes Études en Sciences Sociales in Paris, gehört zu den renommiertesten Polarforschern überhaupt und läßt sich in einem Interview zu Wort kommen, dessen Ausführlichkeit das gebotene Maß der Bescheidenheit deutlich überschreitet. Außer ihm lernt man verkannte Helden wie Elisha Kent Kane kennen, schwarze Schafe wie Isaac Israel Hayes, Besessene wie Robert Edwin Peary, der vielleicht als erster den Pol erreichte, Inuit-Aktivisten wie Peter Freuchen und den grönländischen Nationalhelden Knud Rasmussen. Die Augenzeugenberichte dieser Männer sind so packend wie Malauries Nacherzählungen ihrer Abenteuer, der Ton ist so pathetisch wie heroisch und die leidenschaftliche Sympathie des Autors immer auf seiten der Inuit, die er als "Wächter unseres Planeten" bezeichnet und deren Vorstellungswelten er ausführlich schildert. Doch das hilft nicht wirklich weiter, denn gerade von den Polareskimos, die das Eis besser verstehen als alle anderen, darf man am wenigsten eine Antwort auf die Frage erwarten, warum der Nordpol erobert werden sollte.

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"Mythos Nordpol - 200 Jahre Expeditionsgeschichte" von Jean Malaurie. National Geographic Deutschland, Hamburg 2003. 400 Seiten, zahlreiche Fotografien, Faksimiles, Stiche, Karten und andere Abbildungen. Gebunden, 69,95 Euro. ISBN 3-936559-20-1.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 01.12.2003

Der kalte Planet
Jean Malaurie beschreibt den Nordpol als Spiegel westlicher Abenteuerlust
Fast zwei Jahrzehnte lang ist der Admiral Robert Edwin Peary aus Boston dem Ende der Welt näher als irgendeinem anderen Platz auf diesem Planeten. Der Polarforscher ist besessen davon, einen Ort zu erreichen, der ihn wie ein überdimensionaler Magnet anzieht. Obwohl Peary weiß, dass er dort nichts finden wird außer einer riesigen, weißen Wüste. Doch niemand vor ihm war am Nordpol, diesem Ort der Imagination, wo unter dem gefrorenen Polarmeer die Erdachse ins Freie dringt. Wenn man schon nicht den Mittelpunkt der Erde erreichen kann, dann doch wenigstens die Drehachse. Und so sitzt im Januar 1898 Admiral Peary, dem man soeben sieben Zehen amputiert hatte, ans Bett gefesselt in Fort Conger am Nordende der Queen Elisabeth Inseln und ritzt einen Satz Senecas in die Balken seiner verfallenen Hütte: „Inveniam viam; aut faciam – Ich muss einen Weg finden oder mir einen schaffen.”
Acht private Polarexpeditionen in 23 Jahren wird er unternehmen, besessen davon, als Erster am Nordpol zu sein und dort die amerikanische Flagge zu hissen. Und er wird der Welt verkünden, dass er es am 6. April 1909 geschafft habe. Den wissenschaftlichen Beweis mittels astronomischer Beobachtungen erbrachte er nie. Sein von ihm geheim gehaltenes Reisetagebuch war ein zusammengebasteltes Werk, das von wenig Professionalität zeugte, wie ein anderer Polargänger, Sir Wally Herbert, später feststellte.
Der französische Polarforscher Jean Malaurie fasst solche Geschichten in seinem Buch „Mythos Nordpol – 200 Jahre Expeditionsgeschichte” zusammen. Malaurie selbst ist infiziert vom Nordpolfieber, mehr als 30 wissenschaftliche Ein-Mann-Expeditionen führten ihn von Grönland bis nach Kanada, von der Beringstraße bis nach Nordostsibirien, immer den Sehnsuchtspunkt Nordpol im Blick, diesen, wie Malaurie schreibt, „paradiesischen Ort”. In seinem opulenten Bildband hat er Expeditionsgeschichten etwa von Frederick Cook, Knud Rasmussen, Lauge Koch, Edward Shackleton gesammelt, Originaldokumente, alte Karten, historische Bilder. Darüber hinaus hat er Bilder, Tagebuchaufzeichnungen, Augenzeugenberichte und Beschreibungen der Inuit zusammengetragen, und mit dem Material ein Bild des Lebens am Rande einer eisigen Wüste entworfen.
Doch Malaurie erliegt nicht der Versuchung, dem Polarpathos Raum zu geben. „Mythos Nordpol” sei, so schreibt Malaurie im Vorwort, „die chronologische Untersuchung eines mythischen Ortes aus gegensätzlichen Perspektiven”. Immer wieder betont er diese beiden Ebenen, beschreibt, wie die in ihrer Heimat gefeierten Helden der Expeditionen scheiterten.
So entsteht bei diesem Gang durch zwei Jahrhunderte Expeditionsgeschichte allmählich ein Bild, wer da im rauen Eiswind Seite an Seite an den Schlitten nebeneinander her lief. „Wir bemerkten, dass sie nicht zögerten, rohes Fleisch in jedem Zustande zu essen”, schreibt Polarforscher John Ross Anfang des 19. Jahrhunderts über die Inuit. Malaurie zeichnet eine Art Doppelporträt, fügt zwei sich fremde Welten zusammen. Als Kitt bietet er seine eigenen, teilweise emotionalen Erfahrungen an.
Dieser Gang durch zwei Jahrhunderte ist insofern auch anders zu lesen: als Spiegel der westlichen Gesellschaft, die Abenteurer brauchte und hofierte, ohne nach der Moral zu fragen. Der Wunsch, weiße Flecke auf der Landkarte auszulöschen, genügte als Rechtfertigung. Dass Entdeckung und Zerstörung oft nahe beieinander liegen, scheint niemanden zu kümmern. Immer wieder kommt Malaurie auf ein Ereignis aus dem Juni 1951 zurück, als die USA auf Grönland eine Atomwaffenbasis baute. Er erzählt, wie im Januar 1968 ein mit Wasserstoffbomben beladener US-Bomber ins Polareis stürzte und das Gleichgewicht der nördlichen Breiten unwiderruflich zerstörte.
Malauries Buch „Mythos Nordpol” ist letztlich als Aufforderung zu lesen, dem westlichen Denken zu misstrauen, das da sagt: Ich muss einen Weg finden – oder mir einen schaffen.
HUBERT FILSER
JEAN MALAURIE: Mythos Nordpol. 200 Jahre Expeditionsgeschichte. National Geographic, Hamburg 2003. 400 Seiten, 69,95 Euro.
Haben schönes Wetter: Beste Grüße vom Nordpol!
Foto: Collection Jean Malaurie
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Lohnend findet Rezensentin "str." die Lektüre dieses Buches, auch wenn sie darin keine plausible Antwort auf die Triebkräfte fand, die Abenteurer durch das ewige Eis Richtung Nordpol treibt. In diesem "opulenten Bildband" geht es ihren Informationen zufolge trotz des verheißungsvollen Titels um Handfestes, wie die Abenteuer der Hasardeure, die keine Angst vor dem Mythos hatten, und deren wichtigste Erkundungsfahrten zum Nordpol sie im Buch dokumentiert findet - üppig bebildert mit Abbildungen von "Skulpturen aus Walrosszähnen und Angelhaken aus Robbenknochen", mit Stichen und Gemälden, Fotografien und Faksimiles von Logbüchern. Die Augenzeugenberichte von Helden wie John Ross oder Robert Edwin Peaty findet "str." so packend wie die Nacherzählungen von Jean Malaurie im vorliegenden Buch selbst.

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